Aussageverweigerung
Es ist wichtig keine Aussage bei Polizei, Staatsanwaltschaft oder Gericht zu machen und zumindest in Grundzügen über das Recht auf Aussageverweigerung Bescheid zu wissen. Der beste Schutz ist meist das einfachste – nämlich gar nichts zu sagen!
Aussageverweigerung als Beschuldigte_r
Als Beschuldigte_r hast du immer das Recht auf Aussageverweigerung – egal ob dies bei der Polizei, Staatsanwaltschaft oder Gericht ist. Du kannst nie zu einer Aussage gezwungen werden. Du hast sowohl im Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 33 Abs 2 Verwaltungsstrafgesetz als auch im Strafverfahren gemäß § 7 und § 164 Abs 1 Strafprozessordnung das Recht die Aussage zu verweigern. Mach von deinem Recht auf Aussageverweigerung Gebrauch!
Wieso eigentlich Aussageverweigerung?
Von diesem Recht sollte der oder die Beschuldigte auch Gebrauch machen. Eine Aussage schadet dir nur. Entweder die Polizei hat bereits Beweise gegen dich in der Hand, dann kannst du mit einer Aussage auch nichts daran ändern oder die Polizei hat keine Beweise gegen dich in der Hand, dann würdest du mit einer Aussage der Polizei nur Informationen liefern, die sie bisher noch nicht hatte.
Mensch verliert auch durch eine Aussageverweigerung nichts. Im Laufe des Verfahrens besteht noch ausreichend Gelegenheit nach Studium des Aktes (Akteneinsicht), Beratung mit Rechtsanwält_innen, rechtskundigen Menschen, Rechtshilfestrukturen und Vertrauenspersonen und ausgiebiger Überlegung das weitere Vorgehen und eine Aussage in Betracht zu ziehen. Eine voreilige Aussage hingegen ohne Kenntnis des Aktes und vorheriger Beratung läuft eigentlich immer schief.
Auch wenn du meinst deine Aussage sei nicht schlimm – es gibt keine harmlosen Aussagen. Jede Aussage ist gefährlich. Denn es geht bei der Aussageverweigerung nicht nur um den Schutz vor Strafverfolgung, sondern auch darum andere Menschen zu schützen und keiner Gefahr auszusetzen und der Polizei und Verfassungsschutz keinen Einblick in linke Strukturen und politische Einstellungen von sich selber und anderen Menschen zu gewähren! Daher sind auch Aussagen mit denen du dich tatsächlich rechtlich nicht belasten würdest gefährlich!
Glaube auch nicht, dass du schlauer als die Polizei bist und mit einer Aussage austricksen kannst. In einer Vernehmungsituation sitzt du Beamt_innen gegenüber, die diese Situation schon hundert oder tausend Mal gemacht haben, speziell in Vernehmungstechniken geschult sind und im Gegensatz zu dir in keiner Streßsituation sind. Lass dich auch nicht durch die Polizei unter Druck setzen. Je schneller du den Beamt_innen klar machst, dass du egal unter welchen Umständen keine Aussage machen wirst und dein Recht auf Aussageverweigerung in Anspruch nimmst, desto schneller werden die Beamt_innen auch die Vernehmung beenden. Beachte, dass auch “ich weiß das nicht” eine Aussage ist. Auf jede noch so bescheuerte Frage, sollte daher “Ich verweigere die Aussage” geantwortet werden!
Siehe dazu als weitere Information auch ein youtube-Video der Roten Hilfe zur Aussageverweigerung
Aussageverweigerung als Zeug_in
Auch als Zeug_in kann mensch die Aussage verweigern! Die Situation ist jedoch wesentlich anders als bei Beschuldigten, da Zeug_innen rechtlich kein umfassendes Aussageverweigerungsrecht haben und rechtlich zur vollständigen und wahrheitsgemäßen Aussage verpflichtet sind. Um so mehr ist es wichtig, auch als Zeuge oder Zeugin über seine Rechte informiert zu sein:
- Ihr könnt nicht gleichzeitig Zeug_in und Beschuldigte_r sein. Entweder ihr werdet von Polizei, Staatsanwaltschaft oder Gericht als Beschuldigte vernommen, dann habt ihr ein umfassendes Aussageverweigerungsrecht oder ihr werdet als Zeug_innen vernommen.
- Als Zeug_innen habt ihr während der Vernehmung das Recht gemäß § 160 Abs 2 Strafprozessordnung eine Vertrauensperson oder eineN RechtsanwältIn mitzunehmen.
- Auch wenn ihr als Zeug_innen vernommen werdet, müsst ihr euch nie selber belasten!
- Zeug_innen haben ein Aussageverweigerungsrecht, wenn sie gegen Angehörige (Verwandte, Ehe) aussagen sollen (§ 156 Stafprozessordnung)
- Die “Aussagepflicht” für Zeug_innen bezieht sich nur auf Fragen zur Sache! Fragen, die mit der Sache (dem strafrechtlichem Vorwurf) nichts zu tun haben, müssen nicht beantwortet werden und können mit dem Hinweis darauf verweigert werden!
- Ebenso kann mensch auch die Beantwortung von Fragen über den höchstpersönlichen Lebensbereich verweigern ( § 158 Strafprozessordnung)
Diese Rechte können mensch helfen zum Teil die Aussage als Zeug_in zu verweigern.
Doch auch als Zeug_in kann eine umfassende Aussageverweigerung empfehlenswert sein. Denn nur eine Falschaussage ist strafbar – eine Aussageverweigerung als Zeug_in ist keine Straftat! Es besteht zwar laut Gesetz die Pflicht vollständig auszusagen, doch wer sich nicht daran hält, begeht keine Straftat.
Einzige Sanktion auf eine Aussageverweigerung sind Beugemittel gemäß § 93 Abs 2 und 4 Strafprozessordnung. Das sind Geld- oder Haftstrafen, die verhängt werden, damit mensch seiner rechtlichen Aussagepflicht nachkommt. Diese Beugemittel kann die Polizei jedoch nicht von sich aus verhängen. Sie benötigt dazu einen Antrag der Staatsanwaltschaft und eine Bewilligung durch das Gericht. Das heißt, dass bei einer Aussageverweigerung als Zeug_in derartige Beugemittel nicht sofort greifen können und die Polizei diese erst erwirken muss. Gegen eine Entscheidung über Beugemittel kann mensch auch ein Rechtsmittel ergreifen und so die Bestrafung durch Beugemittel bekämpfen und hinaus zögern. Außerdem können Beugemittel nicht mehr durchgesetzt werden, sobald du deiner Aussagepflicht als Zeug_in nachkommst. Solltest du daher zum Beispiel die Aussage als Zeug_in anfänglich verweigern und die Polizei erwirkt daraufhin Beugemittel, könntest du dich noch immer entscheiden eine Aussage zu machen und so den Beugemittel entgehen.
Dazu gibts sogar ein supertolles Lied: Anna und Arthur haltens Maul!
Originaltext: http://at.rechtsinfokollektiv.org/demonstration/demo-teilnahme/bei-der-demo-demo-teilnahme/aussageverweigerung/