Diskussionstext Antideutsch 7 - Antiimp, Antideutsch, Antimensch
Menschen morden ist okay, so lange nur das Dogma stimmt?!
Der Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern schaukelt sich seit Beginn der zweiten Intifada (arabisch für Aufstand) immer weiter hoch. Auf palästinensischer Seite tobt zudem ein gnadenloser Konkurrenzkampf zwischen den einzelnen Widerstandsgruppen.
Um Opfer eines palästinensischen Selbstmordattentates zu werden, reicht es inzwischen, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein. Egal ob Soldaten, Zivilisten, Kinder oder Friedensaktivisten getroffen werden – bei solchen Kamikazeaktionen geht es schlichtweg um möglichst viel Angst durch möglichst viele Opfer. Das ist klassischer Terrorismus.
Die israelischen Sicherheitsdienste fahren den gleichen Kurs. In Israel ist Folter in bestimmten Fällen (als “mäßiger physischer Druck” bezeichnet) gesetzlich legitimiert. Bei militärischen Aktionen werden regelmäßig viele Zivilisten getötet. Hinzu kommen gezielte Mordanschläge auf unliebsame Palästinenser.
Schon zuvor (vgl. Störenfried 09/02, 11/03) beschäftigte sich der Störenfried mit der Reaktion der deutschen Linken auf diesen Konflikt. Anlass war, dass oftmals erschreckend vereinfachend und parolenhaft über den Krieg schwadroniert wurde und wird und inzwischen überall dogmatische Kämpfe zwischen Antideutschen und Antiimperialisten so verbissen geführt werden, dass man meinen könnte, es ginge gar nicht mehr um die Menschen im so genannten heiligen Land, sondern um Rechthaberei und Selbstdarstellung. Nachdem die Diskussion nun seit etwa fünf Jahren heftig geführt wird, hat das selbst der hiesige Verfassungsschutz endlich bemerkt und berichtet. Allerdings nicht aufgrund eigener Erkenntnisse, sondern, wie sollte es anders sein, sie mussten bei anderen Diensten abschreiben.
Aber zurück zum Thema. Kritik an der israelischen Politik ist absolut legitim. Auch Selbstverteidigung hat ihre Grenzen. Diese werden inzwischen selbstverständlich und regelmäßig überschritten und in der israelischen Gesellschaft wird der Hass auf alles Arabische langsam zur Staatsdoktrin. Darunter leiden ironischer Weise inzwischen auch in der israelischen Armee dienende Drusen. Die Selbstverständlichkeit, mit der Palästinenser enteignet, vertrieben, festgenommen oder ermordet werden, ist klassischer Rassismus. Das sehen auch israelische Offiziere, Friedensaktivisten und sogar manche Politiker so.
Auch auf palästinensischer Seite halten viele die Logik der Gewalt für das, was sie ist: Wahnsinn. Sowohl muslimische als auch christliche Palästinenser haben in vielen Fällen vom Krieg schlichtweg die Schnauze gestrichen voll.
Aus weiter Ferne, hier in Deutschland, ist es natürlich einfach, den moralischen Zeigefinger zu erheben. Das klammheimliche Bedürfnis, sich endlich auch mal entrüsten zu dürfen und nicht zum Volk der Richter und Henker gehören zu müssen, treibt dann eigenartige Blüten. Da rennen einige mit Symbolen von Staaten und Gruppen herum, die Israel vernichten wollen. Israels wird dabei auch gerne als Judenstaat bezeichnet, seine Bewohner häufig pauschal als Zionisten. Was unterscheidet jemanden, der sich mit Antisemiten solidarisiert und solchen verallgemeinernden Rassismus nachplappert eigentlich noch von Nazis und Faschisten?
Israel wird von Juden, Christen, Drusen, Moslems und Atheisten bewohnt. Diese Mischung findet sich auch in Gruppen, die in Opposition zur derzeitigen israelischen Politik stehen. Sie alle pauschal in die Zionisten-Schublade zu stecken unterscheidet sich kaum von den Phrasen, die “die Juden” für jedes Kriegsverbrechen in Palästina verantwortlich machen. Es ist auch nicht zu verstehen, wie man jede Form von Widerstand gegen Israel als legitim ansehen kann. Nicht nur die israelische “Selbstverteidigung”, sondern auch der palästinensische “Widerstand” sollte seine Grenze da haben, wo es nur noch darum geht, alles zu vernichten, was nicht so denkt, wie man selbst.
Militärisch scheint der Konflikt unlösbar zu sein. Die israelische Armee ist den Kämpfern aus Palästina technisch und taktisch meilenweit überlegen. Da aber selbst Israels Sicherheitsdienste keine absolute Kontrolle über Palästina erlangen können, werden sie auch immer wieder mit Anschlägen rechnen müssen. Der endgültige Sieg und die totale Kontrolle bleiben unerreichbare Ziele. Die einzige denkbare Option für das israelische Militär wäre eine totale Abschottung bzw. die Vertreibung der Palästinenser aus Gaza und Westbank. Beides wird in Ansätzen schon überlegt und aktiv umgesetzt.
Schön, dass viele kritiklos diesen Blödsinn unterstützt. Wir haben die Wahl zwischen zwei Sorten von Rassismus. Verbrenn ich jetzt die amerikanische Flagge oder schwenke ich die israelische? Waren die Panzer in Ramallah jetzt die Antifa oder zionistische Handlanger des US-Imperialismus? Welche Dummheit ist denn heute im Angebot? Mmh, mal sehen.
Folgende Alternative steht auch noch zur Debatte: Statt sich die allgemeine Gewaltgeilheit einer der beiden Seiten schönzureden und mit komplizierten theoretischen Konstrukten selbstgerecht zu legitimieren, sollten sich die antideutschen, antiimperialisitischen, anti-was-auch-immer-Dogmatiker vielleicht überlegen, ob sich die Verneigung vor Menschenverachtung und Hass wirklich mit emanzipatorischen Idealen vertragen.
Originaltext: http://home.pages.at/der-stoerenfried/zeitung/a16/18.htm