Das Revolutionsheer. Zur Frage der Militarisierung
Am 19. Juli entstanden in Katalonien und ganz Spanien die Volksmilizen. In einigen Regionen nahmen auch verschiedene Regimenter der alten Armee am Kampfe gegen die Faschisten teil. Die Milizen bildeten sich auf der Strasse und wurden durch die katalonische und die madrider Regierung sanktioniert. Sie bestanden naturgemäss aus organisierten Arbeitern der einzelnen Richtungen, sie bildeten ihre Formationen nach ihrer gewerkschaftlichen oder politischen Zugehörigkeit. In Katalonien begann diese Bewegung mit der Bildung der CNT-FAI-Milizen, denen sogleich die des POUM und später die anderer Richtungen folgten. In Madrid waren die CNT und die Sozialisten die treibenden Kräfte.
Nach dem Siege in den Strassenschlachten von Barcelona und Madrid zogen diese Milizen an die Fronten. Die Bedingungen der Feldschlacht und des Stellungskrieges waren vollständig andere, sie waren den Spaniern unbekannt. Der Feind griff mit modernstem Kriegsmaterial die sehr primitiv bewaffneten Antifaschisten an. Langsam organisierte sich eine neue Feldarmee. Immer mehr setzte sich die Erkenntnis durch, dass an Stelle der Organisationsmilizen politischer Tendenz eine einheitliche antifaschistische Armee notwendig war, in der militärische Aktion, Verpflegung, Nachschub usw. gemeinsam geregelt würden.
In der spanischen antifaschistischen Bewegung sind jedoch sehr verschiedenartige politische Tendenzen zusammengeschlossen: von politischen Kräften, die noch nicht begreifen können, dass das bürgerliche Regime gescheitert ist, über staatssozialistische Parteien bis zu den Anarchisten, deren föderalistische Auffassungen im Syndikalismus zum Ausdruck kommen. Sie legen den grössten Wert darauf, dass die Aktion zur Niederschlagung der faschistischen Putschisten zugleich die Grundlagen der verfaulten bürgerlichen Demokratie und des kapitalistischen Privateigentums aufhebt, die den Putsch erst möglich machten. Die CNT und die FAI lehnen es deshalb entschieden ab, dass die neue Volksarmee mit einheitlichem Kommando, die sie leidenschaftlich fordern, einfach nach altem militaristischem Schema organisiert und unter die Führung von Berufsmilitärs gestellt wird. Sie fordern eine Volksarmee revolutionär-proletarischen Charakters, die jede Garantie gegen einen Missbrauch für parteipolitische Zwecke der Kommandierenden bietet.
Nur eine solche Armee gewährleistet den wirklichen Sieg über den Faschismus, denn der spanische Arbeiter schlägt sich heute nicht für die politische Bonzokratie einer Republik, die an ihrer eigenen Unfähigkeit und Feindschaft gegen die revolutionäre Arbeiterbewegung ebenso zugrundegegangen ist wie die Republik von Weimar unseligen Angedenkens: er kämpft nur für ein einziges Ziel, seine eigene soziale Befreiung.
Aus: Die Soziale Revolution Nr. 2, 1937. Digitalisiert von der Anarchistischen Bibliothek und Archiv Wien. Nachbearbeitet (Scanungenauigkeiten entfernt, ä zu ä, That zu Tat usw.) von www.anarchismus.at.