„Es ist eine Tatsache, dass Deutschland im Krieg ist. Heute ist Krieg wieder ein Strukturmerkmal, eine Option in der deutschen Außenpolitik. Die Art und Weise der militärischen Rüstung, der Bewaffnung von Soldatinnen und Soldaten, die Situation an der ‚Heimatfront‘, die mediale Berichterstattung vom Krieg – darüber muss erneut insbesondere unter internationalen und transnationalen Aspekten diskutiert werden.“ Mit diesen Sätzen beginnt Wolfram Beyer sein Schlusswort in dem neuen vom ihm verfassten Buch „Pazifismus und Antimilitarismus. Eine Einführung in die Ideengeschichte“. Er versucht darin, auf einfache Weise die Theoriegeschichte dieser Konzepte und verwandter Themen darzustellen.
Im Mittelpunkt des Buches stehen natürlich die Konzepte von Antimilitarismus und Pazifismus in ihrer geschichtlichen Herleitung wie ihren gegenwärtigen Ausprägungen. Dabei arbeitet der Autor heraus, was die Gemeinsamkeiten und die möglichen Unterschiede zwischen beiden sind, wobei weder Antimilitarismus noch Pazifismus selbst geschlossene Gedankengebäude sind, sondern als Oberbegriffe teils sehr unterschiedliche Ansätze vereinen. Der Ausgangspunkt des Antimilitarismus ist dabei die Kritik am Militarismus, er „wendet sich gegen militaristische Tendenzen innerhalb von Gesellschaft und Politik“ (S.16). Der Pazifismus hat seinen Ausgangspunkt in der Kritik an Krieg.
Beyer zitiert den britischen Historiker Geoffrey Ostergaard, der feststellte, dass „alle Pazifisten auch Antimilitaristen sind; jedoch sind nicht alle Antimilitaristen Pazifisten“ (S. 41). Anschließend an die Diskussion dieser beiden Begriffe befasst sich Wolfram Beyer mit einigen zentralen Themenkomplexen wie Gewaltfreiheit, Soziale Verteidigung und Friedensdienste, Ökonomie und Frieden, um nur einige zu nennen, die in Verbindung mit Pazifismus und Antimilitarismus stehen. Das Buch ist dabei keine wissenschaftlich-neutrale Abhandlung dieser Themen. Wolfram Beyer kommt aus der Tradition der War Resisters‘ International, ist bekennender Humanist und Atheist und steht dem gewaltfrei-anarchistischen Gedankengebäude, wie es in Deutschland derzeit vor allem durch das Umfeld der Graswurzelrevolution geprägt wird, nahe. Das wird deutlich, wenn er z.B. beim Thema Ziviler Ungehorsam die Konzeption kritisiert, dass zum Zivilen Ungehorsam gehöre, ihn nicht nur öffentlich zu praktizieren, sondern Leiden auf sich zu nehmen, um den Gegner zu überzeugen. Oder wenn er sich mit dem Thema Föderalismus und Frieden beschäftigt, die Frage von Gegenkulturen aufgreift oder die Ideologisierung von Religion kritisiert. Dabei schafft er aber zumeist den Spagat zwischen dem Anspruch, eine Einführung in die Thematik zu schreiben und seine eigene Position darzustellen.
Nicht jede Leserin oder jeder Leser, die/der sich mit der Materie auskennt, wird mit allem einverstanden sein, was Wolfram Beyer schreibt. Aber Meinung ist stets als Meinung gekennzeichnet und macht sich damit offen für Kritik. Diese kann im Übrigen auch direkt geäußert werden – der herausgebende Verlag bietet die Möglichkeit, online seine Publikationen zu kommentieren und im Downloadbereich des Verlages gibt es kostenlose Dokumente zum Buch, die auch ergänzt werden können (http://www.theorie.org).
Das Buch sei allen wärmstens empfohlen, die eine kurze Einführung in die genannten Thematiken suchen.
Beyer, Wolfram (2012) Pazifismus und Antimilitarismus. Eine Einführung in die Ideengeschichte. Reihe theorie.org, Stuttgart: Schmetterling Verlag, ISBN 3-89657-666-6, 237 S., 10 €
Von Christine Schweitzer, Redakteurin des Friedensforums