Totalverweigerung - kein Krieg heißt: kein Militär
Dokumentation eines Briefes an das Bundesamt für Zivildienst
An das Bundesamt für den Zivildienst
50964 Köln
Betreff: Mein Einberufungsbescheid
Wenig geschätzte Damen und Herren,
Hiermit gebe ich Ihnen bekannt, dass ich meinen Zivildienst nicht antreten werde. Das dies strafunrechtliche Folgen haben wird ist mir vollends bewusst.
Wie ich bereits in meiner Begründung zur "Kriegsdienstverweigerung" erklärt habe, hatte ich damit schwer zu kämpfen, um mich überhaupt für den Zivildienst und nicht für eine totale Kriegsdienstverweigerung zu entscheiden. Dies hat sich nach längerer Überlegung geändert.
Ich kann es einfach nicht mit meinem Gewissen vereinbare, daß ich einen Dienst verrichten soll, welcher zur Unterstützung einer von mir abgelehnten Politik des Mordens im Krieg führt. Selbst wenn Deutschland jemals von einer anderen Militärmacht angegriffen werden sollte, werde ich niemals unsere Armee unterstützen, damit diese andere Menschen ermorden kann.
Meine Entscheidung bezieht sich darauf, daß der Zivildienstleistende als Wehrpflichterfüllender, für bestimmte "zivile" Aufgaben im Plan der Gesamtverteidigung, einberufen werden kann. Diese "zivilen" Aufgaben wären alle von kriegsunterstüzender Natur, weil sie eine enge Zusammenarbeit mit der Bundeswehr voraussetzen, und deren Unterstützung dienen. Ich habe bereits meine Grundrechte auf Verweigerung des Kriegsdienstes mit der Waffe in Anspruch genommen, und erkannt, daß dies nicht ausreicht um mein Gewissen zu beruhigen. Zu oft sind Menschen durch die Waffen anderer gestorben, weil dies irgendwelchen politischen, religiösen oder wirtschaftlichen Interessen diente. Und auch Deutschland war oft genug an diesen Morden beteiligt, zuletzt im Kosovo, und das unter einen widerwärtigen Deckmantel des Schutzes der Zivilbevölkerung. Wobei schließlich genau diese Zivilbevölkerung, welche durch deutsche Bomben und die unserer NATO-Verbündeten in Stücke zerfetzt und verbrannt wurden, mit dem abscheulichen Wort Kollateralschaden versehen worden ist. Dies ist ein Zeugnis der Politik eines von mir nicht anerkannten Staates.
Und ich würde lieber sterben, als im Namen dieses oder irgendeines anderen Staates oder "Volkes" mich an einem Krieg zu beteiligen. Sei es, daß ich mit der Waffe in der Hand andere Menschen, welche ebenfalls wie ich Familie besitzen und Freude und Leid verspüren und schließlich und endlich genauso wie ich ihre "Pflicht" ihrem Vaterland entgegen erfüllen, ermorde, oder Soldaten, die genau dies tun, verarzte oder für sie Straßen und andere Verkehrswege instand halte, es kommt immer auf dasselbe heraus: Ich könnte nicht mehr in den Spiegel gucken, weil ich Schuld oder Mitschuld am Tod vieler Seelen habe, die genauso ein Recht wie ich hatten, auf dieser Welt zu leben. Für mich zählt nur das Leben und ihre/seine Freiheit zu leben allein. Jedes Leben hat von Mutter Erde das Recht bekommen auf ihr zu existieren, und ihre/seine Aufgabe im Kreislauf des Lebens zu erfüllen. Nur weil wir eine höheren geistigen Einfluß auf unser Leben haben, heißt das nicht, daß wir das Recht haben darüber zu entscheiden, welches Leben gut und welches Leben schlecht ist.
Wie ich schon erwähnt habe, hat auch die Freiheit einen hohen Wert für mich, was bedeutet, daß jede/r Mensch frei ist zu tun und zu lassen, was er/sie will, solange er/sie keinen anderen Menschen oder sonstige bewußtseinsfähige Lebewesen (für mich auch Tiere) physisch oder psychisch verletzt oder ihrer Freiheit beraubt. Dies hat zur Folge, daß ich nicht nur keine Befehlspersonen über mir anerkenne, sondern daß ich es auch ablehne, andere Menschen herumzukommandieren. Deshalb lehne ich grundsätzlich jede Art von Zwang ab. So zum Beispiel auch den Zwang, daß ich meine Wehrpflicht gegenüber dem Staat ableisten soll.
Zusätzlich dazu, daß ich zu diesem Dienst gezwungen werden soll, kommt noch, daß innerhalb des Dienstes eine Befehl-Gehorsam-Struktur existiert. Dabei hat der Hörige alles zu tun, was ihm befohlen wird, solange es den Aufgaben des Dienstes entspricht, und nicht die eigene Menschenwürde verletzt. Dazu kommt, daß der Hörige keinerlei Verantwortung über die Dinge übernehmen braucht, welche er tut. Das ist meiner Meinung nach ein sehr großer Fehler. Sollte nicht eigentlich jede/r Mensch lernen für seine Taten die Verantwortung zu übernehmen? Die Antwort der Befehlshaber wird wahrscheinlich "nein" sein. Das ist ja auch klar. Denn wenn ihre Untergebenen selbst die Verantwortung tragen würden, würden sie viele Dinge die ihnen befohlen werden, wahrscheinlich verweigern, und das könnte ja in Anarchie ausarten, worauf die gesamte Wehrpflicht als Zwangsdienst zusammenbrechen würde.
Für mich ist jedoch die Anarchie die einzige lebenswerte Gesellschaftsform. Ich lehne es ab, Dinge zu tun, mit denen ich nicht einverstanden bin. Und darum verweigere ich diesen menschenverachtenden Dienst.
Dabei muß ich allerdings noch erklären, daß ich die Aufgaben, welche den Zivildienstleistenden in Friedenszeiten zukommen, als sehr sinnvoll erachte. Diese sollten allerdings eher von qualifizierten, festangestellten Personen erledigt werden. Das würde nicht nur die Moral steigern, sondern auch den Arbeitsmarkt stark entlasten.
Für diese Zeilen und mein Handeln übernehme ich voll und ganz die Verantwortung, mit allen möglichen Folgen. Ich trete für die Abschaffung der Wehrpflicht und aller Armeen überhaupt ein. Fangen wir hier an. Für ein Leben in Frieden und Freiheit ohne Waffen. Für eine herrschaftslose, gewaltfreie Gesellschaft.
Mit anarchistischen Grüssen
Von: Allgemeines Syndikat Nordhessen (ASN)
Originaltext: http://anarchosyndikalismus.org/asn03.htm