Parecon - Ein Leben nach dem Kapitalismus?

Barbara Ehrenreich interviewt Michael Albert


B. Ehrenreich: Ich habe gehört, daß es weltweit großes Interesse an deinem Buch Parecon: Leben nach dem Kapitalismus gibt. In diesem beschreibst du du ein neues Wirtschaftssystem, welches den Kapitalismus ersetzen können soll. Kannst du mir etwas darüber erzählen, in welche Sprachen es übersetzt worden ist und was für Reaktionen du bekommen hast?

M. Albert: Ich habe zwischen 1978 und 1995 in etwa 15 andere Bücher geschrieben, die alle wenig Aufmerksamkeit bekommen haben; die Erfahrung mit Parecon sagt viel darüber aus, wie sich die Zeiten geändert haben. Ich habe sogar Schwierigkeiten dabei auf dem laufenden zu bleiben, was diesbezüglich gerade alles geschieht. Es ist bereits in folgende Sprachen übersetzt worden, oder wird gerade übersetzt: arabisch, bengalisch, telugu, kroatisch, tschechisch, slowakisch, finnisch, französisch, deutsch, griechisch, italienisch, koreanisch, spanisch, schwedisch und türkisch; und es wird vermutlich bald auch auf japanisch, portugisisch, hebräisch, chinesisch, persisch und ungarisch übersetzt. Es gab viele Artikel, Interviews und Rezensionen. Es gibt offensichtlich ein großes Interesse an dem Thema.


B.E.: In einer Zeit in welcher die meisten Linken in den USA die fortlaufende Aushöhlung unserer Grundrechte und der öffentlichen Dienstleistungen aufzuhalten versuchen - was alles schon zuvor sehr beschränkt war - was glaubst du kann hier die Rolle eines Buches wie Parecon sein?

M.A.: Bush hat das Projekt eines weltweiten Imperiums der USA verfolgt, während er hier im Land die sozialen Programe aufgelöst hat. Was dies betrifft, waren die Zeiten noch nie so schlecht. Aber die Zeiten waren in anderer Hinsicht noch nie so gut, wenn man das wachsende Ausmaß des internationalen Aktivismus, des Bewußtseins über diese Themen und der stattfindenden Anstrengungen betrachtet. Ich glaube, daß Parecon diesen positiven Trend unterstützen kann indem es fragt: "Was wollen wir?".

Wenn wir keine gute Alternative zum Kapitalismus haben ist es eine Einladung zu einer verlorenen Sache, wenn wir Menschen dazu auffordern sich gegen die kapitalistische Ausbeutung zu stellen. Die Menschen vermuten ganz richtig, daß kurzfristige Erfolge bald wieder zu den selben alten Zuständen führen werden. Vielbeschäftigte Menschen wollen sich nicht für etwas bemühen, das zum scheitern verurteilt ist, wozu auch ein Kampf für etwas Gutes gehört, bei dem man gar nicht hofft ihn gewinnen zu können.

Ich strebe nicht die Veränderung an nur um auf der Seite der Engel zu stehen, oder nur um mich selbst weiterhin im Spiegel ansehen zu können. Ich will einen Druck aufbauen, der uns dazu drängt zu versuchen tatsächlich zu gewinnen, und nicht nur Stärke zu demonstrieren. Wir brauchen eine Wirtschaftsvision um uns dorthin zu bringen wo wir hinwollen. Strategie bedarf nicht nur einem Verständnis unserer heutigen Situation, sondern auch einem Verständnis unserer Ziele. Und natürlich glaube ich, daß die partizipative Wirtschaftsordnung eine wertvolle Vision ist die wir anstreben sollten.

Parecon, oder partizipative Wirtschaft, behauptet die wirtschaftlichen Notwendigkeiten erfüllen zu können, und dabei die Solidarität zu fördern, Gerechtigkeit zu ermöglichen, die Vielfalt zu fördern und Selbstverwaltung möglich zu machen und zu bewahren, was heißt, daß es auch frei von sozialen Schichten ist. Es basiert auf einigen wenigen grundlegenden Einrichtungen. ArbeiterInnen- und KonsumentInnen- Versammlungen nutzen Methoden zur Entscheidungsfindung für die Verwaltung ihrer selbst; dabei wird jeder Person soviel Mitsprachemöglichkeit bei einer Entscheidung gegeben, wie sie selbst von dieser betroffen wird. Ausgeglichene Arbeitsfelder stellen sicher, daß die Arbeit jeder Person etwa die gleiche Macht vermittelt. Der Lohn hängt von der Arbeitszeit, der Anstrengung dabei und der Unangenehmheit der Arbeit ab, und nicht davon wieiviel man schon besitzt, wie mächtig man ist oder wieviel man produziert; das ist fair und es entstehen Anreize dabei die der Allgemeinheit nutzen. Und schließlich ermöglicht die partizipative Planung der Wirtschaft, im Gegensatz zu zentraler Planung oder Märkten, die sinnvolle Verteilung und Zuweisung von Energie und Ressourcen, was die zuvorgenannten Einrichtungen erst ermöglicht und als vorderstes Ziel hat die Bedürfnisse der Menschen zu befriedigen, und ihnen zu erlauben ihre Fähigkeiten zu entwickeln.


B.E.: Ich stimme vollkommen zu was die Wichtigkeit betrifft eine Vision vor Augen zu haben, auch während man in den Gräben sitzt und kämpft. Aber es gibt Alternativen zu den momentanen globalen Machtverhältnissen, andere als die partizipative Wirtschaft - du könntest sagen, nicht so weitgehende. Bill Greider schrieb zum Beispiel ein Buch darüber wie große Veränderungen innerhalb des Kapitalismus möglich wären indem Machtmittel, wie Pensionsfonds von Gewerkschaften, genutzt werden.

Obwohl ich mich selbst eine Sozialistin nenne bin ich nicht davon überzeugt Märkte in allen Bereichen abzuschaffen. Gesundheit, Wohnen, und andere fundamentale Bereiche sollten vom Markt befreit werden und unter irgendeine Art von öffenticher Kontrolle gestellt werden. Aber Kosmetika, modisches Gewand und andere Dinge welche nicht unbedingt Notwendig sind - warum sollte man diese nicht alle dem Markt überlassen? Nenn mich eine oberflächliche Kapitalistin, aber ich will sicherlich nicht, daß ein Komitee darüber entscheidet, wie lang die Röcke sein werden und was für Lippenstiftfarben es geben wird.

M.A.: Natürlich kann der Kapitalismus besser oder schlechter sein. Die Macht der konkurrierenden Klassen entscheidet wie unausgeglichen die Einkommensverteilung und die Machtkonzentrationen sind, und sie bestimmt die Konflikte zwischen den wirtschaftlichen Klassen. Aus einer stärkeren Verhandlungsposition heraus können wir die Löhne erhöhen, die Arbeitsbedingungen verbessern, die Investitionen in soziale Einrichtungen erhöhen und vieles mehr erreichen. Wir können sicherlich Verbesserungen durchsetzen und diese gegen die durch den Kapitalismus in der Gesellschaft verstärkte Gier nach Geld und Macht verteidigen, und das müssen wir auch machen - aber warum sollten wir nicht gleichzeitig ein System anstreben in welchem obige wünschenswerte Verbesserungen automatisch entstehen?

Die große Frage ist nicht, ob wir Märkte haben wollen oder einen Haufen Komitees. Das ist eine falsche Polarität. Die große Frage ist, ob wir Märkte haben wollen in welchen konkurriert wird - welche also darauf basieren, daß alle Teilnehmenden sich gegenseitig zu übervorteilen versuchen, was den Dingen falsche Preise gibt und die Präferenzen verfälscht, was ProduzentInnen dazu veranlasst den Profit zu maximieren und ungerecht zu bezahlen, was zu Hierarchien führt und was eine Teilung der Gesellschaft in Klassen und die Herrschaft einer Klasse über die andere mit sich bringt - oderob wir kooperative partizipative Planung haben wollen, welche gerechte Entlohnung, Solidarität, Vielfalt und Selbstverwaltung entstehen läßt.

Für einige Dinge Märkte zu haben und für andere nicht wäre vielleicht sinnvoll, wenn Märkte irgendwelche echten Vorteile hätten an welche kein alternatives System zur Planung der Wirtschaft herankommen könnte, und wenn Märkte diese einzelnen Dinge anbieten könnten, bzw., wenn ein Markt in einigen wenigen Dingen überhaupt funktionieren könnte.

Aber Märkte haben viele furchtbare Eigenschaften welche nicht nur in Arbeitsmärkten oder bei Finanzmärkten auftreten, sondern bei allen Märkten, auch bei Kleidung. Und schließlich kollabieren die meisten Argumente von MarktbefürworterInnen wenn es keinen Arbeitsmarkt gibt.

Betrachten wir dies nun am Beispiel von Röcken; wir wollen, daß die Geschmäcker und Präferenzen von allen Arbeitenden und Konsumierenden, und besonders von jenen welche Röcke machen oder tragen, deren Länge und deren Farben bestimmen, und auch die zu produzierende Stückzahl, was für Material verwendet wird und wie sie produziert werden sollen. Aber ein Markt in Röcken verletzt nicht nur dieses Kriterium, es bedeutet auch, daß die Preise von Röcken von den tatsächlichen sozialen Kosten und Vorteilen die bei deren Produktion und Verwendung entstehen abweichen, und daß Rockfabriken nach Gewinn streben, ihre ArbeiterInnenschaft ungerecht bezahlen wird, schädliche Produktionsmethoden verwenden werden und intern eine Hierarchie schaffen wird, neben vielen anderen Fehlern.

Alles was in einer Wirtschaft produziert wird hängt zusammen. Wenn man von einer Sache mehr produziert sind weniger Mittel für eine andere vorhanden. Dinge die im fertigen Zustand sehr einfach aussehen können eine sehr aufwendige Produktion mit vielen Nebenwirkungen hinter sich haben. Wenn eine Sache falsch bewertet wird wirkt sich diese Preisverfälschung auf viele andere Dinge aus. Wenn bei der Produktion oder beim Verbrauch einer Sache antisoziale Motive eine Rolle spielen muß das berücksichtigt werden. Und übermäßige oder zu geringe Bezahlung erzeugt schädliche Motive.

In anderen Worten heißt das, Märkte sind nicht in manchen Situationen etwas ungeeignet, sondern Märkte erzeugen in allen Sitationen antisoziale Motivationen bei den Kaufenden und den Verkaufenden, verfälschen den Preis von Dingen, führen zu falschen Zielen davon was wieviel produziert werden soll und wie das geschehen soll, sie führen dazu, daß die Arbeitenden schlecht bezahlt werden, lassen Klassen und Klassenherrschaft entstehen und beinhalten eine imperialistische Logik welche das Wirtschaftsleben durchdringt.

Wenn Nahrung, eine Wohnung und wünschenswerte zusätzliche Dinge welche es uns ermöglichen uns auszudrücken, unser Potential zu entwickeln und das Leben zu genießen - wie z.B. Röcke - nicht von einem System, welches in seinen materiellen und menschlichen Wirkungen besser ist als ein Markt, bereitgestellt werden könnten, dann müßten wir uns mit Märkten abfinden und es uns als höchstes Ziel setzen eben nur deren Übel zu mindern. Aber glücklicherweise gibt es ein System welches viel besser ist als Märkte, so daß wir, auch während wir die momentanen Übel der Märkte abzuschwächen versuchen, die Umsetzung partizipativer Planung anstreben können.


B.E.: Ich will die Diskussion über Röcke nicht ausweiten (Ich trage sie selbst fast nie), aber ich bin verwirrt wie du Märkte mit kapitalistischer Ausbeutung gleichsetzt. Es gab schon seit Jahrtausenden vor dem Kapitalismus die eine oder andere Art von Markt, also können die beiden nicht das gleiche sein. Lehnst du grundsätzlich alle Versuche ab zu versuchen innerhalb des Kapitalismus ausbeutungsfreie Produktionsstätten zu errichten, wie zum Beispiel "No Sweat" in L.A. und viele Mikrounternehmen weltweit?

M.A.: Ich will sicherlich nicht den Eindruck erwecken, daß Märkte und Kapitalismus das gleiche sind, sie sind es nicht. Im Kapitalismus gibt es Märkte für Arbeitskräfte, und für die meisten, wenn auch vielleicht nicht für alle, Güter. Aber man kann sicherlich Märkte haben, ohne daß die Produktionsmittel in Privatbesitz sind, wie es zum Beispiel bis vor kurzem in Jugoslawien war. Ich glaube, daß ich in meiner Aufzählung von Übeln aufgepasst habe, und nur jene aufgezählt habe welche Märkte an sich verursachen, und nicht erst kapitalistische Märkte. Märkte zwingen Menschen z.B. dazu Gewinne anzustreben, aber dieser Gewinn würde nicht an die BesitzerInnen gehen, wenn es keine kapitalistischen Märkte sind.

Ich habe selbst dabei mitgeholfen einen ausbeutungsfreien Verlag zu gründen, South End Press, und ich befürworte selbstverständlich die Errichtung besserer Institutionen. Aber es ist auch wichtig zu bemerken, daß wir, wenn wir wünschenswerte Institutionen errichten und dabei nicht eine ganz neue Wirtschaft schaffen, diese in einem Meer von Gegenströmungen schwimmen werden, welche uns dazu drängen mit unseren Aktivitäten zu einer unterdrückenden Logik zurückzukehren. Diese Gegenströmungen zwingen zum Werben, zum Einsparen, dazu ManagerInnen einzustellen um die Einsparungen durchzusetzen und dazu den Arbeitstag gegen die Freizeitbedürfnisse der Arbeitenden zu verlängern. Wir sollten nicht nur Reformen anstreben, sondern eine ganz neue Wirtschaft.


B.E.: Bevor wir zu weiteren Themen kommen; mein großer Grund warum ich es bei manchen Dingen gut fände wenn sie weiterhin von Märkten geregelt werden würden ist, daß es den Planungsaufwand reduzieren würde. Wie du weißt haben sich einige Menschen darüber beschwert, daß Parecon uns zu endlosen Besprechungen zwingt, warum sollten wir also nicht Dinge die nicht unbedingt notwendig sind dem Markt überlassen?

M.A.: Sich für einige Märkte zu entscheiden um den Planungsaufwand von Parecon zu reduzieren würde diesen in Wirklichkeit nicht reduzieren. Was partizipativ produziert wird müßte Produkte aus den marktwirtschaftlich geregelten Industrien verwenden und auch Dinge an diese liefern. Diese Schnittstellen zu verwalten würde eine neue und zerstörerische Komponente zur partizipativen Planung hinzufügen. Außerdem, angenommen, daß so eine Schnittstelle möglich wäre, würde es den partizipativen Planungsprozess zwingen zu falschen Plänen zu gelangen, da es die Möglichkeit verringert die tatsächlichen Preise von Dingen festzustellen.

Märkte zwingen die Produzierenden dazu ihren Marktanteil und ihre Einkünfte zu erhöhen. Was würde es bedeuten zu sagen, daß manche Arbeitsstätten so viel wie möglich konkurrieren sollten um Profite zu machen, aber daß sie dann diese Überschüsse nicht an ihre Angestellten weitergebensollten? Aber wenn sie diese Überschüsse an ihre Angestellten weitergeben wird das Entlohnungsprinzip von Parecon ausgehölt - nämlich, daß nicht für Produktionsmenge, für Besitz eine Machtposition oder für Eigentum bezahlt wird, sondern für Anstrengung und Verzicht. Wenn sie aber ihre Überschüsse nicht an ihre Angestellten weitergeben agieren diese Firmen in Wirklichkeit garnicht in einer marktwirtschaftlichen Weise, und haben gar keine Entscheidungsgrundlagen aufgrund welcher sie ihre Produktionsmengen und die Länge ihres Arbeitstages einteilen.

Deswegen frage ich mich was du meinst wenn du sagst, daß Dinge die nicht notwendig sind von Märkten geregelt werden könnten. Das würde ja nicht bedeuten, daß nicht irgendwelche Menschen über deren Produktionsweisen entscheiden würden. Es würde bedeuten, daß Menschen ihre Entscheidungen unter den institutionellen Zwängen der Konkurrenz in Märkten treffen würden. Warum sollte man wollen, daß die Wirtschaftsplanung durch einen instituionell eingerichteten Zwang nach Profit zu streben bestimmt wird? Und man würde sich nach falschen Preisen richten, was zu ungerechter Entlohnung führt, es wären Anreize für asoziales Verhalten institutionalisiert, und die Beteiligten würden unangemessene Macht ausüben - anstatt daß partizipative Planung es Menschen ermöglicht die Entscheidungen anhand von korrekten Preisen zu treffen, dabei angemessenes Mitspracherecht ausüben und dabei das soziale Wohl und die Entwicklung von Möglichkeiten anstreben anstatt der Anhäufung von Profit.

Wenn es Märkte gibt und die Eigentumsverhältnisse kapitalistisch organisiert sind gelangen die Einkünfte, welche die Märkte anregen, nach Abzug von Rechnungen und Investitionen in Produktionsmittel, großteils als Profit zu den BesitzerInnen. Wenn es Märkte gibt und der Staat oder die Allgemeinheit die Produktionsmittel besitzt gelangen die Einkünfte, nach Abzug von Kosten und Investitionen in Produktionsmittel, großteils an die Koordinierendenklasse.

Du sagst, daß wir Dinge die nicht wichtig sind Märkten überlassen sollen - wie stellt man denn fest, ob etwas wichtig ist oder nicht? Sind nicht alle Produkte wichtig wenn wir berücksichtigen, daß sie von Menschen produziert werden, zum Gebrauch von anderen Menschen gemacht werden, und daß dabei Produktionsmittel verwendet werden die man sonst für andere ("wichtigere") Dinge verwenden könnte? Sind Sneakers unwichtig?, und heißt das, daß es Firmen die ihren Marktanteil und ihren Profit maximieren wollen gestattet wird diese in Sweat-Shops herstellen lassen?

Eine Wirtschaft ist ein Gleichgewichtssystem, und was an einem Ort passiert hängt untrennbar damit zusammen was anderswo passiert. Wenn man Unterkünfte als notwendig betrachtet und Kleidung nicht, wie können dann Wohnprojekte geplant werden wenn nicht auch Entscheidungen über die Produktion von Kleidung getroffen werden, und wie können dies gute Entscheidungen werden, wenn die Einschätzung über die Verfügbarkeit von Kleidung nicht korrekt ist? Wenn die Produktion von Kleidung durch Marktkräfte bestimmt wird, wird die Wohnplanung durch eine unangemessene Herstellung von Kleidung untergraben werden. Es könnte zu viel oder zwenig Arbeitszeit, Energie und Ressourcen für die Gewandproduktion aufgewendet werden.

Märkte führen zu einer hierarchischen Arbeitsaufteilung und zu einer Bezahlung welche von Aufwand und Unangenehmheit einer Arbeit abweicht - was die Entlohnungsgrundlage ist welche von partizipativer Planung angestrebt wird - und das passiert auch schon ohne Privatbesitz der Produktionsmittel.

Auf ähnliche Weise entstehen in Märkten dadurch falsche Preise für Dinge, indem ihre Auswirkungen auf die Umwelt und die Bevölkerung ignoriert werden, und wieder ist dies etwas, das auch schon ohne Privatbesitz auftritt. Die Tatsache, daß modisches Gewand "unwichtig" ist sagt nichts darüber aus, ob dessen Produktion nicht Auswirkungen auf anderes hat, das uns wichtig ist. Was wenn die Herstellung von diesen Kleidern wichtige Ressourcen verbraucht oder der Umwelt schadet? Wie beeinflußt die Produktionsweise die Herstellenden? Märkte regen individualistisches Verhalten der engstirnigsten Art an, ohne daß es dazu Privatbesitz der Produktionsmittel bedarf. Märkte schaffen Anreize die verursachte Verschmutzung zu ignorieren und überhaupt die Auswirkungen einer Sache auf alle die nicht KäuferInnen oder VerkäuferInnen deren sind zu ignorieren. Also warum sollten wir diese Übel für irgendein Ding in der Wirtschaft haben wollen?

Wenn eine bestimmte Industrie marktwirtschaftlich operiert, sagen wir zum Beispiel die Gewandindustrie, so bedeutet dies, daß diese Industrie versuchen wird so viele ihrer Produkte wie möglich zu verkaufen, dabei so hohe Preise verlangt wie sie durchsetzen kann und ihr Verhalten unabhängig davon ist, was es für Auswirkungen auf jene hat, welche ihre Produkte nicht kaufen oder verkaufen. Sie wird versuchen billig einzukaufen und teuer zu verkaufen. Sie wird versuchen billigere Produktionsweisen einzuführen, auch wenn diese umweltschädlicher sind. Die Kleidungsindustrie wird bei ihrer Produktion von falschen Preisen ausgehen. Sie wird die Produktionskosten auch dann senken, wenn dies den Arbeitenden mehr schadet als es den Konsumierenden nützt. Die Kleidungsindustrie wird all dies tun, und noch mehr, um Marktanteile zu gewinnen und um am Laufen zu bleiben.

Wenn du sagst, daß man Unwichtiges dem Markt überlassen könnte, denkst du wahrscheinlich an zentrale Planung im Vergleich mit Märkten, und denkst, daß man die beiden kombinieren könnte, weil ja keine der beiden viel besser als die andere ist. Aber ich behaupte, daß partizipative Planung hervorragende Vorteile gegenüber beiden hat, sowohl gegenüber Märkten als auch gegenüber zentraler Planung.

Partizipative Planung schafft Solidarität indem es einen Rahmen bietet in welchem jede Person um voranzukammen auch das Wohl jener berücksichtigen muß, welche herstellen was sie verbraucht, oder verbrauchen was sie herstellt. Es erleichtert es den Beteiligten durch ihre Mechanismen zur Entscheidungsfindung und zur Preisfindung ein angemessenes Mitspracherecht zu haben. Es ist mit der Belohnung von Anstrengung und Verzicht verträglich und ermöglicht dies erst. Sie respektiert und fördert die Vielfalt. Sie schafft eine Dynamik welche mit Klassenlosigkeit verträglich ist, weil sie nicht von einer Schicht von KoordinatorInnen, welche die Entscheidungen fällen, abhängt.


B.E.: Hast du einmal versucht die Kosten welche für die Planung innerhalb eines Parecon enstehen zu berechnen? Oder vielleicht sollte ich sagen "Zeit-" und nicht "Dollar-" Kosten.

M.A.: Ja, in mehreren meiner Bücher wird auf dieses Thema eingegangen. Es wird nicht nur die Zeit diskutiert welche für Planung aufgewendet werden muß, was nur eine Seite der Münze ist, sondern auch die Zeit welche dadurch gewonnen wird, daß gewisse andere Aktivitäten nicht mehr notwendig sein werden nachdem wir die Wirtschaft auf Parecon umgestellt haben.

Einige Menschen, besonders wenn sie eine kurze Zusammenfassung von Parecon hören, sind darüber besorgt, daß bewußtes Entscheiden, was produziert und konsumiert werden soll, mit einem kooperativen Prozeß zu lange dauern würde. Zuerst ist zu sagen, daß dem nicht so ist. Der Planungsprozeß in einem Parecon ist auf ein paar Wochen beschränkt und es wird ihm auch während dieser Zeit nur ein Teil des Arbeitstages gewidmet. Aber, zweitens, und noch wichtiger als die erste Antwort darauf, müssen wir selbst entscheiden, was als zu lange gelten würde. Das heißt, wenn jemand mich fragt wieviel Zeit für Planung aufgewendet werden muß, will ich darauf hinaus, daß das Ergebnis schlimmstenfalls ein Kompromiß ist.

Nehmen wir einmal an, was glaube ich nicht der fall ist, daß die Zeit die man als KonsumentIn insgesamt dafür aufwenden muß die Konsumwahl zu treffen und diese umzusetzen in einem Parecon zweimal so viel ist wie die Zeit die man heute dafür braucht. Das würde natürlich zu den Problemen zählen. Aber würde dies die Umsetzung von Parecon unattaktiv machen? Um das herauszufinden muß man auf beide Seiten der Gleichung sehen. Man muß den Mehraufwand an Zeit berücksichtigen (den ich aber abstreite). Aber man muß auch die einhergehenden Fortschritte sehen - wie, daß es keine herrschende Klasse mehr gibt, die Arbeitsbedingungen und die Einkommensverteilung fair sind, daß die Preise von Produkten korrekt sind, daß es keinen Anreiz für egoistischen Individualismus gibt, da es keine Armut mehr gibt, und noch vieles mehr.

In Ordnung, sagen wir, daß für jemanden Zeit wirklich sehr wertvoll ist. Für diese Person ist der Mehraufwand den sie für die Abwicklung ihres Konsums aufwenden müßte ein so großes Übel, daß dieser durch Klassenlosigkeit und alles andere nicht wieder gutgemacht wird. Sie müßte aber dennoch die mit der partizipativen Planung einhergehenden Zeiteinsparungen berücksichtigen, und nicht nur neue Zeitaufwände.

Zum Beispiel verändert sich in einem Parecon die Länge des Arbeitstages. Wo Märkte durch ihre Konurrenzlogik den Arbeitstag verlängern, ignorierend, daß die Arbeitenden gerne mehr Freizeit hätten, läßt die partizipative Planung die Wahl ganz in den Händen der Arbeitenden und der Konsumierenden, welche diese im Wissen ihrer Präferenzen von Freizeit oder Einkommen treffen können. Auf ähnliche Weise spart man Zeit weil es keinen Klassenkampf und keine Finanzbehörden mehr gibt, doppelte oder verschwenderische Produktion hört auf, man muß nicht mehr die Zerstörung wiedergutmachen welche die Marktwirtschaft in der Ökologie verursacht, usw. Auch was den Konsum an sich betrifft, gibt es alleine dadurch sehr große Zeiteinsparungen, daß man genaue und korrekte Informationen hat, und auch, weil öfters eine sinnvolle gemeinsame Verwendung von Dingen die Notwendigkeit eines großen Teils des individuellen Konsums wie wir ihn kennen unnötig werden läßt; und man muß auch bedenken, daß dann die Güter so gemacht werden, daß sie lange halten, und nicht so, daß man bald wieder neue kaufen muß.

Also, wenn man all dies berücksichtigt, würde man dann in einem Parecon mehr Zeit für Planung aufwenden müssen als jetzt, wenn man alle Aktivitäten ansieht die durch Parecon ersetzt werden? In einem Parecon muß man jede oder jede zweite Woche einmal etwas Zeit dafür aufwenden seine Konsumentscheidungen zu treffen und mit dem gesamten Prozeß zu interagieren. Ich vermute, daß dies nicht länger dauern wird, als Menschen heute für ihre Steuererklärungen aufwenden, oder sich damit befassen wie sie Rechnungen bezahlen können, oder wie sie Verluste wiedergutmachen können welche sie aufgrund falscher Werbung gemacht haben, oder welche sie für einen privaten Konsum aufwenden, der in einem Parecon irrational wäre, oder welche sie dafür verwenden verschwenderische und unnötige Dinge zu produzieren oder den dadurch erzeugten Müll zu beseitigen, und so weiter. Nachdem der Plan entstanden ist, ist der Zeitaufwand der für dessen Anpassung während dem Verlauf des Jahres anfällt wahrscheinlich nicht viel anders als die Zeit welche man heute für Produktionsfragen und Konsumentscheidungen aufwendet, obwohl dies ganz anders durchgeführt wird, und andere Konsequenzen hat.

Bei der Betrachtung des Zeitaufwandes gibt es also zwei Aspekte. Märkte sind schädlich. Und auch wenn man sie nur für eine einzige Sache verwenden würde, worauf man es nicht beschränken könnte, wäre der Preis dieser einen Sache falsch, und dieser falsche Preise würde sich in alle anderen Industrien fortpflanzen. Die Arbeitenden in der vom Markt gesteuerten Industrie werden dazu motiviert sein nach Profit zu streben und dabei ungerecht entlohnt werden, wenn man sie mit all den anderen Arbeitenden vergleicht, welche dadurch motiviert werden die Bedürfnisse abzudecken und für ihren Aufwand und für die Unangenehmheit ihrer Arbeit belohnt werden. Die marktwirtschaftliche Arbeitsplatzeinteilung wird zu einer Klassentrennung führen. Außerdem macht es keinen Sinn eine Infrastruktur für einen "Austausch mit Märkten" zu haben und nur ein paar Dinge marktwirtschaftlich zu produzieren. Tatsächlich macht es nur dann Sinn sowohl durch Märkten als auch durch den partizipativen Plan zu wirtschaften wenn auf dem Markt sehr viele Dinge verfügbar sind. Aber dann würden sich allle Übel des Marktes verbreiten - und wir hätten gleich bei Märkten für alles bleiben können und der klassenlosen Gesellschaft Lebewohl sagen können. Und zweitens ist der dadurch angeblich erreichte Zeitgewinn in Wirklichkeit nicht vorhanden.


B.E.: Du sagst, daß dein Konzept von Parecon durch deine Erfahrungen mit echten "alternativen" Organisationen wie South End Press beeinflußt worden ist. Könntest du uns etwas über deine Erfahrungen mit diesen erzählen, und wie diese dein Denken beeinflußt haben?

M.A.: Parecon entstand konzeptuell aus einer Betrachtung von Erfahrungen vieler postkapitalistischer Wirtschaften und Versuche, und bei letzteren standen natürlich unsere eigenen Erfahrungen im Zentrum. Als wir South End Press gründeten wollten wir zum Beispiel unsere Werte nicht nur in den von uns herausgegebenen Büchern wiedergeben, sondern uns auch bei der Gestaltung unserer Arbeitsstätte nach ihnen richten. Wir wußten, daß wir echte Demokratie wollten, aber als wir uns das erste mal zusammensetzten um darüber zu diskutieren kamen einige sehr ernste und wichtige Fragen auf. Erstens, was bedeutet dies in der Praxis? Sollte alles durch Abstimmungen entschieden werden in welcher 50 Prozent plus eine Stimme gewinnen? Und zweitens, wie auch immer die Entscheidungen getroffen werden würden, wir wußten, daß dies nicht sehr viel ausmachen würde, wenn wir mit sehr unterschiedlichen Graden an Vorbereitung, Motivation und eigenen Gedanken zu den Treffen gehen wo wir sie diskutieren.

Was den ersten Punkt betrifft begriffen wir, daß wir in einer Art diskutieren und entscheiden wollten, in welcher jede Person ein angemessenes Mitspracherecht hat, aber wir sahen auch, daß es von Fall zu Fall unterschiedlich sein wird, wieviel jemand mitzureden hat. Wir waren - genau wie du - allergisch dagegen viel Zeit mit für die Praxis relativ unwichtigen Fragen zu verschwenden. Niemand wollte jemand anderem sagen was sie oder er zu tun habe, wenn dies eine rein persönliche Entscheidung war. Und wir arbeiteten Regeln aus; Anstellungen und Entlassungen wurden im Konsens geregelt, da es für eine einzelne Person sehr wichtig ist ob sie die neu dazkommende Person leiden kann oder nicht. Viele gröberen Fragen werden mit 50 Prozent Plus einer Stimme entschieden, obwohl wir natürlich versuchen zuvor zu einer Übereinstimmung zu gelangen - was Löhne betrifft, Areitsstunden, die Einteilung der Arbeit, und so weiter. Ob wir ein Buch akzeptieren wurde zu eine Entscheidung mit 2/3-Mehrheit, und GegnerInnen eines Buches konnten die Entscheidung vertagen. Wie einzelne Personen oder Teams ihre eigene Zeit einteilen war ihre Sache, und wurde nicht von den anderen bestimmt. Und so arbeiteten wir Methoden und Normen einer Selbstverwaltung für die Praxis aus, und lernten dabei auch, daß es nützlich ist für verschiedene Arten von Fragen verschiedene Methoden zur Entscheidungsfindung zu verwenden, und je nachdem wen eine Entscheidung betraf und wie sehr verschiedene Personen entscheiden zu lassen. Und auch Versammlungen, welche in der Geschichte der Linken immer eine wichtige Rolle gespielt haben, spielten bei unseren Erfahrungen mit South End Press eine große Rolle.

Die Bezahlungsweise bei SEP war nicht so direkt mit Parecons Prinzipien verbunden, aber auf indirekte weise doch. Wir hatten in den ersten paar Jahren kaum Ressourcen, und so arbeiteten Menschen für ein Zimmer und Verpflegung, und für nichts mehr. Alle arbeiteten sehr hart, viel mehr als bei einem üblichen Vollzeitjob, aber trotzdem arbeiteten einige länger als andere. Es gab aber keine unterschiedliche Bezahlung, aber wir bekamen alle ein Zimmer und Verpflegung, das wars. Als wir einmal genug Einkünfte hatten um uns Gehälter auszahlen zu können gaben wir ihnen obere Schranken. Aber wir bekamen noch immer alle den gleichen Lohn. Alle gaben sich große Mühe, und alle hatten eine lange Arbeitswoche, und für jene die mehr arbeiteten gab es einfach nicht mehr Lohn, den man hätte verteilen können. Also wurde die Mehrarbeit als freiwillig betrachtet. Aber für mich kristallisierte sich aus dieser Erfahrung als Teil von SEP, beim Versuch zu Begreifen was wir dort geschafft haben, beim Nachdenken über andere Versuche und dabei was Robin Hahnel und ich bei der Entwicklung der Parecon-Konzepts entworfen haben die Idee heraus, Anstrengung und Verzicht zu belohnen.

Aber der wichtigste Einfluß der Erfahrungen mit SEP auf Parecon betraf die Arbeitsaufteilung. Wir begriffen, daß wenn manche Personen RedakteurInnen sind oder für die Finanzen zuständig sind, und andere nur die Typographie machen oder das Büro reinigen, wäre es egal wie wir anfangs die Löhne festsetzen, und ganz unabhängig davon wie unsere Abstimmungs- und Diskussionsmethoden zunächst aussehen, würden mit der Zeit erstere Personen alle Ergebnisse bestimmen und letztere würden typische Angestellte werden. Die ersten würden ihre eigenen Einkommen erhöhen und jene ihrer Untergebenen senken. Die Hierarchien von Macht und Einkommen welche wir fürchteten würden sich einen Weg in unser Projekt fressen. Und so führten wir das ein, was wir später ausgeglichene Arbeitsfelder genannt haben, um sicherzustellen, daß die Arbeit einer jeden und eines jeden von uns sie und ihn dazu befähigt bei der Entscheidungsfindung mitwirken zu können und informierte Meinungen abzugeben. Das war nicht einfach da wir ein kleiner Betrieb waren bei dem nicht so viele verschiedene Dinge anfielen, und so war die ausgeglichene Einteilung von Aufgaben schwierig. Ohne auf die Details einzugehen schafften wir es, daß alle RedakteurInnenarbeiten und typographische Arbeiten (was einfach sehr zeitaufwändig und mühsam ist) machen, und dann erfüllten einige Personen Aufgaben wie Werbung, und andere übernahmen andere Aufgaben wie die Organisation der Produktion, oder zu sehen, daß den Bestellungen nachgekommen werden kann, aber die Arbeit einer jeden und eines jeden war insgesammt ein ausgeglichenes Bündel von Aufgaben.


B.E.: Warum nennst du dich selbst keinen Sozialisten? Es kommt mir so vor als stände Parecon in der Tradition des Sozialismus. Willst du mit dieser Tradition nicht assoziiert werden?

M.A.: Kämpft die sozialistische Tradition gegen Herrschaft und Hierarchie, für eine klassenfreie Gesellschaft und für Selbstverwaltung? Oder führt sie zur Zerstörung von Mitgestaltungsmöglichkeiten von Graswurzelbewegungen beim wirtschaftlichen und sozialen Leben und will eine Herrschaft von oben erzwingen?

Ich identifiziere mich sicherlich mit der ersten dieser Traditionen, aber die zweite war eine Erscheinung die bei allen Projekten anzutreffen war, die sich sozialistisch genannt haben. Und ich glaube, wir müssen diese Tatsache genau studieren. Wir müssen darauf achten was die Menschen zu denen wir reden unter einem Wort üblicherweise verstehen, und auch darauf, daß die Bezeichnungen die wir verwenden unser eigenes Denken einengen können.

Wenn das Wort Sozialismus auf eine Wirtschaft bezogen wird bedeutet das staatlichen oder öffentlichen Besitz der Produktionsmittel, Märkte oder zentrale Planung, Belohnung für höhere Produktion (oder vieleicht auch für Machtpositionen), und eine hierarchische Arbeitsaufteilung. Das hat das Selbstbild und die Logik von fast allen Bewegungen geprägt die sich sozialistisch genannt haben. Man findet sie heute in allen Texten über ein sozialistisches Wirtschaftsmodell welche darüber hinausgehen die sozialistischen Werte zu beschreiben, und konkrete institutionelle Ziele angeben. Das sind Ziele, die ich ablehne, genauso wie ich den Privatbesitz von Produktionsmitteln ablehne.

In der Vergangenheit habe ich mich oft einen unorthodoxen Marxisten oder einen libertären Sozialisten genannt. Ich schrieb Bücher wie Sozialismus heute und morgen, in welchen ich Aspekte der heutigen sozialistischen Vorstellungen ablehnte aber abgeänderte Modelle für morgen befürwortete. Aber ich glaube, daß irgendwann der Zeitpunkt erreicht ist an welchem man erkennen muß, daß wir den Wörterkrieg verloren haben, oder an dem wir zumindest erkennen müssen, daß das ein Kampf ist in dem weniger und weniger zu gewinnen ist; dann können wir uns den inhaltlichen Themen zuwenden, ohne dabei ein großes Gepäck an Bezeichnungen mit uns herumzuschleppen.

Ich bin gegen den Privatbesitz von Produktionsmitteln, gegen Profit, gegen Märkte, gegen zentrale Planung und gegen die Belohnung von hoher Produktion. Ich bin gegen hierarchische Verteilungen der Arbeit und gegen die Herrschaft durch eine Klasse Koordinierenden. Ich befürworte konkrete Instituionen welche sich gegen diese Übel richten. Das heißt, daß ich vieles von dem ablehne, was man dem Sozialismus zuschreibt, und anstelle dessen für ausgeglichene Arbeitsfelder und partizipative Planung eintrete, was man mit desem Wort nicht verbindet. Ich glaube wir sollten es nicht unsere Sorge sein lassen, ob andere Linke nicht vielleicht glauben, daß wir auch das ablehnen was an der sozialistischen Tradition gut ist, auch wenn es ganz klar ist, daß wir das nicht tun. Ich glaube unsere Hauptsorge sollte sein, ob Menschen welche eine Gesellschaft ohne Klassen anstreben, und konkrete Institutionen vorschlagen um dies zu erreichen, mit dem Rest der Welt effektiv kommunizieren können.

Wer mehr über die hier besprochenen Wirtschaftsvisionen erfahren will kann die Internetseite www.zmag.org besuchen, von wo man zu Artikeln und Büchern über partizipative Wirtschaft gelangt.

Originaltext: http://zmag.de/artikel/Parecon-Ein-Leben-nach-dem-Kapitalismus


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