Albert Jensen - Die Weltwirtschaftskrise. Der Syndikalismus als Ausweg

Weltkrieg 1914 – 1918. Direkte Kosten 750 bis 800 Milliarden Mark. Dazu indirekte Kosten, insgesamt 1500 bis 1600 Milliarden Mark. 11 Millionen Gefallene auf den Schlachtfeldern. Direkte Kosten für jeden Mord etwa 75.000 Mark, dazu indirekte Kosten, so dass jeder Mord 150.000 Mark kostet. Der Weltkrieg war die rationalisierte Mordindustrie des Kapitalismus in Hochkonjunktur. Zum großen Teil wurde der Krieg auf Kredit geführt, und das bedeutet, dass kommende Generationen verschuldet sind. Der nach dem Krieg festgesetzte Zahlungsplan für England erstreckt sich auf 140 Jahre hinaus. 140 Jahre sollen kommende Generationen an den Kosten des Krieges tragen. Aus der englischen Staatskasse sollen auf lange Zeit hinaus, Tag und Nacht, stündlich 900.000 Mark fließen. Als Kostenbegleichung für den Massenmord. Der Weltkrieg war der Massenmord auf Aktien und Obligationen. Die Kapitalisten stecken immer noch den Gewinn ein. Von den 124.934.421 Dollars, die die europäischen Staaten am 15. Dezember 1932 an US-Amerika hätten bezahlen sollen, fielen auf England 65,5 Millionen, auf Frankreich 19,2 Millionen, auf Belgien 2,1 Millionen, auf Polen mehr als 3 Millionen Zinsen. Für die Tilgung blieb nicht fiel übrig.

Hier haben wir eine der Ursachen für die Krise des Kapitalismus. Friede 1918. Die Krise beginnt in Amerika 1920. Nach einigen Jahren aufsteigende Konjunktur, dann Hochkonjunktur. Höhepunkt 1929. Dann Sturz in den Abgrund der Krise. In mehr oder weniger parallelen Linie folgen die übrigen Länder Amerika.

Nach der Krise von 1920 setzt die Rationalisierung ein. Sie sollte die Produktion verbilligen, dadurch den Konsum erhöhen; das sollte wieder belebend auf die Produktion einwirken, die Nachfrage nach Arbeitskräften sollte dadurch steigen, die Arbeitslosigkeit abgeschafft werden. Die Technik stellte sich auf die Rationalisierung ein. Sie machte Riesenfortschritte. Wunderbar vervollkommnete Maschinen wurden geschaffen; der Arbeitsprozess im Hetztempo maschinisiert. Für einen Augenblick, aber auch nur für einen Augenblick belebte die Rationalisierung das Wirtschaftsleben. Dann erfolgte eine um so furchtbarere Arbeitslosigkeit. Bei den Berechnungen vergaß man, dass zur Steigerung der Konsumtion Konsumenten und erhöhte Kaufkraft erforderlich sind. Die Maschinisierung rationalisierte die menschliche Arbeitskraft. Die Arbeiter waren unter der Rationalisierung nur Bruchteile von Konsumenten, da sie sehr wenig Einkommen hatten. Mitunter wurden sie vollständig als Konsumenten durch den Hungertod ausgelöscht. Die allgemeine Konsumtionskraft schrumpfte zusammen. Gleichzeitig wurde die Produktivität erhöht. Die Spanne zwischen Produktion und Konsumtion wurde immer größer und verschärfte die Krise.

Die Wirkung der Rationalisierung und Maschinisierung drehten sich im Kreise. Die infolge der Rationalisierung frei gewordenen Arbeitskräfte schalteten als Konsumenten mehr oder weniger aus. Die Hunderttausende von Arbeitslosen schwollen zu Millionen und neuen Millionen an. Die Konsumtion verminderte sich. Die Produktion musste der herabgesetzten Konsumtion angepasst werden. Das geschah durch Entlassung von Arbeitern. Diese hörten ebenfalls ganz oder teilweise auf, Konsumenten zu sein. Wieder sank die Konsumtion. Wieder eine neue Anpassung der Produktion an die verminderte Konsumtion. Neue Massenentlassungen von Arbeitern. Neue Herabsetzung des Konsums. Neue Produktionsherabsetzung. Nochmals Vermehrung der Arbeitslosigkeit. So ging es immer weiter, und hierbei stehen wir nun.

Auf die Krise in der Industrie folgte die Krise in der Landwirtschaft. Rationalisierung. In der amerikanischen Landwirtschaft stieg die Anzahl der Traktoren von 80.000 im Jahre 1919 auf 852.000 im Jahre 1929. Es wurden combine-harvesters eingeführt, die mähten, droschen, das Getreide sortierten und den Menschen überflüssig machten. Der Ertrag stieg. Es wurde ein Überschuss an Produkten geschaffen, der auf dem Markt nicht abgesetzt werden konnte. Die Preise für die landwirtschaftlichen Erzeugnisse fielen abgrundtief. Man verbrannte Weizen, Mais, Kaffee, man warf sie ins Meer, man zerstörte Fleisch- und Frucht-Konserven in Massen, man goss Milch in Rinnsteine, man zerstörte Baumwollplantagen, während Millionen Arbeitsloser hungerten. Doch die Preise wollten nicht steigen. Die amerikanischen Farmer hatten nicht einmal soviel Einkommen, dass Zinsen und Schuldtilgungen bezahlen konnten. Es „lohnte“ sich nicht mehr, Landwirtschaft zu treiben. Hunderttausende von Farmern verließen ihre Farmen, ohne dafür bezahlt zu bekommen. Die Krise und die Rationalisierung jagten drei Millionen Menschen vom Lande. Die Krise in der Landwirtschaft wirkte verschärfend auf die Krise in der Industrie. Die Bauern konnten keine Industrieprodukte mehr kaufen. In anderen Weltteilen und Ländern gestaltete sich die Entwicklung in der Landwirtschaft ähnlich wie in Amerika.

Auf die Krise in der Industrie und der Landwirtschaft folgte unvermeidlich der Zusammenbruch des kommerziellen und finanziellen Oberbaus. In den Jahren 1929, 1930, 1931 stellen tausende von Banken in Amerika ihre Zahlungen ein. In den ersten 10 Monaten des Jahres 1932 brechen nochmals 1199 Banken mit einem Eigenkapital von 580 Mill. Dollars zusammen. Die Schwierigkeiten werden erhöht, da die Sparer das Vertrauen verlieren. Man legt das Geld lieber in die Truhe, ohne Verzinsung, als dass man es in den Banken ganz verliert. Die Kreditkrise erhöht die Schwierigkeiten für das Unternehmertum, Arbeitslosigkeit und Krise in der Industrie sind erneut die Folge. Die Bankenkrise nimmt Dauerformen an.

Die allgemeine Krise greift auf alle Gebiete des öffentlichen Lebens über. Die öffentlichen Produktionsunternehmen werden hineingezogen. Die Einkünfte des Staates sinken. Die Frachtsätze schrumpfen in demselben Maße zusammen wie das Produktionsvolumen und der Personenverkehr. Die Eisenbahnen, vorher Gewinnquellen für den Staat, werden Zuschussunternehmungen. Dasselbe zeigt sich bei den kommunalen Unternehmungen: bei Gas- und Elektrizitätswerken, Straßenbahnen, Omnibussen usw. Es entsteht eine umfassende „Entsozialisierung“. Staatliche, besonders aber kommunale Unternehmungen werden in privat-kapitalistische verwandelt.

Die Steuerquellen versiegen für Staat und Gemeinden. Überall Pleite im Haushalt. Valuten brechen zusammen. Im Gleichschritt mit den verminderten Einkommen für Staat und Gemeinden erhöhen sich die Forderungen. Die ungeheuren Massen der Arbeitslosen können nicht ganz ihrem Schicksal überlassen werden, das wäre zu gefährlich. Wo Arbeitslosenversicherungen bestehen, wird ihr Rahmen gesprengt. Sie brechen als Versicherungsorgane zusammen.

Das Chaos und die Hoffnungslosigkeit werden durch eine wahnsinnige Zollpolitik, durch Einfuhrverbote, Kontingentierungen, autarkische Tendenzen gesteigert. Man verhindert die Einfuhr einer bestimmten Ware aus dem Ausland und macht damit die Arbeiter im Exportland arbeitslos, die sich mit der Herstellung dieser Ware beschäftigen. Das Exportland revanchiert sich, indem es den Export einer anderen Ware aus dem Importlande verhindert, wodurch die Arbeiter erwerbslos werden, die mit der Herstellung dieser Waren beschäftigt gewesen sind. Eine international erhöhte Arbeitslosigkeit ist das einzig sichtbare Ergebnis.

Der internationale Handelsaustausch bricht im Jahre 1929 zusammen. Von 1913 bis 1929 steigt die Welthandelsziffer um 27 %. Dann kommt der Absturz. 1929 stieg der Welthandel auf 60 Milliarden Dollar, 1930 aber war der Umsatz auf 48 Milliarden gesunken, 1931 auf 34 Milliarden und 1932 dürfte er nach bisherigen Schätzungen 25 – 30 Milliarden sein. Seit 1929 ist also der Welthandel um die Hälfte gesunken. Die Schifffahrt bricht zusammen. Gegenwärtig liegen 13 bis 14 Millionen Schifffahrtstonnage in den Häfen. Seeleute, Heizer, Maschinisten, Offiziere der Handelsflotten, Hafenarbeiter, Handelsangestellte werden durch den Niedergang des internationalen Handels in Arbeitslosigkeit und Elend hinabgestoßen. Wieder sinkt die Kaufkraft zusammen und damit auch die Produktion. Das Ergebnis: größere Armut, größeres Elend.

Die Schrumpfung der Weltproduktion von Eisen war 1929 bis 1931 43 %, von Stahl 41 %. Die industrielle Produktion sank in Deutschland von der Zeit der Hochkonjunktur 1928 . 1929 bis zum Krisenjahre 1932 schätzungsweise auf 62 %. Deutschlands Arbeiter, Angestellte und Beamte hatten 1911 ein Einkommen von 11 Milliarden, 1932 wird ihr Einkommen auf 6,5  Milliarden berechnet. Diese Zahlen beleuchten die wachsende Armut. Die Arbeitslosigkeit hat nur in Deutschland und Amerika jetzt die Zahl von 20 Millionen erreicht. Wie groß ist sie in der ganzen Welt? Wahrscheinlich zwischen 40 und 50 Millionen!?

Die Krise des Kapitalismus in Industrie, Landwirtschaft, Handel und im Finanzwesen hat mit Notwendigkeit eine politische Krise im Gefolge: Die Krise der politischen Demokratie. Der Kapitalismus hatte nichts gegen die Demokratie, als diese in den Jahren 1918 bis 1919 das kapitalistische System in Deutschland und anderen Ländern rettete. Er konnte keinen besseren politischen Sachwalter finden als die Sozialdemokratie. Die Arbeiterregierungen in den Nachkriegsjahren hatten Gelegenheit, die Machtlosigkeit der politischen Demokratie zu demonstrieren. Die revolutionären Ansätze des Proletariats in der Nachkriegszeit ebbten ab und der Kapitalismus hatte seine Knechte nicht mehr nötig. Wo sie Widerstand leisteten, wurden sie mit Hilfe der wirtschaftlichen Macht, über die die besitzende Klasse stets verfügt, verjagt. Dem Kapitalismus kommt es nicht immer darauf an zu regieren, doch er hört niemals auf zu herrschen. Die australische Arbeiterregierung musste auf einen Wink des Finanzkapitals in der Londoner City gehen. Die norwegische Arbeiterregierung wurde im Jahre 1928 vom Finanzkapital nach 14 Tagen zum Rücktritt gezwungen. Die englische Arbeiterregierung wurde durch die Macht und die Manöver des Finanzkapitals abgesetzt. Heute gibt es überall Bestrebungen zur Liquidierung der Demokratie und zur Diktatur. Die Formen der politischen Demokratie sind ein Hindernis für den Kapitalismus, selbst wenn sie ihn nicht am Leben bedrohen. Die Krise raubt den Kapitalisten einen großen Teil ihres Profits. Nun sucht der Kapitalismus die Wirtschaft ohne Einmischung der Demokratie umzuformen. Halbdiktatorische Regierungssysteme treten in Erscheinung. In Deutschland das System Brüning. Eine Regierung, die ohne Reichstag, mit Hilfe von Notverordnungen, aber unter Duldung der politischen Demokratie, regiert. Die Sozialdemokratie, eifrigste Verfechterin der politischen Demokratie, beteiligt sich daran, der Demokratie das Grab zu graben und die Diktatur vorzuschieben. Nach Brüning das System Papen, das noch offener die Diktatur zur Schau trägt. Papenliquidierte die politische Demokratie am 20. Juli noch gründlicher, als er die preußische Regierung Braun-Severing von einem Leutnant mit drei Soldaten absetzen ließ. Nach Papen: Schleicher. Wir sehen neue politische Systeme mit noch geringeren demokratischen, dafür aber um so stärkeren diktatorischen Formen, die sich den Bedürfnissen des Krisenkapitalismus anpassen.

Die Krise des Kapitalismus ist keine gewöhnliche Konjunkturkrise. Hinter ihr liegt ein Komplex mannigfaltiger Ursachen. Die technische Entwicklung und die Rationalisierung gehören zu den Hauptursachen. In Amerika wurde der Höhepunkt der Produktion im Jahre 1929 erreicht, während die Höchstzahl der beschäftigten Arbeiter bereits in den Jahren 1918/19 erreicht war. Seither hat sich die Zahl der Arbeiter und Angestellten im Produktionsleben dauernd gesenkt, während gleichzeitig die Produktivität und das Produktionsvolumen ständig zunahmen.

Das ist eine Erscheinung von größter Bedeutung. Eine größere Menge von Waren soll abgesetzt werden, während gleichzeitig die Kaufkraft  der Massen infolge des fortschreitenden Abstoßens von Arbeitenden aus dem Produktionsprozess und infolge der Lohnsenkungen sich vermindert. Die Massenentlassungen und Herabsetzungen der Löhne haben zur Folge, dass diese Massen an den erzeugten Werten keinen Anteil nehmen können. Die Arbeiter werden als Käufer ausgestoßen. Wie kann man aber die immer größeren Warenmengen absetzen, wenn die Kaufkraft stets geringer wird? Hier liegt der innere Widerspruch dieser Entwicklung. Es entsteht eine immer größere Kluft zwischen Produktion und Konsumtion, die zuletzt unumgänglich zu einer Krise und Katastrophe führen muss. Die American Federation of Labor ließ Untersuchungen vornehmen, die das Ergebnis hatten, dass die Produktivität in den letzten drei Jahrzehnten um ungefähr 80 % gestiegen ist, während die Lohnsumme der Arbeiter nur um 40 % zunahm. Die Kaufkraft der arbeitenden Massen wird immer kleiner und kleiner, in dem Maße, wie die technische Entwicklung fortschreitet.

Dieselbe Entwicklung zeigte sich nach Einbruch der Krise vom Jahre 1929. Die amerikanische Industrie beschäftigte im August 1932 nur 56,1 % der im Jahre 1929 beschäftigten Arbeiter (Kurzarbeiter eingerechnet), die ein Produktionsvolumen, die ein Produktionsvolumen von 50,6 % hervorbrachte. Doch die Lohnsumme, die den Arbeitern ausgezahlt wurde, betrug nur 35 % der Lohnsumme vom Jahre 1929. Wenn die Lohnsumme auf 35 % gesunken ist, dann ist auch die Kaufkraft der Arbeiter auf 35 % gesunken. Die Folge ist eine Schrumpfung der Produktion, eine immer größere Spanne zwischen Produktion und Konsumtion, eine ernsthafte Krise.

Das amerikanische Forschungsinstitut Technocracy behauptet auf Grund seiner Erhebungen, dass man für die Produktionserhöhung auf da Niveau von 1929 nur    55 % von den arbeitlosen Arbeitern von heute benötige. Wenn die Arbeitslosigkeit in Amerika jetzt 10 Millionen überschreite, dann würde nach einer solchen Erhöhung der Produktion immer noch eine Armee von Arbeitslosen von 5 Millionen übrigbleiben.

Es besteht keine Aussicht, dass die Erwerbslosigkeit durch weitere Erhöhung des Produktionsvolumens herabgesetzt werden könnte, denn täglich werden neue Maschinen von höchster technischer Vollendung in den Produktionsprozess gestellt und dadurch werden dauernd menschliche Arbeitskräfte freigemacht. Die technische Entwicklung geht so rasch vor sich, dass die Erweiterung des Produktionsvolumens die Arbeitslosen nicht aufsaugen kann, so dass infolgedessen die Arbeitslosigkeit weiter wachsen wird. Das Institut hält es sogar für möglich, dass die Arbeitslosigkeit in Amerika in 2 Jahren auf 20 Millionen gestiegen sein wird. Die Steigerung der Preise der Rohstoffe in der letzten Zeit hat man als Zeichen einer natürlichen Erholung gedeutet. Ist dies berechtigt? Die Senkung der Preise für Rohstoffe hat seit Beginn der Krise entschieden auf den Absatzüberschuss eingewirkt, auf die Menge der Waren, die man auf dem Markte nicht absetzen konnte. Eine „natürliche Erholung“ setzt voraus, dass der Vorrat verringert wird, sonst drückt dieser Lagerbestand dauernd die Preise nieder. Sind die Warenlager kleiner geworden? Nach Prof. Hirsch hat sich die Menge der Rohstoffe im Jahre 1932 in ihrem Verhältnis zur Menge vom Jahre 1927 in folgender Weise erhöht: Weizen um 123 %, Kaffee um 265 %, Kupfer um 506 %, Zink um 245 %, Zinn um 211 %, Rohseide um 255 %, Gummi um 135 %, Jute um 506 %. Diese Zahlen scheinen keinen Grund zu geben für den Glauben an eine natürliche Erholung. Die Preissteigerung dürfte anderen zeitlich wirkenden Ursachen zuzuschreiben sein, auf die eine Reaktion folgen wird, wie es auf dem Weizenmarkt der Fall war. Der Preis für Weizen stieg Mitte August an der Börse in Chikago um RM 85,– pro Tonne, doch diese Preissteigerung war künstlich und entsprach nicht einer Abnahme der Weizenbestände, und deshalb fiel auch der Preis wieder bis zum 4. November auf  RM 66,50.

Die kapitalistische Welt wird von dem Reichtum an Waren erdrückt. Aus diesem Überfluss entspringt die Not der Massen. Die Spanne zwischen Produktion und Konsumtion und zwischen dem Produktionsvolumen und dem Arbeitslohn wird dauernd größer. Ein „natürlicher“ Rückgang der Krise kann noch nicht wahrgenommen werden. Die Arbeitslosigkeit steigt immer noch. Das wirtschaftliche Chaos wird größer. Die politische Spannung wird immer weiter getrieben. Wir haben es nicht nur mit einer kapitalistischen Krise, sondern mit der Krise des Kapitalismus zu tun. Mit dem Auflösungsprozess des Wirtschaftssystems folgt der Auflösungsprozess des Wirtschaftssystem folgt der Auflösungsprozess der politischen Formen dieses Systems. Die politische Demokratie im Dienste der Arbeiterklasse vermag nichts, sie hat ihre Chance gehabt, ihre Zeit ist vorbei. Neue ökonomische und politische Formen treten in Erscheinung. Wird es der Kollektivkapitalismus oder der Plankapitalismus und diesem angepasst die Halbdiktatur auf politischem Gebiete sein? Oder wird der Kapitalismus verschwinden und der Sozialismus die Wirklichkeit gestalten? Werden in diesem Falle die Prinzipien der „Diktatur des Proletariats“ zur Herrschaft gelangen oder wird die Entwicklung in der Richtung getrieben werden, dass die wirtschaftlichen Kampfesorganisationen der Arbeiter in den Vordergrund treten und den Kampf für Verwirklichung des Sozialismus führen werden, worauf schon gewisse Zeichen hindeuten? Wenn dies der Fall sein sollte, dann werden die eigenen Kräfte der Entwicklung die Prinzipien des Syndikalismus an die Tagesordnung bringen. Wir befinden uns in einer Zeitperiode, wo die syndikalistische Bewegung  sich immer mehr dem Zeitpunkt nähert, an dem sie die Geschichte zu gestalten hat.

Albert Jensen

Aus: "I.A.A. 10 Jahre internationaler Klassenkampf / Gedenkschrift zum zehnjährigen Bestehen der Internationalen Arbeiter-Assoziation" / Berlin, 1932

Originaltext: http://syndikalismus.wordpress.com/2011/05/22/geschichte-der-iaa-teil-4/


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