Was ist Faschismus? Teil 6.1.: Extrem rechte Kontinuitäten und Brüche in Deutschland nach dem Untergang des "Dritten Reiches" 1

Der Umgang mit der Nazi-Bewegung und -Ideologie im besetzten Deutschland sowie in der BRD bis 1990

Aufteilung des Deutschen Reiches in Besatzungszonen und Gründung zweier deutscher Staaten

Bereits vor Ende des Zweiten Weltkrieges fielen grundsätzliche Entscheidungen im Hinblick auf die Neuordnung Deutschlands nach dem Zusammenbruch des „Dritten Reiches“. So beschlossen Franklin D. Roosevelt (1882-1945), Winston Churchill (1874-1965) und Josef Stalin (1878-1953) als die politischen Schlüsselfiguren der drei Hauptalliierten im Rahmen einer Konferenz, die vom 4. bis zum 11. Februar 1945 im auf der Schwarzmeer-Halbinsel Krim gelegenen Seebad Jalta stattfand, die „vollständige Entwaffnung, Entmilitarisierung und Entnazifizierung“ des gemeinsamen    Kriegsgegners. Darüber hinaus einigten sie sich auf die Aufteilung des Deutschen Reiches in vier Besatzungszonen, wobei Frankreich eine eigene Zone erhalten sollte. Vom 17. Juli bis zum 2. August 1945 hielten die „Großen Drei“ im Potsdamer Schloss Cecilienhof eine weitere Konferenz ab, um ihre deutschlandpolitischen Vorstellungen aufeinander abzustimmen. Während Roosevelts Nachfolger Harry S. Truman (1884-1972) die US-Delegation leitete und Stalin an der Spitze der sowjetischen Abordnung stand, wurde Churchill nach einem Wahlsieg der Arbeiterpartei über die Konservative Partei im Laufe der Konferenz von Clement R. Attlee (1883-1967) als britischer Verhandlungsführer abgelöst.

Die Potsdamer Konferenz ließ gravierende Interessengegensätze zwischen den USA und Großbritannien auf der einen sowie der UdSSR auf der anderen Seite zutage treten. Die Schwierigkeiten der Hauptalliierten, in einer Reihe von Kernfragen Einigung zu erzielen, waren ein deutlicher Hinweis darauf, dass sich ihre weltanschaulichen und politischen Gemeinsamkeiten mit dem Sieg über das „Dritte Reich“ erschöpft hatten. So brach spätestens in Potsdam eine neue Phase der Weltpolitik an, nämlich die Konfrontation zwischen dem von den USA angeführten Lager der kapitalistisch ausgerichteten parlamentarischen Demokratien und den staatssozialistischen „Volksdemokratien“ sowjetischer Prägung. Unumstritten waren auf der Potsdamer Konferenz die Grundsätze, die bei der Neuordnung Deutschlands Berücksichtigung finden sollten. Hierzu zählten die Leitprinzipien der Demilitarisierung, der Denazifizierung, der Demokratisierung sowie der politischen und wirtschaftlichen Dezentralisierung. Allerdings legten die Besatzungsmächte gerade den Begriff der „Demokratie“ höchst unterschiedlich aus, wie sich bald zeigen sollte. Enormes Konfliktpotenzial barg die Frage der deutsch-polnischen Grenze. Die Sowjetführung war sehr an einer Ausdehnung Polens zu Lasten Deutschlands interessiert, da sie jenen Teil des polnischen Territoriums, den die UdSSR sich auf Basis des deutsch-sowjetischen Nichtangriffspaktes von 1939 einverleibt hatte, nicht zurückzugeben gedachte. Im Rahmen der Potsdamer Konferenz stellte Stalin seine Verhandlungspartner vor vollendete Tatsachen, indem er sie wissen ließ, die östlich der Oder und der Lausitzer Neiße gelegenen deutschen Gebiete mit Ausnahme eines Areals um das ostpreußische Königsberg, das die Sowjetunion für sich selbst beanspruchte, polnischer Verwaltung überantwortet zu haben.

Deutschland büßte hierdurch rund ein Viertel des Territoriums ein, das es 1937 besessen hatte. Ähnlich kontrovers diskutiert wurde die Thematik der seitens Deutschlands zu entrichtenden Reparationen. Die Sowjetführung verlangte derart umfangreiche Wiedergutmachungsleistungen in Form von Lieferungen aus der laufenden Produktion und zu demontierenden Betrieben, dass laut Einschätzung der US-Regierung eine Selbstversorgung der deutschen Bevölkerung auf unabsehbare Zeit kaum möglich gewesen wäre. Der letztlich gefundene Kompromiss bestand in einer Aufteilung in zwei gesonderte Reparationsgebiete: Der UdSSR und Polen blieb zur Befriedigung ihrer Reparationsansprüche die Sowjetische Besatzungszone (SBZ) vorbehalten. Auf Produkte und Betriebe der westlichen Zonen hingegen besaßen mit Ausnahme eines gewissen Anteils „für die deutsche Friedenswirtschaft unnötig(er)“ Industrieanlagen nur die übrigen Siegermächte ein Zugriffsrecht zu Reparationszwecken. Diese Notlösung war ein erster Schritt auf dem Weg zur staatlichen Teilung Deutschlands. Der sich verschärfende Ost-West-Konflikt schlug sich deutlich in miteinander unvereinbaren gesellschaftlichen Weichenstellungen nieder, die in den Besatzungszonen vollzogen wurden. So führte die sowjetische Militärverwaltung beispielsweise eine Bodenreform und umfangreiche Enteignungsmaßnahmen durch. Zur Schaffung eines Gegengewichtes zeigten sich insbesondere die USA und Großbritannien an der Errichtung eines wirtschaftlich stabilen Staatswesens parlamentarisch-demokratischer Prägung auf dem Gebiet der Westzonen interessiert. Eine diesbezügliche Vorform stellte die Bizone dar.

Wichtig für den Wiederaufbau Westdeutschlands war zudem seine Einbeziehung in den „Marshall-Plan“, ein nach dem US-Außenminister George C. Marshall (1880-1959) benanntes Programm zur wirtschaftlichen Unterstützung des kriegsgeschädigten Westeuropas. Hierzu bedurfte es jedoch einer Währungsreform. Als Frankreich einer solchen in der ersten Jahreshälfte 1948 ebenso zustimmte wie der Abhaltung einer verfassungsgebenden Versammlung waren die wesentlichen Voraussetzungen zur Gründung eines westdeutschen Teilstaates erfüllt. Der sowjetische Versuch, den deutschlandpolitischen Alleingang der Westmächte durch eine Sperrung aller Zufahrtswege nach Berlin zu stoppen, wurde durch die Sicherstellung der Versorgung West-Berlins aus der Luft unterlaufen. 1949 entstanden dann zwei Staaten auf deutschem Boden, die Bundesrepublik Deutschland (BRD) im Westen und die Deutsche Demokratische Republik (DDR) im Osten.

Während der entsprechende Prozess in Westdeutschland zwar in enger Abstimmung mit den Westmächten erfolgte, aber parlamentarisch-demokratischen Standards genügte, wurde er in der Ostzone in hohem Maße von der sowjetischen Militärverwaltung gelenkt und nur notdürftig demokratisch legitimiert. Sowohl in West- als auch in Ostdeutschland behielten sich die Besatzungsmächte Eingriffe in die staatliche Souveränität vor, wobei die Handlungsspielräume der DDR-Regierung weit geringer waren und blieben.

Formen und Grenzen alliierter Entnazifizierung

Zu den Schlüsselaufgaben der alliierten Deutschlandpolitik zählten die Aufarbeitung der NS-Verbrechen und die Entnazifizierung der deutschen Gesellschaft. Hierbei sahen die Siegermächte sich mit einer enormen Herausforderung konfrontiert, hatten doch zirka 8,5 Millionen Deutsche der NSDAP angehört. Wesentliche Bedeutung besaß aus alliierter Sicht die Bestrafung der als „Hauptkriegsverbrecher“ geltenden Repräsentanten des Nazi-Regimes. Die Regierungen der USA, der Sowjetunion, Großbritanniens und Frankreichs einigten sich auf die Bildung eines Internationalen Militärtribunals, vor dem sich die greifbaren Spitzen des „Dritten Reiches“ verantworten sollten. Dieser „Hauptkriegsverbrecher-Prozess“ fand vom 20. November 1945 bis zum 1. Oktober 1946 unter weltweiter Beachtung im Nürnberger Justizpalast statt. Neben zwei Dutzend hochrangigen Vertretern des NS-Staates, dessen namhaftester der ehemalige „Reichsmarschall“ Hermann Göring war, stand auch eine Reihe von Kollektiven vor Gericht, und zwar die Reichsregierung, die NSDAP, die SA, die SS, die Gestapo, der SD sowie der Generalstab und das Oberkommando der Wehrmacht. Die Anklagepunkte umfassten u.a. „Planung, Entfesselung und Durchführung eines Angriffskrieges“ und „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“. Zwölf der angeklagten Einzelpersonen wurden zum Tod durch den Strang verurteilt. Göring entzog sich der Vollstreckung durch die Einnahme von Gift. Die NSDAP, die SS, die Gestapo und der SD wurden seitens des Internationalen Militärgerichtshofes als „verbrecherische Organisationen“ eingestuft. Der sich zuspitzende Ost-West-Konflikt verhinderte eine Fortführung der gemeinsamen juristischen Verfolgung des NS-Unrechtes durch die Siegermächte. Stattdessen wurden in allen vier Besatzungszonen sowie Polen, den Niederlanden und diversen weiteren Staaten, die während des Zweiten Weltkrieges deutscher Besatzungsherrschaft unterstanden hatten, gesonderte Verfahren gegen vermeintliche Nazi-TäterInnen abgehalten. Besonders große internationale Aufmerksamkeit zogen die zwölf im Anschluss an den „Hauptkriegsverbrecher-Prozess“ bis Mitte 1949 von der US-Militärjustiz ebenfalls in Nürnberg durchgeführten „Nachfolge-Prozesse“ auf sich. Im Rahmen dieser Verfahren wurden nach und nach die verschiedenen Bereiche des „nationalsozialistischen“ Terrorregimes juristisch untersucht.

So mussten sich z.B. im Ärzte-Prozess Mediziner und Verwaltungsfachleute für ihre mutmaßliche Beteiligung an „Euthanasiemorden“ und Menschenexperimenten verantworten, während der Einsatzgruppen-Prozess in den besetzten Gebieten Osteuropas von SS-Angehörigen verübte Massenmorde behandelte. Von den insgesamt 185 Angeklagten der „Nachfolge-Prozesse“, unter denen sich darüber hinaus Reichsminister und hohe Regierungsbeamte, Industrielle und Bankiers sowie Generäle der Wehrmacht befanden, erhielten 24 die Todesstrafe, die letztlich jedoch nur in der Hälfte der Fälle vollstreckt wurde.

Unterhalb der abgeurteilten Führungsebene des Nazi-Regimes gestalteten sich die von den Siegermächten unternommenen Entnazifizierungsbemühungen in den Besatzungszonen sehr unterschiedlich. Ursächlich hierfür waren in erster Linie die miteinander unvereinbaren ideologischen Vorgaben, unter denen die gesellschaftliche Neuausrichtung seitens der alliierten Regierungen initiiert wurde. Den schärfsten Entnazifizierungskurs verfolgten die sowjetischen Machthaber, die im Sinne der von ihnen angestrebten sozialistischen Umwälzung alle ehemaligen NSDAP-Mitglieder aus einflussreichen Positionen entfernt wissen wollten. Bis zum Frühjahr 1948 wurden mehr als 520.000 für politisch vorbelastet befundene Personen von ihren Posten entbunden bzw. nicht wieder eingestellt und in der Regel durch weltanschaulich gefestigte KommunistInnen ersetzt. Hierbei tauschte die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) z.B. nahezu das komplette Justizpersonal und mehr als die Hälfte der Lehrerschaft aus.

Gute Chancen, von der „Säuberungswelle“ verschont zu bleiben, besaßen hingegen technische ExpertInnen, naturwissenschaftliche Koryphäen und andere SpezialistInnen, die im Hinblick auf den Wiederaufbau als unverzichtbar galten. Auf Grund angeblicher Vergehen während des „Dritten Reiches“ wurden zehntausende BewohnerInnen der SBZ in Internierungslager gesperrt, bei denen es sich in einigen Fällen um umfunktionierte NS-Konzentrationslager handelte. Der sowjetische Geheimdienst unterhielt in Ostdeutschland zehn solcher „Speziallager“. Auch in den Westzonen existierten Internierungslager, doch waren die Verhältnisse in ihren ostdeutschen Pendants in sehr viel höherem Maße von Willkür und Inhumanität gekennzeichnet. So nutzte die SMAD die Entnazifizierung auch als Vorwand zur Gefangennahme von Personen, denen eine antisowjetische Grundhaltung unterstellt wurde. Annähernd 43.000 Internierte überlebten die unmenschlichen Zustände in den erst 1950 aufgelösten „Speziallagern“ nicht.

Im von US-Truppen besetzten Teil Deutschlands kam zunächst ein strenges, umfassendes Entnazifizierungsverfahren zum Einsatz: Jede(r) innerhalb des entsprechenden Gebietes lebender erwachsene(r) Deutsche(r) hatte im Rahmen eines sechsseitigen Fragebogens detailliert Auskunft über etwaige Mitgliedschaften in „nationalsozialistischen“ Organisationen zu geben. Auf Grundlage dieser Angaben erfolgte eine Eingruppierung der insgesamt zirka 13 Millionen Befragten in die Kategorien „Hauptschuldige“, „Belastete“, „Minderbelastete“, „Mitläufer“ und „Entlastete“. Mittels des im März 1946 erlassenen „Gesetzes zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus“ wurde deutschen Laiengerichten, so genannten Spruchkammern, die Befugnis verliehen, unter Aufsicht der US-Militärverwaltung die Fälle mutmaßlich in NS-Unrecht verstrickter Personen zu verhandeln. Der Katalog möglicher Sühnemaßnahmen reichte von Geldstrafen über Berufsausübungsverbote bis hin zur Einweisung in ein Arbeitslager. Mit zunehmender Verschärfung des Ost-West-Konfliktes büßte allerdings für die USA die juristische Aufarbeitung des „Dritten Reiches“ zu Gunsten der Bemühungen um eine Einbindung Westdeutschlands in das sich formierende antikommunistische Staatenbündnis an Bedeutung ein. Etliche OrganisatorInnen und TäterInnen des NS-Terrors wurden daher nicht angemessen bestraft und konnten die Weichen für eine Nachkriegskarriere stellen.

Die britische Haltung in der Entnazifizierungsfrage war von Anfang an vergleichsweise moderat. So zielten die entsprechenden Anstrengungen in erster Linie darauf ab, hochrangige Verantwortliche des NS-Staates aus gesellschaftlichen Spitzenpositionen zu verdrängen. Ansonsten wurde einem zügigen Aufbau in den Bereichen Verwaltung und Wirtschaft Priorität gegenüber einer politischen Durchleuchtung der Bevölkerung eingeräumt. Auch in der französischen Besatzungszone war der Umgang mit ehemaligen Angehörigen der NS-Bewegung, so sie denn nicht erwiesenermaßen besonders schwere Schuld auf sich geladen oder eine herausragende Stellung im „Dritten Reich“ bekleidet hatten, eher zukunftsorientiert und von Nachsicht geprägt. Nach dem 1. Januar 1919 geborene Personen galten z. B. generell als entlastet. Diese relativ milde Form der Entnazifizierung lag wohl nicht zuletzt in einer gewissen Scheu begründet, allzu intensiv das Vichy-Regime und die anderen französischen Kreise, welche sich während des Zweiten Weltkrieges auf eine Zusammenarbeit mit dem deutschen Besatzungssystem eingelassen hatten, zu thematisieren.

Verdrängung, Aufarbeitung und Überdauern der braunen Vergangenheit in der „alten“ Bundesrepublik

Phasen staatlicher und gesellschaftlicher Auseinandersetzung mit der NS-Zeit

Die Gründungsphase der BRD war von einem Hang zur Verdrängung der NS-Verbrechen sowie der ihnen zu Grunde liegenden gesellschaftlichen Strukturen geprägt. Die Einbindung wegen ihrer Fachkenntnisse geschätzter ehemaliger Verwaltungs- und WirtschaftsexpertInnen des „Dritten Reiches“ in die westdeutschen Aufbaubemühungen genoss Vorrang vor einer rückhaltlosen Auseinandersetzung mit der Nazi-Zeit. So scheute Regierungschef Konrad Adenauer (1876-1967) etwa nicht vor der Ernennung des Juristen Hans Globke (1898-1973), der Mitte der 1930er Jahre zusammen mit dem SS-Obergruppenführer Wilhelm Stuckart (1902-1953) den ersten Kommentar zu den berüchtigten Nürnberger Gesetzen verfasst hatte, zum Staatssekretär im Bundeskanzleramt zurück. Andererseits bekannte sich die Bundesregierung zumindest teilweise durchaus zu ihrer Verantwortung für die im Namen Deutschlands während der NS-Herrschaft verübten Untaten. Den deutlichsten Beleg hierfür stellte das am 10. September 1952 von Adenauer und dem israelischen Außenminister Moshe Scharett (1894-1965) unterzeichnete Luxemburger Abkommen dar. Hierin verpflichtete sich die BRD gegenüber dem 1948 errichteten jüdisch geprägten Staat Israel sowie der Jewish Claims Conference (JCC), einer die Interessen von Shoah-Überlebenden und deren Nachkommen vertretenden Organisation mit Sitz in New York, als materielle Wiedergutmachung für das dem europäischen Judentum zugefügte Leid und Unrecht zu Zahlungen, Warenlieferungen und Dienstleistungen im Gesamtwert von annähernd 3,5 Milliarden Deutschen Mark (DM). Das von diesen Entschädigungsleistungen ausgehende moralische Signal relativierte sich aber insofern, als die Unterzeichnung des Luxemburger Abkommens erst auf starken Druck der Westmächte zu Stande kam und in der BRD alles andere als unumstritten war. Zudem gingen die KommunistInnen, sonstigen Linksradikalen, Sinti und Roma sowie Homosexuellen unter den ehemaligen Verfolgten des Nazi-Regimes leer aus.

Widerstand gegen den NS-Staat erfuhr in der jungen Bundesrepublik gewöhnlich nur dann eine angemessene Würdigung, wenn er sich auf Personen oder Gruppen mit einem bürgerlichen, christlichen, militärischen oder sozialdemokratischen Hintergrund zurückführen ließ. Während etwa die VerschwörerInnen des 20. Juli 1944 im Rahmen der entsprechenden Gedenkkultur einen Ehrenplatz einnahmen, blieben kommunistische und anarchosyndikalistische Widerstandsformen vollkommen ausgeklammert. Die juristische Aufarbeitung des „Dritten Reiches“ geriet innerhalb Westdeutschlands nach Gründung der BRD gar gänzlich ins Stocken. Eine diesbezügliche Wende leitete ein am 28. April 1958 in Ulm gegen Angehörige des „Einsatzkommandos Tilsit“, das 1941 in Litauen Massenerschießungen durchgeführt hatte, eröffneter Prozess ein. Das Verfahren mündete nicht nur in Haftstrafen für die zehn Angeklagten, sondern sensibilisierte die Öffentlichkeit auch für die gravierenden Versäumnisse der bundesdeutschen Justiz im Umgang mit der braunen Vergangenheit. Um Abhilfe zu schaffen, wurde im Herbst 1958 in Ludwigsburg die „Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen“ eingerichtet. Allein im Jahr 1959 brachte die „Zentrale Stelle“ 400 Vorermittlungsverfahren auf den Weg. Nichtsdestotrotz forderte die sich während der 1960er Jahre unter der Bezeichnungn „Außerparlamentarische Opposition“ (APO) vorrangig im linksstudentischen Milieu formierende Protestbewegung einen radikaleren Bruch mit dem Nazi-Staat. Die Notwendigkeit hierfür wurde von den Angehörigen der APO mit der ihrer Ansicht nach unverändert gegebenen personellen und ideologischen Kontinuität zum „Dritten Reich“ begründet, welche sie nicht zuletzt in der Person des 1966 an die Spitze der Bundesregierung rückenden Ex-NSDAP-Mitglieds Kurt Georg Kiesinger (1904-1988) verkörpert sahen.

Eine erhebliche Intensivierung erfuhr die Auseinandersetzung mit dem braunen Erbe in Westdeutschland im Laufe der 1970er und 1980er Jahre. Wesentliche Bedeutung kam in diesem Zusammenhang der ein Millionenpublikum erschütternden Ausstrahlung der US-TV-Serie „Holocaust“ im Jahr 1979 durch fünf Dritte Programme zu. Etwa zu derselben Zeit begannen sich in vielen bundesdeutschen Städten und Gemeinden so genannte Geschichtswerkstätten zu bilden, die das jeweilige lokale Geschehen während des „Dritten Reiches“ beleuchteten. Ebenfalls den „Nationalsozialismus“ zum Thema hatte eine als „Historikerstreit“ bekannt gewordene Kontroverse zum Gegenstand, die 1986 entbrannte. Als Wortführer fungierten im Rahmen der Debatte der konservative Faschismusforscher Ernst Nolte (geboren 1923) und der Sozialphilosoph Jürgen Habermas (geboren 1929). Nolte löste die Debatte aus, indem er die NS-Massenvernichtung öffentlich als Reaktion auf in der Sowjetunion verübte Verbrechen interpretierte. Habermas griff Nolte daraufhin scharf an, dem er vorwarf, die Shoah durch Leugnung ihrer historischen Einzigartigkeit zu verharmlosen.

Erscheinungsformen der extremen Rechten

Parteien

SRP

Schon recht bald nach dem Ende des „Dritten Reiches“ wurden in Westdeutschland Bemühungen unternommen, sich auf parteipolitischer Basis für die Errichtung eines am NS-Staat orientierten Gesellschaftssystems zu engagieren. Eine dieser Initiativen ging vom ehemaligen Wehrmachtsgeneral Otto Ernst Remer (1912-1997) und anderen Angehörigen einer Nazi-Zelle der nationalistischen „Deutschen Rechtspartei“ (DRP) aus. Ihre Haltung erwies sich allerdings als innerhalb der DRP nicht mehrheitsfähig, woraufhin sie im Oktober 1949 die „Sozialistische Reichspartei“ (SRP) gründeten. Letztere verweigerte beiden deutschen Staaten die Anerkennung und forderte die Wiederherstellung des Deutschen Reiches einschließlich der eingebüßten Ostgebiete. Ihre Programmatik zeichnete sich durch deutliche Parallelen zu jener der NSDAP aus, was sich z.B. in einem ausgeprägten Antisemitismus niederschlug. Als eine Art Parteimiliz fungierte der Ordnerdienst „Reichsfront“. Zirka 10.000 Personen traten der extrem rechten Partei bei.

Breiteren Rückhalt genoss die SRP insbesondere im norddeutschen Raum. So erreichte sie im Mai 1951 bei den Wahlen zum niedersächsischen Landtag einen Stimmenanteil von 11 Prozent. Im Herbst 1952 verbot jedoch das Bundesverfassungsgericht die SRP unter Verweis auf ihre enge personelle und weltanschauliche Verquickung mit der NSDAP. Viele ihre Mitglieder begannen sich nach dem Urteilsspruch in Nachfolge- bzw. Tarnorganisationen zu betätigen. Es sollte aber ein knappes Jahrzehnt vergehen, bis eine an die Tradition der Nazi-Bewegung anknüpfende Partei in der BRD bei Wahlen wieder ähnlich erfolgreich abschnitt wie die SRP.

NPD

Mitte 1952 trat die westdeutsche Wirtschaft in eine knapp zehn Jahre andauernde Phase der Hochkonjunktur ein. Erst während der kurzen Kanzlerschaft des Christdemokraten Ludwig Erhard (1897-1977), der 1963 seinen Parteifreund Adenauer als Regierungschef abgelöst hatte, kam es zu einer Eintrübung der ökonomischen Entwicklung. Die Ursache war ein Rückgang der Auftragslage, der u. a. den Bau-, Maschinen- und Textilsektor empfindlich traf. Anstatt durch eine Erhöhung der staatlichen Investitionen für neue Konjunkturimpulse zu sorgen, beschloss die Bundesregierung Ende Oktober 1965 zum Ausgleich für schwindende Steuererträge ein drastisches Sparprogramm, was die Konjunkturschwäche zusätzlich verschärfte. Die alarmierendsten Krisensymptome bestanden in einem Anstieg der Arbeitslosenzahlen und sinkenden Wachstumsraten. Im Vergleich zu späteren Rezessionsperioden stellte sich die wirtschaftliche Situation der BRD allerdings noch im Jahr 1966, dem letzten der Kanzlerschaft Erhards, keineswegs dramatisch dar: Obwohl in der Zeit des Aufschwungs als Arbeitskräftereserve annähernd 1,4 Millionen „GastarbeiterInnen“ aus Italien, Spanien, Griechenland, der Türkei, Portugal und Jugoslawien angeworben worden waren, lag die Arbeitslosenquote lediglich bei 0,7 Prozent. Der Anstieg des Bruttosozialproduktes der Bundesrepublik, also der Geldwert aller im Rahmen der westdeutschen Volkswirtschaft erzeugten Güter und erbrachten Dienstleistungen, wies zwar eine stark fallende Tendenz auf, betrug aber immerhin noch knapp 2,8 Prozent. In der öffentlichen Wahrnehmung weckte der Konjunktureinbruch jedoch Erinnerungen an die sehr viel existenziellere Wirtschaftskrise der späten 1920er bzw. frühen 1930er Jahre. Die Verschlechterung der ökonomischen Lagebereitete einem zeitweiligen Erstarken der extremen Rechten in Gestalt der 1964 gegründeten „Nationaldemokratischen Partei Deutschlands“ (NPD) den Weg, zu deren Gunsten sich die 1950 als Nachfolgeprojekt der „Deutschen Rechtspartei“ aus der Taufe gehobene „Deutsche Reichspartei“ (DRP) auflöste. Die faschistischen Wurzeln der NPD kamen schon allein darin zum Ausdruck, dass ein knappes Drittel ihrer bis zu 30.000 Mitglieder und sogar 76 Prozent aller Spitzenfunktionäre einst der NSDAP angehört hatten. Mit entsprechendem Nachdruck trat die Partei für die Einstellung der Verfolgung von Nazi-Verbrechen ein. Vor dem Hintergrund der Rezession sowie der an Schärfe zunehmenden studentischen Proteste gelang es der NPD, sich mit nationalistischen Losungen und Rufen nach Sicherheit und Ordnung derart zu profilieren, dass sie von 1966 bis 1968 bei Landtagswahlen in Hessen, Bayern und Baden-Württemberg Ergebnisse zwischen 7,4 und 9,8 Prozent einfuhr. Ihre Erfolgsserie endete bei der Bundestagswahl 1969, als die NPD mit einem Resultat von 4,3 Prozent den Einzug in den Bundestag verpasste. Interne Richtungskämpfe und finanzielle Engpässe folgten, die für einen Jahrzehnte währenden Absturz in die politische Bedeutungslosigkeit sorgten.

DVU

Als organisatorische Alternative für enttäuschte NPD-Mitglieder wurde Anfang 1971 in München ein Verein namens „Deutsche Volksunion“ (DVU) gegründet. Den Vorsitz übernahm Gerhard Frey (geboren 1933). Der Spross einer vermögenden Kaufmannsfamilie und promovierte Rechts- und Staatswissenschaftler war zu diesem Zeitpunkt im Begriff, den bedeutendsten extrem rechten Medienkonzern der BRD aufzubauen. Blätter wie die wöchentlich erscheinende „Deutsche National-Zeitung“ sowie kriegsverherrlichende, geschichtsverfälschende Bücher, Tonträger und Devotionalien schürten nicht nur fremdenfeindliche und antisemitische Ressentiments, relativierten die Qualität der Nazi-Verbrechen und hetzten gegen den von der sozial-liberalen Bundesregierung eingeleiteten ostpolitischen Entspannungskurs, sondern bescherten Frey auch stattliche Profite. Die von ihm finanziell abhängige DVU hatte sich seiner autoritären Führung strikt unterzuordnen, wobei das Verhältnis zur NPD zwischen Konkurrenz und Kooperation wechselte.

In einer Phase der Zusammenarbeit wurde im März 1987 eine mit dem erst 1991 gestrichenen Zusatz „Liste D“ versehene Parteivariante der DVU, an deren Spitze ebenfalls Frey trat, aus der Taufe gehoben. Ein knappes halbes Jahr später errang diese in einem Wahlbündnis mit der NPD bei den Wahlen zur Bremischen Bürgerschaft einen Sitz. Bei den im Juni 1989 abgehaltenen Europawahlen kam die DVU trotz einer kostenintensiven Kampagne lediglich auf 1,6 Prozent. Die parteipolitischen Ambitionen Freys waren hiermit aber keineswegs schon wieder beendet, wie sich recht bald darauf zeigen sollte.

REP

Ein in den frühen 1980er Jahren durch den bayerischen Ministerpräsidenten und Vorsitzenden der konservativen „Christlich-Sozialen Union“ (CSU) der DDR-Führung vermittelter Milliardenkredit war Anlass der Entstehung einer weiteren Partei extrem rechter Ausrichtung. Etliche CSU-Mitglieder werteten die Finanzspritze als Verrat an ihren antikommunistischen Grundsätzen. Einige von ihnen, darunter die Bundestagsabgeordneten Franz Handlos und Ekkehard Voigt (beide geboren 1939) sowie der ehemalige Angehörige der Waffen-SS und Journalist Franz Schönhuber (1923-2005), gründeten im Herbst 1983 „Die Republikaner“ (REP). An die Spitze der REP trat zunächst Handlos, unter dessen Vorsitz die programmatische Abgrenzung gegenüber der CSU relativ gemäßigt ausfiel.

Ein deutlicher Rechtsruck vollzog sich auf Betreiben Schönhubers, der Handlos 1985 als Parteichef ablöste. Die REP legten weiterhin Wert darauf, als nicht der extremen Rechten zugehörig wahrgenommen zu werden, rekrutierten aber dennoch Personen mit entsprechender Vorgeschichte, verharmlosten die NS-Zeit und vertraten nationalistische sowie rassistische Positionen. Ein erster Achtungserfolg gelang ihnen 1986 bei den bayerischen Landtagswahlen mit einem Resultat von 3 Prozent.

Den Durchbruch schien das Jahr 1989 zu bringen. So erzielten sie Ende Januar bei der Abstimmung zum Berliner Abgeordnetenhaus trotz oder gerade wegen eines von massiver Fremdenfeindlichkeit geprägten Wahlkampfes, der durch einen Bilder türkischstämmiger MigrantInnen zur Filmmusik von „Spiel mir das Lied vom Tod“ zeigenden TV-Spot mediale Aufmerksamkeit erregte, ein Ergebnis von 7,5 Prozent. Ähnlich erfolgreich schnitten die REP mit 7,1 Prozent bei der ein knappes halbes Jahr später abgehaltenen Europawahl ab. Gemeinsam mit fünf MitstreiterInnen zog Schönhuber ins Europaparlament ein, wo die REP mit dem französischen „Front National“ (FN) und dem belgischen „Vlaams Blok“ (VB) die sich allerdings als wenig stabil erweisende „Technische Fraktion der Europäischen Rechten“ bildeten.

„Neue Rechte“

Die Bildung der „Neuen Rechten“ erfolgte Ende der 1960er Jahre. Wesentliche Bedeutung kam in diesem Zusammenhang dem verpassten Einzug der NPD in den Bundestag 1969 zu, der insbesondere jüngere NationalistInnen verstärkt Ausschau nach außerparlamentarischen Möglichkeiten der Erlangung gesellschaftlichen Einflusses halten ließ. Hierbei sahen sie sich mit der Herausforderung konfrontiert, propagandistisch aus dem Schatten des „Nationalsozialismus“ zu treten und sich gleichzeitig gegenüber den dynamischen Politikformen der APO bzw. der an die linksstudentische Protestkultur anknüpfenden Neuen Sozialen Bewegungen zu behaupten. Orientierungshilfe leisteten ihnen französische Rechtsintellektuelle um den Philosophen Alain de Benoist (geboren 1943), die als Antwort auf die Pariser Maiunruhen 1968 eine „Neue Rechte“(„Nouvelle Droite“) ausriefen. Als ideologische Stichwortgeber dienten den Vordenkern der „Nouvelle Droite“ primär antidemokratische Konservative der Weimarer Republik, die wie Arthur Moeller van den Bruck (1876-1925), Edgar Julius Jung (1894-1934) und Carl Schmitt (1888-1985) als geistige Wegbereiter des „Dritten Reiches“ fungiert hatten, Theoretiker des italienischen Faschismus vom Schlage eines Julius Evola (1898-1974) sowie menschliche Sozialbeziehungen biologistisch interpretierende Verhaltensforscher wie Konrad Lorenz (1903-1989) und Irenäus Eibl-Eibesfeldt (geboren 1928). In machttechnischer Hinsicht flossen Vorstellungen eines Vertreters der politischen Gegnerschaft in die „neurechte“ Lehre ein. So wurde das vom marxistischen Philosophen Antonio Gramsci (1891-1937) in Anbetracht der Unterdrückung der italienischen Linken durch das Mussolini-Regime entwickelte Konzept, mittels einer schleichenden Bestimmung gesellschaftlicher Diskurse einen Zustand „kultureller Hegemonie“ zu erreichen und auf diese Weise einen Umsturz der Herrschaftsverhältnisse vorzubereiten, auf die eigene Situation übertragen. Die hierbei transportierten Inhalte waren und sind antiaufklärerischer Natur, also z.B. darauf ausgerichtet, jegliche Form von Individualismus und Universalismus zu diskreditieren.

Die taktische Bedingtheit der „neurechten“ Abgrenzung von der „Alten Rechten“ verdeutlicht u. a. die Einführung des Ausdrucks „Ethnopluralismus“. Letzterer dient nämlich als Leitbegriff eines propagandistischen Kampfes für ethnisch homogene Nationalstaaten, der sich als Eintreten zum Wohle der Vielfalt „kultureller Identitäten“ tarnt, trotz Vermeidung offen rassistischer Argumente aber ein System globaler Apartheid anstrebt. Nachdem sich in der BRD zunächst vorrangig „nationalrevolutionäre“ Kräfte bemüht hatten, solches Gedankengut im Zuge der Unterwanderung der Neuen Sozialen Bewegungen zu verbreiten, ging die Meinungsführerschaft innerhalb des „neurechten“ Lagers zunehmend auf sich elitär gebärdende, eine Brückenfunktion zwischen Konservatismus und extremer Rechter ausübende Zeitschriften und „Denkfabriken“ wie die „Junge Freiheit“ (JF) und das „Institut für Staatspolitik” (IfS) über.

Militanter Neonazismus

In zeitlicher Nähe zur Formierung der „Neuen Rechten“ wurden von NachwuchsaktivistInnen der extremen Rechten, die sich in der Tradition brauner Kampfbünde wie der SA sahen, gewaltbereite Neonazi-Gruppen aus der Taufe gehoben. Zu einer Leitfigur dieser militant rassistischen, die Shoah leugnenden und Adolf Hitler verehrenden Szene schwang sich Michael Kühnen (1955-1991) auf. Der aus der Bundeswehr entlassene Ex-Leutnant wurde von zirka 300 überwiegend jugendlichen, in Kameradschaften organisierten Mitgliedern der im Herbst 1977 gegründeten „Aktionsfront Nationaler Sozialisten“ (ANS) als Führerfigur akzeptiert. Das Verbot der inzwischen mit den ähnlich ausgerichteten „Nationalen Aktivisten“ zur ANS/NA verschmolzenen Gruppierung umgingen die Neonazis um Kühnen mittels Bildung einer Nachfolgeorganisation, der „Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front“ (GdNF). Letztere berief sich auf das 25-Punkte-Programm der NSDAP, dessen Propagierung sie im Zuge provokativer Kundgebungen und Kampagnen betrieb. Eine nach Bekanntwerden der Homosexualität Kühnens entbrennende Kontroverse spaltete 1986 die GdNF. Die beiden konkurrierenden Flügel traten weiterhin für einen faschistischen Umsturz ein, wobei bevorzugt im Rahmen so genannter Wehrsportgruppen absolvierte paramilitärische Trainings eine zentrale Rolle spielten. Die berüchtigtste und mit etwa 440 Angehörigen mitgliederstärkste dieser militanten Neonazi-Zusammenschlüsse, die nach ihrem Gründer Karl-Heinz Hoffmann (geboren 1937) benannte „Wehrsportgruppe Hoffmann“ (WSG), war schon Anfang 1980 verboten worden.

Knapp acht Monate später hatte Gundolf Köhler (1959-1980), ein dem Umfeld der WSG zuzurechnender Student, ein inklusive seiner Person dreizehn Todesopfer forderndes Bombenattentat auf das Münchner Oktoberfest verübt.

Rechte Skinheads

Ende der 1970er Jahre begann in Westdeutschland eine in Großbritannien entstandene Jugendkultur Fuß zu fassen: die Skinhead-Bewegung. Äußerlich waren ihre Mitglieder u. a. an kurzgeschorenen Haaren und Kleidungsstücken wie Bomberjacken, Arbeitsstiefeln, Hosenträgern sowie Polohemden und Blue Jeans bestimmter Marken zu erkennen. In politischer Hinsicht durchlief die Skinhead-Szene einen Prozess ausgeprägter Ausdifferenzierung. So legten viele Skinheads Wert auf eine strikt unpolitische Haltung, während sich eine wachsende Anzahl von ihnen dem neonazistischen Milieu zuwandte und sich wieder andere innerhalb antirassistischer und linksradikaler Zusammenhänge engagierten. Laut Einschätzung von „Sicherheitsbehörden“ lag in der BRD der Anteil von Neonazis an der gesamten Skinhead-Szene in den 1980er Jahren bei nicht mehr als 10 Prozent. Ihre hohe Gewaltbereitschaft gegenüber MigrantInnen, Angehörigen sozialer Randgruppen und politischen GegnerInnen dominierte allerdings spätestens seit 1985, als in Hamburg binnen weniger Monate zwei türkischstämmige Männer von rassistischen Skinheads ermordet wurden, das öffentliche Bild dieser Jugendbewegung.

fpf

Quellen:

  • Braun, Stephan / Geisler, Alexander / Gerster, Martin, Strategien der extremen Rechten. Hintergründe – Analysen – Antworten, Wiesbaden 2009.
  • Cremet, Jean / Krebs, Felix / Speit, Andreas, Jenseits des Nationalismus. Ideologische Grenzgänger der „Neuen Rechten“ – Ein Zwischenbericht, Hamburg / Münster 1999.
  • Görtemaker, Manfred, Kleine Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, München 2002.
  • Mecklenburg, Jens (Hg.), Handbuch Deutscher Rechtsextremismus, Berlin 1996.
  • Steininger, Rolf, Deutsche Geschichte 1945-1961. Darstellung und Dokumente in zwei Bänden, Frankfurt am Main 1983.
  • Thränhardt, Dietrich, Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, Frankfurt am Main 1996.


Originaltext:
Gai Dao Nr. 9, Zeitung der anarchistischen Föderation FdA- IFA (2011). Die Gai Dao ist im Downloadbereich oder auf der Homepage des Projekts jeweils als PDF downloadbar.
Buch: Pfeiffer, Frank - Kurze Weltgeschichte des Faschismus


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