Russische Revolution
Kein anderes Ereignis prägte die Geschichte der sozialistischen Bewegung so wie die russische Revolution von 1917/1918 und deren Folgen. Für die einen stellte sie über Jahrzehnte das Beispiel dar, wie der Sozialismus zu erreichen sei - für die anderen diente sie als abschreckendes Beispiel autoritärer Herrschaft und eines bürokratisch-staatskapitalistischen Wirtschaftsmodells. Während die Februarrevolution 1917 den Zaren stürzte und von einem breiteren Spektrum linker, anarchistischer und sozialrevolutionärer Gruppen getragen war (Bild: Streik in den Petrograder Putilow-Werken 1917), setzten sich in der Oktoberrevolution 1918 die Bolschewiki durch und sicherten sich im anschließenden Bürgerkrieg bis 1920 die alleinige Macht. 1921 warfen sie schließlich in Kronstadt den letzten Aufstand unter der Losung "Alle Macht den Räten - keine Macht der Partei" mit militärischer Gewalt nieder.
AnarchistInnen und RätekommunistInnen formulierten bereits zu Beginn der 1920er-Jahre massive Kritik am Bolschewismus - für sie fing der Niedergang der "russischen Revolution" nicht erst mit dem stalinistischen Terror an, sondern bereits mit dem von Lenin vorgegebenen Weg. Für beide Strömungen ist eine kommunistische Gesellschaft nicht durch Einparteiendiktatur und staatsbürokratisch gelenkte Wirtschaft erreichbar - zum Unglück des 20. Jahrhunderts konnte sich diese Kritik jedoch nicht gegen autoritär-kommunistische Vorstellungen durchsetzen.
"Ich muß euch offen gestehen, daß meiner Meinung nach der Versuch, eine kommunistische Republik gemäß den Richtlinien eines streng zentralisierten Staatskommunismus, unter der eisernen Herrschaft der Diktatur einer Partei aufzubauen, dabei ist, in einem Fiasko zu enden. Aus den russischen Verhältnissen lernen wir, wie der Kommunismus nicht eingeführt werden sollte. (...) ...dann wird eine machtvolle zentralisierte Regierung, die es sich zur Aufgabe macht, jeden Einwohner mit jedem Lampenzylinder und jedem Streichholz zum Anzünden der Lampe zu versehen, sich absolut unfähig erweisen, dieses mittels ihrer Funktionäre, so zahlreich sie auch sein mögen, zu leisten, und sie wird schädlich. Sie entwickelt eine ungeheure Bürokratie. So etwas sehen wir jetzt in Rußland." (Peter Kropotkin 1920)