Wolfgang Haug - Eine Flamme erlischt. Die Freie Arbeiter Union Deutschlands (Anarchosyndikalisten) von 1932 bis 1937

Die Organisationsstärke der Freien Arbeiter Union Deutschlands (FAUD)  

Mit genauen Angaben über die eigene Größe tat sich die FAUD als unbürokratische und dezentrale Organisation von Anfang an schwer. Die Geschäftskommission (GK) in Berlin und die Wochenzeitung "Der Syndikalist" waren seit 1919 die überregionalen Bindeglieder dieser auf lokalen Industrieföderationen oder Ortsgruppen beruhenden Organisation. Sie blieben auf die Rückmeldung der Ortsgruppen angewiesen, die ihre Gelder für die Arbeit der GK nach der Anzahl ihrer Mitglieder abführten und den "Syndikalist" als Mitgliederzeitung bestellten. (1)

Eine weitere Möglichkeit, den Stand der Organisation abzulesen, bot sich auf den zweijährigen Kongressen durch die Addition der Anzahl der Mitglieder, die ein Delegierter repräsentierte, und schließlich konnte der verläßlichste Teil der Organisation anhand der Beteiligung für einen Solidaritätsfonds festgestellt werden. Danach hatte die FAUD zur Gründungszeit 1919 auf dem 12. Kongreß (2) 111.675 Mitglieder. (3)

Für die Zeit der Inflation (1922/23) finden wir unterschiedliche Zahlenangaben von 80.000 (4) bis zu den sicherlich falschen 300.000. (5) Über die Jahre der Stabilisierung der Weimarer Republik (1924-1929) sanken der Einfluß und die Mitgliederzahl der FAUD rapide. Zwar entstanden mit der Syndikalistisch-Anarchistischen Jugend Deutschlands (SAJD), dem Frauenbund, der Kinderbewegung, der Gilde Freiheitlicher Bücherfreunde und den Freien Sängerbünden parallele Organisationen, die neue Zielgruppen organisierten und zumindest zur kulturellen Stärkung der Bewegung beitrugen, zwar kam es angesichts der nazistischen Gefahr ab 1930 zur Bildung von sogen. Schwarzen Scharen (6) nach dem Vorbild des Rotfrontkämpferbundes und des Reichsbanners, doch kann dies über den Niedergang der Bewegung nicht hinwegtäuschen. Zuletzt konnte auch die Wirtschaftskrise 1930-32 nicht mehr in organisatorische Erfolge umgemünzt werden, obwohl nicht wenige FAUD-Mitglieder, selbst arbeitslos, in der Erwerbslosenbewegung aktiv wurden. Doch diese politisch heterogene Erwerbslosenbewegung konnte nicht zum Ersatz für das zentrale Kampfmittel der Anarchosyndikalisten, den Generalstreik, werden. Gerade angesichts der riesig gewordenen "Reservearmee" der Arbeitslosen und der mangelnden Verankerung der verbliebenen Mitglieder in den Betrieben blieb die Generalstreikforderung der FAUD gegen den aufkommenden Nationalsozialismus bloße Theorie. Die diesbezüglichen Aufrufe waren nicht viel mehr als syndikalistische Agitation in Form von Appellen an eine Arbeiterschaft, deren Organisationen oder Parteien mit der FAUD wenig Gemeinsames im Sinn hatten. (7) In den entscheidenden Jahren 1932-33 haben wir es deshalb mit einer geschwächten Bewegung zu tun, die aus eigener Kraft keinerlei relevanten politischen Einfluß auf die Geschehnisse mehr ausüben konnte.

Die Mitgliederzahlen der FAUD für 1932 schwanken zwischen 6000 und 10.000. (8) Für Anfang 1931 kennen wir genauere Zahlen. Gezahlt wurde seitens der Ortsgruppen an die GK für 6620, und an einer Abstimmung über einen geplanten Reichssolidaritätsfonds, der mehrheitlich abgelehnt wurde, beteiligten sich 6634 Mitglieder. (9) Schaut man auf die Organisationsstruktur der FAUD, dann schlüsseln sich die 6634 Mitglieder folgendermaßen auf: Provinzialarbeiterbörse (künftig: PAB) Brandenburg-Pommern (2574 Mitglieder), PAB Rheinland (1380), PAB Sachsen (561), PAB Groß-Thüringen (301), PAB Westfalen (307), PAB Nordwest (212), PAB Südwest (395), PAB Bayern (540), PAB Niedersachsen (114), PAB Württemberg (123), PAB Saargebiet (37), PAB Schlesien (90). (10) Soweit sich Zahlen anhand einzelner Orte nachprüfen lassen, passen sie in diesen Rahmen von 1931, auch wenn in der Auflistung von 1931 nachweislich einige Ortsgruppen fehlen, wie z.B. Hannover, Wuppertal, Remscheid etc., so kann man doch davon ausgehen, daß die FAUD bei der Machtübernahme die Zahl von 7000 kaum überschritten haben wird. Für Krefeld geben ehemalige Mitglieder für 1933 eine Zahl von 400-500 (11), für Düsseldorf 500 (12), für Mannheim 300 (13) (bei zwei Industrieföderationen), für Ludwigshafen 200-250 (14) an. Diese Orte gehören neben der Sonderstellung Berlins (1931: 2161 Mitglieder) zu den verbliebenen "Hochburgen" der Organisation, und ähnlich starke Gruppen fanden sich 1930 nur noch in Dortmund (171 zahlende Mitglieder), München (236), Nürnberg (164), Duisburg (163), Mühlheim/Ruhr (112), Dresden (137), Erfurt (142), Leipzig (115) und den Traditionsorten der FAUD Sömmerda (74) und Werder, Krs. Potsdam (260). (15) Die übrige Liste der Ortsgruppen, die auf dem Erfurter Kongreß 1932 noch mit Delegierten vertreten waren, (16) ist zwar nach wie vor beeindruckend lang und flächendeckend, doch schwankten ihre Mitgliederzahlen bereits 1931 zumeist zwischen 3-40, größere Gruppen organisierten noch bis zu 80 Mitglieder (wie z.B. Bremen), 70 (Hamburg), sowie 50-60 (Stuttgart, Magdeburg, Rheinhausen). (17) Diese Zahlen sind allerdings nicht unbedingt ein Indiz für die Aktivität der Gruppen, zumal in der Illegalität nach dem FAUD-Verbot am 5. März 1933 (18) gerade von den größeren Gruppen sich viele bedeckt hielten.

Für die Bereiche Mitteldeutschland und Südwestdeutschland lassen sich die verbliebene praktische Stärke der FAUD anhand der beiden Propagandarundreisen aus dem Jahr 1932 mit Theodor Plievier und Emma Goldman nachvollziehen. Die GK plante die Abende entweder als geschlossene Veranstaltungen für FAUD-Mitglieder oder als öffentliche "Kultur"-Veranstaltungen der Gilde Freiheitlicher Bücherfreunde. Im übrigen stellte es die GK in die Verantwortung der Ortsgruppen, ob sie sich noch für fähig hielten, solche Veranstaltungen durchzuführen. Für Norddeutschland finden sich keine Unterlagen, obwohl aus Briefen Emma Goldmans deutlich wird, daß sie zumindest in Braunschweig und Bremen war, bevor ihre erweiterte Mitteldeutschland-Reise begann. (19) 

Emma Goldmans Vorträge im März 1932 wurden von den Gruppen in Berlin-Oberschöneweide, Werder-Potsdam, Dresden, Leipzig, Erfurt, Sömmerda, Zella-Mehlis, Suhl und im schlesischen Breslau ausgerichtet. Gab es größere Gruppen in den Städten wie in Dresden, Leipzig, Erfurt und Sömmerda, so bestritt Emma Goldman zwei Veranstaltungen, wovon eine - allerdings literarisch getarnt (z.B. als "Das russische Drama") - öffentlich angekündigt wurde. Die erweiterte Südwestdeutschland-Tour im April 1932 führte sie nach Schweinfurt, Nürnberg, Fürth, Heilbronn, Göppingen, Stuttgart, Ulm, Offenbach, Darmstadt, Mannheim und Ludwigshafen. 

Hierzu sind einige Anmerkungen zu machen: In Schweinfurt wurde aus Vorsicht nicht Emma Goldman sondern Milly Witkop-Rocker angekündigt. Trotz dieser Maßnahme kam es zu antisemitischen Zwischenrufen. (20) Vor ihren Veranstaltungen in Mannheim und Ludwigshafen zog Emma Goldman Bilanz: "Stuttgart, Göppingen und Ulm waren ganz gut besucht, und die Genossen waren wundervoll. Besonders in Göppingen. Offenbach und Darmstadt war[en] in jeder Hinsicht sehr armselig", wobei sie den Organisator Georg Hepp im Folgenden ausdrücklich ausnimmt. (21) In Mannheim und Ludwigshafen kam es dann, wie schon in Stuttgart, wieder zu Doppel-Veranstaltungen. Über die Besucherzahlen geben uns die Quellen keine konkrete Auskunft, obwohl gerade die geschlossenen Mitgliederversammlungen einen Rückschluß erlaubt hätten. Wir erfahren jedoch einige Zahlen über die Plievier-Rundreise im November/Dezember 1932, die in dieselben Orte stattfand. Durchschnittlich besuchten Plieviers - allerdings öffentliche - Abende 350 Besucher. (22) Genau diese Anzahl wurde in Zella-Mehlis und Berlin-Oberschöneweide gezählt, Göppingen nahm mit 500 Besuchern für sich in Anspruch, die bestbesuchte Veranstaltung (23) organisiert zu haben. Da es in Emma Goldmans Briefen Hinweise gibt, daß ihre Veranstaltungen - wohl auch aufgrund des Status als Mitgliederveranstaltungen - im Vergleich zu denen Plieviers schlechter besucht waren, dürfen wir durchschnittlich 100-200 Besucher und Besucherinnen annehmen.

Der Erfurter Kongreß 1932

Emma Goldmans Rundreise erfuhr zwei Unterbrechungen; deren zweite war so angelegt, daß sie zwischen der Reise durch Mitteldeutschland und der durch Südwestdeutschland ab dem 25.3.32 am 19. Kongreß der FAUD in Erfurt als Gast teilnehmen konnte. In Erfurt kamen auch "die Fragen der antifaschistischen Bewegung und die Einstellung unserer Organisation auf gespanntere politische Verhältnisse" zur eingehenden Behandlung. (24) Schon 1930 hatte Augustin Souchy im "IAA-Pressedienst" und im "Syndikalist" eindringlich gewarnt: "Sitzt die Nazipartei erst in der Reichsregierung oder ist es ihr gelungen, ein weiter nach rechts eingestelltes Kabinett als das Brüningsche ans Ruder zu bringen, dann wird die Lage für das Proletariat kritischer. Die Zensur würde verschärft werden, und die revolutionären proletarischen Organisationen könnten der Auflösung verfallen. Auf diese Eventualität müssen sich die deutschen Syndikalisten vorbereiten, wenn sie nicht dem Faschismus zum Opfer fallen wollen. Die FAUD wird heute schon Maßnahmen ergreifen müssen, um ihre Organisation trotz polizeilicher Auflösung erhalten zu können." (25) Die Vorbereitungen für den Kongreß in Erfurt fanden bereits im Zeichen des "Syndikalist"-Verbotes (26) statt. Während die GK (27) als internes Mitteilungsblatt zur Kongreßvorbereitung deshalb "Die Debatte" ins Leben rief, übernahm die Dresdener Redaktion von "Der Arbeitslose" um Werner Höme die Funktion des Hauptorgans der FAUD und erschien mit vergrößertem Umfang. Am 26.10.1932 wurde auch das theoretische Organ der FAUD, "Die Internationale" verboten. (28) 

Diese Urteile des "Systemstaats" zogen die Nationalsozialisten nach 1933 besonders gern als Beweismittel für den Tatbestand des Hochverrats heran und ergänzten ihre Beweisführung durch den Beschluß des Erfurter Kongresses: "Im Falle einer mehr oder weniger legalen Machtergreifung Hitlers fordert die FAUD den sofortigen Generalstreik, weil es darauf ankommt, den Faschismus zu hindern, sich den gesamten Staatsapparat zu unterwerfen". (29) 

Der zusammenfassende Bericht des Generalstaatsanwalts von 1937 entspricht den tatsächlichen Beschlüssen und Verhältnissen: "Gleichfalls im Jahre 1932 wurde für den Fall der Machtergreifung durch den Nationalsozialismus festgelegt, daß die Geschäftskommission in Berlin aufgelöst und ihre Aufgaben auf bestimmte Mitglieder der FAUD in Erfurt übertragen werden sollten, damit von dort aus die FAUD illegal weiter geleitet werden konnte. Im übrigen war vorgesehen, die illegale Arbeit besonders durch Geldsammeln, durch Unterstützung der Angehörigen von Gefangenen und durch laufende Besprechungen zu fördern. Nach dem Umsturz wurden die Organisationen der FAUD zwar im gesamten Reich zum Teil durch polizeiliche Zugrifffe, zum größeren Teil von selbst aufgelöst, aber besonders in West-, Südwest- und Mitteldeutschland sowie in Berlin und in Hamburg in getarnter Form, jedoch in verkleinertem Umfange fortgeführt." (30)

Auf dem Kongreß wurden auch Fluchtwege und illegale Grenzübertrittsmöglichkeiten diskutiert, so daß die FAUD nach Hitlers Ernennung zum Reichskanzler am 30.1.1933 handlungsfähig blieb. (31)

Der Weg der Geschäftskommission von Berlin nach Leipzig

Während sich ein Großteil der Ortsgruppen Mitte Februar - wie in Erfurt verabredet - offiziell selbst auflöste, den Gruppenbesitz auf die einzelnen Mitglieder verteilte und nach einer Phase des "Sich-Ruhig-Verhaltens" Vorbereitungen für die illegale Betätigung traf, (32) wich ausgerechnet die GK von den Erfurter Beschlüssen ab und versuchte sich zunächst in Berlin zu halten. Daß die Erfurter Beschlüsse vorausschauend und sinnvoll waren, belegt auch die Reaktion der Generalstaatsanwaltschaft, die 1937 feststellte: "Da die FAUD nach und nach immer mehr in den Hintergrund getreten und die einzelnen Organisationsteile im Laufe der Regierungsstellung im Jahre 1933 in Deutschland sich von selbst auflösten, die Geschäftsräume aufgaben und ihre Vermögens- sowie Sachwerte beiseite brachten - erfolgte in den seltensten Fällen ein polizeiliches Einschreiten gegen diese. Es gelang daher der FAUD, erhebliche Vermögensteile für die Illegalität zu sichern. Die so der Beschlagnahme entzogenen Geld- und Sachwerte bildeten in der Folgezeit das wichtigste Mittel im Kampf gegen die nationalsozialistische Regierung." (33) 

Diese Feststellungen trafen auf die Berliner FAUD nicht zu. Nach dem Reichstagsbrand am 27.2.33 war an eine legale Weiterarbeit in Berlin nicht mehr zu denken. Bis zum 27.2. war jedoch kein Material aus Berlin weggeschafft worden. Trotz des theoretischen Wissens um die Gefahr, hatten die Berliner Mitglieder der FAUD und insbesondere auch Augustin Souchy als Sekretär der Internationalen Arbeiter Assoziation (IAA), dem Zusammenschluß der anarchosyndikalistischen Gewerkschaften, die eigene Wichtigkeit inzwischen für zu gering erachtet und die Schnelligkeit unterschätzt, mit der die Nazis jede organisierte potentielle Oppositionskraft ausschalten wollten. 

Ausgelöst wurde der direkte Zugriff auf die alten (!) Geschäftsräume der GK, des Asy-Verlages und der IAA, deren Sitz sich bis dahin in Berlin befunden hatte, durch einen übereifrigen nationalsozialistischen Bürgermeister in der Provinz. (34) Ein Dr. Peters aus Kätscher, Krs. Leobschütz, ließ am 4.3.33 die Ortsgruppe der FAUD in Kätscher verhaften und wies die Berliner Behörden darauf hin, daß ein Großteil des beschlagnahmten Materials aus Berlin stamme. Am 9.3.33 gegen 10.30 Uhr wurden die Räume des Asy-Verlages durchsucht, die Bücher - einschließlich der Bestände der Gilde freiheitlicher Bücherfreunde (35) - und die umfangreiche Korrespondenz der IAA beschlagnahmt. Auch die Adressenkarteien der Gilde, des Asy-Verlags, der Gemeinschaft proletarischer Freidenker und der GK wurden vorgefunden, wovon jedoch 700 Adressen zuvor beiseite geschafft worden sein sollen. (36) 10 Personen wurden verhaftet, darunter die GK-Mitglieder Reinhold Busch, Werner Henneberger und Max Büttner, der auch Geschäftsführer des Asy-Verlags war, sowie Paul Brunn, Funktionär der Gilde freiheitlicher Bücherfreunde. (37) Weitere Hausdurchsuchungen und Bibliotheksbeschlagnahmungen, bei denen die Betroffenen jedoch nicht mehr angetroffen wurden, folgten am 18.3.33 (Augustin Souchy) und am 24.4.33 (Rudolf Rocker und Gerhard Wartenberg). (38)

Nach diesem empfindlichen Verlust wurden illegale Büros gemietet, in denen die Geschäfte weitergeführt werden sollten, aber anscheinend verhielten sich die Beteiligten auch jetzt noch unvorsichtig. (39) Gerhard Wartenberg, (40) ehemaliger verantwortlicher Redakteur des "Arbeiter-Echo", übernahm für die verhafteten GK-Mitglieder die Aufgabe, allen Kontaktstellen bekanntzumachen, daß mit Berlin jeder Kontakt einzustellen sei. Ende April fuhr er mit Hilfe Heinrich Hillebrandts aus Dülken über den in Erfurt festgelegten illegalen Weg nach Amsterdam, um dort an dem internationalen Plenum der IAA vom 22.-24.4.33 teilzunehmen. (41) Es wurde ein regelmäßiger Informationsaustausch über den Stand der deutschen Bewegung vereinbart, der über Hillebrandt und den holländischen Grenzort Venlo abgewickelt werden sollte. Noch während Wartenbergs Hollandaufenthalt wurde das illegale Büro in Berlin entdeckt, so daß die Arbeit dort endgültig eingestellt werden mußte und auch die Verbindung zur IAA wieder abbrach. Anfang Mai 1933 fuhr Wartenberg nach Erfurt, um das verbliebene Adressenmaterial und 220,- RM für die illegale Tätigkeit (42) an den ehemaligen Ortsgruppenvorsitzenden von Erfurt, Emil Zehner, und an Karolus Heber abzugeben.

Wie in Erfurt 1932 vereinbart, begannen einige illegal arbeitende Ortsgruppen den Kontakt nach Erfurt zu suchen; so fuhren beispielsweise Fritz Schröder und Willi Paul aus Kassel mit dem Fahrrad nach Erfurt. (43) Bei ihrem Aufenthalt wurde beschlossen, die Verbindung zwischen Erfurt, Kassel und Frankfurt aufrechtzuerhalten und die Aufgaben der GK zu verteilen. Die GK in Erfurt sollte weiterhin die Unterstützung der politischen Gefangenen und ihrer Familien übernehmen, während Schröder nach Amsterdam ausweichen sollte, um dort mit Hilfe holländischer Syndikalisten Propagandamaterialien und eine Zeitung herzustellen und den Kontakt mit der von Amsterdam nach Madrid übersiedelnden IAA aufrechtzuerhalten. (44) 

Vereinbarungsgemäß stellten die Kasseler die Verbindung zur IAA wieder her, allerdings dauerte dies bis zum August 33. (45) Die Erfurter suchten ihrerseits die Verbindungen wiederzubeleben. So fuhr der Lederzuschneider Karolus Heber, der zusammen mit Zehner und dem Monteur Julius Zühlke die Aufgaben der GK versah, u.a. zu Julius Nolden nach Duisburg, um sich über das Funktionieren der Fluchtwege zu orientieren. (46) Bereits im Dezember 33 (47) ging die GK an den ehemaligen Obmann der Provinzialarbeiterbörse Sachsen, Ferdinand Götze, über. Das Resümee der Generalstaatsanwaltschaft 1937 lautete, Götze sei die Aktivität der Erfurter zu gering gewesen, und er habe mit Hilfe der Berliner die Leitung der GK nach Leipzig geholt. (48) 

Mit Götzes Tätigkeit wurden die Aktivitäten im Reich tatsächlich vielfältiger. Daß auch die ausländischen Genossen, besonders die IAA, nun Genaueres über die Situation der illegalen FAUD in Deutschland erfuhren, verdankten sie der Tatsache, daß das Auslandsbüro durch FAUD-Mitglieder verstärkt wurde, die Deutschland verlassen mußten. "Mit Deutschland haben wir jetzt eine bessere Verbindung, seit Doster, (49) den Du kennen wirst, in Holland ist. Wir bereiten jetzt eine Zeitung für die FAUD vor. Man ist dabei, die Verbindungen wieder einigermaßen herzustellen. Die IAA unterstützt jetzt finanziell die Propagandaarbeit, die von Amsterdam aus gemacht wird." (50) 

Die steigende Zahl der politischen Emigranten machte die Gründung eines Flüchtlingskomitees in Amsterdam notwendig. "Das Sekretariat [der IAA,] erklärte sich bereit, für die Arbeiten des Büros in Amsterdam und die Herausgabe eines illegalen Organs für Deutschland monatlich einen festen Betrag zur Verfügung zu stellen." (51) Die von Amsterdam aus herausgegebene Zeitung "Direkte Aktion", die Mitte Dezember 33 zum ersten Mal in einer Auflage von 1000 Exemplaren (52) erscheinen konnte, erreichte nicht alle illegalen Gruppen in Deutschland, so daß nach wie vor auch selbst produzierte Zeitungen kursierten.

Parallel dazu veröffentlichte der inzwischen nach Schweden emigrierte Fritz Schröder die erste Nummer von "Die Soziale Revolution", die jedoch als sein Alleingang (53) empfunden wurde und somit keine finanzielle Unterstützung erfuhr, sondern erst unter anderen Vorzeichen in Spanien 1937 als Organ der Gruppe Deutsche Anarcho-Syndikalisten (DAS) fortgesetzt wurde. (54)

Götze intensivierte die Verbindungen zu den inzwischen aktiv gewordenen FAUD-Zusammenhängen in den Gebieten der ehemaligen PAB Brandenburg-Pommern, PAB Rheinland, PAB Westfalen und PAB Südwest und belebte die Gruppentätigkeit der PAB Sachsen und Groß-Thüringen in den Städten Dresden, Chemnitz, Gera, Greiz und Plauen. In Leipzig wurden 1933/34 auf photographischem Weg mit "Die Soziale Revolution" und "Der Syndikalist" zwei illegale Zeitungen hergestellt, an denen der Lithograph Karl Brauner, (55) der Elektromonteur und ehemalige Kassierer der FAUD Leipzig, Richard Thiede, Ferdinand Götze und Gerhard Wartenberg mitarbeiteten. Exemplare der Zeitungen zirkulierten in den genannten mitteldeutschen Städten und wurden bezahlt. 

Auch die alten Organisationsbeiträge wurden weiter eingesammelt, um Geld zur Unterstützung der Familien von verhafteten Genossen zusammenzubekommen. "Als Norm war festgelegt, daß für jeden Schutzhäftling pro Woche 1,50 RM gezahlt wurde. Dieser Betrag galt als Anteil der GK. Jede Ortsgruppe, Kreisarbeiterbörse oder Provinzialarbeiterbörse konnte nun von sich aus je nach ihrer Kassenlage noch weitere Beträge zusätzlich zahlen." (56) Die FAUD war auf diese Weise nach Angaben der IAA bis Mai 1934 in der Lage, 5000 Reichsmark zur Unterstützung der Verhafteten und ihrer Familien aufzubringen. (57)

Sämtliche Nachrichten aus den Ortsgruppen liefen nun bei Götze zusammen, der durch eigene Reisen die autonom agierenden Gruppen näher miteinander in Verbindung brachte. Im Januar 1934 konnte Götze erstmals einen genauen Bericht über den Stand der Bewegung an die IAA nach Madrid schicken. Darin hieß es, daß die GK wieder regelmäßige Verbindungen nach "Magdeburg, Berlin, Sachsen, Thüringen, Süd-West, Rheinland und Nord-West" habe. (58) Pfingsten 1934 fuhr Götze nach Duisburg, wo der ehemalige Kassierer der Provinzialarbeiterbörse Rheinland, Julius Nolden, (59) ab Mitte 33 ein illegales Netz im Gebiet der ehemaligen PAB Rheinland aufgebaut hatte. Götze wollte mit Noldens Hilfe auf illegalen Wegen nach Amsterdam und wieder zurückgebracht werden, um dort auf einem Treffen deutscher Anarchosyndikalisten die zukünftigen Aktivitäten mit den Exilgruppen und der IAA abzustimmen. An dem Treffen nahmen Arthur Müller-Lehning und Albert de Jong für die IAA, der aus dem KZ geflohene Gustav ("Gustel") Doster aus Darmstadt und der aus Kassel geflohene Schlosser Fritz ("Fred") Schröder für das neu organisierte Auslandsbüro der FAUD, Ferdinand Götze für die GK, Heinrich Hillebrandt für die PAB Rheinland und weitere drei Personen teil, darunter aller Wahrscheinlichkeit nach der holländische Syndikalist Rosseau (NSV). Die IAA wurde von Götze über den Stand der Bewegung informiert: "Man rechnet momentan mit 600 [illegal aktiven] Mitgliedern, und die GK hat mit allen Gruppen im Lande eine illegale Verbindung wieder hergestellt...". (60) Auf der Konferenz wurde die Herausgabe eines theoretischen Organs im Ausland mit Helmut Rüdiger und Arthur Müller-Lehning (61) als Redakteuren und, trotz angespannter Finanzen der IAA, die Herstellung der "Direkten Aktion" beschlossen. 

Die Gelder der IAA kamen zumeist aus Schweden von der SAC und von Rudolf Rocker, der in den USA sammelte. Innerhalb des finanziellen Rahmens wurde ein deutscher Hilfsfonds gegründet, dessen Mittel zur Hälfte für Propaganda und zur anderen Hälfte zur Unterstützung politischer Gefangener und deren Familien bestimmt wurden. (62) Der Schriftenschmuggel, der schon von Albert de Jong bei einem Besuch in Duisburg bei Julius Nolden im August 1933 vereinbart worden war, sollte auch weiterhin durch Heinrich Hillebrandt erfolgen. (63) Einen zweiten Weg organisierte Götze von Leipzig über Chemnitz nach Schmiedeberg in die CSR zu dem Anarchosyndikalisten Pöschl, der die Schriften aus Holland zugestellt bekam und der auch den Briefkontakt der Chemnitzer zur IAA nach Madrid und zur Auslandsstelle nach Amsterdam aufrechterhielt. (64) Die von Götze, Götzes Mutter oder den Chemnitzer FAUD-Mitgliedern eingeschmuggelten Schriften wurden außer in Chemnitz und Leipzig auch in Gera, Greiz, Zwickau, Berlin, Erfurt, Bitterfeld, Stettin, Magdeburg, Dresden, Sömmerda und Nürnberg gelesen.

Am 5.1.1935 meldete sich Götze offiziell nach Hannover ab und floh aus Deutschland. Götze hatte - im Gegensatz zur Mehrheit der illegalen FAUD-Gruppen - auch Kontakt zu anderen politischen Oppositionsgruppen, vor allem zur SAP, aufgenommen. Als die Ermittlungen gegen die SAP in Leipzig begannen, wurden dort auch Schriften der FAUD aus Holland gefunden. Götzes Flucht ließ jedoch die weiteren Nachforschungen der Gestapo fürs erste versanden, so daß sie lediglich Personen in Götzes Umfeld beobachten konnte, die zum Teil - wie die Brüder Götzes oder Brauner - ebenfalls geflohen waren. (65) Die Arbeit der GK konnte so zunächst unbehelligt von Götzes bisherigem Mitarbeiter Richard Thiede weitergeführt werden. Erst im Oktober 1935 bekam die Gestapo einen Hinweis auf ihn und begann mit seiner Überwachung. (66) Am 15.2.36 wurde Thiede erstmals festgenommen und seine Wohnung wurde durchsucht, er erklärte jedoch, seit Götzes Weggang sei die illegale Arbeit eingestellt worden und mußte mangels Beweisen am 19.3.36 wieder freigelassen werden. Trotzdem dürfte spätestens jetzt jede illegale Betätigung seitens der GK eingestellt worden sein. (67) 

Anfang 1937 kam es wie im Rhein-Ruhr-Gebiet dennoch zu einer Verhaftungswelle in Mitteldeutschland. So wurden in Erfurt und Sömmerda 35 Personen, in Dresden 23 Personen festgenommen. (68) Erst nachdem Anfang 1937 die FAUD-Gruppe in Chemnitz (69) verhaftet und dabei belastendes Material gegen Thiede aufgefunden worden war und nachdem die Gruppen im Rhein-Ruhrgebiet aufgerollt worden waren, bei denen sich die Verbindung nach Leipzig für die Gestapo erneut bestätigte, wurde Thiede am 6.2.37 zum zweiten Mal verhaftet. (70) Diesmal gestand Thiede, daß er die Funktionen Götzes übernommen und die illegalen Schriften an die angeschlossenen Gruppen in Mitteldeutschland zumindest 1935 weiterverteilt hatte. Die Verhöre der Chemnitzer führten zu weiteren Verhaftungen in Leipzig, Gera und Greiz, (71) so daß das illegale Vertriebsnetz in Mitteldeutschland z.T. zerschlagen war. Magdeburg und Zwickau blieben jedoch völlig unbehelligt. Die Verhöre von Thiede führten am 13.4.37 auch in Leipzig zu weiteren Verhaftungen, darunter alte FAUD-Funktionäre wie der Werkmeister Max Büttner und der Installateur Arthur Holke. (72) Von Thiede aus gelang der Gestapo auch der Zugriff auf die illegale FAUD in Berlin. Anarchosyndikalistische Aktivitäten in Mitteldeutschland über den Zeitpunkt der Verhaftungswellen hinaus meldet die Gestapo nur für die kleine Industriestadt Sömmerda, wo "bis zum Oktober 1937 zwei illegale Betriebsgruppen der FAUD (je eine im Selkadowerk und Rheinmetall-Borsig-Werk [. . .] bestanden, die ihre Unterstützungsaktionen bis zum Zeitpunkt ihrer Aushebung durchgeführt haben." (73)

So sehr mit dem Ausbruch des Spanischen Bürgerkrieges (19.7.36) und dem Beginn der Revolution in Katalonien und Aragon in der deutschen anarchosyndikalistischen Bewegung neue Motivationen freigesetzt wurden, so sehr erhöhte sich angesichts der Stärke des spanischen Anarchismus auch die Aufmerksamkeit der Gestapo für die in Deutschland verbliebenen Reste dieser Bewegung. Das Jahr 1937 markiert so den Endpunkt der GK-Arbeit und durch die Zerschlagung nahezu aller Ortsgruppen in Sachsen, Thüringen, Berlin und im Rhein- Ruhrgebiet auch das Ende der illegalen FAUD in Deutschland. Daß es dieser kleinen Organisation überhaupt gelang, so lange illegal zu arbeiten, lag insbesondere daran, daß ihre Mitglieder nicht nur politisch, sondern auch freundschaftlich miteinander verbunden waren oder sich zumindest persönlich kannten, was die Gefahr der Spitzeltätigkeit in ihren Reihen erheblich verringerte. Auffällig ist, daß aus den "Bekanntschaften" bewußt Kapital geschlagen wurde, indem fast überall die ehemaligen Kassierer der legalen FAUD als Kontaktleute fungierten.

PAB Nordwest, Bayern und Ost

Eingeschränkt werden muß die vorstehende Aussage, weil die Geschichte der PAB Nordwest und die der Städte in Schlesien und Bayern bislang nicht erforscht worden ist, so daß sich möglicherweise noch Hinweise für Aktivitäten über das Jahr 1937 hinaus finden lassen. Die Mitgliederzahlen von 1931 lassen allerdings nicht allzuviel erwarten. In den Unterlagen der IAA finden sich ebenfalls keine Informationen, außer dem Hinweis, daß die GK auch mit der PAB Nordwest in Kontakt stand. Aufgrund der Umfrage des Reichssicherheitshauptamtes 1937 bei örtlichen Gestapo-Stellen läßt sich zudem feststellen, daß in diesen Gebieten ein mögliches illegales Netz zumindest nicht aktenkundig geworden ist. Die Gestapozentrale erhielt folgende Antworten: für Hamburg, daß jeder Versuch zur Bildung anarchistischer Gruppen verhindert worden sei und namentlich niemand bekannt wäre. Für Hannover (PAB Niedersachsen) wurden 9 Mitglieder, für Bremen 15 Mitglieder erwähnt, die nach 33 nicht mehr aktiv geworden wären. Für Hildesheim, Kiel, Schwerin, Lüneburg und Braunschweig (PAB Niedersachsen) sei nach 33 nichts mehr bekannt geworden.

Ähnliches gilt für die PAB Schlesien: Die IAA-Unterlagen geben nur einen Verweis auf "Illegale Gruppen in Ost-Deutschland". Für sie unterschreibt Wich, der gemeinsam mit Souchy die IAA aufforderte, eine Zeitschrift finanziell zu unterstützen, die Souchy in Paris herausgeben wollte. Die IAA betonte jedoch, daß sie keinen Hinweis habe, wer sich hinter diesen Gruppen verberge und begründete ihre ablehnende Haltung insbesondere damit, daß diese Gruppen mit der GK keinerlei Verbindung hätten und bis dahin völlig unbekannt geblieben seien. (74) Bekannt wurde der GK hingegen, daß 1933 drei FAUD-Mitglieder im schlesischen Beuthen zu jeweils 10 Jahren Zuchthaus verurteilt worden waren. (75) 

Die Gestapo-Umfrage brachte für diese Städte ebenfalls wenig Hinweise. Für Königsberg wurde 1 Mitglied mit einem Hochverratsprozeß genannt; für Köslin, Liegnitz, Frankfurt/Oder sei nach 33 nichts bekanntgeworden. Für Breslau wurden 17, für Cottbus 3 Personen genannt, die nach 33 nicht mehr aktiv geworden seien. In Tilsit wurde der Journalist Schmerzensreich Kaschlinsky festgenommen und ins KZ Sachsenhausen gebracht, wo er vermutlich starb. Er hatte Kontakte zu anarchistischen Gruppen, hatte aber auch unter dem Pseudonym Simoneit im Dessauer Volksblatt geschrieben und Bücher veröffentlicht. In Oppeln seien die ehemaligen Führer in Schutzhaft, die übrigen Mitglieder nicht mehr aktiv geworden. (76) 

Für die PAB Bayern gilt, daß wenig aktenkundig wurde. Daß zumindest in Nürnberg rege für die politischen Gefangenen gesammelt wurde, wird durch einen Hinweis der GK belegt.

Berlin

Bereits nach dem Reichtagsbrand war es in Berlin zu zahlreichen Verhaftungen gekommen. Insgesamt meldete die im März 1933 noch erscheinende Dresdener FAUD-Zeitung "Der Arbeitslose", daß sofort nach dem Reichstagsbrand 130 und am folgenden Tag weitere 200 linksstehende Personen in Berlin verhaftet worden waren. (77) Diese Verhaftungen rissen nicht mehr ab und betrafen die FAUD vor allem im März. (78) Viele wurden 1934 noch einmal freigelassen. Unter den Bekanntesten, die früh im KZ umkamen, waren der Dichter und Schriftsteller Erich Mühsam von der Anarchistischen Vereinigung und der Vortragsredner Berthold Cahn von der Föderation Kommunistischer Anarchisten Deutschlands (künftig: FKAD). Andere, wie Rudolf Rocker, Augustin Souchy, Theodor Plievier und eine größere Anzahl anarchosyndikalistisch organisierter Arbeiter, entzogen sich den bevorstehenden Verhaftungen durch die rechtzeitige Flucht in Ausland.

Nach der Beschlagnahme der Buchbestände im März 33 waren das verbliebene Organisationsvermögen und Einrichtungsgegenstände wie Schreibmaschinen etc. auf die einzelnen Mitglieder verteilt worden. Durch die Weitergabe der GK-Funktionen nach Erfurt konnten die Berliner sich 1934-35 reorganisieren und ihren Zusammenhalt festigen. Erst im Anschluß an die Leipziger Verhöre kam es dann für die anarchistische Bewegung Berlins zur größten Verhaftungswelle.

Am 24.4.37 wurden in Berlin zunächst der Tischler und Klavierbauer Walter Schwaiba und der Tapeziermeister Paul Lange (79) verhaftet. Schwaiba war als GK-Mitglied bereits 1933 in Haft. Wieder freigekommen, organisierte er die illegale Bewegung in Berlin neu. Lange übernahm die Verwaltung der Gelder, die zugunsten politisch Inhaftierter und deren Familien bis Ende 1936 gesammelt worden waren, sowie die Verteilung illegaler Schriften, die über Leipzig nach Berlin geliefert wurden. Berlin nahm dabei jeweils das größte Kontingent ab, so daß bis zum Frühjahr 1935 pro Schrift zwischen 150-200 Exemplare (80) zur Verteilung kamen. Die Gestapo stellte neben der Verbindung nach Leipzig noch Kontakte nach Erfurt und Stettin fest und konnte bei der Festnahme (24.4.37) des Tischlers Reinhold Kienast 810.- RM gesammelte Gelder beschlagnahmen. 

"Lange und Schwaiba zogen sich zur Mitarbeit etwa 15 Unterfunktionäre heran, die bereits namentlich bekannt sind. Jeder Unterfunktionär kassierte seine Mitglieder [...] und belieferte sie mit illegalen Schriften." - "Die jeweils zur Verbreitung gelangten Schriften erschienen unter dem Tarntitel "Esset deutsche Früchte und ihr bleibt gesund" und "Das Deutschtum im Auslande". Für das Exemplar Schriftmaterial war eine Bezahlung von 20 Pf. pro Exemplar vorgesehen und auch in der Praxis durchgeführt worden" (81) Im Anschluß an die Verhöre Schwaibas und Langes wurden in Berlin insgesamt 24 weitere Personen als "Unterfunktionäre der illegalen FAUD" zwischen dem 3.5. und dem 29.5.37 festgenommen. 7 weitere wurden verhört und unter Beobachtung wieder entlassen, darunter der ehemalige Vorsitzende der FKAD Rudolf Oestreich und das ehemalige GK-Mitglied Reinhold Busch. (82)

Auffällig an der Liste der Berliner Verhafteten ist, daß die illegale Arbeit nicht allein auf die ehemaligen FAUD-Mitglieder begrenzt war, sondern auch Mitglieder kleinerer anarchistischer Gruppen gleichberechtigt mitarbeiteten, eine Festellung, die auch für andere Orte, wie z.B. Aachen, gilt und die deswegen hier besonders hervorgehoben wird, weil die Zerstrittenheit der anarchistischen Bewegung in der Weimarer Zeit sprichwörtlich war und eine Unmenge an Energien der Mitglieder verschlang. Dies galt nicht nur für die verschiedenen Organisationen, sondern auch für die Umgehensweisen innerhalb der einzelnen Gruppen und - ganz im Gegensatz zum Reich - auch für die anarchosyndikalistischen Emigranten.

Rheinland-Westfalen (83)  

Obwohl der Ortsvorsitzende der FAUD Duisburg, Franz Bungerts, bereits 1933 verhaftet und ins KZ Börgermoor (84) eingeliefert worden war, nahm die Reorganisierung der PAB Rheinland gerade von Duisburg ihren Ausgang. Wie im übrigen Reich hatte sich auch die FAUD-Duisburg im Februar 33 aufgelöst, und der Vorsitzende von Duisburg-Süd und ehemalige Provinzialarbeiterbörsen-Kassierer Julius Nolden hatte dem Berliner GK-Mitglied Fritz Linow 300.- RM aus dem verbliebenen Kassenbestand übergeben. (85) Vom 19.-23.4.33 wurde Nolden kurzfristig wegen des Verdachts illegaler Betätigung verhaftet. Im Juni 33 nahm Karolus Heber als Vertreter der neuen GK in Erfurt mit Nolden Kontakt auf und besprach die Möglichkeit zum Aufbau eines illegalen Kontaktnetzes und eines organisierten Fluchtweges nach Holland über Viersen, Dülken und Kaldenkirchen nach Venlo. Nolden verfügte über die besten Personenkenntnisse innerhalb des alten PAB-Gebietes und begann anschließend an Hebers Besuch die Verbindungen zwischen den - von ihm so eingeschätzten - "ungefähr 80-90 zuverlässigen Genossen" (86) zu knüpfen.

Angesichts der Verhaftungen wurde die Organisation des Fluchtweges zum brennendsten Problem. Als Anlaufstelle für die Flüchtlinge war die Metzgerei von Hermann Dortans (87) in Dülken vorgesehen. Dortans organisierte bereits im Juni 33 den Weg Fritz Schröders aus Kassel über die Grenze. Als Dortans sich beobachtet fühlte, übernahm der Duisburger Bauarbeiter und ehemalige Kassierer der FAUD-Ortsgruppe, Albert Herzog, die Organisation und der Deutsch-Holländer Derksen, ebenfalls aus Duisburg, die Begleitung. Weitaus die meisten Flüchtlinge brachte aber der Dülkener Schlosser Heinrich Hillebrandt über die Grenze. Im August 33 folgte beispielsweise der Schlosser Georg Ackermann aus Kassel, ein Mitbegründer der "Freien Jugend" Ernst Friedrichs; im September Viktor Händel, im Oktober Paul Brunn, beide aus Berlin; im November Helmuth Kirschey aus Wuppertal und Gustav Doster aus Darmstadt; aus Mülheim/Ruhr Schellinsky und der Ortsgruppenobmann Melzer. (88) Im August 34 begleitete Derksen Willi Paul aus Kassel; (89) hinzu kamen weitere ungenannte Mitglieder der FAUD. 

Ein zweiter Fluchtweg, der bereits anarchistische Tradition (90) hatte, wurde in Aachen (91) offengehalten. Anfang 1933 bis 1934 gelangten ungefähr 30-40 Anarchosyndikalisten und andere, den Aachenern bekannte Personen aus linken Organisationen (vor allem aus der AAU-E) bei Vaals nach Holland oder bei Calamine nach Belgien. Sie kamen aus dem Maingebiet, aus Baden, Thüringen, Sachsen und Nürnberg. Von 1934 bis Ende 1936 wurde der sicherere nördlichere Weg über Merkstein mit Hilfe der dort lebenden Familie Berkner oder über Palenberg mit Hilfe des Bergarbeiters Goebbels gewählt. Diesen Weg benutzten ungefähr 20 Personen. Von 1937 bis zu Hitlers Überfall auf Belgien und Holland 1940 wurden noch einige wenige Personen über eine weiter südlich gelegene Route nach Belgien gebracht. Unter den Flüchtlingen befanden sich auch einige Aachener Juden. (92)

Auf denselben Wegen, auf denen Flüchtlinge das Deutsche Reich verließen, kamen die illegalen Schriften herein. Aus Holland stammten "Die Internationale", der "Pressedienst der IAA", "Die Direkte Aktion" und die Broschüre "Esset deutsche Früchte und ihr bleibt gesund"; daneben brachten die Kuriere aber auch nichtanarchistische deutschsprachige Zeitungen mit zurück, wie das "Pariser Tageblatt", die "Freie Weltbühne", die "Freie Presse", die "Freiheit" oder Flugschriften wie den "Offenen Brief des SA-Mannes Kruse an Hindenburg", der erklärte, daß die Initiative zum Reichstagsbrand von Hitler und Goebbels ausgegangen sei, oder die Schrift des Sozialdemokraten Seeger über das KZ Oranienburg. 

Hillebrandt hatte sich in Venlo auf seinen Namen postlagernd Zeitungen schicken lassen, die er dort regelmäßig abholte. (93) Er übergab einen Großteil der Schriften an Julius Nolden und verteilte selbst einige Exemplare in Dülken und Mönchengladbach. Nolden belieferte seine Kontaktleute in den einzelnen Städten, (94) die auch das "Lesegeld" einsammelten und an ihn zurückleiteten. Dabei ging es Nolden darum, die Anzahl der kursierenden Exemplare eher gering zu halten und das Gelesene mündlich weiterzugeben. Neben Hillebrandt organisierten auch andere, wie das FKAD-Mitglied Simon Wehren aus Aachen oder Grete Saballa aus Köln, bis mindestens 1936 ausländische Zeitungen und illegale Schriften für das Rhein-Ruhrgebiet. (95) 

Neben der Fluchthilfe und der Unterstützung der politischen Gefangenen und ihrer Familien waren der Schriftenschmuggel und die Herstellung eigener Flugblätter sowie deren Verteilung die eigentliche Betätigung der FAUD-Aktivisten in der Illegalität. Hinzukommt das Anbringen von Wandparolen oder der Versuch, Verwirrung in den Reihen des politischen Gegners zu stiften. (96) Wir können deshalb schließen, daß es der FAUD in den meisten Orten eher um das eigene politische Überleben als Organisationszusammenhang und weniger um wirksamen politischen und praktischen Widerstand ging, eine Entscheidung, die angesichts ihrer in der Illegalität weiter dezimierten Organisationsgröße gar nicht anders vorstellbar war. Durch die Verteilung der Schriften wurden die Kontakte zwischen den Mitgliedern aufrechterhalten, die Zeitungen lieferten unzensierte Informationen und dienten über ihren Verkauf der innerorganisatorischen Solidarität. In diesem Zusammenhang ist es nur logisch, daß die Mehrheit der FAUD-Gruppen keine Kontakte zu anderen linken Oppositionsgruppen wollte. Dort, wo dies doch geschah, hatten sich die Aktivisten eindeutiger für den praktischen Widerstand gegen das Naziregime entschieden. Im Nachhinein ist feststellbar, daß in solchen Städten - wie in Mönchengladbach - für die Spitzeltätigkeit der Gestapo der Zugang zur Gruppe leichter wurde. Doch blieben solche Annäherungen an KPD, SAP oder KPO im Sinne eines gemeinsamen praktischen Widerstands jeder Ortsgruppe selbst Vorbehalten. Wenn sie zustande kamen, schien dies zumeist auf persönlichen Beziehungen eines oder mehrerer Mitglieder zu Mitgliedern anderer Gruppen zu beruhen. 

Das Zusammenrücken der deutschen Linken im Widerstand belebte die Idee der Einheitsfront, die gerade auf viele Syndikalisten eine Faszinationskraft ausübte. Die gemeinsamen Erfahrungen im "Dritten Reich" dürften sich für die Nachkriegsentscheidung einiger Anarchosyndikalisten ausgewirkt haben, in die SED, KPD oder SPD einzutreten, um konstruktiv am Wiederaufbau der Gesellschaft in Ost oder West mitzu wirken.

Während von Mönchengladbach illegale Treffen verschiedener linker Organisationsmitglieder bekannt wurden, (97) kam es seitens der FAUD-Jugendlichen zumindest 1934 zu mehreren überregionalen illegalen Treffen in Urdenbach am Rhein, auf denen über die Zukunft der anarchosyndikalistischen Bewegung nachgedacht wurde. (98) Die Jugendgruppen versuchten darüber hinaus, ihre aus der Zeit der Jugendbewegung übernommenen Traditionen weiterzuleben. "So unternahmen [sie] auch weiterhin Wanderungen - das Ziel war u.a. die Fortsetzung der großen Jugendtreffen zu Ostern und Pfingsten trotz Verbot. So traf man sich etwa mit anderen oppositionellen Jugendgruppen, z.B. der sozialistischen Arbeiterjugend, des KVJD und Teilen der bündischen Jugend Ostern 1935 in Altenberg [...]. Auch Ostern 1936 kam es noch einmal zu einem größeren illegalen Jugendtreff der rheinisch-bergischen Gruppen, die in Opposition zum Nationalsozialismus und zur Zwangseingliederung in die HJ standen [...], am Rheinufer bei Leichlingen. (99)

Auch in Rheinland-Westfalen erlebte die nach der Einstellung des Schriftenschmuggels 1935 rückläufige Aktivität der FAUD-Gruppen mit dem Ausbruch des Spanischen Bürgerkriegs einen neuen Aufschwung - motiviert aus der Hoffnung, daß der Faschismus in Europa erstmals geschlagen werden könnte. "Viele Genossen wurden sowohl von Dülken aus wie auch über unsere alte Stelle, durch Simon Wehren in Aachen, über die Grenze geleitet und schlugen sich nach Spanien durch, um aktiv an dem so entscheidenden Geschehen teilzunehmen. [...] Mit gespannter Aufmerksamkeit verfolgten wir die Entwicklung der Dinge anhand der Zeitungsnachrichten, wie auch durch direkte Informationen, die wir über Simon Wehren von der Internationalen Arbeiter Assoziation erhielten. Mit gesteigerter Energie entfalteten wir eine rührige Sammeltätigkeit für Rotspanien und überwiesen bis zum Herbst aus unserem kleinen Kreis trotz allgemeiner Erwerbslosigkeit mehrmals Beträge von mehreren hundert bis tausend Reichsmark." (100) 

Besonders Simon Wehren aus Aachen engagierte sich für die Spanienhilfe. Im Herbst 1936 reiste er durch die PAB Rheinland und versuchte Finanzmittel und Techniker für Spanien zu gewinnen. Dazu traf er sich mit Mitgliedern einiger Gruppen, wie in Duisburg mit dem Kreis Julius Noldens oder in Düsseldorf mit dem um Anton Rosinke, (101) und berichtete über den Stand der Ereignisse in Spanien. Doch diese neuen Aktivitäten fanden ein vorschnelles Ende, als im Dezember 36 die Gruppe in Mönchengladbach aufgrund von Spitzelaussagen verhaftet wurde. (102) Innerhalb eines Zeitraums von drei Monaten folgten Festnahmen von über 100 rheinischen Anarchosyndikalisten/-innen in 11 Städten. (103) Auch Wehren war bei einem seiner illegalen Grenzübertritte im Dezember 36 gestellt worden, konnte sich nochmals herausreden und verließ mit seiner Frau Franziska im Januar 1937 Deutschland, um selbst nach Spanien zu gehen. (104) Nolden wurde vom Volksgerichtshof in Berlin zu 10 Jahren Zuchthaus verurteilt, weitere 88 Angeklagte, darunter 2 Frauen, erhielten in Hamm Strafen zwischen 6 Monaten und 12 Jahren Zuchthaus. (105)

Saarland

Obwohl das Saarland zunächst von der Naziherrschaft ausgenommen blieb, konnte es für die anarchosyndikalistische Bewegung keinerlei Unterstützungsfunktionen erfüllen. Zwar flohen einige Aktivisten 1933 zunächst ins Saarland, um nach dessen Anschluß weiter nach Frankreich zu gehen, aber die Ortsgruppen der FAUD konnten ihren Gesinnungsgenossen im Reich keine wirksame Hilfe zukommen lassen. "Von den früheren zehn Ortsgruppen der FAUD existierten [...] nur noch drei: Ottweiler, Stennweiler und Wiebelskirchen. Das Organisationsleben war offensichtlich sehr reduziert: unbegreiflicherweise hatte man seit März 1933 die Kassierung eingestellt. Mit den Genossen in Deutschland hatte man keine Verbindungen." (106) Wirft man einen Blick auf die Aufstellung von 1931, so wird deutlich, daß bereits damals nur 5 Ortsgruppen mit insgesamt 37 zahlenden Mitgliedern organisiert waren. Die größte Gruppe hatte in Saarbrücken bestanden (14 Personen). (107)

PAB Südwest

Als Beweismittel für die Prozesse 1937 in Berlin und Hamm erscheint in den Akten jeweils der Hinweis auf ein Urteil des Volksgerichtshofs gegen "Lösch und Andere vom 28.8.36." (108) Dabei handelte es sich um einen Prozeß gegen Mitglieder der PAB Südwest. (109) Bei Hitlers Machtergreifung hatte es in Mannheim eine Protestdemonstration gegeben, an der sich auch die FAUD-Ortsgruppe beteiligte. (110) Für die vergleichsweise starke Mannheimer Ortsgruppe gilt, daß sie alle Bestrebungen zur Zusammenarbeit linker Organisationen unterstützte und innerhalb dieses Bündnisrahmens den Generalstreik propagierte. (111) Im Raum Mannheim/Ludwigshafen unterschied sich die FAUD auch noch dadurch vor der Mehrzahl der anderen Ortsgruppen, daß sie - wie in Berlin, Krefeld oder Sömmerda - in einigen Betrieben verankert war. Deshalb erschienen auch noch zu den Betriebsratswahlen 1933 Flugblätter, in denen die FAUD dazu aufforderte, "vertrauenswürdige" Personen zu wählen. (112) 

Im gesamten Bereich der PAB Südwest können wir von einer nahezu gleich großen Zahl von Aktivisten/-innen bei der illegalen Arbeit ausgehen wie im Rhein-Ruhrgebiet, mit dem Unterschied, daß sich ungefähr die Hälfte der Aktiven auf den Raum Mannheim/Ludwigshafen konzentrierte. Dort waren allein zwischen 45 und 70 ehemalige Mitglieder beteiligt, die sich in Fünfergruppen organisierten. (113) Die erste Verhaftung, die in Ludwigshafen zu beklagen war, wurde noch mit dem bürgerlichen Gesetzbuch begründet: Anfang März 33 wurde Luise Wich aufgrund des §218 verhaftet, weil sie Frauen bei Abtreibungen unterstützt hatte. (114) Trotz dieser organisatorischen Aktivitäten hatten die Gruppen im Südwesten für die Illegalität Vorsorge getroffen. Die Ortsgruppen und Treffpunkte waren aufgelöst sowie die Mitgliederkarteien abgeschafft und Bücher und Gelder auf die einzelnen Mitglieder verteilt worden. (115) 

Über die Wichtigkeit der Kasseler Gruppe, die sich der erweiterten PAB Südwest angeschlossen hatte (früher PAB Groß-Thüringen), für die überregionale Reorganisierung der FAUD war in Zusammenhang mit der Auslandsstelle in Amsterdam bereits die Rede. Die Anstrengungen der Kasseler, ihrerseits wieder zu überregionalen Verbindungen zu kommen, veranschaulicht der Nachkriegsbericht Willi Pauls: "Wir suchten Verbindung mit Georg Hepp, Frankfurt, trafen uns in Fulda auf Rädern und fuhren gemeinsam nach Meiningen zu Otto Walz, Zella-Mehlis, zu Karl Jäger und nach Erfurt, wo wir mit Emil Zehner und Hermann Ritter zusammentrafen. Wir hatten einige unserer Blätter, in Blechdosen konserviert, mitgebracht." (116) 

In Kassel fanden die illegalen Treffen vor allem in der Wohnung und im Garten von Erna und Willi Paul statt. Die Gruppe bezahlte weiterhin ihre wöchentlichen Mitgliedsbeiträge und produzierte damit in der Wohnung von Hermann Hannibal mit Hilfe eines Vervielfältigungsapparates eine eigene Zeitung mit dem Namen "Internationaler Sozialismus" (117). Im Urteil gegen Willi Paul vom 9.11.1942 wird festgestellt, daß die Schriften bis nach Schlesien verteilt worden waren. (118) Vom 4.-21.11.33 kam Paul in Schutzhaft, konnte jedoch jegliche Beziehung zu Schröder in Amsterdam ableugnen. Wieder frei, setzte er seine illegale Tätigkeit bis zum 15.3.37 fort. An diesem Tag verließ er mit Hilfe der Ehefrau (119) des bereits verhafteten Derksen aus Duisburg Deutschland auf dem Weg über Amsterdam nach Spanien, ein Hinweis darauf, daß der Fluchtweg der FAUD auch nach der Verhaftungswelle in Einzelfällen noch genutzt werden konnte.

Bedeutung über ihre eigentliche Größe hinaus erlangten auch kleinere Gruppen wie die in Frankfurt um Georg Hepp, Max Guntermann und Anni Zerr, in Offenbach um Georg Usinger und Theo Müller, in Darmstadt um den Bulgaren Kirill Inkoloff und bis zu seiner Verhaftung am 9.3.33 und seiner Flucht im Oktober desselben Jahres um Gustav Doster. (120) Besonders Georg Hepp stand 1933-1935 zu zahlreichen Gruppen in direktem Reisekontakt, darunter auch zur Emigrantenstelle in Amsterdam; besonders häufig traf er sich aber mit der Kasseler Gruppe, der er zur Produktion ihrer Zeitung bis 1934 eine neue Schreibmaschine überließ. (121) 

Über Offenbach wurden im Rhein-Main-Gebiet die illegalen Schriften verteilt: "Die Weiterverteilung erfolgte so, daß Theo Müller [...] die illegalen Materialien in Bensheim in Empfang nahm und dann in Darmstadt und Frankfurt an Mittelsmänner überreichte. Über Offenbach wurde die "Internationale" dann zu den Gruppen in Mannheim und Ludwigshafen weitergeleitet, die selbst über keine direkte konspirative Verbindung nach den Niederlanden, wohl aber ins Saargebiet verfügten." (122) Neben der "Internationale" wurde in Süddeutschland aus Amsterdam vor allem die "Direkte Aktion" eingeschmuggelt. (123)

Die Gruppen in Mannheim/Ludwigshafen produzierten ab 1934 mit "Fanal" und dem seltener erschienenen "Hessischen Landboten" ebenfalls eigene Zeitungen, die auch ins Maingebiet gelangten. Die Herstellung hatten der Mechaniker Karl Schild und der Buchdrucker Eduard Bischoff aus Mannheim übernommen. (124) In Mannheim wurden 1934 illegale Schriften in vergleichsweise hoher Auflage produziert und auch über den bekannten Rahmen hinaus bei Postämtern, in Straßenbahnen oder in Briefkästen verteilt. (125) Zu überregionalen Treffen im Odenwald kamen Delegierte der Gruppen aus Mannheim, Ludwigshafen, Offenbach und Frankfurt. (126) 

Über die Zusammenarbeit mit anderen politisch linksstehenden Organisationen herrschte Uneinigkeit. In Mannheim bestanden persönliche Kontakte zur KPD, SAP und SPD, in Offenbach arbeitete Karl Gültig mit der KPD zusammen. Die Gruppe in Ludwigshafen um Fritz Lösch und die Mehrheit der anderen Gruppen lehnte jede Art von Zusammenarbeit ab. (127)

Die Mannheimer hatten zudem die Aufgabe, über ihren eigenen Bereich hinaus auch den Bereich der ehemaligen PAB Württemberg mitzubetreuen. Sie verfügten über regelmäßige Kontakte nach Heilbronn, mußten aber in Stuttgart feststellen, daß nach einem Prozeß gegen einen Teil der Gruppe die übrigen entweder emigriert oder zur KPO übergetreten waren. (128) 

Von den anderen Ortsgruppen im Süden wissen wir noch wenig. Allerdings scheinen auch hier teilweise Verbindungen nach Mannheim/Ludwigshafen bestanden zu haben, denn so wäre es zu erklären, daß der ehemalige Obmann der Göppinger FAUD, Karl Dingler, am 25.2.35 zusammen mit Otto Müller und weiteren 11 Göppinger Anarchosyndikalisten von der Gestapo verhaftet wurde. Dingler wurde nach elf Monaten Untersuchungshaft vom Vorwurf des Hochverrats freigesprochen, aber für 3 Monate in ein KZ zu Steinbrucharbeiten geschickt. (129) Unmittelbar zuvor war es der Gestapo aufgrund einer Denunziation gegen die Darmstädter FAUD gelungen, das illegale Netz aufzurollen und zwischen Dezember 1934 und Mai 1935 Verhaftungen in Darmstadt, Frankfurt, Offenbach, Mannheim und Ludwigshafen durchzuführen. (130) 17 Personen wurden angeklagt. Andere mußten wieder freigelassen werden, weil sie nicht belastet wurden. 10 wurden vor dem Oberlandesgericht in Darmstadt verurteilt. Gegen Friedrich Lösch, Karl Schild, Eduard Bischoff, Theo Müller, Georg Hepp, Anni Zerr und Helmut Moessner tagte der Volksgerichtshof in Darmstadt. Der Prozeß war erstmals öffentlich und wurde im "Darmstädter Tagesanzeiger" angekündigt. (131) Die Verhandlung wegen Vorbereitung zum Hochverrat, d.h. im Fall der PAB Südwest, Verbreitung illegaler Schriften und Weiterführung einer verbotenen Organisation, dauerte 2 Tage und endete mit Urteilen zwischen 7 Jahren (Lösch) und Freispruch (Moessner, weil er als Kronzeuge fungiert hatte). (132)

Die treibenden Kräfte innerhalb der PAB Südwest waren damit ausgeschaltet, auch wenn einige Ortsgruppen, wie die in Kassel, ganz aus dem Prozeß herausgehalten werden konnten. Die Herstellung und Verteilung illegaler Schriften kam weitgehend zum Stillstand, die Solidarität mit den politischen Gefangenen blieb jedoch weiterhin gewährleistet. (133) Dennoch beschreibt das Jahr 1937 das vorläufige Ende der anarchosyndikalistischen Bestrebungen in Deutschland. Die Versuche einiger Unentwegter, darunter Willi Paul, Fritz Linow, Georg Hepp, Georg Usinger, Luise und Fritz Wich, Amanda Schild, Curt Moeller, Max Hilse, Julius Nolden, Gerhard Lasarzick, Ernst und Toni Binder, Karl Dingler, Grete Saballa, Theo Müller, Heinrich Bergmann u.a. 1947 mit der Föderation Freiheitlicher Sozialisten (FFS) eine Nachfolgeorganisation zu gründen, schlugen am Ende fehl, weil es ihnen in der Wirtschaftswunderzeit nicht gelang, die jüngere Generation für die FFS zu interessieren. Die 1977 gegründete Nachfolgeorganisation FAU ist über ein Schattendasein zwischen bundesweit 100 und 300 Mitgliedern nie hinausgelangt.

Fußnoten:
1.) Wolfgang Haug und Friederike Kamann, Interview mit Augustin Souchy am 17.2.1982: "Souchy: `Der Syndikalist` war das Organ der FAUD und wurde jedem Mitglied gratis gegeben. Dadurch wußten wir genau, wieviele Mitglieder wir hatten.` ,Frage: Wurde die Zeitung überhaupt nicht verkauft?` Souchy: Nur wenige. Daß auf der Straße oder in Fabriken verkauft wurde, mag es auch gegeben haben. Wenn ein Ortsverein Exemplare dafür bestellt hat, war das seine Sache [...]. Wir hatten einmal 120.000 Auflage. Das war aber auch das Höchste. 100.000 war so der Durchschnitt zur Zeit der Kämpfe im Ruhrgebiet.`" In: Schwarzer Faden, Grafenau-Döffingen, Jg.3 (1982), Nr. 8, S.7.
2.) Die FAUD sah sich in der direkten Nachfolge der Freien Vereinigung deutscher Gewerkschaften (Lokalisten) und zählte deren Kongresse zu ihrer Organisationsgeschichte hinzu. Zur Organisationsgeschichte und Theorie der FAUD vgl. Angela Vögel, Der deutsche Anarcho-Syndikalismus. Genese und Theorie einer vergessenen Bewegung, Berlin 1977; Hans Manfred Bock, Syndikalismus und Linkskommunismus von 1918-1923, Meisenheim am Glan 1969.
3.) Lt. Protokoll der Verhandlungen des 12. Kongresses der Freien Vereinigung deutscher Gewerkschaften vom 27.-29.12.1919 in Berlin, Berlin 1920, zitiert nach: Ulrich Klan und Dieter Nelles, "Es lebt noch eine Flamme". Rheinische Anarcho-Syndikalisten/-innen in der Weimarer Republik und im Faschismus, Grafenau-Döffingen 1986, S.72 und S.101, Anm. 62, wurde die Zahl von 109 Delegierten repräsentiert. In der internen Zeitschrift: Debatte. Diskussionsorgan zur Vorbereitung des 19. Kongresses der FAUD (A.-S.), Berlin, Nr. 4 vom 6.2.1932, gibt die FAUD die Gesamtzahl mit 108.000 an.
4.) A.a.O.; Rudolf Rocker, Aus den Memoiren eines deutschen Anarchisten, Frankfurt/M. 1974, S.300, nennt 150.000 für das Jahr 1921; Ulrich Klan und Dieter Nelles, "Es lebt noch eine Flamme", a.a.O., S.121, nennen unter Berufung auf Schätzungen der politischen Polizei, in: Bundesarchiv Koblenz (künftig: BA Koblenz), Bestand R 134, Bd.5, S.119, Bd.9, S.57 und Bd. 15, S.103, für 1921 eine Mitgliederzahl von 150.000 bis 200.000.
5.) Horst Stowasser, Eine unbedeutende Sache, in: Das hört nie auf. Lebensgeschichten vom Anfang des Faschismus bis heute. Hrsg. von Horst Scharnagel, Frankfurt/M. 1983, S.79, und zuletzt Axel Ulrich, Zum Widerstand der Freien Arbeiter Union Deutschlands gegen den Nationalsozialismus. Ihr konspiratives Verbindungsnetz in Hessen und im Raum Mannheim/Ludwigshafen, in: Nassauische Annalen. Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichte, Jg. 99 (1988), S.153.
6.) Vgl. Ulrich Linse, Die "Schwarzen Scharen". Eine antifaschistische Kampforganisation deutscher Anarchisten, in: Archiv für die Geschichte des Widerstands und der Arbeit, Bochum, Nr.9, (1989), S.47-66.
7.) Vgl. z.B. das Flugblatt der FAUD Hamburg von 1932: "An alle freiheitlichen Sozialisten Hamburgs. Wir Anarcho-Syndikalisten Hamburgs und Umgegend, Mitglieder der Freien Arbeiter-Union Deutschlands, wenden uns in dieser ernsten Zeit, in der sich die Klassengegensätze drohend zuspitzen und zu entscheidenden Lösungen drängen, an alle Arbeiterinnen und Arbeiter, an alle Unterstützungsempfänger, Kleinrentner und Unterdrückten, die noch ein revolutionäres, freiheitlich-sozialistisches Verantwortungsbewußtsein in sich tragen, mit diesem Aufruf zur Sammlung der Kräfte...". Ehemalige Sammlung Otto Reimers, zitiert nach: Antiquariat Pinkus-Genossenschaft, Zürich, Katalog 307, Mai 1984, Flugblätter. Anarchismus, Anarcho-Syndikalismus, Kommunistische Partei Deutschlands, Sozialdemokratische Partei Deutschlands, Schweiz u.a., Nr.66.
8.) Rolf Theißen, Peter Walter und Johanna Wilhelms, Der Anarcho-Syndikalistische Widerstand an Rhein und Ruhr, Meppen/Ems 1980, S.40, nennen 7000; Die Gestapo Leipzig schätzte 8-10.000. Vgl. BA Koblenz, R 58/319, S.59. Die Auflage des Arbeiter-Echo als Nachfolgeblatt für den verbotenen Syndikalist betrug ebenfalls 8-10.000 Exemplare. Jan Foitzik, Zwischen den Fronten. Zur Politik, Organisation und Funktion linker politischer Kleinorganisationen im Widerstand 1933 bis 1939/40 unter besonderer Berücksichtigung des Exils, Bonn 1986, S.31, legt sich ebenfalls nur auf 6000-10.000 fest.
9.) BA Koblenz, R 58/321, S.23 und S.29.
10.) A.a.O., S.20-24.
11.) "Es gab in Krefeld 1933 noch zwei Föderationen: die Metall- und die Textilarbeiter. Bei uns in Fischeln existierte eine Ortsgruppe von etwa 60 Mitgliedern. Insgesamt hatte die FAUD, als 1933 aufgelöst wurde in Krefeld, nach meiner Schätzung ca. 400-500 Mitglieder." Zitiert nach: Rolf Theißen, Peter Walter und Johanna Wilhelms, Der Anarcho-Syndikalistische Widerstand an Rhein und Ruhr, a.a.O., S.80. Vergleicht man diese Erinnerung mit den an die GK abgeführten Beiträgen, so findet man eine weitgehende Übereinstimmung. Fischeln allein hatte für 52 Mitglieder Beiträge überwiesen, Krefeld für 348. Vgl. BA Koblenz, R 58/321, S.28.
12.) Institut für Zeitgeschichte (künftig: IfZ), München, Akte Fa 117/199, Hochverratsprozeß gegen 88 rheinische Anarchosyndikalisten 1937, S.20. Die Liste von 1931 gibt für Düsseldorf 213 zahlende Mitglieder an. Vgl. BA Koblenz, R 58/321, S.27.
13.) Axel Ulrich, Interview mit Karl Schild vom 16.7.1986, in: Zum Widerstand der Freien Arbeiter Union ..., a.a.O., S.159. Nach BA Koblenz, R 58/321, S.28: 201 zahlende Mitglieder.
14.) Axel Ulrich: Interview mit Karl Schild vom 16.7.89, in: Zum Widerstand ..., a.a.O., S.159. Nach BA Koblenz, R 58/321, S.28: 73 zahlende Mitglieder.
15.) BA Koblenz, R 58/321, S.26-29.
16.) Als Delegierte waren auf dem Erfurter Kongreß folgende Personen anwesend (sie vertraten die in Klammern angegebenen Ortsgruppen und/oder Berufsföderationen): 
Für die PAB Südwest: Gustel Doster (Darmstadt), J. Schanzenbächer (Heidelberg, Metallarbeiter), Eduard Bischoff (Mannheim-Waldhof, er vertrat auch Aachen), Karl Schild (Mannheim), A. Huther (Offenbach), Friedrich Lösch (Saarbrücken, Ludwigshafen), H. Heilmann (Worms), Georg Hepp (Frankfurt).
Für die PAB Nordwest: W. Sach (Neumünster), E. Rachow (Hamburg, Binnenschiffer), Max Hilse (Bremen, Delmenhorst, Hafenarbeiter).
Für die PAB Brandenburg-Pommern: Gerhard Wartenberg (Potsdam), Walter Markow (Berlin, Bauberufe), W. Dreblow (Odermünde, Stettin, Pölitz), A. Hensel (Berlin-Oberschöneweide), K. Buttke (Berlin), B. Sadowsky (Altglienicke), T. Phillipens (Berlin), R. Stanislowsky (Berlin, Bauarbeiter), O. Becker (Berlin, Bauarbeiter), F. Grassnik (Berlin), R. Kohfeld (Berlin), Walter Schwaiba (Berlin), B. Jeschkeit (Berlin), E. Kopka (Berlin). 
Für die PAB Rheinland: Karl Windhoff (Krefeld, Düsseldorf), Anton Rosinke (Düsseldorf), P. Willink (St. Tönis), H. Erkes (Fischeln), M. Zech (Düsseldorf), W. Benner (Wuppertal, Remscheid), H. Erkes (Krefeld). 
Für die PAB Sachsen: Herbert Schöfer (Riesa, Meissen), Ferdinand Götze und P. Bauer (Leipzig), P. Bauer (Hettstedt), Artur Holke (Teuchern), H. Ebert (Bitterfeld), F. Uhlig (Chemnitz), W. Hättasch (Pirna), Walter Schneider (Aue, Zwickau), P. Kreissig (Gelenau), Willi Illig (Gera), A. Hausner (Planitz), P. Degenkolb (Plauen), P Wichardt (Halle), Werner Höme (Dresden, Freiberg-S.), A. Querner (Freital), Herbert Jeworutzky (Elsterberg), K. Lehmann (Heidenau), M. Säuberlich (Radebeul).
Für die PAB Württemberg: Karl Dingler (Göppingen, Ulm), K. Scholl (Heilbronn), Eva Föhsel (Stuttgart), G. Lehr (Friesenheim, Bauarbeiter).
Für die PAB Groß-Thüringen: Emil Zehner (Sangershausen), O. Danz (Heinrichs), Fred Schröder (Kassel), O. Schmidt (Erfurt-SAJD), Otto Roth (Goldlauter, Metallarbeiter), A. Wunderlich und R. Deckert (Suhl), Karl Jäger (Zella-Mehlis), L. Schreiber und H. Reichenbach (Sömmerda), Hermann Ritter, Carolus Heber, F. Müller und G. Voss (Erfurt).
Für die PAB Westfalen: Heinrich Bergmann (Wattenscheid, Bergarbeiter), A. Schneider (Münster), F. Schulz (Dortmund), St. Spichalsky (Bochum, Bergarbeiter).
Für die PAB Bayern: W. Wehner (Schweinfurt), F. Müller (Fürth), G. Moll (Nürnberg, Holzarbeiter), G. Meyer (München, Augsburg).
Für die PAB Schlesien: F. Tittel (Weisstein).
Für die PAB Niedersachsen: H. Henneberger (Magdeburg), E. Frank (Hannover), B. Borchert (Braunschweig). Angaben nach: BA Koblenz, R 58/321, S.167-170.
17.) BA Koblenz, R 58/321, S.26-29.
18.) Jan Foitzik, Zwischen den Fronten, a.a.O., S.88.
19.) Emma Goldman, Postkarte an Milly und Rudolf Rocker, Braunschweig, vom 19.2.32, sowie Brief an Milly und Rudolf Rocker, St. Tropez, vom 13.11.32, in: Internationaal Instituut voor Sociale Geschiedenis (künftig: IISG), Amsterdam, Rocker-Archiv, Nr. 107.
20.) Emma Goldman, Brief an Milly Rocker, Schweinfurt, vom 26.4.32, in: IISG Amsterdam, Rocker-Archiv, Nr. 107.
21.) Emma Goldman, Postkarte an Milly und Rudolf Rocker, Ludwigshafen, vom 12.5.32, in: IISG Amsterdam, Rocker-Archiv, Nr. 107.
22.) Der Arbeitslose. Organ der FAUD, Dresden, Jg.3, (1932), Nr. 21.
23.) Karl Dingler, Brief an Rudolf Rocker, Göppingen, vom 10.9.47 (nachdem er im August 1947 mit dem gerade aus der Sowjetischen Besatzungszone geflohenen Theodor Plievier erneut eine Veranstaltung in Göppingen vor 1000 Besuchern durchgeführt hatte!), in: IISG Amsterdam, Rocker-Archiv, Nr.84.
24.) Vgl. Debatte, Berlin, Nr.7 vom 27.2.1932.
25.) Augustin Souchy, Der Faschismus im Anmarsch, in: Der Syndikalist, Nr.44 vom 1.11.1930, wiederabgedruckt in: Augustin Souchy, Anarchismus ist nicht nur utopisch, Hrsg. von Bernhard Arracher und Hans-Jürgen Degen, Grafenau-Döffingen 1990.
26.) Am 4.1.32 beschloß der 4. Strafsenat des Reichsgerichts das Verbot des Syndikalist bis zum 11.3.32. Wortlaut in: Debatte, Berlin, Nr.1 vom 16.1.32. Von September bis Oktober 1932 wurde der Syndikalist ein zweites Mal, nach wenigen Nummern ein drittes Mal bis zum Jahresende verboten. Die verantwortlichen Redakteure wurden jeweils angeklagt. Vgl. Rolf Theissen, Peter Walter und Johanna Wilhelms, Der Anarcho-Syndikalistische Widerstand an Rhein und Ruhr, a.a.O., S.44.
27.) GK-Mitglieder waren seit dem Erfurter Kongreß: Reinhold Busch (Berlin), Max Büttner (Berlin), Werner Henneberger (Berlin), Fritz Linow (Berlin), Helmut Rüdiger (Berlin, ab 33 Barcelona), Walter Schwaiba (Berlin).
28.) IfZ München, Akte Fa 117/199, Hochverratsprozeß ..., S.20. Ein vollständiger Reprint der Internationale, einschließlich der in Holland produzierten illegalen Ausgaben liegt vor: Die Internationale, Vaduz 1979.
29.) IfZ München, Akte Fa 117/199, S.20.
30.) IfZ München, Akte Fa 117/199, S.20; vgl. auch BA Koblenz, R 58/319, S.59, zum Hochverratsprozeß gegen Berliner und mitteldeutsche Anarchosyndikalisten 1937.
31.) Womit ich Peter Wienand, Der "geborene" Rebell. Rudolf Rocker. Leben und Werk, Berlin 1981, S.338, widersprechen will, der behauptet, es hätte im Berliner Hauptquartier der FAUD "überhaupt keine Richtlinien für den Notfall" gegeben. Sie wurden allerdings von der GK nicht umgesetzt.
32.) Vgl. Rolf Theißen, Peter Walter und Johanna Wilhelms, Der Anarcho-Syndikalistische Widerstand an Rhein und Ruhr, a.a.O, S.81, zu Krefeld: "Als erstes haben wir die vorhandenen Kassenbestände und die Besitzungen der FAUD unter den Mitgliedern aufgeteilt, damit nichts in die Hände der Nazis fiel", oder Köln: "Unsere Organisation, die FAUD, wurde in Köln, wie auch in den meisten Städten, Anfang Februar offiziell aufgelöst. Ihre bisher legalen Einrichtungen mußten aufgegeben werden, so z.B. unser Lokal in der Albertusstraße, dessen Möbel und auch sonstige Unterlagen unter den Mitgliedern verteilt wurden. Die Bibliothek schafften wir in ein Gartenhäuschen, wo sie uns vor dem Zugriff der Gestapo sicher schien. Eine Abzugsmaschine wurde für den Druck von Flugblättern in einem Keller in Köln-Ehrenfeld versteckt." A.a.O., S.112f.
33.) BA Koblenz, R 58/319, S.60; vgl. Jan Foitzik, Zwischen den Fronten, a.a.O., S.88, der sich auf diese Aussage bezieht.
34.) BA Koblenz, R 58/764, S.14.
35.) "Der Wert der Bücher und Broschüren betrug schätzungsweise 100.000 DM." Zitat in: IAA-Pressedienst, Nr.161 vom 8.6.1933, IISG Amsterdam.
36.) Vgl. Peter Wienand, Der "geborene" Rebell, a.a.O., S.339, der einen Brief Molly Steimers an Milly und Rudolf Rocker vom 16.5.33 zitiert; in: Rocker-Archiv im IISG. Definitiv dem Zugriff der Gestapo entzogen wurden die Materialien, die unter Anm. 42 erwähnt sind und "ein paar alte Möbel, zwei Schreibmaschinen und der große Vervielfältiger. Alles andere ist von der Polizei beschlagnahmt." Bericht der GK Erfurt 1933 an die IAA, in: Bericht des Sekretariats der IAA über die Beziehungen zur deutschen Sektion (April 1933-Mai 1934), Madrid, vom 5.5.34, in: IISG, IWMA-Archiv, Nr.34, S.1.
37.) BA Koblenz, R 58/764, S.14f.
38.) BA Koblenz, a.a.O., S.144, S.146 und S.156.
39.) Vgl. Peter Wienand, Der "geborene" Rebell, a.a.O., S.342, Zitat eines Briefes des Berliner Anarchosyndikalisten Friedrich Dettmer an Rudolf Rocker vom 9.11.1946 in: IISG Amsterdam, Rocker-Archiv: "Dazu kam die kindliche Leichtsinnigkeit, mit der manche bei ihrer illegalen Tätigkeit handelten. Man hielt in einem Fall ein illegales Büro bei einer Jüdin auch dann noch aufrecht, nachdem diese erklärte, sie würde von der Polizei beobachtet."
40.) Gerhard Wartenberg, geb. am 1.2.1904 in Tannroda, Herausgeber der Leipziger Zeitschrift: Der Bakunist, später Redakteur des Arbeiter-Echo in Berlin. Im August 33 verhaftet, im Dezember 33 wieder freigekommen. Seit dem 1.7.34 wieder bei seinen Schwiegereltern und Eltern in Leipzig. Illegale Betätigung. Nach den Aussagen Thiedes zusammen mit 39 weiteren Leipziger Anarchosyndikalisten am 7.5.37 erneut verhaftet, am 22.12.42 im KZ Sachsenhausen an nicht behandelter Tuberkulose gestorben.
41.) Bericht des Sekretariats der IAA über die Beziehungen zur deutschen Sektion (April 1933-Mai 1934), Madrid, vom 5.5.34, in: IISG Amsterdam, IWMA-Archiv, Nr.34, S.l.
42.) BA Koblenz, R 58/764, S.61. Die Erfurter Gruppe erläutert der IAA, sie habe lediglich "eine Aktentasche voll Akten und Quittungen, den Vervielfältiger von Souchy und 100 RM" bekommen. Vgl. Bericht des Sekretariats der IAA ..., in: IISG Amsterdam, IWMA-Archiv, Nr.34, S.l.
43.) IfZ München, Fa 117/209, S. 14.
44.) Bericht des Sekretariats der IAA... in: IISG Amsterdam, IWMA-Archiv, Nr.34, S.l-2, 6. Die IAA verlegte ihren Sitz im Juni 1933 nach Madrid. Die Sekretäre waren zu diesem Zeitpunkt: Vale Orobön-Fernandez, Eusebio Carbo und Arthur Müller-Lehning.
45.) Ebda.; IfZ München, Fa 117/199, S.47.
46.) IfZ München, Fa 117/199, S.47
47.) Hier sind sich die Gestapo-Stellen nicht einig. Die Verhöre mit Zehner, Heber und Zühlke ergaben den August/September als Übergabedatum. Vgl. BA Koblenz, R 58/764, S.63. Die Akte über Götze u.a. nennt den Dezember 33.
48.) BA Koblenz, R 58/764, S.63
49.) Gustav ("Gustel") Doster, geb. 17.11.1904. FAUD-Darmstadt. Von Beruf Eisendreher, ehemaliger Provinzialbörsenobmann in Hessen. Am 9.3.33 verhaftet, im Juni nach einem Hochverratsprozeß in ein KZ eingeliefert. Floh von dort und ist im Oktober 33 über die holländische Grenze gebracht worden. In Amsterdam Sekretär des neugebildeten Auslandsbüros der FAUD und später der Gruppe DAS (Deutsche Anarcho-Syndikalisten). Die politischen Aktivitäten der DAS in Holland, Frankreich, im Spanischen Bürgerkrieg und im schwedischen Exil will ich an dieser Stelle aussparen, um nicht einer umfangreichen Arbeit vorzugreifen, die 1990 erscheinen und einen ausführlichen biographischen Anhang enthalten wird: Hans-Jürgen Degen, Wolfgang Haug, Ulrich Linse und Dieter Nelles, Deutsche Anarchisten im Spanischen Bürgerkrieg.
50.) Arthur Müller-Lehning an Rudolf Rocker am 15.12.33 in: IISG Amsterdam, Rocker-Archiv, Nr.144.
51.) Bericht des Sekretariats der IAA ... , in: IISG Amsterdam, IWMA-Archiv, Nr.34, S.3.
52.) Ebda.
53.) A.a.O., S.3f. und S.7.
54.) Die Soziale Revolution. Frontzeitung, Barcelona, Nr. 1-13, Januar-Juni 1937.
55.) Karl Brauner, geb. am 3.10.1914 in Leipzig-Paunsdorf, floh am 8.10.34 nach Spanien und nahm 1936/37 in der Kolonne Durruti am Spanischen Bürgerkrieg teil. Biographisches in Hans-Jürgen Degen, Wolfgang Haug, Ulrich Linse und Dieter Nelles, Deutsche Anarchisten im Spanischen Bürgerkrieg, 1990.
56.) BA Koblenz, R 58/319, S.49, 64.
57.) Bericht des Sekretariats der IAA ... , a.a.O., S.10.
58.) A.a.O., S.U.
59.) BA Koblenz, R 58/319, S.43-44.
60.) Arthur Müller-Lehning an Rudolf Rocker, am 2.7.1934, in: IISG Amsterdam, Rocker-Archiv, Nr.144.
61.) Helmut Rüdiger, geb. am 22.1.1903 in Frankenberg, Mitglied der GK und Redakteur des Syndikalist. 1933 nach Spanien emigriert, von 1934 zusammen mit Arthur Müller-Lehning Redakteur der Internationale und IAA-Sekretär; weitere biographische Information in Hans-Jürgen Degen, Wolfgang Haug, Ulrich Linse und Dieter Nelles, Deutsche Anarchosyndikalisten im Spanischen Bürgerkrieg, 1990
62.) Arthur Müller-Lehning an Rudolf Rocker, am 2.7.1934, in: IISG Amsterdam, Rocker-Archiv, Nr.144. Die Aussage, daß Götze Propagandaschriften in Deutschland selbst herstellen wollte, belegt einmal mehr die Fragwürdigkeit der Gestapoquellen, denn dort heißt es zu diesem Punkt: "Götze erklärte, daß eine Herstellung illegaler anarcho-syndikalistischer Schriften innerhalb des Reichsgebietes nicht durchgeführt werden könnte, da die Gefährdung des Herstellungsapparates zu groß sei."; in: IfZ München, Fa 117/199, S.49.
63.) Ulrich Klan und Dieter Nelles: "Es lebt noch eine Flamme." Rheinische Anarcho-Syndikalist/-innen in der Weimarer Republik und im Faschismus, Grafenau 1986, S.171; Hauptstaatsarchiv Düsseldorf (künftig: HSTAD), Nr.2761.
64.) BA Koblenz, R 58/319, S.49 und S.64-65. Über Pöschl kamen jeweils ca. 200 Exemplare "Esset deutsche Früchte und ihr bleibt gesund", sowie die als "Das Deutschtum im Ausland" getarnte Internationale.
65.) A.a.O., S.45-47, S.60 und S.65.
66.) A.a.O., S.47.
67.) "Aus Deutschland hören wir gar nichts mehr, [...] eine Organisation scheint in Deutschland nicht mehr zu bestehen, es wird auch nichts publiziert, und vor allem von Leipzig verbietet man sich strengstens jeden Annäherungsversuch." Helmut Rüdiger an Rudolf Rocker am 11.7.36, in: IISG Amsterdam, Rocker-Archiv, Nr.188.
68.) BA Koblenz, R 58/518/519
69.) Von der Chemnitzer Gruppe, die fünf Personen umfaßt hatte, wurden Alex Bochtler, Hans Rietz und Elisabeth Uhlig verhaftet. Bochtler hatte 1935 die Internationale aus der CSSR nach Deutschland geschmuggelt.
70.) BA Koblenz, R 58/764, S.48.
71.) BA Koblenz, R 58/764, S.51/52. So wurden die Kinderpflegerin Erna Sauerbrey und der Tischler Johannes Heinrich, bei denen das illegale Material aus Holland von den Chemnitzern abgeliefert worden war, belastet und verhaftet. In Gera traf es den Steinbrucharbeiter Richard Bräutigam, den Anstreicher Willi Illig und den Arbeiter Hermann Heinke; in Greiz den Weber Herbert Jeworutzky und den Tischler Friedrich Neumann. Zudem gab es einen Hinweis auf Degenkolb in Plauen, der jedoch anscheinend nichts erbracht hatte. Gegen den Arbeiter Walter Schneider aus Zwickau ließen sich ebenfalls keine Beweise erbringen und auch die FAUD-Gruppe in Planitz blieb anonym.
72.) Max Büttner, geb. 30.5.1889 in Taucha, war als GK-Mitglied (Reichskassierer der FAUD) bereits bei der Durchsuchung des illegalen Büros 33 verhaftet worden, in seiner Heimatstadt Leipzig fungierte er als Anlaufstelle für illegale Kuriere aus Berlin. Artur Holke, geb. am 12.1.1883 in Leipzig-Eutitzsch; er war bereits Mitglied und Delegierter (1912) der Anarchistischen Föderation Deutschlands (AFD) um die Zeitschrift "Der Freie Arbeiter" vor dem Ersten Weltkrieg. Seit 1904 verlegte er anarchistische Bücher, Broschüren und Zeitschriften u.a. im Verlag Der Anarchist. Aufgrund seiner Bekanntheit war er bereits 1933 verhaftet worden, aber Mitte 34 wieder freigekommen. Holke starb 1940 im KZ. Insgesamt wurden Anfang 1937 40 Mitglieder der illegalen FAUD in Leipzig festgenommen. Gegen 25 von ihnen wurde Anklage erhoben, einem von ihnen, Ernst Budschigk, gelang die Flucht nach Holland. Namensliste in: IfZ München, Fa 1177199.
73.) BA Koblenz, R 58/319, S.67.
74.) Bericht des Sekretariats der IAA ... , a.a.O., S.5-6.
75.) A.a.O., S.10; vgl. auch Gustav Doster, Brief an Rudolf Rocker, vom 12.4.34, in: IISG Amsterdam, Rocker- Archiv, Nr.86.
76.) BA Koblenz, R 58/518-519.
77.) Der Arbeitslose, Jg.4, Nr.5, (Dresden, Mitte März 1933), (verantwortlicher Redakteur: Werner Höme, der für einen Artikel zur Arbeitslosigkeit vom Mai 1932 Anfang 33 zu zwei Monaten Gefängnis verurteilt wurde).
78.) Gustav Doster spricht im April 1934 von insgesamt 55 verhafteten Anarchisten und Anarchosyndikalisten im Reich, wovon 15 bis dahin abgeurteilt worden waren. Brief an Rudolf Rocker, vom 12.4.34, in: IISG Amsterdam, Rocker-Archiv, Nr.86.
79.) Walter Schwaiba, geb. 16.11.1896; GK-Mitglied seit dem Erfurter Kongreß 1932. Verbindungsmann nach Leipzig, KZ Sachsenhausen, zusammen mit Gerhard Wartenberg bis zu dessen Tod. Paul Lange, geb. 17.4.1878, Kassierer der Berliner illegalen FAUD.
80.) BA Koblenz, R 58/318, S.10.
81.) BA Koblenz, R 58/318, S.ll und S.18.
82.) A.a.O., Namensliste der Verhafteten S.24-25.
83.) Der Bereich der PAB Rheinland, der das Ruhrgebiet miteinschließt, ist der bislang am besten untersuchte. Neben der grundlegenden Arbeit zum Widerstand der FAUD von Rolf Theißen, Peter Walter und Johanna Wilhelms, Der Anarcho-Syndikalistische Widerstand an Rhein und Ruhr, Meppen 1980, existiert mit der Arbeit von Ulrich Klan und Dieter Nelles, "Es lebt noch eine Flamme", Rheinische Anarcho-Syndikalisten/-innen in der Weimarer Republik und im Faschismus, Grafenau 1986, eine Geschichte der PAB Rheinland von 1919 bis zu ihrem Niedergang im Faschismus. Für den Regierungsbezirk Aachen vgl. Klaus Weberskirch, Die Freie Arbeiter-Union Deutschlands im Regierungsbezirk Aachen nach dem Ersten Weltkrieg, Magisterarbeit, Aachen 1988; zu Mengede bei Dortmund vgl. Andreas Müller, Aufbruch in neue Zeiten. Anarchosyndikalisten und Nationalsozialisten in Mengede in der Frühphase der Weimarer Republik in: Bochumer Archiv für die Geschichte des Widerstandes und der Arbeit, Nr.8 (1987), S.121-154.
84.) Rolf Theißen, Peter Walter und Johanna Wilhelms, Der Anarcho-Syndikalistische Widerstand ... , a.a.O., S.63.
85.) IfZ München, Fa 117/207 (Nolden-Akte), S.28.
86.) Ebda.
87.) Hermann Dortans, geb. 6.10.1898, Seit 1922 FAUD-Mitglied, Veranstaltungsredner und Kreisarbeitsbörsenobmann; Mitglied der "Gruppe Revolutionärer Antimilitaristen".
88.) IfZ München, Fa 117/207, S.28 und Fa 117/199, S.51; Ulrich Klan und Dieter Nelles, "Es lebt noch eine Flamme", S.180 und S.187: Helmuth Kirschey schätzt, daß 50-100 Flüchtlinge diesen Weg genommen haben.
89.) IfZ München, Fa 117/207, S.29; Rolf Theißen, Peter Walter und Johanna Wilhelms, a.a.O., S.67, datieren auf den April 34, so daß Paul einer der Teilnehmer der Amsterdamer Konferenz gewesen wäre. Paul selbst berichtet von einer Amsterdamfahrt im August 34; es ist zwar möglich, daß Paul mehrmals die Grenze nach beiden Seiten passiert hat, da aber Willi Paul recht ausführlich über seine Tätigkeit berichtet hat, hätte er seine Teilnahme am Amsterdamer Plenum sicherlich erwähnt. Vgl. IfZ München, F 225, Sammlung Willy Paul.
90.) Im Mai 1924 organisierten die Aachener Anarchosyndikalisten z.B. die Flucht der russischen Anarchisten Nestor Machno und Peter Arschinoff nach Belgien, 1932 die von italienischen Anarchisten, darunter Angelo Bartolomeo, die bis dahin illegal in Deutschland gelebt hatten.
91.) Gespräche mit dem Schreiner Curt Moeller (1905-1986), der die Stärke der Aachener FAUD damals mit 10-15 angab; die Grenzübertritte von 33-34 begleiteten er selbst, der Schneider Johan Parubek, der Metzger Jean Hohn, der Ziegelei-Ingenieur Walter Hillbring und Josephine Pauli, nach Rolf Theißen, Peter Walter und Johanna Wilhelms, a.a.O., S.140.
92.) A.a.O., S. 143.
93.) IfZ München, Fa 117/207, S.ll.
94.) In Duisburg verteilten neben Nolden noch Derksen und Albert Herzog; in Duisburg-Meiderich der Arbeiter Albert Krisch und der Schlosser Emil Kremer; in Duisburg-Hamborn der ehemalige Vorsitzende der Bau- und Metallarbeiterföderation Otto Reichenbach; in Mönchen-Gladbach der später von der Gestapo beim Verhör ermordete Michael Delissen; in Mühlheim/Ruhr der ehemaligen Kassierer der Ortsgruppe Johann Kaiser; in Düsseldorf der ehemalige Kassierer der Ortsgruppe Gerhard Lasarzick; in Krefeld der Invalide Johann Klingen; in Köln Johann Saballa; in Wattenscheid der Bauarbeiter Felix Stawicka; in Bochum der Invalide Mincyslaus Paterok; in Wuppertal der Heizer Walter Tacken und nach seiner Entlassung am 22.12.34 der Schneider Johann Steinacker. Angaben nach der Prozeßakte Nolden, in: IfZ München, Fa 117/207. Steinacker wurde am 14.4.44, 73jährig, als "unwertes Leben" im KZ Mauthausen umgebracht. Vgl. Biographie in: Ulrich Klan und Dieter Nelles: "Es lebt noch eine Flamme", a.a.O., S.184/5.
95.) IfZ München, Fa 117/207, S.21 (Wehren); Rolf Theißen, Peter Walter und Johanna Wilhelms, a.a.O., S.108ff: Interview mit ehemaligen Mitgliedern der SAJD.
96.) Nach Ulrich Klan und Dieter Nelles, "Es lebt noch eine Flamme", a.a.O., S.182-183, schickten nach dem, "Röhmputsch" Kölner Anarchosyndikalisten z.B. fingierte Briefe im Namen der Kölner SA an Wuppertaler SA-Adressen.
97.) Die Treffen fanden im Kaiserpark, an der Stempelsteile und am alten Markt statt. Es wurden Schriften ausgetauscht, Informationen des Moskauer Senders weitergegeben, Vorträge gehalten und agitiert. Vgl. IfZ München, Fa 117/199, S. 52-55.
98.) Über die gefaßten Beschlüsse oder über geplante Aktionen ist nichts bekannt. Unter den Teilnehmern befanden sich die Kölner und Wuppertaler SAJD-Gruppe; durch den großen Syndikalistenprozeß 1937 wurden als Teilnehmer namentlich bekannt: der Kölner Hans Saballa, die Wuppertaler Paul Oberhemm, Hermann Hahn, Hermann Sickmann, Fritz und Gustav Krüschedt, Hans Schmitz und August Benner. Vgl. IfZ München, Fa 117/199, S.81-84. Zu Hermann Hahn sei hier angemerkt, daß er aufgrund seiner Weigerung, bei Verhören und im Gefängnis zu sprechen, in die psychiatrische Anstalt Grafenberg eingeliefert und dort 1940 ermordet wurde. Vgl. Ulrich Klan und Dieter Nelles, "Es lebt noch eine Flamme", a.a.O., S. 185.
99.) A.a.O., S.263-264.
100.) Zitat nach den Aufzeichnungen von Ernst Binder, FAUD-Düsseldorf, vom 24.8.1946, in: Rolf Theißen, Peter Walter und Johanna Wilhelms, Der Anarcho-Syndikalistische Widerstand ... , a.a.O., S.96-97.
101.) Anton Rosinke, geb. 1881, von Beruf Schmied. Er wurde bei den Verhören 1937 im Düsseldorfer Polizeigefängnis ermordet. Vgl. Ulrich Klan und Dieter Nelles, "Es lebt noch eine Flamme", a.a.O., S.178f.
102.) So auch Michael Delissen, er fand im Polizeigefangnis von Mönchengladbach das gleiche Schicksal wie Rosinke. Vgl. Rolf Theißen, Peter Walter und Johanna Wilhelms, Der Anarcho-Syndikalistische Widerstand ... , a.a.O., S.97.
103.) Gegen 88 der Verhafteten wurde Anklage wegen Hochverrats erhoben, Noldens Verfahren wurde abgetrennt, mit Emil Mahnert im Duisburger Polizeigefangnis kam ein dritter Verhafteter noch vor dem Prozeß zu Tode. Vgl. Rolf Theißen, Peter Walter und Johanna Wilhelms, Der Anarcho-Syndikalistische Widerstand ... , a.a.O., S.74; IfZ München, Fa 117/119; Ulrich Klan und Dieter Nelles, "Es lebt noch eine Flamme", a.a.O., S.179-180.
104.) Rolf Theißen, Peter Walterund Johanna Wilhelms, Der Anarcho-Syndikalistische Widerstand ... , a.a.O., 1980, S.71 und S.140. Wehren arbeitete in Barcelona bei der Gruppe DAS mit, u.a. in der Redaktion der Sozialen Revolution.
105.) Vgl. OLG Hamm (Urteil), 6.0.JS 1/37, in: HSTA Düsseldorf, Gestapo, Nr.2761; zitiert nach: Ulrich Klan und Dieter Nelles, "Es lebt noch eine Flamme", a.a.O., S. 179.
106.) Vgl. Bericht des Sekretariats der IAA ... , in: IISG Amsterdam, IWMA-Archiv, Nr.34, S.8. Diese Kritik an den Saarländern kann zumindest in einem Fall abgemildert werden; so holte der Mannheimer Fritz Lösch, nachdem er sich bei dem ihm bekannten Anarchisten Johann Gräber in Wellersweiler über die Integrität des Kontaktmannes erkundigt hatte, die Internationale im Januar/Februar und im Mai 1934 in Stennweiler bei dem Bergmann Nikolaus Franz ab. Vgl. Stadtarchiv Mannheim, 16.74.30-Lösch, S.10.
107.) BA Koblenz, R 58/321. Neben der in Saarbrücken existierten noch Gruppen in Dudweiler, St. Ingbert, Stennweiler und Wiebelskirchen.
108.) Vgl. IfZ München, Fa 117/119, (Hammer Prozeß) S.81 oder IfZ München, Fa 117/106, (Prozeß gegen Paul Brunn, 1942), S. 5.
109.) Die PAB Südwest organisierte 1932 folgende Ortsgruppen: Alzey, Darmstadt, Frankfurt/M., Jockgrim, Ludwigshafen (3 Gruppen), Mannheim (3 Gruppen), Oberhausen i.B., Offenbach, Wiesbaden und Worms. Vgl. BA Koblenz, R 58/321. Die Prozeßakte liegt als Leihgabe des Instituts für Marxismus-Leninismus, Abteilung Zentrales Parteiarchiv, Berlin, im Stadtarchiv Mannheim unter der Aktennummer: 16.74.30-Lösch.
110.) Axel Ulrich, Zum Widerstand der Freien Arbeiter-Union Deutschlands ... , a.a.O., S.160.
111.) A.a.O., S. 162.
112.) Ebda.
113.) A.a.O., S.163, Interview mit dem Mannheimer Karl Schild vom 16.7.1986.
114.) "Verhaftet". Artikel in: Der Arbeitslose, Dresden, Jg.4, (März 1933), Nr.5.
115.) Axel Ulrich, Zum Widerstand ... , a.a.O., S.161, Interview mit dem Offenbacher Karl Gültig vom 24.1.1987.
116.) IfZ München, F 225, Sammlung Willi Paul.
117.) IfZ München, Fa 117/209, S.13 und S.20. Nicht Internationale wie Axel Ulrich, Zum Widerstand ... , a.a.O., S.161, schreibt. Eine Zeitschrift dieses Namens wurde in Madrid von Helmut Rüdiger und Arthur Müller- Lehning produziert und illegal ins Reich eingeschleust.
118.) IfZ München, Fa 117/209, S.20.
119.) A.a.O., S.21. Weitere Angaben zur Biographie Willi Pauls in: Hans-Jürgen Degen, Wolfgang Haug, Ulrich Linse und Dieter Nelles, Deutsche Anarchisten im Spanischen Bürgerkrieg, 1990.
120.) Vgl. Axel Ulrich, Zum Widerstand ... , a.a.O., S.162-164; Gustav Doster, Brief an Rudolf Rocker, vom 25.11.34, in: IISG Amsterdam, Rocker-Archiv, Nr.86. Eine Personenakte zu Doster im Landesarchiv Speyer unterliegt der erweiterten Sperrfrist und konnte nicht eingesehen werden.
121.) IfZ München, Fa 117/209, S.20. Hepps spätere Frau Anni Zerr lebte damals in Haarlem und arbeitete bei Albert de Jong als Hausangestellte.
122.) Axel Ulrich, Zum Widerstand ... , a.a.O., S.166, Interview mit Georg Hepp vom 7.2.1987. In diesem Zusammenhang gilt es, eine Verwechslung Axel Ulrichs aufzuklären. Er gibt an, daß zusammen mit der Internationale 1934 auch Die Soziale Revolution, "fotomechanisch verkleinert", aus Holland eingeschleust worden sei. In Holland wurde jedoch keine Zeitung dieses Namens hergestellt. Die Ausgabe, die Axel Ulrich im Faksimile abdruckt, ist Nr.7 der illegal in Leipzig hergestellten Sozialen Revolution. Die von Fred Schröder 1934 in Stockholm produzierte Ausgabe der Sozialen Revolution brachte es nur auf eine Nummer. Die in Spanien produzierte Soziale Revolution begann erst 1937 zu erscheinen.
123.) "An Propagandamaterial erscheint in Leipzig, Sachsen und Tübingen eine auf photomechanischem Wege hergestellte Zeitung "Soziale Revolution", in Süddeutschland, Rheinland und Saar erscheint die "Direkte Aktion", letztere wird durch uns hergestellt und eingeschmuggelt. Ebenso bringen wir unperiodisch ein Flugblatt "Sturmglocke" und "Hakenkreuz über Deutschland" in Rheinland/Westfalen zur Verbreitung". Gustav Doster, Brief an Rudolf Rocker, vom 12.4.34 in: IISG Amsterdam, Rocker-Archiv, Nr.86.
124.) Stadtarchiv Mannheim, 16.74.30-Lösch-Akte. Auch inhaltlich wirkten Lösch und Hepp mit. Über den Inhalt der ersten zwei erschienenen Nummern von Fanal gibt die Prozeßakte gegen Lösch u.a. ausführlich Auskunft: "Nachruf auf Erich Mühsam, der Brief des SA-Mannes Kruse über den Reichstagsbrand, 19 Revolutionäre Kriegsartikel (Verhaltensmaßregeln)".
125.) Axel Ulrich, Zum Widerstand ... , a.a.O., S.168, Interview mit Karl Schild vom 16.7.1986. Vgl. Gustav Doster: "In Ludwigshafen geben die Kameraden eine Zeitschrift FANAL heraus, sie erscheint wöchentlich in einer Auflage von etwa 1000-1500 Exemplaren. Ihre Verbreitung erstreckt sich über den erweiterten Bezirk der PAB Südwest". Brief an Rudolf Rocker, vom 20.11.34, in: IISG Amsterdam, Rocker-Archiv, Nr.86. Dosters Angabe steht allerdings in Gegensatz zu der im Prozeß festgehaltenen Zahl von jeweils 50 Exemplaren pro Ausgabe. Vgl. Stadtarchiv Mannheim, 16.74.30-Lösch, S.8.
126.) A.a.O., S.9ff. Zusammenkünfte fanden im Mai/Juni 1933 an der Bergstraße, im Herbst 1933 am Auerbacher Schloß, im Spätherbst im Hochstätter Tal und nach Ostern 1934 bei Zwingenberg statt. Die Treffen waren laut Urteil von Fritz Lösch organisiert worden.
127.) Axel Ulrich, Zum Widerstand ... , a.a.O., S.160.
128.) A.a.O., S.164. Als anarchosyndikalistische Emigranten aus Stuttgart sind bekannt: Emil Hessenthaler, Architekturstudent aus Feuerbach, und Oskar Zimmermann, Kaufmann. Beide gingen nach Spanien. In der Prozeßakte gegen Lösch werden zwei überregionale Treffen mit Württemberger Anarchosyndikalisten am 25.6.1933 in Bad Wimpfen und am 30.6.1933 in Eberbach erwähnt, dabei wurden jedoch keine Gruppen aktenkundig. Vgl. Stadtarchiv Mannheim, 16.74.30-Lösch, S.9.
129.) Anonyme Briefe an Rudolf Rocker, vom 19.8.35 und 13.4.36, in: IISG Amsterdam, Rocker-Archiv, Nr.254; Karl Dingler, Brief an Rudolf Rocker vom 31.12.1946, in: a.a.O., Rocker-Archiv, Nr.84.
130.) Axel Ulrich, Zum Widerstand ... , a.a.O., S.170.
131.) Brief Georg Hepps vom 4.1.1973 an das Institut für Zeitgeschichte München, ZS 2289.
132.) Stadtarchiv Mannheim, 16.74.30-Lösch, S.41; Lösch (7 Jahre), Schild (4 Jahre, 6 Monate), Bischoff (3 Jahre, 9 Monate), Müller (4 Jahre, 6 Monate), Hepp (6 Jahre), Zerr (2 Jahre). Vgl. auch: Manfred Geis, Anarchosyndi- kalistischer Widerstand in Mannheim; in: Widerstand gegen den Nationalsozialismus in Mannheim. Hrsg. von Erich Matthias und Hermann Weber, Mannheim 1984, S.349-356.
133.) Nach Axel Ulrich Zum Widerstand ... , a.a.O., S.170, Interview mit Karl Schild vom 16.7.1986; Bischoffs und Schilds Frau wurden während der Haftzeit der Männer von FAUD-Genossen materiell unterstützt.

Aus: IWK - Internationale wissenschaftliche Korrespondenz zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, 25. Jg., Heft 3, September 1989. Digitalisiert von www.anarchismus.at mit freundlicher Genehmigung des Autors.


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