Schweden - Die SAC
Die schwedische Sektion der IAA (Sveriges Arbetares Centralorganisation) feierte im Jahre 1930 ihren 20 jährigen Bestand. Das ganze Jahr war für die Organisation voll von Kämpfen, die schöne Erfolge zeitigten. Der Fortschritt der Organisation kam unter anderem auch in dem Wachstum der Mitglieder zum Ausdruck. Von 26.236 im Jahre 1929 stieg die Anzahl auf 28.150 Ende 1930.
Der Aufstieg des schwedischen Syndikalismus ist um so höher zu bewerten, als er sich gegen den Vernichtungswillen der Reformisten, die der syndikalistischen Organisation das Lebenslicht ausblasen wollten, vollzog. Die reformistischen Gewerkschaften gingen so weit, dass sie die Kämpfe, die von den syndikalistischen Organisationen gegen das Unternehmertum zur Verteidigung der Interessen der Arbeiter unternommen wurden, sabotierten. Die Reformisten verfolgten damit einzig und allein den Zweck, die syndikalistischen Organisationen zu zerstören und die Arbeiterbewegung zu monopolisieren. Erklärten die Syndikalisten Streik, dann forderten die Führer der reformistischen Organisationen ihre Mitglieder auf, weiter zu arbeiten; verhängten die Syndikalisten über einen Betrieb die Sperre, dann schlossen die reformistischen Gewerkschaften mit den Unternehmern einen Kollektivvertrag auch dann ab, wenn kein Mitglied der reformistischen Organisationen in dem Betrieb arbeitete. Alle diese Maßnahmen sind indessen am Kampfeswillen der Syndikalisten gescheitert.
Kongress der SAC im Jahr 1922
Um die Syndikalisten zu verlocken, ihre Organisation zu verlassen, beschloß die reformistische Gewerkschaftsorganisation, von ihnen beim Übertritt in die reformistischen Gewerkschaften kein Eintrittgeld zu erheben. Doch dieses Lockmittel blieb wirkungslos. Als Antwort darauf beschlossen auch die Syndikalisten, Arbeitern, die aus den reformistischen Gewerkschaften zu ihnen kommen, freien Eintritt zu gewähren. Gegen die zunehmende Erwerbslosigkeit kämpften die Syndikalisten Schwedens an, indem sie sich für kürzere Arbeitszeit und für die Verteilung der Arbeit auf breitere Schichten der Arbeiterschaft einsetzten. In einigen Fällen ist es ihnen gelungen, kürzere Arbeitszeit einzuführen, beispielsweise in den Betrieben von Schisshytan.
Eine besondere Aktion in dem Kampfe gegen die Erwerbslosigkeit war die Aktionskonferenz der Werktätigen, die unter der Initiative der syndikalistischen Organisation im Stockholmer Syndikalistenhause stattfand. Auf dieser Konferenz waren 100.000 Arbeiter vertreten, die Syndikalisten hatten auf die Beschlüsse derselben nachhaltigen Einfluß. Die moskautreuen Kommunisten versuchten, diese Konferenz ihren parteipolitischen Zielen unterzuordnen, doch das gelang ihnen nicht. Die Konferenz arbeitete Richtlinien für die Bekämpfung der Erwerbslosigkeit aus. Sie forderte Einführung einer kürzeren Arbeitszeit, Verteilung der vorhandenen Arbeitsmöglichkeiten unter alle Arbeiter, vor allem aber Abschaffung der Notstandsarbeiten, die ein Mittel in den Händen der Regierung und der Unternehmer sind, unter Drohung der Entziehung der Erwerbslosenunterstützung die Arbeitslosen zu zwingen, zu Löhnen zu arbeiten, die weit unter den Tariflöhnen stehen. Der Kampf gegen dieses Übel wird noch fortgesetzt.
Solidaritätsaktionen
Als die finnischen Gewerkschaften von der Lapporeaktion zerschlagen und die Arbeiter verfolgt, verjagt, inhaftiert und prozessiert wurden, setzten die schwedischen Syndikalisten sich an die Spitze einer großen Unterstützungsaktion für die Opfer der finnischen Reaktion. Es wurde ein Hilfskomitee für das finnische Proletariat gebildet, das große Summen Gelder sammelte, die für die Unterstützung der gefangenen Klassenkämpfer sowie für deren Frauen und Kinder verwendet wurde. Ende 1930 wurde die Aktion noch fortgesetzt, so dass noch keine Endabrechnung vorliegt, doch es wurden hohe Summen aufgebracht.
Die SAC bewilligte aus ihrer Kasse auch 1.000 Kronen für die Unterstützung des russischen Hilfsfonds der IAA. Es wurden auch Schritte unternommen für die Freigabe des Genossen Ghezzi aus den Sowjetkerkern.
Der Syndikalistische Jugendverband Schwedens wurde im Jahre 1930 ins Leben gerufen. Der Gründungskongreß tagte im Juni in Stockholm. Es waren 17 Jugendorganisationen durch 21 Delegierte vertreten. Der Kongreß arbeitete für die syndikalistische Jugendbewegung ein Programm aus, das mit den Grundsätzen des revolutionären Syndikalismus übereinstimmt. Der Kongreß nahm noch eine besondere Resolution gegen den Militarismus an, in welcher alle Formen desselben, einschließlich des ‚roten’ Militarismus verurteilt wurden. Über letzteren wird gesagt, dass er durch seinen strikten Zentralismus die freie Initiative des Proletariats, die gerade in revolutionären Zeiten erforderlich ist, erstickt. Die Syndikalisten sind Föderalisten und deshalb Gegner des roten Militarismus. Es kommt auf den Klassengegner an, ob Gewalt in der sozialen Revolution erforderlich ist. Im Dienste der Umwandlung der Gesellschaft muß die Arbeiterklasse zum Äußersten gehen.
Propagandatätigkeit
Für Propaganda wurden im Jahre 1930 72.000 Kronen ausgegeben, die für Versammlungen, Konferenzen usw. verbraucht wurden. Die beiden Tageszeitungen „Arbetaren“ in Stockholm und „Norrlandsfolket“ in Kiruna kamen ohne Unterbrechung heraus. Außerdem gibt die Bauarbeiterföderation ein Monatsorgan und die SAC für ihre Organisationen ein monatliches Mitteilungsblatt heraus. Es wurde eine Gratisbroschüre in einer Auflage von 86.000 Exemplaren, ein Werbeplakat gegen die Sabotage der Klassenkämpfe durch die reformistischen Verbände in 10.000 Exemplaren und eine Sondernummer der Zeitung „Arbetaren“ in 40.000 Exemplaren herausgegeben. Ein antimilitaristisches Flugblatt wurde in 20.000 Exemplaren im Lande unter den Arbeitern verteilt.
Studientätigkeit
1.133 Mitglieder nahmen an systematischen Studienkursen teil. Über den Syndikalismus, seine Theorie, Praxis, seine Verbreitung in den verschiedenen Ländern und seine Kampfesmittel fanden 18 Kurse statt. Für die Studientätigkeit wurden einige Tausend Kronen verwendet. Neben den syndikalistischen Lehren wurden auch andere Themen zum Gegenstand des Studiums gemacht.
Finanzielle Unterstützung von Kämpfen
Im Jahre 1930 befanden sich 117 örtliche Organisationen in Kämpfen, die von der Gesamtorganisation finanziell unterstützt wurden. Im ganzen erhielten die Mitglieder dieser Organisationen 234.236 Kronen ausbezahlt. Die Gelder für den Solidaritätsfonds liefen regelmäßig ein, so dass Ende 1930 im Kampffonds die Summe von rund 350.000 Kronen vorhanden war.
Verfolgungen
Im Jahre 1930 wurden drei Genossen für ihren Kampf bei Streiks verurteilt: einer zu 5 ½ Monaten und zwei zu je einem Monat Gefängnis. Auf Grund eines Urteils des Arbeitsgerichts wurde ein syndikalistischer Ortsverein verurteilt, dem Unternehmer 2.100 Kronen Strafe zu zahlen, da er einen „ungesetzlichen“ Streik erklärte. In dem Urteil wird noch erklärt, daß die Mitglieder der Organisation bis zum Betrage von 140 Kronen pro Person für die Summe, die dem Unternehmer gezahlt werden soll, aufkommen müssen.
Die Arbeitsgerichtsbarkeit ist für die revolutionären Klassenkampforganisationen eine Gefahr. Eine Reichskonferenz der SAC hat sich mit dieser Frage besonders befasst und dagegen Stellung genommen.
Die syndikalistische Bewegung Schwedens hat im Jahre 1930 ihre Aufgabe als Klassenkampforganisation in jeder Beziehung erfüllt.
Aus: „Der Syndikalist“, Nr. 16/1931.
Originaltext: http://syndikalismus.wordpress.com/2010/07/14/historisches-dokument-schweden-die-sac/