Mujeres Libres - Frauen!

Es handelt sich bereits nicht mehr um eine allmähliche Entwicklung, auch nicht um eine Schulung oder um ein Bewußtsein. Weder geht es um ein Interesse für soziale Probleme, viel weniger noch um einen Kampf zwischen den Fähigkeiten der Männer und der Frauen. Wir haben sehr oft gesagt, daß die Unabhängigkeit der Frau von ihrer ökonomischen Unabhängigkeit nicht zu trennen ist. Wir haben gesagt, "das Heim" sei in der Mehrheit der Fälle ein Symbol für Sklaverei. Wir haben vorgeschlagen, das Make-up und die Koketterie durch etwas Fröhlicheres, Solideres und Dauerhafteres zu ersetzen. Wir haben auf eine neue Erziehung der Kinder bestanden und werden es weiterhin tun. Wir haben behauptet, daß seit Beginn der Kämpfe die Frau Aktivitäten entwickelt hat, die in dieses mutige und große Jahrhundert passen. Aber darum geht es nicht mehr, weder um einen einzelnen Punkt, noch um alle gemeinsam. Es geht vielmehr darum, daß alle Frauen aus ihrer Abhängigkeit herauskommen, aus ihrem "Heim", aus ihrem eigenen Leben; daß alle Frauen ihre augenblickliche Verantwortung und schöpferische Kraft wahrnehmen; daß alle Frauen für den Sieg und den Fortschritt eine Einheit bilden.

Wir treten in eine entscheidende Phase. Hier wird sich zeigen, welche der unterschiedlichen Vorstellungen sich durchsetzen werden. Mit Gefühlen kommen sie nicht durch ("no pasaran"); über die Vernunft werden wir uns durchsetzen ("pasaremos"). Ob wir nun zum Handeln übergehen oder nicht, wir werden uns durchsetzen: in der Geschichte, in der menschlichen Natur, bei lebenswichtigen Fragen, die nicht rückschrittlich sein können. Und von diesen lebenswichtigen fortschrittlichen Fragen, von dieser Zukunft werden wir beständig ausgehen. Es geht weder um die Erhöhung der Löhne, noch um die mehr oder weniger anerkannten Rechte der Frauen, sondern um das zukünftige Leben, um unser Eingreifen und unsere Orientierung als Frauen im künftigen Leben.

Von jetzt an muß sich jede Frau in ein bestimmtes und bestimmendes Wesen verwandeln, sie muß Unbeständigkeit, Unwissenheit und Vorlieben ablehnen. Die Alternative ist klar: Faschismus oder Revolution. Und Revolution bedeutet in keiner Weise "Sein", sondern "Werden". Davon werden unsere Illusionen, unser eigenes Streben berührt, und auch unsere Kinder sind davon betroffen. Unser heutiger Schwung, unsere Geschicklichkeit bilden im Ansatz die Grundlage für unsere künftige Entwicklung, für eine solide und fröhliche Existenz unserer Kinder.

Frauen, zaudert nicht! Nehmt die Vernunft an und die Gefühle ernst. Beteiligt Euch an den gegenwärtigen Kämpfen, mit aller Energie und mit aller Dringlichkeit.

Es handelt sich nicht um klassische Kampfparolen. Es geht vielmehr darum, daß alle Frauen den verantwortlichen und schöpferischen Augenblick wahrnehmen.

Aus: Editorial in "Mujeres Libres", VIII. Monat der Revolution

Originaltext: Mary Nash: Mujeres Libres. Die freien Frauen in Spanien 1936 - 1978. Karin Kramer Verlag, Berlin 1979. Digitalisiert von www.anarchismus.at mit freundlicher Genehmigung des Freundeskreis Karin Kramer Verlag. Das Copyright des Textes liegt weiterhin beim Karin Kramer Verlag, der Text darf ohne Rückfrage nicht weiter kopiert oder gedruckt werden. Im Karin Kramer Verlag sind zahlreiche Bücher zum Anarchismus erhältlich.


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