Soledad Estorach - Unser Kampf
Wir kämpfen nicht nur für ökonomische Forderungen. Darum auch, aber um einiges mehr. In unserem Kampf stellen sich für die Menschheit übergreifende Probleme, Fortschritt oder Rückschritt, Diktatur oder Freiheit. Das eine bedeutet die Regelung des Gemeinschaftslebens durch ein System, das das Individuum zerstört und die freie Entfaltung der Menschheit verhindert. Durch das zweite soll der Individualismus überwunden werden, damit der Einzelne in der Gesellschaft die größtmögliche Leistung erbringen kann, sowohl auf ökonomischem Gebiet als auch in allen anderen Bereichen des menschlichen Lebens.
An diesem Kampf haben wir Frauen vom ersten Augenblick an mit Begeisterung teilgenommen. Sie hat sich noch durch unsere Fähigkeiten vergrößert, die wir im Laufe des Kampfes erworben haben. Am Anfang haben wir, von dem kollektiven Aufschwung mitgerissen, der keinen Unterschied zwischen den Geschlechtern machte, selbst unser Leben eingesetzt. Als neue Formen des Kampfes aufkamen, haben wir uns den Notwendigkeiten angepaßt und uns in die verschiedenen Produktionsstätten eingegliedert. Dabei haben wir uns zugleich auch nach unseren eigenen technischen Fähigkeiten gerichtet, um nützlicher sein zu können. So haben wir Schulen gefördert und gegründet, die der technischen, intellektuellen und sozialen Ausbildung der Frauen dienten.
Aber das allein genügte uns noch nicht. Wir wissen, daß von uns ein großer Teil der möglichen Ausbreitung des sozialen Fortschritts abhängt. Die Frau muß als Gefährtin des Mannes, Mutter der Kinder und als sich entwickelnde eigene Persönlichkeit, als Frau in entscheidender Weise zur Überwindung der Männerrolle beitragen.
Deshalb kämpfen die anarchistischen Frauen nicht nur für ökonomische Forderungen.
Aus: "Tierra y Libertad", 3. Dezember 1938
Originaltext: Mary Nash: Mujeres Libres. Die freien Frauen in Spanien 1936 - 1978. Karin Kramer Verlag, Berlin 1979. Digitalisiert von www.anarchismus.at mit freundlicher Genehmigung des Freundeskreis Karin Kramer Verlag. Das Copyright des Textes liegt weiterhin beim Karin Kramer Verlag, der Text darf ohne Rückfrage nicht weiter kopiert oder gedruckt werden. Im Karin Kramer Verlag sind zahlreiche Bücher zum Anarchismus erhältlich.