Die konstruktive Revolution. Eine Radio-Ansprache Pierre Besnard's

Wir veröffentlichen anschliessend die wesentlichsten Teile der Rede, die unser Genosse Pierre Besnard, Sekretär der syndikalistischen Internationale (AIT), Sekretär der Föderalunion der anarchosyndikalistischen Komitees Frankreichs und Belgiens und Sekretär des Pariser Komitees, dieser Tage über den Sender der CNT-FAI hielt:

"Genossen! Wir müssen zerstören und gleichzeitig aufbauen! Und das in kürzester Zeit.

Wir haben es immer gesagt und wir wiederholen es jetzt mit allem Nachdruck und aller Überzeugung, dass die Revolution eine unmittelbare Besserung der Zustände mit sich bringen muss. Das bedeutet, dass sie zu gleicher Zeit den Feind schlagen und den Neuaufbau beginnen muss. Dies ist eine ungeheure Aufgabe. Sie kann nur auf einmal, nicht in Teilen gelöst werden. Dafür kämpft ihr mit unerhörter Tapferkeit mit der Waffe in der Hand an allen Fronten des Bürgerkrieges gegen den inneren Feind, der von seinen Gesinnungsgenossen des Auslandes unterstützt wird, dafür ringt ihr zu gleicher Zeit um den wirtschaftlichen Neuaufbau. Vor kurzer Zeit sagten wir: wir müssen den Pflug mit der Waffe vertauschen und im geeigneten Augenblick die Waffe mit dem Pflug. Das war ein Irrtum. Heute sagen wir: Wir müssen zu den Waffen greifen ohne den Pflug zu verlassen, wir müssen den Pflug führen mit umgehängtem Gewehr!

Das ist die einzige Möglichkeit, mit dem Aufbau zu beginnen, während wir noch zerstören. Nur so genügen wir den Forderungen, die der Augenblick an uns stellt. Ihr habt in einer bewunderungswürdigen Weise bewiesen, dass Ihr verstanden habt, was das heisst: Zerstören und Aufbauen. Ihr habt es bewiesen mit der Waffe in der Hand im zähen Kampf gegen die faschistischen Horden, Ihr habt es bewiesen, indem ihr an den wirtschaftlichen Neuaufbau gingt, den das revolutionäre Spanien von Euch erwartet! Ihr seid auf dem Wege, der Aufgabe, die einst Moses gestellt wurde, ihre wahrhafte Lösung zu geben.

Zerstören? Das soll heissen, die alten Einrichtungen zu ersetzen durch gänzlich neue. Zerstören? Das heisst, die wissenschaftlichen und technischen Errungenschaften bewahren, die Frucht der Arbeit der ganzen Menschheit und nicht nur einiger Kapitalisten. Das heisst diese Errungenschaften benutzen, ihnen einen beschleunigteren Rhythmus geben und eine richtige Richtung, die der alten diametral entgegengesetzt ist. Zerstören? Das heißt noch immer eine individualistische Wirtschaftsform aus der Welt schaffen, deren Basis der Profit ist, und sie ersetzen durch eine kollektive, die im Stande ist, die Bedürfnisse Aller zu befriedigen. Zerstören? Das heisst endlich: die gegenwärtigen Beziehungen der Menschen untereinander, die auf Macht, Unterdrückung, Ungerechtigkeit und Ungleichheit beruhen, ersetzen durch andere, deren Kennzeichen die gegenseitige Hilfe, die Solidarität, die Gerechtigkeit und die Gleichheit sind.

Aufbauen? Das heisst keines von den Mitteln des alten Systems übernehmen, sondern die neue Gesellschaft aufbauen mit völlig neuen Mitteln. Das heisst vom Alten nichts übrig lassen. Die Vergangenheit ist unwiderruflich begraben und kann niemals wiederaufstehen. Aufbauen, das heisst fähig sein, auf Grund eines Planes das wirtschaftliche, administrative und soziale Leben einer Gemeinschaft zu organisieren durch das freie Spiel der proletarischen Kräfte, die bestimmt sind, die Dauer der neuen Ordnung zu gewährleisten: die schaffende Hand, die Technik und die Wissenschaft. Aufbauen? Das heisst die Revolution so weit wie möglich vortreiben, vorwärtsgehen ohne unnötigen Aufenthalt, und so die ersten revolutionären Errungenschaften garantieren, täglich das Räderwerk der Produktion und der Verteilung verbessern; vervollkommnen, unaufhörlich an der Vervollkommnung aller Dinge arbeiten um dem Menschen ein Maximum an Freiheit und Wohlstand zu vermitteln, unablässlich arbeiten an der Entwicklung des sozialen Lebens zu Befriedigung aller moralischer und materiellen Bedürfnisse der einzelnen Individuen. Aufbauen? Das heisst eine Gesellschaft schaffen, in der der Mensch die einzige lebende und konkrete Realität, die Aufbauzelle der Welt, den Platz wiedererhält, der ihm zukommt: den ersten! Das heisst endlich, ein System schaffen für den Menschen, ein System, das er leitet und in Bewegung setzt, ein System, das ihn niemals ausrotten kann, ein System, dessen Meister er ist und nicht dessen Sklave, ein System, in dem er leben kann statt verdammt zu sein, sich für das System zu opfern und zu sterben: ein System, das ihm ohne Widerrede und bedingungslos die grösste Freiheit garantiert innerhalb einer freiwilligen Disziplin und einer absoluten Verantwortlichkeit.

Um dieses Werk zu schaffen, sind Muriner gefallen wie Ascaso und Durruti, unsere teuren Freunde. Für dieses Werk geben jeden Tag die besten von euch ihr Leben. Mit Eurem Sieg, der von nun an sicher ist, schlägt die Stunde für den Faschismus in Europa und in der ganzen Welt! Dank Euch wird sich diese Pest nicht weiter verbreiten!

Vorwärts, Kameraden! Die Arbeiter der ganzen Welt sind an Eurer Seite! Es lebe die CNT und die FAI. Es lebe die spanische Revolution! Es lebe die Weltrevolution!

Aus: Die Soziale Revolution Nr. 1, 1937. Digitalisiert von der Anarchistischen Bibliothek und Archiv Wien. Nachbearbeitet (Scanungenauigkeiten entfernt, ä zu ä, That zu Tat usw.) von www.anarchismus.at.


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