Rosa Antifa Wien - Gegen alle Männerbünde

Am Samstag, dem 17.6. findet in der Bude der Burschenschaft Olympia deren alljährliches Sommerfest statt. Als besonderer Gast ist der Neonazi-Barde Frank Rennicke geladen (der schon im Juni 1993 bei der Olympia auftrat). Frank Rennicke ist Funktionär bei der Wiking-Jugend gewesen, diese nannten sich nach der Waffen-SS-Division Wiking. Als die Wiking-Jugend am 10.11.1994 in Deutschland verboten worden ist, empfahl Frank Rennicke Interessenten Kontakt zur NDP aufzunehmen. Rennicke hatte auch Kontakt zu der rechtsextremen Zeitung Fakten (herausgegeben von Horts-Jakob Rosenkranz, Mann der Neo-Co-Landesparteiobfrau der FPÖ-Niederoesterreich Barbara Rosenkranz), und schrieb für die rechtsextreme Zeitung Sieg (deren Selbstdefinition: Die Stimme der deutschen Nation, Dem deutschen Volk verpflichtet). Seine Lieder werden von dem rechtsextremen Manfred Rouhs vertrieben, der selber ehemaliger Funktionär der JN (Junge Nationaldemokraten) und der Republikaner, ehemaliger Ratsherr der Deutschen Liga und Herausgeber der Europa Vorn (eines der führenden Blätter der deutschen Rechten) war/ist.

Die Geschichte der Burschenschaften

Die Geschichte der "Waffenstudenten" reicht bis zum Anfang des vorigen Jahrhunderts zurück. 1815 gründeten Studenten in Jena die Deutsche Burschenschaft. Unter dem Motto "Ehre, Freiheit, Vaterland", verbanden sie bürgerlich demokratische Ideen, von Anfang an mit völkisch-nationalem,rassistischem und antisemitischem Gedankengut. So wurden schon 1817, beim Wartburgfest, das von Burschenschaften als legendäres Gründungsfest angesehen wird, Bücher von antinationalen und jüdischen Autoren verbrannt. Bereits 1820 verlangten Korporierte den Ausschluß der "vaterlandslosen Juden". Die 1902 als Dachverband neugegründete Deutsche Burschenschaft verlieh in ihren Eisenachern Beschlüssen ihrer Überzeugung Ausdruck, "daß die ererbte Rasseneigenschaften der Juden durch die Taufe nicht berürt werden". Rund 10 Jahre vor der NS-Machteinsetzung waren alle national-freiheitlicher Verbindungen in Deutschland und Österreich "judenrein"... 1933 jubelten die Korporierten, und organisierten gemeinsam mit der SA die zweite deutsche Bücherverbrennung. Um sich zu entlasten, behaupten die Korporierten gerne, sie seien 1938 unter Zwang aufgelöst worden, in Wahrheit lösten sie sich feierlich selbst auf, und traten geschlossen in den NSDStB (Nationalsozialistischen Studentenbund) ein. Ein großer Teil der Burschenschafter machte im NS-Staat Karriere: Heinrich Himmler, Alfred Rosenberg, Horst Wessel...

Auch nach 1945 verteidigen Burschenschafter den "Arierparagraphen" und rühmen sich "die jüdischen Elemente entfernt" zu haben, und "seit 1882 judenrein" zu sein... So wurde Hitler- Stellvertreter Rudolf Heß, 1987 vom Dachverband DEUTSCHE BURSCHENSCHAFT in ÖSTERREICH für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen! Neben diesen offenen Identifikationen mit der NS- Ideologie herrscht in burschenschaftlichen Kreisen auch die Leugnung bzw. Verharmlosung der NS- Verbrechen (Revisionismus) vor.

Als Teile der NSDAP wurden die Burschen- und Kameradschaften 1945 aufgelöst und das Schlagen von Mensuren, sowie das Tragen von Band und Mütze auf dem Universitätsgelände wurde verboten. Aber bald wurde wieder zur Tagesordnung übergegangen, die Universitäten glichen dem Bild zwischen 1920 und 38 - Hochburgen des Deutschnationalismus und Rechtsextremismus. Die rituellen Fechtduelle und das Tragen der Wix auf den Unis wurden wieder erlaubt. 1959 kam es bei einem Umzug anläßlich der Schiller Feier zu schweren Zusammenstößen zwischen Neonazis und AntifaschistInnen. Sechs Jahre später wurde der Antifaschist, Spanienkämpfer und KZ-Häftling Ernst Kirchweger bei einer Demonstration gegen den Nazi-Professor Taras Borodajkewyzc von dem Olympia- Burschenschafter Ernst Kümel ermordet.

Zu Beginn der 60er stiegen zahlreiche Burschenschafter in den Südtirolterror ein, und die Burschen rund um den Olympen Norbert Burger (Gründer und Vorsitzender der 1988 verbotenen Nationaldemokratischen Partei (NDP) ) nahmen bei ihrem "Einsatz für das bedrohte Grenzlanddeutschtum" die Tötung von Menschen in Kauf. Aufgrund ihrer Beteiligung wurde die Burschenschaft Olympia 1961 verboten. 1973 wurde sie unter dem Namen "Tafelrunde Olympia" wieder gegründet.

Bis heute verfügen die schlagenden Burschenschaften über großen gesellschaftlichen Einfluß durch ihre guten Verbindungen in Politik und Wirtschaft.

Burschenschafter in vollem Wichs
Burschenschafter in vollem Wichs

Die Bedeutung der Burschenschaften

Besonders offensichtlich kooperiert die Regierungspartei FPÖ mit den deutschnationalen und faschistoiden Studentenverbindungen. Die ÖH- Fraktion der Freiheitlichen, der Ring Freiheitlicher Studenten (RFS), wird fast zur Gänze von Burschenschaftern getragen. 1952 wurde er als Sammelbecken studentischer Nazis gegründet. Nach einem Jahr stand ihm niemand geringerer als Norbert Burger (OLYMPIA-Burschenschafter, Südtirolterrorist, Kopf der NDP,...) vor. Die Verbindung zu den Korporationen war und ist sehr eng. So läßt sich die Liste der im RFS engagierten Burschenschafter lang fortsetzen. Auch zur VAPO des verurteilten Neonazis Gottfried Küssel gab es gute Kontakte, so besorgten Küssels Mannen z. B. den Saalschutz für eine RFS Veranstaltung an der Uni Wien. Burschenschaften und RFS traten besonders vehement für ihre gemeinsamen Interessen ein, als der akademische Senat 1990 den Beschluß faßte, den Siegfriedskopf in der Aula der Uni Wien durch Gedenktafeln für von den Nazis vertriebene Universitätsangehörige zu ersetzen. Der sogenannte Siegfriedskopf war 1923 von der Deutschen Studentenschaft für die im ersten Weltkrieg "in Ehren gefallenen Helden unserer Universität" errichtet worden. Im gleichen Jahr meinte die Deutsche Studentenschaft, die übrigens nur "deutscharische" Mitglieder aufnahm, anläßlich des gescheiterten Hitlerputsches: "Unsere Ostmark wird erst dann ihre alte Ehre wiedergewonnen haben, wenn von der Wiener Burg und vom Rathaus die schwarz-weiß-rote Fahne mit dem Hakenkreuz weht." Die antisemitische, kriegstreiberische und faschistische Haltung dieser Organisation wurde auch von einer HistorikerInnenkommission im Auftrag der Universitätsleitung festgestellt, was schließlich zu besagter Entscheidung führte. Ihre Umsetzung scheiterte aber am Widerstand von freiheitlichen und koorperierten Studenten, die mit Unterstützung von "Krone" und FPÖ, hier besonders der damalige Stadtrat Rainer Pawkowicz (FPÖ, OLYMPIA), gegen "linke Denkmalstürmer" wetterten. Bis heute treffen sich die Wiener Burschenschafter jeden Mittwoch in der Aula und huldigen dem Siegfriedskopf, nur eines von vielen Ritualen, das auch ihr Menschenbild deutlich wiederspiegelt. Eine Geisteshaltung, die u.a. grundlegendes Element der FP-Programmatik war und ist, und die auch so manchem in der ÖVP nicht fremd ist.

Durch militärische Riten, strenge Hierarchien und Regeln soll der Charakter der neuen Verbindungsbrüder geformt werden. Wichtige Bestandteile sind dabei das Tragen einer Uniform, Kappe und Band, die sogenannte volle Wix. Ältere Burschen haben Strafbefugnis über jüngere, so können sie den sogenannten Füxen befehlen den Rest ihres Bieres auszutrinken (es geht ja nicht an, daß ein Bursch von seinem Fux unter den Tisch gesoffen wird) usw. Diese und andere Formen der Erniedrigung, wie z. B. das Verbot während eines rituellen Besäufnisses, des Kommerses, die Toilette aufzusuchen, dienen der Festigung der Rangordnung. Überhaupt muß der Fux eine harte Zeit der Unterwerfung durchmachen, um "Disziplin zu lernen" und Hierarchien zu verinnerlichen. Erst danach gilt er als befähigt selbst andere zu führen, und die sinnlosen Strafen und Vorschriften weiterzugeben. Ein weiterer Ritus ist die Mensur, die laut Andreas Mölzer, Ex-FP-Vordenker, Kärntner Kulturrat, "Umvolkungs-Theoretiker" und Chefredakteur der rechtsintellektuellen Wochenzeitung "Zur Zeit", "eine besondere Art von körperlicher und moralischer Bewährungsprobe" ist. Das Fechten mit dem Säbel prägt ein Bewußtsein für die Exklusivität des Männerbundes, und symbolisiert das bedingungslose Eintreten für die Interessen des Standes - notfalls mit Gewalt.

Das Ergebnis dieses Männlichkeitsrituals ist oft der sogenannte Schmiß, der viele bekannte Gesichter ziert. So fochten sowohl NORBERT BURGER (Olympia, NDP), GOTTFRIED KÜSSEL (Danubo Markomannia, VAPO), GERD HONSIK (Rugia Markomannia, RFS, NDP, Ausländer Halt Bewegung), FRANZ RADL (Teutonia), als auch RAINER PAWKOWICZ (Olympia, FPÖ), EWALD STADLER (Skalden, FPÖ), beide Söhne der Sozialministerin SICKL, MARTIN BARTENSTEIN (akad. Turnerschaft Graz, ÖVP(!)), DIETER BÖHMDORFER ("unabhängiger" Justizminister, Silvania) und natürlich JÖRG HAIDER (Albia, Silvania, FPÖ) ihre Mensuren. Es ist klar ersichtlich, daß die Burschenschaften Kaderschmieden nationaler und rechtsextremer Gesinnung sind. Das bis vor kurzem geprägte öffentliche Bild eines Rechtsextremen war das eines dumpf-rabiaten, kahlgeschorenen und laut gröhlenden Faschos. Doch die schmissigen Herrn mit Mütze und Band, gebildet, intelligent und gesellschaftlich geachtet, stellen einen ganz anderen Typus dar. Burschenschaften bieten den organisatorischen Background und die Führungsmannschaften rechtsextremer bis neonazistischer Gruppen und Parteien. Besonders kommt dabei der Umstand zu tragen, daß sich diese Verbindungen als eingeschworener Bund fürs Leben verstehen, in dem der sogenannte "alte Herr", sprich ein bereits berufstätiger Burschenschafter, moralisch verpflichtet ist den jüngeren mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, ihnen also möglichst den Weg in einflußreiche Positionen in Staat und Wirtschaft zu ebnen. Mit der Beteiligung der FP an der Regierung eröffnen sich für die Korporierten ungeahnte Aufstiegsmöglichkeiten. (Daß der Justitzminister nicht nur H.J.s Anwalt, sondern auch einer seiner alten "Bundesbrüder" ist, erscheint zumindest als bemerkenswert.)

Reaktionärer Konsens

Eine Vielzahl der Mitglieder der ÖVP entstammt dem nur wenig fortschrittlicherem katholischen Cartellverband (CV), der seine ideologischen Wurzeln in der Monarchie und im klerikalfaschistischen Ständestaat hat.

Die Gemeinsamkeiten der schlagenden bzw. nationalfreiheitlichen Studentenverbindungen und der katholischen Verbindungen, wie dem CV oder dem Mittelschülerkartellverband (MKV), liegen in der männerbündischen und hierarchischen Struktur (Oft gehen sie aber noch darüber hinaus. So schreibt die MKV-Verbindung Borussia in ihrer Verbandszeitung: "Ich traue einem fanatischen Judentum zu, wieder Gefahr in diese Welt zu bringen", und fantasiert etwas vom "Weltjudentum", daß versucht Schuldgefühle zu wecken, und somit am Antisemitismus selbst schuld ist). Auch der CV bietet genug Seilschaften um Karriere zu machen, ist er doch die Kaderschmiede der ÖVP und somit auch Sprungbrett für lukrative Führungsposten in der Wirtschaft. Der CV vertritt katholische konservative Werte, und sieht daher genauso wie die rechtsradikalen Verbindungen nur eine Rolle für die Frau vor: am Herd, sich für den Mann und die Kinder aufopfernd, als Reproduktionsmaschine der Gesellschaft nützlich...! Alle Männerbünde stehen auf der Seite des Kapitals und der Unterdrückung, sie dienen dem Erhalt der patriarchalen Gesellschaftsstruktur. Wo Leistungs- und Elitedenken, männlich-martialische Rituale, wie die Mensur und die kollektiven Besäufnisse das Zusammenleben bestimmen, ist kein Platz für Frauen als gleichwertige "Mitglieder" (nicht das dies wünschenswert wäre). In dieser männlichen Weltordnung dienen Frauen nur als Schmuck und Stütze des Mannes. Frauen die selbstbestimmt ihr eigenes, nicht durch einen Mann definiertes, Leben leben, oder gar aktiv in gesellschaftliche Prozesse eingreifen, sind in der patriarchalen Ordnung undenkbar und nicht vorgesehen. Im Gegenteil: es soll ja alles so bleiben, wie es ist, denn "Unser Burschenbrauchtum ist immer auf eine bestimmte männliche Gruppe abgestimmt. Die menschliche Weltordnung ist auf das männliche ausgerichtet." (Burschenschaftliche Blätter: 1980) Natürlich haben Frauen, Juden, Ausländer und Kriegsdienstverweigerer in studentischen Verbindungen meist nichts zu suchen, das traditionelle Machtgefüge könnte dadurch ins Wanken geraten, und ihre BurschenHERRlichkeit den elitären Vorteil verlieren. In einer Einladung zum Erstsemestrigenfest der Burschenschaft OLYMPIA heißt es: "Es gibt (...) Spaß mit rassistischen oder wenigstens unappetitlichen Männerwitzen (...) Bist du häßlich, fett, krank oder fremd im Land, bist Du von Sorgenfalten, Weltschmerz oder linksliberaler Gesinnung gepeinigt, trägst Du alternative oder Schicky-Kleidung oder gar ein Flinserl im Ohr, studierst Du Publizistik, Politologie oder Theologie oder gar nicht, hast Du den Wehrdienst verweigert oder eine Freundin, die weder schön noch still ist, kurz: bist Du auf irgend eine Weise abnormal oder unfröhlich, dann bleib lieber zu Hause, Du würdest sowieso von uns nicht eingelassen werden." Seit kurzer Zeit gibt es auch ein paar Studentinnenverbindungen, aber diese suchen brav eine Annäherung zu den HERRenbünden über die Übernahme der althergebrachten Riten, und vertreten die selben rechtsradikalen und antiemanzipatorischen Ansichten, wie z. B.: die Mädelschaft FREYA der RFS-Funktionärin Alwine Schachinger. Nach Aussagen von Burschenschaftern sollte eine Frau "nicht versuchen aus dem althergebrachten Bild der Frau auszubrechen", "anlehnungsbedürftig" sein und sich "in erster Linie um die Familie kümmern"!

Solche Ansichten und männerbündische Strukturen gehen allerdings über die Welt der Burschenschaften hinaus, und sind in allen Teilen der Gesellschaft verbreitet. Die Stellung der Frau als Gebärmaschine, unbezahlte Haushälterin, Köchin usw. ist seit Jahrhunderten Teil des Systems der HERRschenden. Die Meinung Frauen sollten hauptsächlich "still und schön" sein, würden mehr mit dem Bauch als mit dem Hirn denken usw., und das daraus folgende Verhalten, Frauen nicht Ernst zu nehmen, ist selbst in Gruppen mit fortschrittlicher Weltanschauung zu finden. Ganz zu schweigen von den Zuständen in den "ganz normalen" Familien und bei bierseligen Stammtischen, an denen das "gesunde Volksempfinden" und "Weiber an den Herd"-Parolen regieren.

Bis in die Regierung

Besonders ungebremst finden sich solche Inhalte (wenig überraschend) im Regierungsprogramm der schwarz- blauen Koalition, für die Frauenpolitik bestenfalls aus Familienpolitik besteht. Die gänzliche Abschaffung des Frauenministeriums ist da nur der Gipfel des Eisberges. Auch der von den Burschenschaften propagierte Militarismus findet bereits jetzt Niederschlag in der schleichenden Abschaffung des Zivildienstes und der Aufrüstung des Heeres. Daß währenddessen Sozialleistungen gekürzt werden, paßt ebenso ins oben angesprochene Weltbild; "nur die Starken kommen durch" für den Rest gibts nur Verachtung.

Ganz zu schweigen vom Rassismus und Antisemitismus, der von studierenden und regierenden Rechtsextremen in einer selbst für Österreich bemerkenswerten Schärfe und Radikalität betrieben wird. Den Worten werden Taten folgen, mit unabsehbaren Konsequenzen für die Betroffenen. Schon jetzt ist die fremdenrechtliche Situation und der Alltagsrassismus hierzulande desaströs bis lebensgefährlich, eine weitere Verschlechterung wäre eine absolute Katastrophe.

Gegen Nazis mit und ohne Uniform! Weg mit der Regierung! Zerschlagt alle Männerbünde!


Originaltext: www.raw.at


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