Patrik von zur Mühlen - Hitler kann in Spanien geschlagen werden! Die deutsche Linke im Spanischen Bürgerkrieg
Der Spanische Bürgerkrieg hat bis heute nichts von seiner Eindringlichkeit verloren, obwohl er durch die Schrecken des nachfolgenden Zweiten Weltkrieges, für den er nur ein Vorspiel war, überlagert wird. Und dies, obwohl mancher Mythos, der sich um ihn rankte, später als zeitgenössische oder nachträgliche Legendenbildung oder gar als Zweckpropaganda der einen oder anderen Seite entlarvt wurde. Das Engagement von Schriftstellern, Künstlern und Intellektuellen zugunsten der Spanischen Republik, die Teilnahme tausender Freiwilliger an ihrem Verteidigungskampf, die vergeblichen Hoffnungen, über dieses Engagement auch die Diktatur in der eigenen Heimat bekämpfen zu können - und dies alles vor dem Panorama eines für damalige Mitteleuropäer durch seine Exotik faszinierenden Landes -, hat ein Bild gezeichnet, das durch die mit ihm verbundenen menschlichen und politischen Tragödien auch heute noch die wenigstens Betrachter gleichgültig lässt.
Die politischen Hintergründe dieses Krieges können hier nur angedeutet werden, zumal auf sie an anderer Stelle eingegangen wird. Den Auslöser zum Bürgerkrieg lieferte der Putsch reaktionärer Offiziere unter Führung von General Franco gegen die legale Regierung der Spanischen Republik am 18. Juli 1936. Diese seit Februar 1936 amtierende Regierung war eine so genannte Volksfrontregierung, in der Sozialisten und linksbürgerliche Parteien unter parlamentarischer Duldung der daran nicht beteiligten, zu der Zeit noch bedeutungslosen Kommunisten eine Reformpolitik zu betreiben versuchten, um die zahllosen innenpolitischen Probleme und Konfliktfelder Spaniens ein wenig zu entschärfen. Dazu gehörten die vor allem für den Süden akute Agrarfrage, die soziale Frage der Arbeiterschaft in den Großstädten und schließlich das verfassungsrechtlich nicht befriedigend gelöste Problem der Autonomie von Katalanen, Basken und Galiciern. Diese Reformpolitik wurde von Kräften der Rechten auf vielfache Weise boykottiert und behindert. Aber auch die Linke war in sich zerstritten. Massenstreiks bestimmten den Alltag, Attentate und andere Gewaltakte nahmen die Grauen des späteren Bürgerkrieges vorweg. Verschiedene Parteien und Gewerkschaften und vor allem der einflussreiche anarchistische Gewerkschaftsbund Confederación Nacional del Trabajo (CNT) bestimmten eine politische Landschaft, in der nur schwer die Grundlagen einer konsensfähigen Politik gelegt werden konnten. (1)
Erfolgreich war der Putsch überwiegend im Norden und in Teilen Zentral- und Südspaniens. In Madrid selbst und in mediterranen Teilen Spaniens sowie eine Zeitlang im Baskenland hielten sich die loyalen republikanischen Kräfte. Dies lag aber in den meisten Fällen weniger an der Loyalität des jeweiligen örtlichen Garnisonskommandos als vielmehr daran, dass vor allem in den großen Städten spontan gebildete, mangelhaft bewaffnete und meistens überhaupt nicht ausgebildete Arbeitermilizen ohne jegliche Kampferfahrung die Garnisonen und Polizeistationen stürmten und Militär, Guardia Civil und Polizei entwaffneten. Als die Generäle putschten, hatten sie an einen kurzen, mehr oder minder unblutigen Staatsstreich gedacht, um dann unter einer Militärregierung das Rad der Geschichte zurückzudrehen. Was aber nun geschah, kam vollkommen unerwartet. In einigen Teilen des republikanischen Spaniens brach eine Revolution aus. Fabriken, Latifundien, Behörden wurden besetzt, Unternehmer, Grundherren, Behördenchefs wurden erschlagen, eingesperrt oder verjagt, sofern sie nicht rechtzeitig geflohen waren. Kirchen und Klöster wurden beschlagnahmt, teilweise zerstört oder zweckentfremdet, Priester, Mönche und Nonnen im günstigsten Falle vertrieben. In einigen Regionen errichteten vor allem Anarchisten auf enteigneten Ländereien und in kollektivierten Betrieben Kommunen oder Genossenschaften und versuchten, in Keimform eine Gesellschaft ohne Privateigentum, ohne Privilegien, ohne Zwang zu errichten. (2)
Im aufständischen Teil Spaniens, vor allem im Norden und Westen, etablierte sich unter Führung von Franco ein autoritäres, an den faschistischen Mächten Italien und Deutschland orientiertes Regime. Hitler und Mussolini waren es auch, die sofort zugunsten Francos in den Krieg eingriffen und ab Ende Juli 1936 teilweise versteckt, bald aber offen Truppen und Material nach Spanien schickten. Die deutsche Legion Condor trug wesentlich zur Luftüberlegenheit der Aufständischen bei, und das italienische Corpo Truppe Voluntarie (CTV), das Freiwilligen-Corps, verstärkte erheblich ihre Schlagkraft auf dem Lande. Zwar lassen sich Kontakte zwischen einigen Organisationen der spanischen Rechten zu Mussolini nachweisen, die allenfalls auf eine vage Mitwisserschaft hindeuten, aber sicher keine Mitwirkung Roms oder gar Berlins an den Vorbereitungen von Francos Putschplänen beweisen. Vielmehr nutzten beide Regime die Gelegenheit, in Spanien ein ihnen politisch und ideologisch nahe stehendes Regime zu unterstützen und damit die internationale Mächtekonstellation politisch und militärisch zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Überdies verfolgten sie auch ganz massive Wirtschaftsinteressen in Spanien.
Von Großbritannien im Stich gelassen, von Frankreich nur unzureichend unterstützt, erhielt die republikanische Seite bald nur noch von der Sowjetunion und in geringem Umfang von Mexiko Hilfe. Der Spanische Bürgerkrieg nahm in kurzer Zeit den Charakter eines Stellvertreterkrieges an, der in gewisser Weise die Fronten des Zweiten Weltkrieges, aber auch sein unermessliches Leid und Elend vorwegnahm.
Diese Tatsache macht es verständlich, warum die Vorgänge in Spanien die Deutschen damals in so besonderem Maße berührten. Denn den Riss durch ein ganzes Volk gab es auch in Deutschland. Die Republik, die schon in den letzten Jahren der Weimarer Zeit keine funktionsfähige Demokratie mehr gewesen war, hatte spätestens mit Hitlers Machtübernahme aufgehört zu bestehen. Millionen Gegner des neuen Regimes wurden im günstigsten Fall zum Schweigen gebracht, in Tausenden Fällen aber in den Untergrund gedrängt, brutal verfolgt und vielfach ins Exil getrieben. Noch im Jahre 1933 flüchtete ein großer Teil der Führungseliten der linken und demokratischen Parteien, der Gewerkschaften und politischen Gruppierungen sowie vor allem Intellektuelle, Wissenschaftler und Künstler, recht bald gefolgt von der jüdischen Massenemigration, eine Fluchtbewegung, die bis 1941 etwa eine halbe Million ergreifen sollte. Frankreich, die Tschechoslowakei und die Niederlande waren die ersten Exilländer, in denen sich größere Zahlen von Exilanten niederließen.
Nach Spanien gingen zunächst nur wenige. Das Land lag für damalige Verhältnisse zu fern und war vor dem Bürgerkrieg wegen seiner politischen Instabilität und wirtschaftlichen Rückständigkeit auch kein bevorzugtes Exilland. Es waren nur einige hundert Personen, die sich größtenteils in Barcelona, teilweise auf den Balearen und in geringerer Zahl auch in Madrid niederließen. In ihrer Zusammensetzung bildeten diese Flüchtlinge keine homogene Gruppe. Deutsche Anarchosyndikalisten konzentrierten sich meistens auf Barcelona, wo die anarchistische Gewerkschaft CNT ihren Sitz hatte und ihnen oftmals Arbeit vermittelte. Die Existenz einer KPD-Zelle in Madrid deutet auf die Präsenz einer kleinen Gruppe deutscher Kommunisten in der Hauptstadt. Auf den Balearen, vor allem auf Mallorca, gab es kleinere Kolonien von exilierten Schriftstellern und Künstlern und auf den Kanaren vereinzelte Gruppen aus einem heute wohl als alternativ bezeichneten Milieu.
Spanien war für sie alle insofern als Exilland attraktiv, als man relativ leicht eine Aufenthaltserlaubnis erhielt und überdies keine Arbeitserlaubnis brauchte - ein unschätzbarer Vorzug, den das Land gegenüber allen anderen Exilländern hatte. Überdies waren die Lebenshaltungskosten niedrig, so dass Spanien innerhalb der deutschen Emigration als eine Art Geheimtipp gehandelt wurde. (3)
Nach dem Sieg der Volksfront im Februar 1936 gewann das Land in der internationalen linken Öffentlichkeit und besonders in deutschen politischen Exilkreisen an Ansehen. Barcelona war es denn auch, das als Austragungsort für die Arbeiterolympiade als Gegenveranstaltung zu den Olympischen Spielen in Berlin ausersehen war. Tausende meist kommunistische, weniger sozialistische oder sozialdemokratische Arbeitersportler strömten im Juli 1936 aus vielen Ländern nach Barcelona, auch Deutsche, teilweise aus dem Exil, aber auch - durchweg illegal - aus Deutschland selbst, um an dem Sportfest teilzunehmen. Dieses fand allerdings niemals statt, denn unmittelbar vor seiner Eröffnung putschten die Generäle. Der Bürgerkrieg begann.
Die in Spanien lebenden deutschen Exilanten und die internationalen - unter ihnen auch deutschen - Arbeitersportler wurden also Augenzeugen des Staatsstreiches und der anschließend ausbrechenden Straßenkämpfe in den Städten. Viele von ihnen reihten sich ein in die spontan gebildeten anarchistischen, kommunistischen, sozialistischen und gewerkschaftlichen Milizen, die in den ersten Wochen den Widerstand gegen das spanische Militär trugen. Zudem löste die Niederschlagung des Putsches in weiten Teilen des Landes in der internationalen Öffentlichkeit eine Welle der Solidarität aus. Aus vielen Ländern strömten Freiwillige nach Spanien, um gleichfalls in den Milizen mitzukämpfen oder um Zeugen eines erfolgreichen antifaschistischen Widerstandes und einer, wie viele meinten, befreienden sozialen Revolution zu sein.
Wenn wir diese enthusiastische Reaktion einer linken Weltöffentlichkeit und insbesondere der deutschen Emigranten auf die spanischen Ereignisse verstehen wollen, dann müssen wir uns das bisherige politische Szenario in Europa vor Augen halten. In zahlreichen Staaten Europas - Ungarn, Italien, Polen, Portugal, Deutschland und Österreich - hatten sich rechte Diktaturen etabliert, ohne auf großen Widerstand zu stoßen. Seit Jahren hatte man nur von den Niederlagen der Demokratie gehört. In Spanien aber als einzigem Land hatten schlecht bewaffnete Volksmassen den Staatsstreich einer hoch gerüsteten Armee in weiten Teilen des Landes zurückgeschlagen. Spanien wurde für viele Antifaschisten zum Fanal euphorischer Hoffnungen, zumal für Deutsche, in deren Heimat inzwischen die Nationalsozialisten an der Macht waren. Schriftsteller im Exil wie Thomas und Heinrich Mann riefen zur Unterstützung der Spanischen Republik auf, und die Vorstände deutscher Parteien und politischer Gruppen, die ins Exil gegangen waren, erklärten den Kampf gegen Franco zum Stellvertreterkrieg gegen Hitler. "Vor Madrid können Hitler und Mussolini geschlagen werden", lautete eine vielfach wiederholte Parole.
Allerdings übersahen viele Anhänger der Spanischen Republik in einem linken und revolutionären Romantizismus die Schattenseiten des Aufbruchs, die Gewalttaten, die von beiden Seiten - auch den antifaschistischen Kräften - an ihren wirklichen oder vermeintlichen Gegnern begangen wurden. Sie waren blind für die schweren internen Gegensätze innerhalb des antifaschistischen Lagers, die recht bald ausbrachen und die Republik während des ganzen Krieges aufs schwerste belasten sollten.
Der Charakter des Spanienkrieges war damals innerhalb der Republik umstritten. Weite Teile sowohl der republikanischen spanischen Öffentlichkeit als auch der antifaschistischen Weltöffentlichkeit sahen in ihm das, was das zeitgenössische Drama des spanischen Dichters Rafael Alberti "Una noche de guerra en el Museo del Prado" (Eine Kriegsnacht im Prado-Museum) auf gespenstische Weise bildhaft machte: Die Mitarbeiter der berühmten Madrider Gemäldegalerie nehmen zu nächtlicher Stunde die Gemälde der großen Meister von den Wänden, um sie vor den Luftangriffen der Franco-Truppen in Sicherheit zu bringen. Als sie in die Halle mit Goyas Darstellungen des Aufstandes der Spanier gegen die napoleonische Besetzung ihres Landes angelangt sind, treten plötzlich die abgebildeten Figuren als lebende Personen aus den Leinwänden heraus und beginnen mit den Arbeitern ein Gespräch, in dessen Verlauf sie die Ähnlichkeit der politischen Situationen von 1808 und 1936 feststellen. Was Alberti in dichterischer Vision andeutete, war die Annahme, dass der Spanienkrieg von Hitler und Mussolini angezettelt worden sei, um hier auf breiter Front eine globale faschistische Gegen-Revolution einzuleiten. Man verglich Franco mit Joseph Bonaparte und Hitler und Mussolini mit Napoleon, der bekanntlich 1807 in Spanien einmarschiert war, um dort seinen Bruder Joseph als willfährige Marionette einzusetzen.
Es versteht sich, dass die Rechte in Spanien hier ein vollkommen anderes Bild vertrat. Sie betrachtete den Krieg ausschließlich als spanisches Problem, als Notwehr gegen ein ausbrechendes Chaos oder als Kreuzzug gegen die "rote Gefahr" und beschwor Bilder der Reconquista. (4) Aber aus dem in der linken und auch liberalen demokratischen Weltöffentlichkeit verbreiteten Bild vom Interventionskrieg, das selbst nur wenige Kontroversen auslöste, wurden unterschiedliche, heftig umstrittene Schlussfolgerungen abgeleitet. Während Anarchisten und linksrevolutionäre Kräfte meinten, dass der Krieg zwar von außen ausgelöst worden sei, aber mit der Abwehr des Putsches sich in eine gewaltsame revolutionäre Veränderung der Gesellschaft verwandelt habe, leugneten Kommunisten eine solche Situation und proklamierten den "nationalrevolutionären Krieg", d.h. die Abwehr der auswärtigen Intervention und die gleichzeitige Umwandlung des rückständigen, feudal und klerikal geprägten Landes in einen modernen Staat, gewissermaßen eine verspätete Kopie der bürgerlichen Revolution von 1789 in Frankreich. Dies entsprach auch den eindringlichen - und das heißt verbindlichen - "Ratschlägen" der Komintern an die spanischen Genossen. (5) Die entgegen gesetzten Alternativen lauteten also "bürgerliche Republik oder Revolution", und auch über die zukünftige Republik, die man nach der Niederwerfung Francos errichten wollte, bestanden unterschiedliche Vorstellungen. Kleine bürgerliche Parteien beispielsweise, die es in der Republik gab, propagierten ein gemäßigtes Reformprogramm, während die eher konservativ-liberalen baskischen und katalanischen Nationalisten sich für ihre kulturelle Autonomie in einem föderativ strukturierten Spanien einsetzten.
Erst das Ende der Sowjetunion 1991 und das weitgehende Verschwinden kommunistischer Parteien aus dem Parteienspektrum in Spanien und Europa hat diese Kontroverse entschärft. Heute können wir mit einer Distanz von 70 Jahren den Spanienkrieg ohne ideologische Grabenkämpfe interpretieren. Es handelte sich sowohl um einen innerspanischen Bürgerkrieg als auch um einen internationalen Konflikt - spätestens seit dem massiven Eingreifen Deutschlands und Italiens zugunsten Francos und der Sowjetunion zugunsten der Republik. Der Spanienkrieg enthielt auf regionaler Ebene durchaus Elemente einer proletarischen Revolution und eines gewaltsam ausgetragenen Klassenkampfes, er war zugleich Kreuzzug und Glaubenskrieg, aber auch ein internationaler Konflikt, in dem die Fronten des Zweiten Weltkrieges teilweise vorweggenommen wurden. Er war somit ein Stellvertreterkrieg und das Vorspiel zu der noch größeren Katastrophe von 1939 bis 1945.
Die Unterschiede in der Interpretation des Spanienkrieges ergeben sich aus der einseitigen Betonung eines Aspektes bei gleichzeitiger Vernachlässigung der anderen. Und der schwere Konflikt, der Spanien verwüstete, war selbstverständlich auch ein Bürgerkrieg, also nicht nur eine Aggression reaktionärer Militärs gegen die Volksmassen, sondern ein Krieg zwischen Bevölkerungsteilen des spanischen Volkes. Denn auch die Kräfte, auf die Franco sich stützte, hatten in bestimmten Gebieten Spaniens eine gewisse Massenbasis, so in Navarra oder in Altkastilien - eine unangenehme Erkenntnis, die auf der linken Seite vielfach nicht akzeptiert wurde.
Diese zum Teil schwierigen und problematischen Deutungen waren den meisten Ausländern und zumal Deutschen, die sich für die Sache der Republik oder der Revolution begeisterten, ziemlich fern. Ihr Informationsstand war infolge der chaotischen, fast täglich wechselnden politischen Konstellationen ohnehin ein höchst lückenhafter, zumal die wenigsten über ausreichende Sprachkenntnisse verfügt haben dürften, um Meldungen, Gerüchte und Propaganda in vollem Umfang verstehen und deuten zu können. Für sie stand der Kampf gegen Franco, in ihren Augen eine Marionette Hitlers, an erster Stelle. Dieses Bild verfestigte sich, als im Spätsommer Nachrichten vom Einsatz der deutschen Legion Condor auf Seiten Francos durchsickerten und bald zur Gewissheit wurden.
Bereits am 18. Juli 1936, einen Tag nach dem Putsch, organisierten sich einige Dutzend deutscher Anarchosyndikalisten in der "Gruppe Erich Mühsam" und zogen mit den Milizen ihrer spanischen Gesinnungsfreunde in den Kampf. Eine jüdisch-kommunistische "Thälmann- Gruppe" beteiligte sich an den Kämpfen in Barcelona. (6) Etwa zwei Wochen nach Beginn der Kämpfe strömten deutsche Emigranten aus Frankreich, überwiegend Kommunisten, nach Spanien und bildeten die "Centuria Thälmann". Anhänger der von der deutschen Sozialdemokratie nach links abgespaltenen Sozialistischen Arbeiterpartei (SAP), der damals Willy Brandt angehörte, und der dissidenten Kommunistischen Partei Opposition (KPO) bildeten eine kleine Einheit in der von der spanischen Linkspartei Partido Obrero de Unificación Marxista (POUM) aufgestellten "Columna Lenin". Viele dieser Freiwilligen fielen bereits in den ersten Tagen während der Straßenkämpfe oder an der Aragonfront.
Die Deutschen, die auf Seiten der Antifaschisten kämpften oder sich mit ihnen solidarisierten, übernahmen gewöhnlich die Interpretationen der politischen Ereignisse von der spanischen Partei oder Organisation, der sie ideologisch nahe standen. Die Mitglieder und Sympathisanten von SAP und KPO arbeiteten in der Zentrale des POUM, einer linkssozialistischen bzw. dissidenten kommunistischen Partei, die von den Moskau-hörigen Kommunisten aus denunziatorischen Gründen stets als "trotzkistisch" diffamiert wurde, oder sie kämpften in den POUM-Milizen. In seiner Interpretation des Krieges darin den Anarchosyndikalisten nahe stehend, glaubte der POUM, dass die Niederschlagung des Putsches in Teilen Spaniens eine proletarische Revolution ausgelöst habe, die nach dem Vorbild Russlands nach 1917 durch den Bürgerkrieg ausgebreitet werden sollte. In der konkreten innenpolitischen Konsequenz bedeutete dies, dass der POUM die Volksfrontpolitik der Kommunisten, also das Bündnis mit Sozialisten und linksbürgerlichen Kräften, strikt ablehnte.
Auch die deutschen Sympathisanten des POUM, die sich als Vertreter ihrer Parteien in Barcelona aufhielten, übernahmen diese Sichtweise. Das kleine Häuflein deutscher KPO-Mitglieder verglich das Verhältnis zwischen POUM und Kommunisten mit dem zwischen Bolschewiki und Menschewiki. Die offiziellen spanischen Kommunisten hätten die Revolution verraten. Allerdings warfen sie ihrer spanischen Schwesterpartei vor, nicht das Ende der spanischen Kolonialherrschaft in Marokko gefordert und nicht die Diktatur des Proletariats als notwendiges Instrument einer revolutionären Veränderung proklamiert zu haben.
Kritischer standen die SAP-Mitglieder zu ihren spanischen Partnern. So erkannte der offizielle SAP-Vertreter beim POUM, Max Diamant, durchaus die problematischen Konsequenzen einer solchen Haltung. Ein revolutionärer Kurs würde die republikanischen, aber nicht-revolutionären Kräfte entweder auf die Seite Francos drängen oder müsste sie unterdrücken, was einen Bürgerkrieg innerhalb der Republik auslösen und damit gleichfalls Franco in die Hände arbeiten würde. Auch Willy Brandt, der sich zwischen Februar und Juni 1937 als SAP-Funktionär in Spanien aufhielt, kritisierte die Haltung des POUM und hielt dessen Position entgegen, dass der Bürgerkrieg zwar in weiten Teilen des Landes eine soziale Revolution entfesselt habe, jedoch längst seinen Charakter verändert und sich in einen Interventions- bzw. Unabhängigkeitskrieg verwandelt habe. Es musste bei dieser unterschiedlichen Position zum Bruch kommen. Der SAP-Vorstand in London verurteilte den POUM als "ultralinks und sektiererisch". Einige SAP-Mitglieder trennten sich wiederum von ihrer Partei, um dem POUM die Treue zu halten. Sie gründeten die Gruppe "Neuer Weg", die jedoch ebenso wie der POUM selbst im Frühjahr 1937 verboten wurde.
Spanien war in den ersten Wochen und Monaten des Bürgerkrieges auch für eine andere politische Richtung ein leuchtendes Vorbild: die Anarchosyndikalisten. Ihre größte Gruppe in Deutschland, die Freie Arbeiterunion Deutschlands (FAUD), hatte bis zu ihrer Zerschlagung durch das Nazi-Regime etwa 3000 Mitglieder gehabt, die mächtige Gewerkschaftsorganisation CNT dagegen über eine Million. In keinem Land der Welt stellte der Anarchismus eine so starke und einflussreiche Kraft dar wie in Spanien, das daher in den ersten Monaten des Bürgerkrieges zum "Mekka" des internationalen Anarchismus werden sollte. Das Urteil der deutschen Anarchosyndikalisten in Spanien, die in den ersten Wochen den Bürgerkrieg als Augenzeugen erleben durften, schwankte daher zwischen erstaunter Faszination und euphorischer Begeisterung über ein Volk, dessen Spontaneität so viele revolutionäre Energien hervorbringen konnte. Zwischen 100 und 200 Deutsche meldeten sich zu den anarchistischen Milizen. Die anarchistischen Theoretiker glaubten, den Atem der Geschichte zu spüren - wären sie nicht überzeugte Atheisten gewesen, hätte man sagen können: den Mantel Gottes.
Spanien war für sie der Funke, der einen revolutionären Weltenbrand entzünden sollte, um aus der Asche den Phönix einer neuen Welt erstehen zu lassen - ohne Unterdrückung, Herrschaft und Ungleichheit. Mit der gleichen utopischen Begeisterung beurteilten sie die sozialen Projekte, die die Anarchisten in einigen "befreiten Gebieten" verwirklichten: landwirtschaftliche Genossenschaften und kommunale Produktionsgemeinschaften mit verschiedenen Modellen von Selbstverwaltung und Mitbestimmung. Nach Ansicht der deutschen und anderen ausländischen Gesinnungsgenossen waren die Spanier dazu berufen, politisches und soziales Neuland zu entdecken.
Die Ernüchterung erfolgte erst nach einigen Monaten. Wegen ihrer grundsätzlichen Ablehnung aller staatlichen Strukturen, aber mit Blick auf die kriegsbedingte Notwendigkeit beteiligten sich die Anarchisten mit Widerwillen an der Regierung der spanischen Republik und an der katalanischen Regionalregierung und wurden dort mit Problemen konfrontiert, die man nicht mit revolutionärer Begeisterung, sondern nur mit einer guten Verwaltung lösen kann. Dabei gerieten sie in so manches Dilemma. Der deutsche anarchistische Intellektuelle Helmut Rüdiger brachte dies auf den Punkt: Was machen die Anarchisten mit der Macht, die sie einerseits abschaffen wollen, andererseits aber zur Durchsetzung ihrer Ziele benötigen? Was sollte mit Arbeitern geschehen, die nicht hundertprozentig hinter der CNT standen, die die CNT aber auch nicht unterdrücken wollte, um keine diktatorische Partei zu werden. Rüdiger zog daraus den ernüchternden Schluss: "Der Anarchismus hat etwas Neues gelernt. Er hat gelernt, dass es eine organisierte öffentliche Macht geben muss, die über Mittel verfügt, sich durchzusetzen, wenn es sein muss". (7)
Mit den wachsenden Schwierigkeiten ihrer spanischen Genossen stieg auch die Skepsis der deutschen Anarchisten gegenüber der CNT. Was ihnen vorher als Spontaneität erschien, war nun blinder und unreflektierter Aktionismus, was vorher als kühne Utopie erschien, entpuppte sich als pure Weltfremdheit. Vor allem warfen sie ihren spanischen Freunden nationale Egozentrik vor, also die Weigerung, aus Ratschlägen und Erfahrungen ihrer ausländischen Genossen zu lernen. Bevor es zum Bruch kam, setzte im Frühjahr 1937 eine kommunistische Verfolgungswelle ein, der sowohl die SAP- und KPO-Mitglieder als auch die deutschen Anarchosyndikalisten zum Opfer fielen. Auf diese innenpolitische Entwicklung wird noch näher einzugehen sein.
Das Verhältnis der deutschen Sozialdemokratie, deren Vorstand bis 1938 seinen Sitz in Prag im tschechoslowakischen Exil hatte, war zum Spanienkrieg und auch zur spanischen Schwesterpartei Partido Socialista Obrero Español (PSOE) eher von Desinteresse und Ignoranz geprägt. Zwar gab es einzelne deutsche Soziademokraten, die aus eigenem Entschluss nach Spanien gingen, als Funktionäre in der Schwesterpartei PSOE tätig wurden oder sich dem bewaffneten Kampf zur Verteidigung der Republik anschlossen. Aber der Partei Vorstand begriff weder die inneren Probleme Spaniens noch würdigte er die internationale Bedeutung des Konflikts. Zwar nahm der Parteivorstand Stellung gegen die Intervention Hitlers in Spanien und protestierte gegen die Zerstörung von Guernica und Almeria durch deutsche Bomben. Aber anders als die italienischen Genossen richtete die Partei kein Verbindungsbüro bei ihrer Schwesterpartei ein, und in ihren öffentlichen Verlautbarungen nahm Spanien eine untergeordnete Stellung ein. Einer der Gründe lag vermutlich darin, dass die Situation in Spanien zu unübersichtlich und unverständlich war, um sich dort zu engagieren. Dazu gehörte auch die Tatsache, dass der linke Flügel der spanischen Sozialisten, dem auch der Ministerpräsident Francisco Largo Caballero angehörte, in manchen Fragen mit den Anarchisten und dem POUM übereinstimmte und damit für die deutschen Sozialdemokraten zu radikal war, und der rechte gemäßigte Flügel der Sozialisten zu eng mit den Kommunisten zusammenarbeitete. Das Verhältnis zwischen SPD und PSOE wurde daher geprägt von Missverständnissen. Einzelne Vertreter der deutschen Sozialdemokratie, die sich mit dem PSOE oder einem bestimmten Flügel solidarisierten, handelten nicht im Sinne der Partei und in der Regel gegen das Votum des Parteivorstandes. (8)
Bleiben von den für den spanischen Bürgerkrieg wichtigen Parteien noch die Kommunisten: Nur ist es schwierig, hier unter den deutschen Kommunisten eine eigenständige Position zu erkennen, da sie ihr politisches Spanienbild, ihre Informationen und die Vorgaben für ihre Entscheidungen im Wesentlichen aus Moskau erhielten - wie alle anderen Kommunisten auch. Ihr Bild von den Wurzeln und Hintergründen entsprach dem bereits geschilderten Denkmuster, das auch ihre spanischen Genossen propagierten: Der Krieg war gleichsam eine bürgerliche Revolution gegen spätabsolutistische, feudale und klerikale Strukturen und gleichzeitig ein nationaler Unabhängigkeitskrieg gegen die Mächte Deutschland und Italien, die durch ihre Intervention eben diese Entwicklung verhindern wollten. Die revolutionären Aktivitäten von Anarchisten, POUM und teilweise auch linken Sozialisten galten demnach als reines aktionistisches Abenteurertum. Eindringlich wurden die spanischen Kommunisten von Seiten der Komintern gemahnt, "nicht danach [zu] streben, die Diktatur des Proletariats zu errichten. Dies wäre ein verhängnisvoller Fehler. [...] agiert unter der Flagge der Verteidigung der Republik, weicht nicht ab von der Position des demokratischen Regimes in Spanien [...]". (9)
Diese Deutung der spanischen Verhältnisse durch die Komintern und durch die Kommunistischen Parteien entsprach nicht nur einer bestimmten ideologischen Analyse (10), sondern hatte ihren Ursprung auch in sehr konkreten Interessen. Der Partido Comunista Español (PCE) und seine katalanische Schwesterpartei PSUC waren noch wenige Monate vor Beginn des Bürgerkrieges relativ klein und unbedeutend gewesen und waren erst nach Kriegsbeginn stärker ins Zentrum der Macht gerückt, nicht zuletzt durch die Hilfe der Komintern und der Sowjetunion für die Republik. Beide aber standen aus verschiedenen außenpolitischen Gründen der revolutionären Entwicklung skeptisch gegenüber.
Hinzu kam ein taktischer Gesichtspunkt. Aufgrund ihres avantgardistischen Selbstverständnisses und ihres Führungsanspruches innerhalb der Arbeiterbewegung konnten die Kommunisten die zu Beginn des Bürgerkrieges in Teilen des Landes einsetzenden sozialen Umwälzungen allein deswegen nicht als proletarische Revolution anerkennen, weil sie nicht von ihnen gemacht und geführt wurden. Außerdem erkannten sie rasch die kriegsbedingte Situation der Republik, die einer revolutionären Entwicklung eher entgegenstand. Man kann nicht mit begeisterten Milizen einen monate- oder jahrelangen Dauereinsatz gegen eine organisierte und hoch gerüstete reguläre Armee führen. Man kann nicht die Kriegsproduktion auf gleichem Niveau halten oder sogar steigern, wenn man gleichzeitig mit genossenschaftlichen oder gemeinwirtschaftlichen Modellen experimentiert, jedenfalls nicht in der Industrie. Vor allem: Man kann keine Revolution durchführen, die zwar von einem aktiven, aber zahlenmäßig doch nur begrenzten Teil der Bevölkerung getragen wird.
Die Folge war, dass die spanischen und katalanischen Kommunisten ungeachtet einer pseudorevolutionären Phraseologie und Propaganda eine bewusst nicht-revolutionäre Politik trieben. Dort, wo sie die Macht hatten, gaben sie die kleineren und mittleren enteigneten und kollektivierten Betriebe ihren früheren Eigentümern zurück, stellten sich teilweise schützend vor die Kirchen und setzten sich engagiert für eine reguläre Armee anstelle der in ihrer Schlagkraft nachlassenden freiwilligen Milizen ein. Der große Zulauf zu der sich als gemäßigt gerierenden Kommunistischen Partei, die innerhalb weniger Monate ihren Mitgliederstamm verzehnfachen konnte, kam zu einem großen Teil aus dem Kleinbürgertum, das sich vor einer anarchistisch geführten sozialen Revolution fürchtete. Nicht als revolutionäre Macht, sondern als Ordnungsmacht wurden die Kommunisten mit sowjetischer und internationaler Hilfe nach und nach zur stärksten Kraft in der Republik.
Die deutschen und internationalen Freiwilligen, die sich im Sommer 1936 in die Milizen einreihten, durchschauten den Wandel dieser politischen Konstellationen wahrscheinlich nicht. Ihre fehlenden oder mangelhaften Sprach- und Landeskenntnisse und ihre Einbindung in jeweilige ideologische Weltbilder sowie der durch Kriegspropaganda und Zensur geprägte Informationsfluss dürften sie kaum zu differenzierter Analyse befähigt haben. Erst seit dem Winter 1936/37 und erst recht seit dem Frühjahr 1937 dürften auch aufmerksame ausländische Freiwillige einen gewissen Wandel in der Innenpolitik der Spanischen Republik gespürt haben. Aber damit greift die Darstellung der Entwicklung voraus.
Kehren wir zunächst zurück zum Einsatz internationaler und deutscher Freiwilliger, die unmittelbar nach Beginn des Bürgerkrieges in den Reihen der verschiedenen Milizen kämpften. Im Herbst 1936 folgte eine zweite - zahlenmäßig weitaus größere - Welle von Freiwilligen, die nach Spanien strömten. Den Hintergrund bildete der Beschluss der Sowjetunion, sich - zunächst verdeckt, dann aber offen - in den Spanienkrieg einzumischen. Mit Hilfe der Komintern und der jeweiligen nationalen Kommunistischen Parteien sowie Organisationen in den einzelnen Ländern wurde eine massive Propaganda für den freiwilligen Einsatz in Spanien entfacht. Während die kleinen internationalen Einheiten sich in den ersten Tagen und Wochen des Bürgerkrieges meist spontan gebildet hatten, wurde hier in europaweitem Maßstab Werbung gemacht und ein umfassender Apparat zur Rekrutierung eingesetzt. Noch im Juli/August 1936 gründeten Vertreter der Komintern und der (kommunistischen) Roten Gewerkschafts-Internationale in Prag einen Spanien-Hilfsfonds, gleichzeitig wurde der Beschluss gefasst, ein Internationales Freiwilligen-Korps von zunächst 5000 Mann aufzustellen. Wenige Tage später wurde unter der Schirmherrschaft der Internationalen Roten Hilfe in Paris ein Spanien-Hilfskomitee gebildet, das in zahlreichen Ländern Europas Ableger bildete.
Stalin selbst stand der Entsendung von kommunistisch geführten Freiwilligen-Korps zunächst skeptisch gegenüber, wurde jedoch nach und nach vom französischen KP-Vorsitzenden Maurice Thorez und dem Komintern-Generalsekretär Georgi Dimitrow von den Vorteilen eines solchen Engagements überzeugt. (11) Die Sowjetunion brauchte sich nicht durch Entsendung eigener Truppen international zu exponieren und dadurch diplomatische Verwicklungen zu riskieren. Die geplanten Einheiten sollten formell überparteilich sein, de facto aber kommunistisch geführt werden, was den Avantgarde-Anspruch der Kommunisten unterstrichen hätte. Und das propagandistische und materielle Engagement zugunsten der Spanischen Republik sollte innerhalb einer linken Weltöffentlichkeit das Prestige der Kommunisten, das nach vielen Kurswechseln und Fehlgriffen der letzten Jahre spürbar gelitten hatte, erhöhen. Und für Stalin kam noch ein weiteres Kalkül hinzu. Mit der Aufstellung Internationaler Einheiten konnte er auch einen Großteil deutscher, österreichischer und anderer kommunistischer Emigranten, die in der Sowjetunion Asyl gefunden hatten, loswerden, da er sie als Unsicherheitsfaktor betrachtete und er sie nicht zu Zeugen der gerade angelaufenen blutigen Säuberungen machen wollte.
Auch die Spitze der Spanischen Republik - sowohl der Staatspräsident als auch der Ministerpräsident - zögerten zunächst, in größerem Maßstab fremde Verbände auf ihrem Territorium operieren zu lassen, während gleichzeitig andere spanische Dienststellen sich bereits um fremde Hilfe bemühten. Jedenfalls versuchten sie nicht, die eingeschlagene Entwicklung zu behindern. Da die Sowjetunion neben Mexiko als einziges Land ab Oktober 1936 Waffen lieferte, hätte sich eine ablehnende Haltung möglicherweise verhängnisvoll ausgewirkt. Als die Regierung am 22. Oktober formell der Aufstellung bzw. Entsendung Internationaler Brigaden zustimmte, befanden sich diese bereits seit August 1936 in vollem Aufbau. In Albacete, südöstlich von Madrid, wurden die Zentrale und im weiteren Umkreis Ausbildungslager und Quartiere eingerichtet. Am 13. Oktober kam eine erste Einheit aus Richtung Frankreich in Spanien an. Da zu dieser Zeit die Franco-Truppen zur Belagerung der Hauptstadt ansetzten, wurden drei Wochen später die ersten Truppenteile der Internationalen Brigaden nach Madrid geschickt. (12)
Aus den ersten etwa 4000 Freiwilligen wurden noch im Oktober 1936 vier weitgehend nach Nationalitäten und Sprachgruppen gegliederte Bataillone zusammengestellt, die gewöhnlich nach politischen Vorbildern oder Symbolfiguren benannt wurden. Das Bataillon "Edgar André", benannt nach einem in Deutschland hingerichteten Widerstandskämpfer, bestand im Wesentlichen aus Deutschen, Österreichern, Niederländern, Flamen und Skandinaviern. Andere Bataillone bestanden aus Franzosen und Wallonen bzw. aus Italienern und Italo-Schweizern und eines aus Polen, Tschechoslowaken, Jugoslawen und Angehörigen anderer slawischer und ostmitteleuropäischer Nationalitäten. Aus diesen vier Bataillonen wurde die so genannte XI. Brigade gebildet, der bald weitere vier folgten. Im Laufe mehrerer Reorganisationen wurden die deutschsprachigen sowie sprachverwandten Freiwilligen weitgehend in der XI. Brigade zusammengefasst, auch die anderen Brigaden vereinigten nach Möglichkeit sprachgleiche oder -verwandte Freiwillige, allerdings war keiner dieser Verbände völlig homogen; in allen gab es kleinere Einheiten, die einer anderen Sprachgruppe angehörten oder die bunt zusammengewürfelt waren.
Daneben wurden noch brigadas mixtas, "gemischte Brigaden", aufgestellt, die von Anfang an aus Spaniern und Ausländern bestanden. Infolge schwerer Verluste an der Front und des ab 1937/38 nachlassenden Zustroms von Freiwilligen wurden aber auch die "klassischen" Einheiten der Internationalen Brigaden im Laufe des Bürgerkrieges in zunehmendem Maße mit Spaniern aufgefüllt, sodass die Internationalen Brigaden gegen Ende des Bürgerkrieges etwa zu 60 Prozent aus Spaniern bestanden. Außerdem befanden sich aus Freiwilligen zusammengestellte Bataillone in Einheiten der regulären republikanischen Armee. Dazu gab es noch international zusammengesetzte Partisanenverbände hinter der Front sowie Spezialeinheiten im Bereich des Sanitätswesens und der Kriegsindustrie. Zahlreiche Ausländer dienten auch als Soldaten oder Offiziere im regulären spanischen Heer.
Der zahlenmäßige Umfang der Internationalen Brigaden ist seit dem Spanienkrieg umstritten, wobei die Schätzungen stark mit dem politischen Standort korrelieren. Die Propaganda der Franco-Seite sprach von "100.000 internationalen Bolschewisten", die kommunistische Geschichtsschreibung schraubte diese Zahl auf insgesamt 12.000 herunter, während die politisch weniger ausgerichteten Forschungen von etwa 40.000 bis 45.000 internationalen Freiwilligen ausgehen, wobei die maximale Ist-Stärke bei starker Fluktuation zu keinem Zeitpunkt über 15.000 gelegen haben dürfte.
Einigkeit bestand darin, dass die Franzosen den bei weitem größten Anteil stellten, wobei ihnen gewöhnlich auch in Frankreich lebende Ausländer - vor allem Polen - zugerechnet wurden. Starke Kontingente stellten Italiener und Polen. Der Anteil der Deutschen war für die Geschichtsforschung lange Zeit eine ungelöste Frage. Die lange angenommene Zahl von etwa 5000 Deutschen und 2000 Österreichern muss aufgrund der jetzt zugänglichen Archive der ehemaligen DDR deutlich nach unten korrigiert werden. Heute wird man weniger als 3000 Deutsche und etwas weniger als 900 Österreicher annehmen dürfen.
Soweit sie politisch gebunden oder organisiert waren, stellten Kommunisten eine deutliche Mehrheit, die je nach Zuschnitt des untersuchten Bereichs zwischen 60 und 80 Prozent lag; weniger als 15 Prozent waren Sozialdemokraten, andere gehörten sonstigen Parteien und Gruppierungen an wie den Anarchosyndikalisten, der SAP oder KPO oder hatten sogar einen bürgerlichen politischen Hintergrund. Ein großer Teil von ihnen kam aus dem Exil, aber etwa ein Drittel der Freiwilligen schlug sich unter meist abenteuerlichen Umständen illegal aus Deutschland nach Spanien durch.
Erwähnenswert ist die relativ große Zahl von Schriftstellern, die in den Internationalen Brigaden kämpften oder als Journalisten und Korrespondenten Zeitzeugen des Kriegsgeschehens wurden. Namen wie Ernest Hemingway, André Malraux oder George Orwell sind heute noch bekannt. Die meisten der deutschen Autoren, durchweg Kommunisten, sind heute weitgehend in Vergessenheit geraten: Die Namen von Ludwig Renn, Bodo Uhse, Hans Marchwitza oder Willi Bredel wurden in der DDR noch wach gehalten, sofern sie - wie Gustav Regler - nicht aus politischen Gründen als Unperson behandelt wurden. Ihre Erlebnisse und Erfahrungen haben manche Erzählungen und Romane angeregt und ihr Bild vom Spanischen Bürgerkrieg hinterlassen.
Die innenpolitische Entwicklung der Republik dürfte, wie gesagt, den meisten deutschen und internationalen Freiwilligen ein weitgehend unentzifferbarer Text geblieben sein. Gewisse Veränderungen in der Atmosphäre waren aber auch für sie bereits im ersten Kriegswinter zu spüren. Die vorher gezeigte antifaschistische Solidarität zwischen allen Parteien und Organisationen auf Seiten der Republik wich einer zunehmend gehässigen kommunistischen Propaganda gegen den POUM. Seinen Milizen wurde zunächst Versagen an der Front, später immer mehr auch Verrat und sogar Komplizenschaft mit Franco vorgeworfen. Die eigentliche Zielscheibe dieses Vorgehens waren allerdings die Anarchisten, die jedoch noch so stark waren, dass die Kommunisten keinen direkten Angriff gegen sie wagten. Stattdessen schossen sie sich auf deren kleineren Bündnispartner ein.
Im Mai 1937 diente eine von den Kommunisten in Barcelona provozierte Schießerei als Vorwand, den POUM zu verbieten und seine Milizen aufzulösen. An die Stelle des linkssozialistischen Ministerpräsidenten Francisco Largo Caballero trat einige Wochen später der rechte Sozialist Juan Negrin, der gemeinsam mit den Kommunisten den linken Flügel der Sozialisten und ihrer Gewerkschaft UGT kalt stellte. Nach und nach wurden auch die Anarchisten mehr und mehr an den Rand gedrängt. Im Juni 1937 setzte eine durch die kommunistisch geführte republikanische Geheimpolizei von langer Hand vorbereitete Verhaftungswelle gegen unliebsame politische Gegner ein, deren Opfer auch deutsche und internationale Sympathisanten des POUM, der Anarchisten sowie mehrere Sozialdemokraten und andere Angehörige der nicht-kommunistischen Linken wurden. (13)
Die Säuberungen erstreckten sich auch auf die Internationalen Brigaden. Recht bald nach Beginn des Bürgerkrieges hatten alle antifaschistischen Parteien und Organisationen eigene Sicherheitsdienste eingerichtet, um eine Infiltration durch Franco-Sympathisanten zu unterbinden. Die kommunistisch geführte Geheimpolizei verfolgte jedoch zusätzlich Abweichler aus eigenen Reihen, dissidente Linke und Anhänger ihr nicht genehmer (linker) Parteien und Organisationen, wobei sich dies auch auf Ausländer bezog. Nach heute zugänglichen Quellen wissen wir, dass etwa 200 deutsche Interbrigadisten, also weniger als ein Zehntel, sich vorübergehend in Haft befanden, wobei aber etwa die Hälfte wegen disziplinarischer Vergehen - Trunkenheit im Dienst, Schlägereien, Insubordination - bestraft wurde. Fälle von Desertion wurden hart bestraft, in einigen wenigen Fällen mit standrechtlicher Erschießung. Nur etwa 25 Personen wurden wegen Spionage, Sabotage und ähnlicher Vorwürfe angeklagt, wie sie für den stalinistischen Verfolgungsapparat typisch waren. (14)
Wenn die verhafteten Personen Glück hatten, wurden sie nach einer mehrmonatigen Haft nach Frankreich ausgewiesen. In vielen Fällen aber traten vor allem die deutschen CNT- und POUM-Anhänger eine leidvolle Odyssee durch Folterkeller und geheime "checas" an und landeten dann größtenteils im Sommer 1938 in den Konzentrationslagern des militärischen Zweiges der Geheimpolizei, des Servicio de Investigación militar (SIM), der seit August 1937 für die Überwachung in den Interbrigaden zuständig war. Die Umstände ihrer Befreiung bildeten dann eine der bizarren Paradoxien des Spanischen Bürgerkrieges: Sie, die als engagierte Antifaschisten nach Spanien gegangen waren, erlangten ihre Freiheit wieder, als durch den Vormarsch Francos die Institutionen der Republik, unter ihnen auch Gefängnisse und Haftlager, in einen Auflösungsprozess gerieten. Wie viele Deutsche auf diese Weise Opfer einer stalinistischen Verfolgung wurden, wird sich exakt wohl nicht mehr ermitteln lassen. Manche konnten erst im Januar 1939 nach Frankreich fliehen, einige tauchten nie wieder auf. (15)
Die Republik, mit der sich so viele identifiziert hatten, entwickelte sich zu dem, was man nach 1945 in den osteuropäischen Ländern beobachten konnte: hinter einer scheindemokratischen und scheinpluralistischen Fassade eine faktische kommunistische Diktatur. Noch gab es zwar Restbestände der alten Republik, und einen Abschluss dieser Entwicklung verhinderte die Niederlage der Republik im ersten Quartal 1939.
Es ist klar, dass das Spanienbild nach diesen Erlebnissen auch in der linken Weltöffentlichkeit einige Veränderungen erfuhr. Hatten viele Spanien zunächst als Fanal der Hoffnung erlebt, als Funken der Weltrevolution, als Heimat freiheitsliebender begeisterter Volksmassen, so tauchten jetzt andere Bilder auf, in denen die sichtbare und unsichtbare Macht der Geheimpolizei sich als Ableger des sowjetischen NKWD zur Zeit der blutigen Säuberungen offenbarte. Manche deutschen Kommunisten wurden durch diese Erfahrungen nachdenklich, für einige boten sie den Anlass, sich nach einem meist längeren Prozess von der KPD zu lösen.
Einen Eindruck von dem Grauen, das die kommunistische Verfolgung bei den davon Betroffenen ausgelöst hatte, vermittelt der Brief des KPO-Funktionärs und POUM- Sympathisanten Karl Bräuning, den er nach seiner erfolgreichen Flucht über die verschneiten Pyrenäen im Februar 1939 an Freunde schrieb: "Gerettet! Eine Minute vor 12 sind wir aus dem Wirbel des Totenhauses der spanischen Republik entkommen. Der Faschist, der Tod hinter uns her. Was seit Juli vorigen Jahres hinter uns liegt, ist grauenhaft und furchtbar zugleich. Die Bilder Dostojewskis aus einem Totenhaus sind blasse Schemen, dazu immer Hunger bis zum Delirium. Von meinem früheren Ich bin ich nur noch die Hälfte. Haut und Knochen. Dazu krank und vollkommen entkräftet. Hier verwischt sich die Grenze von Mensch und Tier. Die erste Stufe der Barbarei ist erreicht. O! Der Faschismus kann bei diesen Banditen noch vieles lernen und sich dabei noch als Kulturträger aufspielen. Unsere Akten hatten wahrscheinlich den Vermerk: "Mit legalen Mitteln physisch zu vernichten." Das hat man bis zuletzt versucht." (16)
Aber auch das Schicksal der von Verfolgung verschonten, überwiegend loyal der KPD angehörigen Interbrigadisten trug zum großen Teil tragische Züge. Von der Anfangseuphorie der ersten Bürgerkriegswochen, von der Aufbruchsstimmung, die man teilweise noch im Herbst 1936 beim Aufbau der Interbrigaden spüren konnte, war bereits im Winter 1936/37 nicht mehr viel geblieben. Die Organisation war desolat, wurde durch die Sprachenvielfalt innerhalb der Interbrigaden noch gesteigert und mündete vielfach in ein Improvisationschaos. Schlecht ausgerüstet und ausgebildet, wurden die Freiwilligen an die Front geworfen. Die Ernährung war mangelhaft und bestand mancherorts wochenlang nur aus gekochten Kichererbsen. Die Bewaffnung war uneinheitlich und unzureichend, so dass nicht einmal alle Angehörigen einer Einheit über Schusswaffen verfügten und man um jeden Preis auf die Erbeutung feindlicher Gewehre angewiesen war. Der Einsatz bei Brunete bei kastilischen Sommertemperaturen ohne ausreichenden Wasservorrat und die Schlacht von Teruel bei winterlichen Verhältnissen, wie sie in Mitteleuropa selten sind, mit unzureichender Kleidung und ungeheizten Unterkünften zeugten von den Strapazen des Krieges.
Dazu hatten die Interbrigadisten ständig die Angst vor dem Tod oder der Verwundung vor Augen. Wurden sie verletzt, durften sie sich im günstigsten Fall in irgendeinem Hospital am Mittelmeer auskurieren, um dann anschließend wieder an die Aragon-Front geworfen zu werden. Gerieten sie in Gefangenschaft, bedeutete dies den sicheren Tod, denn wegen des Kreuzzugscharakters wurden auf beiden Seiten so gut wie keine Gefangenen gemacht.
Zudem wurde die Moral der Einheiten durch die ständigen Verluste, die vielfach zwischen 20 und 40 Prozent lagen, und durch Kämpfe, die vielfach nichts als heroische Rückzugsgefechte waren, arg strapaziert. Die Wirklichkeit und der Sinn des Krieges konnten auch nicht durch die Kriegspropaganda geschönt werden, zumal auch die sowjetische Hilfe seit 1938 spürbar nachließ. Die zunehmenden Fälle von Befehlsverweigerung, Fahnenflucht, Meuterei und Disziplinlosigkeit häuften sich und führten zu den bereits genannten teilweise rigorosen disziplinarischen Maßnahmen. (17)
Im September 1938 erklärte Ministerpräsident Juan Negrin seine Bereitschaft, die internationalen Truppenteile aus der Republik abzuziehen, angeblich um dadurch den internationalen Charakter des Krieges zu entschärfen. Tatsächlich wurden bald darauf die Interbrigaden in Demobilisierungslagern entwaffnet und großenteils über die Grenze nach Frankreich abgeschoben. Für Angehörige einiger Nationalitäten, beispielsweise Schweizer oder Niederländer, war dies durchaus problematisch, da sie sich durch ihren Kriegsdienst für eine fremde Macht strafbar gemacht hatten. Und Deutsche, Österreicher, Italiener, Ungarn und Angehörige anderer diktatorischer oder teilweise schon besetzter Länder blieben in Spanien, weil Frankreich sie nicht aufnehmen wollte und sie nicht ungefährdet in ihre Heimat zurückkehren konnten, ohne dort schwerste Verfolgungen zu erwarten. Als dann die Franco-Truppen bis zum Dezember 1938 die Mittelmeerküste erreicht und ihren Marsch auf Barcelona begonnen hatten, die Republik somit zweigeteilt war, wurden die verbliebenen Interbrigadisten in verlustreichen Kämpfen noch einmal eingesetzt.
Diese letzten Gefechte arteten schließlich zu einer panikartigen Fluchtbewegung über die Pyrenäengrenze aus. Am 9. Februar 1939 verließen die letzten noch kampffähigen deutschen Interbrigadisten die spanische Republik. Der Empfang war ein recht ernüchternder, jedenfalls ein anderer, als sie es sich wahrscheinlich erhofft hatten. Sie wurden auf französischer Seite von der Garde mobile entwaffnet und nach längeren Fußmärschen beim Dörfchen St. Cyprien sowie am Mittelmeerstrand bei Argeles-sur-Mer hinter Stacheldraht und unter freiem Himmel interniert. Erst als sich Fälle von Typhus häuften und die ersten Todesfälle ereigneten, wurden nach sechs Wochen Baracken gebaut. (18)
Später wurden sie in besser ausgestattete Lager wie Le Vemet und Gurs verlegt, aber ohne jede Perspektive und Hoffnung. Zu den Belastungen einer Internierung kamen die internen Streitigkeiten innerhalb der deutschen Spanienkämpfer, die noch einmal die Meinungsverschiedenheiten über die Volksfrontpolitik der KPD, ideologische Differenzen und personelle Missgriffe ausbrechen ließen. Gegenseitige Verdächtigungen schufen ein Klima der Hexenjagd, das einige bewog, freiwillig nach Deutschland zurückzukehren. (19)
Die Übrigen blieben im Lager und waren nach der deutschen Besetzung weiter Teile Frankreichs und der französischen Niederlange 1940 dem Zugriff von Gestapo und Nazi-Justiz ausgeliefert. In der Regel wurden sie wegen "Vorbereitung zum Hochverrat" zu Haftstrafen verurteilt und anschließend nach deren Verbüßung in ein Konzentrationslager überführt. Einige wurden in Strafbataillonen zwangsrekrutiert und an den Fronten des Zweiten Weltkrieges eingesetzt. Es wird geschätzt, dass durch die Verluste in Spanien, in französischen und deutschen Lagern, im Zweiten Weltkrieg sowie aufgrund der Haftbedingungen, Hungers, der Krankheiten und Misshandlungen nur noch 1200 deutsche Spanienkämpfer das Ende des Zweiten Weltkrieges erlebten. (20)
Nach dem Krieg konzentrierte sich ein Teil - insgesamt aber wohl weniger als 600 - auf die Sowjetische Besatzungszone und die spätere DDR, die ihnen aufgrund ihrer mehrheitlich kommunistischen Orientierung politisch näher stand. Hier genossen sie offizielle Ehrungen. Etliche von ihnen nahmen in Staat, Partei und Armee wichtige Positionen ein - ZK-Mitglied Franz Dahlem, Verteidigungsminister Heinz Hoffmann, die Staatssicherheitsminister Wilhelm Zaisser und Erich Mielke, Außenhandelsminister Heiner Rau, der Rostocker SED-Bezirkschef Karl Mewis, der SED-Chefideologe Kurt Hager und viele andere, nicht eingerechnet die bereits genannten Schriftsteller und Künstler. Sie wurden den Widerstandskämpfern gegen das NS-Regime gleichgestellt und genossen vielfach eine Vorzugsbehandlung - renten- und versorgungsrechtlich, aber auch mit Blick auf ihren Status in der Öffentlichkeit. Dabei wiederholten sich gelegentlich die Konflikte während des Spanienkrieges noch einmal, indem das SED-Regime nicht zögerte, diesen Status solchen Personen zu verweigern oder abzuerkennen, die ihm ideologisch oder politisch nicht genehm waren. (21)
Es gibt zahlreiche Memoiren deutscher Spanienkämpfer, teilweise Sammelbände mit Beiträgen mehrerer Zeitzeugen. Einige wurden noch während des Bürgerkrieges unter der redaktionellen Verantwortung von Alfred Kantorowicz veröffentlicht. Die Memoirenliteratur (22) wurde nach dem Krieg meistens in der DDR herausgegeben und teilweise im Westen nachgedruckt; sie unterlag daher ebenso einer bestimmten ideologischen Regie wie die historische Forschung. (23) Der Einsatz der Internationalen Brigaden wurde heroisiert und mit charakteristischen Heldenklischees ausstaffiert. Die Verluste kommen nur als Ziffern vor, Ängste und Nöte der Interbrigadisten, Enttäuschungen und Schmerzen, Verwundung und lebenslange Invalidität tauchen nicht auf, weil sie nicht der Vorstellung von den strahlenden Helden entsprachen. Tenor dieser späteren Veröffentlichungen war: Der Spanienkrieg endete zwar mit der Niederlage der Republik, aber der Kampf geht weiter!
Vielfach befanden sich die ehemaligen Spanienkämpfer auch in einem Goldenen Käfig, indem sie gefeiert und geehrt, aber auch instrumentalisiert wurden. Vor allem standen sie unter einem Erwartungsdruck, wonach sie in ihren Äußerungen das Bild vom Spanienkrieg zeichnen sollten, das die DDR als Mythos entworfen hatte. Mit Mitteln der Zensur und Überwachung wurden ihre Erinnerungen manipuliert und frisiert, um den aus legitimatorischen Gründen gepflegten Mythos zu bestätigen und zu bekräftigen. (24)
In der Bundesrepublik genossen die ehemaligen Spanienkämpfer kein sehr hohes Ansehen. Infolge des Kalten Krieges wirkten noch Einflüsse der früheren Goebbels-Propaganda nach. Die in der Regel guten Beziehungen zwischen Adenauer und dem Franco-Regime zementierten das alte Geschichtsbild, wonach die Spanienkämpfer entweder Abenteurer oder bolschewistische Söldner im Kampf gegen das christliche Abendland waren. Versorgungsrechtlich waren sie benachteiligt gegenüber den ehemaligen Angehörigen der Legion Condor, deren Einsatz in Spanien auf die Rentenansprüche angerechnet wurde. Erst unter der Kanzlerschaft Willy Brandts, der selbst Emigrant und als politischer Aktivist in Spanien gewesen war, wurden Verbesserungen eingeführt. Aber vereinzelte diskriminierende Bestimmungen blieben bestehen und offenbarten sich meistens in ganz speziellen Fällen, in denen es um renten- oder versorgungsrechtliche Probleme oder ähnliche Fragen ging. Die Tatsache, dass es sich bei dem schmelzenden Häuflein ehemaliger Spanienkämpfer fast durchweg um Kommunisten handelte, förderte nicht gerade die Bereitschaft, auch ihnen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. (25)
Nach dem Zusammenbruch der kommunistischen Regime in Europa einerseits und der Stabilisierung der Demokratie in Spanien andererseits verlor der Spanienkrieg zeitweilig an öffentlichem Interesse. Die Akteure des Bürgerkrieges gibt es nicht mehr bzw. ihre politischen Nachfahren sind in der Bedeutungslosigkeit verschwunden: Kommunisten, Anarchisten sowie linke Kleingruppen. Mit dem Ende der kommunistischen Parteien sind auch ihre Ahnengalerien, in denen die Spanienkämpfer einen wichtigen Platz einnahmen, in die Bedeutungslosigkeit abgestürzt. Das gilt aber auch für die Gegenseite, etwa für die Falange und andere Kräfte, auf die Franco sich stützte. Sie sind zu Sekten geschrumpft, ihre Ideologien gelten auch im rechten Lager als verstaubt. Der heutige Rechtsradikalismus vertritt andere Ziele und tritt in anderer Erscheinung auf.
Dennoch wäre es verfehlt, das Thema, das über Jahrzehnte auf zahlreiche politisch und historisch interessierte Menschen eine große Faszination ausübte, als erledigt und als überholt zu betrachten. Nicht nur seine literarische und künstlerische Verarbeitung wird ihm auch weiterhin einen gewichtigen Stellenwert an öffentlicher Aufmerksamkeit gewährleisten. Nicht nur die intellektuellen und theoretischen Aspekte neuer Gesellschaftsmodelle werden auch in Zukunft zu Diskussionen Anreize bieten. Es ist auch die Konstellation der Konfliktfelder, die dem Spanienkrieg etwas Unvergleichbares und Unverwechselbares, zudem etwas Paradigmatisches verliehen: ein internationaler machtpolitischer Konflikt, aber zugleich auch ein ideologischer, ein Glaubenskrieg, dessen Frontlinien gewissermaßen einen nachfolgenden größeren Konflikt vorwegnahmen. Insofern berührt der Spanische Bürgerkrieg die meisten anderen europäischen Länder, ebenso wie der ihm nachfolgende Zweite Weltkrieg.
Auch heute gibt es - noch oder wieder - Formen von Fanatismus, wenngleich unter anderen Vorzeichen. Auch heute gibt es sozialen Sprengstoff weltweit, politische und ökonomische Ambitionen und Interessengegensätze. Die Vorstellung eines globalen Konfliktes, der die Form eines Bürgerkrieges in einem Land oder in einer Weltregion annimmt, ist so abwegig nicht. Der Spanische Bürgerkrieg sollte hier als Mahnung dienen, welchen Gefahren wir entgegengehen, wenn es uns nicht gelingen sollte, ihnen rechtzeitig zu begegnen.
Fußnoten:
1.) Zur Übersicht vgl. Walther L. Bernecker, Krieg in Spanien 1936-1939, Darmstadt 1991, 22005, sowie die älteren, teilweise stark revisionsbedürftigen Darstellungen von Hugh Thomas, Der Spanische Bürgerkrieg, Berlin u.a. 1962, und Pierre Broue/Emile Temime, Krieg und Revolution in Spanien, 2 Bde., Frankfurt a. M. 1968.
2.) Broue/Temime, Krieg und Revolution, Bd. 1, S. 123ff; Thomas, Der Spanische Bürgerkrieg, S. 124ff. Hans-Christian Kirsch (Hg.), Der Spanische Bürgerkrieg in Augenzeugenberichten, München 1971. Besonders zum Anarchismus vgl. Walther L. Bernecker, Die Soziale Revolution im Spanischen Bürgerkrieg. Historisch-politische Position und Kontroversen, München 1977.
3.) Zu Spanien als Exilland vgl. Patrik von zur Mühlen, Spanien war ihre Hoffnung. Die deutsche Linke im Spanischen Bürgerkrieg 1936 bis 1939, Bonn 1983, S. 33-38 (Taschenbuchausgabe Bonn 1985, S. 39-44), sowie ders., Fluchtweg Spanien-Portugal. Die deutsche Emigration und der Exodus aus Europa 1933-1945, Bonn 1992, S. 56-64.
4.) Mühlen, Spanien war ihre Hoffnung, S. 23f (Tb S. 26f).
5.) Vgl. Rainer Huhle, Die Geschichtsvollzieher, Theorie und Politik der Kommunistischen Partei Spaniens 1936 bis 1939, Gießen 1980. Frank Schauff, Der verspielte Sieg. Sowjetunion, Kommunistische Internationale und Spanischer Bürgerkrieg, Frankfurt a. M. 2004, S. 124ff.
6.) Arno Lustiger, Schalom Libertad. Jaden im Spanischen Bürgerbieg, Frankfurt a. M. 1989.
7.) Zitat nach Mühlen, Spanien war ihre Hoffnung, S. 83 (Tb S. 96).
8.) Zur Thematik Exil-SPD und PSOE vergleiche auch den Beitrag von Frank Schauff in diesem Band.
9.) Zitat nach Schauff, Der verspielte Sieg, S. 124.
10.) Ebenda, S. 88ff.
11.) Vgl. ebenda, S. 180.
12.) Von den zahlreichen Publikationen über die Internationalen Brigaden seien hier stellvertretend genannt: Andreu Castells, Las Brigadas Internacionales de la guerra de España, Madrid 1974. Vincent Brome, The International Brigades.Spain 1936-1939, London 1965. Klaus Hommel, Die Internationalen Brigaden im Spanischen Bürgerkrieg, Regensburg 1990, Verle B. Johnston, Legions of Babel. The International Brigades in the Spanish Civil War, London 1967. Klaus-Jörg Ruhl, Die Internationalen Brigaden im Spanischen Bürgerkrieg 1936-1939, Militärgeschichtliche Mitteilungen XVII (1975), S. 212-224. Als neueste Studie vgl. Angela Berg, Die Inernationalen Brigaden im Spanischen Bürgerkrieg 1936-1939, Essen 2005.
13.) Mühlen, Spanien war ihre Hoffnung, S. 143-177 (Tb S. 164-204).
14.) Michael Uhl, Mythos Spanien. Das Erbe der Internationalen Brigaden in der DDR, Bonn 2004, S. 76-95, hier S. 81.
15.) Patrik von zur Mühlen, Säuberungen unter deutschen Spanienkämpfern, in: Exilforschung. Ein internationales Jahrbuch, Bd. 1, 1983, S. 165ff. Die von mir ursprünglich geschätzte Zahl von 200-300 Verfolgungsopfern ist inzwischen zumindest für die Interbrigaden deutlich nach unten korrigiert worden; vgl. Uhl, Mythos Spanien, S. 81 ff.
16.) Zitat nach Mühlen, Spanien war ihre Hoffnung, S. 167 (Tb S. 192).
17.) Hommel, Die Internationalen Brigaden im Spanischen Bürgerkrieg, S. 74f, S. 90f. Klaus-Michael Mallmann, "Kreuzritter des antifaschistischen Mysteriums". Zur Erfahrungsperspektive des Spanischen Bürgerkrieges, in: Helga Grebing/Christl Wickert (Hg.), Das "andere Deutschland" im Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Beiträge zur Überwindung der nationalsozialistischen Diktatur, Essen 1994, S. 32ff, hier S. 44.
18.) Mühlen, Spanien war ihre Hoffnung, S. 247ff (Tb S. 286ff).
19.) Ebenda, S. 250ff (Tb S. 289ff).
20.) Uhl, Mythos Spanien, S. 99.
21.) Ebenda, S. 170-180.
22.) So die Publikationen: Adelante! Pasaremos! Vorwärts! Wir waren durchkommen! Erzählungen, Reportagen und Dokumente aus dem Spanischen Bürgerkrieg, Köln 1976. Brigada Internacional ist unser Ehrenname. Erlebnisse ehemaliger deutscher Spanienkämpfer, 2 Bde., ausgewählt und eingeleitet von Hans Maaßen, Frankfurt a. M. 1976. Pasaremos. Deutsche Antifaschisten im nationalrevolutionären Krieg des spanischen Volkes, hg. von einem Autorenkollektiv unter Leitung von Horst Kühne, Berlin (DDR) 1970.
23.) Horst Kühne, Spanien 1936-1939. Proletarischer Internationalismus im nationalrevolutionären Krieg spanischen Volkes, Berlin (DDR) 1978.
24.) Uhl, Mythos Spanien, S. 335ff, 355ff. Josie McLellan, Antifascism and Memory in East Germany, Oxford 2004, S. 73ff.
25.) Mühlen, Spanien war ihre Hoffnung, S. 271f (Tb S. 313ff).
Originaltext: Patrik von zur Mühlen - Hitler kann in Spanien geschlagen werden! Die deutsche Linke im Spanischen Bürgerkrieg. PDF der sozialdemokratischen Friedrich-Ebert-Stiftung. "Digitalisiert" von www.anarchismus.at