Schwarzwurzeln - Ermordet-Befreit-Verschwiegen (KZ Mauthausen)

Der folgende Text erschien in Wien als Broschüre der anarchistischen Gruppe "Schwarzwurzeln", die zwischen 2005 und 2008 mehrere Gedenkveranstaltungen zu den KZ Mauthausen und Gusen (Nebenlager von Mauthausen) durchführte.

Inhalt:

  • AnarchistInnen
  • Zwangsprostituierte
  • Sexuell missbrauchte Jugendliche
  • Rosa- Winkel-Häftlinge - Homosexuelle
  • Konzentrationslager
  • Editorial

AnarchistInnen im KZ Mauthausen - Ein Mantel des Verschweigens

"Ich habe niemals bereut, dass ich in Spanien für die Republik gekämpft habe. Aber Mauthausen war das Schlimmste, was man sich überhaupt vorstellen kann. Das war eine wahre Hölle. Ich hätte alles getan, um zu verhindern, dass ich das noch mal durchmachen muss." (Franz Comellas, Anarchist, spanischer Häftling im KZ Mauthausen)

Gab es AnarchistInnen im KZ Mauthausen? Diese Frage stellten wir nach dem ersten Besuch im KZ Mauthausen. Nun standen wir aber vor dem Dilemma, wo können wir darüber etwas Erfahren? Die herkömmliche Literatur über den Lagerkomplex Mauthausen berichtet nichts über AnarchistInnen. Mag das ein Zufall, Absicht oder der Mangel an Quellen sein, oder gab es wirklich keine AnarchistInnen im KZ Mauthausen?

Mit dem Putsch der Austrofaschisten 1934 setzte wieder eine massive Verfolgung der AnarchistInnen ein. Im faschistischen Ständestaat waren die AnarchistInnen, so wie alle anderen in Opposition stehenden Gruppen, verboten. Das es für alle, den Kampf gegen den Faschismus in der Illegalität weiter zu führen. Aber viele von ihnen waren schon bekannt und wurden verfolgt und verhaftet. Nach dem "Anschluss" wurden die meisten von ihnen in das KZ Dachau überstellt. Nur wenige politische Gefangene aus dem ehemaligen Österreich kamen in das KZ Mauthausen, die uns zur Verfügung stehenden Überlieferungen sagen nichts darüber aus, ob auch AnarchistInnen dabei waren.

Wir stellten bei unserem Besuch im KZ Mauthausen fest, dass sehr viele SpanierInnen im Lagerkomplex Mauthausen waren. Über 7.200 SpanierInnen wurden im Zeitraum von 1938 – 1945 in den Lagerkomplex Mauthausen eingeliefert und als "Rotspanier" bezeichnet. Von diesen 7.200 wurden über 4.500 Menschen ermordet. Aber wie kam es dazu, dass so viele SpanierInnen in den Lagerkomplex Mauthausen eingeliefert und ermordet  wurden? Dazu müssen wir etwas ausholen.

Gedenktafel KZ GusenAls in Spanien am 19. Juli 1936 ArbeiterInnen (hauptsächlich AnarchistInnen) den Militärputsch der von General Franco angeführt wurde, in den meiste Großstädten abwehren konnten,  gab es noch große Hoffnung in die soziale Revolution. Doch wie so oft in der Geschichte kam es anders, als von den ArbeiterInnen erhofft. Die putschenden Generäle wurden von den deutschen Nazis unterstützt, mit Waffen und Soldaten. Für das Deutsche Reich war es zugleich ein Test für die Waffen, wie sie sich in einem Krieg bewährten. 1939 fiel die als letzte Stadt Barcelona und die Putschisten haben die Republik besiegt. Hunderttausende Menschen flüchteten aus dem faschistischen Spanien nach Frankreich, wo sie sich Hilfe und Unterstützung erhofften, aber statt Hilfe zu bekommen, wurden sie in Lager gesperrt. Die Lager, wo sich viele AnarchistInnen befanden, waren Argelès, Saint-Cyprien und Le Boulou. Als die deutsche Armee Frankreich angriff, waren die Spanier immer noch in den Lagern und die französische Regierung stellte viele vor die Wahl, in die französische Fremdenlegion, Arbeitskompanien und Marschbataillone der französischen Armee einzutreten oder nach Spanien zurückgeschickt zu werden. Da es sich bei den SpanierInnen um Kampferprobte Menschen handelte, die weder in die französischen Armee gingen, noch viele nach Spanien zurückkehren konnten, verblieben alljene, die nicht flüchten konnten, in den Lagern. Viele von ihnen kämpften später in der Resistance gegen die Nazis. Frankreich wurde von der deutschen Armee überrollt und die in der französischen Armee kämpfenden Spanier gerieten wie die Franzosen in Kriegsgefangenschaft. Viele dieser SpanierInnen waren Mitglieder der CNT (1) und FAI (2), aber auch KommunistInnen und RepublikanerInnen. Es wurde der spanischen Regierung angeboten, sie alle nach Spanien zurück zu schicken. Franco lehnte ab und verlangte aber die Auslieferung einiger Menschen, die eine wichtige Rolle gespielt hatten, wie z.B. die AnarchistInnen Joan Peiro oder Federica Montseny und einige, über die wir leider keine Information haben. Die SpanierInnen werden bei den Nazischergen unter „Rotspanier“ geführt. Mit diesem Begriff wurden Angehörige verschiedener linker politischer Strömungen bezeichnet, wollen uns aber hier auf die AnarchistInnen beschränken.

Den anarchistischen Widerstand gab es im KZ-Komplex Mauthauen nicht. Die Verhältnisse waren von Lager zu Lager verschieden, und der Widerstand musste sich den Umständen anpassen. Als die ersten großen  SpanierInnen-Transporte 1940 im KZ Mauthausen ankamen galten die „RotspanierInnen“ nach Ansicht der Nazischergen als gefährlichste Häftlinge, die ganz besonders zu verachten ist. Bei der Ankunft wurde selektiert, männliche Jugendliche ab 14 Jahren und Männer kamen in das KZ Mauthausen. Frauen und Kinder wurden entweder nach Spanien deportiert oder weiter nach Ravensbrück gebracht. Die jugendlichen Männer wurden zum Großteil zu Steinmetzen ausgebildet. Das KZ Mauthausen war bis 1944 ein reines Männerlager.

Die meisten der Spanier blieben in der ersten Zeit nicht im Stammlager (KZ Mauthausen), sondern wurden nach Gusen überstellt. Dort war die Sterblichkeit noch höher als im Stammlager: Etwa 4200 Spanier wurden dort ermordet. Ab 1942 besserte sich die Situation der Spanier, weil sie von SS-Hauptsturmführer Georg Bachmayer bevorzugt wurden und in bessere Arbeitskommandos vermittelt wurden. Sobald die Spanier auf bessere Positionen und in bessere Arbeitskommandos kamen, ging auch die Todesrate der Spanier zurück. Aber es durften keine 3 Spanier zusammen stehen, das galt Ansammlung und war verboten. Dies machte es ihnen sehr schwer, einen Widerstand zu organisieren.

Das „Vöcklabruck“ Kommando bestand aus etwa 350 republikanischen Spaniern. Darunter auch Franz Comellas. Der Kapo César Orquín, war auch ein spanischer Häftling.  In Vöcklabruck bauten sie eine Brücke über den Fluss Vöckla und ein Wasserkraftwerk. Außerdem gab es noch ein Straßenbaukommando. Franz Comellas, fand es “wesentlich angenehmer“ als im KZ Mauthausen: „Zu Essen gab es zwar auch nicht mehr, aber das Lager war kleiner und nur mit einem einfachen Stacheldraht eingezäunt, der nicht elektrisch geladen war“. Das Ermorden durch Arbeit in den reinen Spanien-Kommandos soll sehr gering gewesen sein. Die spanische Häftlingsorganisation „Amicale“ zeichnet in einer unvollständigen Liste neun Todesfälle in Ternberg auf. Im Mai 1942 wurde das Lager Vöcklabruck aufgelöst und das „Cäsar-Kommando“, wie das „Vöcklabruck“-Kommando meist genannt wurde, nach Ternberg überstellt. Auch dort bauten die Gefangenen ein Wasserkraftwerk. Im August 1944 kam dann das gesamte Kommando zurück ins KZ Mauthausen und wurde im Dezember 1944 nach Schlier überstellt, wo die Häftlinge Stollen erweiterten und V-Waffen herstellten.

Über „Cäsar“, wie er im Lager genannt wurde, gibt es positive und negative Stimmen. Er war von ganz anderer Art, als sonst bei Kapos üblich. Orquín war jung, intelligent und hatte vor allem das Wohlergehen seiner Mitgefangenen im Sinn. Orquín und Comellas waren damals erst 23 Jahre alt. Der katalanische Schriftsteller Joaquím Amat-Piniella hat über seine Zeit im KZ Mauthausen und im Cäsar-Kommando einen Roman geschrieben. Er nennt Cäsar darin „August“. Das Cäsar-Kommando wurde auf einem Evakuierungsmarsch nach Ebensee von amerikanischen Truppen befreit. Auch das Kommando in Steyr bestand so gut wie ausschließlich aus Spaniern: Etwa 400 Spanier bauten ab Dezember 1941 das Lager auf und stellten dort Waffen für Steyr-Daimler-Puch her. Steyr, das als außergewöhnlich hartes Außenkommando galt, zeichnete sich, nach Patricio Cruz - durch eine gute Organisation der Spanier aus. Anarchisten und Kommunisten zogen an einem Strang.

Aber das war nicht immer so. Obwohl sie bereits lange Zeit gemeinsam im Lager verbrachten, lähmten noch immer alte Ressentiments die großen Gruppen: Anarchisten und Kommunisten/Sozialisten misstrauten sich gegenseitig. Dieser Konflikt setzte sich zunächst auch im KZ fort: So waren im KZ Mauthausen die Kommunisten besser organisiert als die Anarchisten, aber in Gusen war die Situation genau umgekehrt: Dort führte die anarchistische Gewerkschaft CNT die geheime Organisation. Die CNT und die ERC (3) organisierten zum Beispiel eine solidarische Essenszuteilung, der sich auch andere spanische Gruppen anschlossen: Die Mitglieder verpflichteten sich, einen Teil der ohnehin knappen Mahlzeit für Kranke auf die Seite zu legen. In ihrer bedingungslosen Ablehnung des Franco- und Hitler-Regimes waren sie sich einig. "Die spanische Solidarität war im Lager voll da", stellt Franz Comellas fest. "Erst hinterher ist die Gemeinschaft wieder zerbrochen, und die Spanier haben sich zerstritten", bedauert er.

Die Gefangenen hatten nur eine Möglichkeit, an zusätzliche Nahrung zu kommen: Sie mussten sie stehlen. Manuel Garcia hatte als "Lagerprominenter" die Möglichkeit, an mehr Lebensmittel heranzukommen. Joan Gil, der im Stubendienst der Prominentenbaracke arbeitete, steckte alles Essbare ein, was die anderen prominenten Gefangenen liegen ließen, und verteilte es weiter. Franz Comellas berichtet: Wir suchten nach allem Essbaren, Pflanzen, Rinden und Wurzeln. Auch unseren Genossen brachten wir etwas mit. Franz Comellas, der im Lager nie eine privilegierte Position einnahm, packte alle Gelegenheiten, die sich ihm boten, beim Schopf: Schon im Spanischen Bürgerkrieg hatte er eine Leitungsfunktion in der CNT seiner Region. Auch in der Durruti-Kolonne war er einer der „Sprecher“ (Sprecher von weiteren 100), woran er sich gerne erinnert. Einen großen Teil des Widerstandes nahm der Kampf gegen die Trostlosigkeit und die Resignation ein, was nicht zu unterschätzen ist. In Block 13 legte der Spanier Joan Tarragó eine illegale Bibliothek an. Diese Bibliothek soll bis zu 200 Bände umfasst haben. Die spanische Organisation wurde zunehmend von allen – sehr unterschiedlichen – politischen Gruppierungen unterstützt. Diese Tendenz gipfelte im Sommer 1944 in der Gründung des spanischen Komitees. Dieser Ausschuss, der den spanischen Widerstand organisierte und koordinierte, bestand aus Anarchisten, Kommunisten, Sozialisten und gemäßigt-linker Republikanern und hatte seinen Sitz im Stammlager. Auch in den Außenlagern organisierten sich die Spanier in ähnlicher Weise, wenn auch nicht immer Komitees aufgestellt wurden. Die Idee, den Widerstand zu militarisieren, ging von den Anarchisten aus. Eine besonders wichtige Person war auch Josep Ester Borràs von der CNT, der an allen Entscheidungen des spanischen Komitees maßgeblich beteiligt war. Gemeinsam mit Miguel Montero von der PCE (4) hortete er einen geheimen Waffenvorrat. Dies war dadurch möglich, dass sie beide im Waffenlager der SS arbeiteten. In Ebensee nahmen die Gefangenen Kontakt mit einer Gruppe Wehrmachtsangehöriger unter den Bewachern auf und erhielten von ihnen Waffen, die im Fußboden der Postbaracke versteckt wurden. Ein anderer Gefangener öffnete den Spaniern die Tür zu einem SS-Waffenlager im Steinbruch, das die Spanier ausplünderten. Die republikanischen Spanier bildeten auch die Stammmannschaft in der illegalen Militäreinheiten. Die anarchistische Kampfeinheit befand sich in Mauthausen, wo sie die Post, Gemeindeamt und die Polizei besetzten.

Spanier schmuggelten noch vor der Befreiung Dokumente und Photographien aus dem Lager. Der Lagerschreiber Juan de Diego rettete die Bücher, in denen die sogenannten "natürlichen Todesfälle" verzeichnet waren, vor der Verbrennung im Krematorium. Außerdem rettete der Spanier Joan Gil drei Gefangenen das Leben, die im Krematorium gearbeitet hatten und vernichtet werden sollten, weil sie "Geheimnisträger" waren. Er versteckte sie in der Baracke sechs, der er selbst vorstand. Später sagten diese drei als Zeugen bei den Nürnberger Prozessen aus.

Die republikanischen SpanierInnen waren die einzigen Gefangenen, die die Alliierten mit einem selbst angefertigten Transparent begrüßten: Dieses mehrere Meter lange Werk, das die spanischen Frauen drei Tage lang heimlich angefertigt hatten, hängten die SpanierInnen am 5. Mai 1945 über dem Haupttor auf. Darauf ist in drei Sprachen (Englisch, Spanisch, Russisch) folgende Inschrift zu lesen: "Die antifaschistischen Spanier grüßen die Befreier". Die größte Schrift war auf Spanisch, was die anderen Gefangengruppen ärgerte.

Nach der Befreiung wird die Situation der republikanischen SpanierInnen wieder deutlich: Sie waren die einzigen politischen Gefangen, die nicht zurückkehren konnten.

Bei der Recherche für diese Broschüre mussten wir feststellen, dass sowohl die Dokumentation als auch die historische Aufarbeitung bezüglich der AnarchistInnen im KZ Mauthausen dürftig ist, weitere Forschungen unbedingt erforderlich sind.

Fußnoten:
(1) CNT, Confederación Nacional del Trabajo, (eine anarchistische Gewerkschaft)
(2) FAI, Federacißon Anarquista Ibérica (eine anarchistische Organisation)
(3) ERC, Esquerra Republicana de Catalunya (Republikanische Linke Kataloniens, linksnational)
(4) PCE, Partido Comunista de Espana (spanische Kommunistische Partei)

Literatur:

  • Martina Schröck, Vom Spanischen Bürgerkrieg ins Konzentrationslager. Die republikanischen Spanier im KZ Mauthausen, Passau, Diplomarbeit 1996
  • Montserrat Roig, Noche y Niebla. Los Catalanes en los Campos Nazis, Barcelona, spanischer Sprache, 1978 (Vergriffen)


Sex-Zwangsarbeiterinnen in Mauthausen. Stigmatisiert - Verfolgt - Ermordet - Tabuisiert

Das Lagerbordell im KZ Mauthausen wurde als erstes Häftlingsbordell im Sommer 1942 in der Baracke 1 gleich neben dem Haupttor eingerichtet, kurz darauf folgte das Bordell im Nebenlager Gusen.

Zu diesem Zeitpunkt gab es bereits hunderte Bordelle unter staatlicher Kontrolle. Bordelle für die Wehrmacht bzw. SS-Offiziere (1942 soll die Wehrmacht über 500 Bordelle verfügt haben), Bordelle für ausländische Fremd- und Zwangsarbeiter (ca. 60, weitere 50 in Bau). Die Begründungen für ihre Errichtung waren bei ersteren die Bekämpfung von Geschlechtskrankheiten und Homosexualität, bei zweiteren die Reinhaltung deutschen Blutes, da auch drakonische Strafen (die für die beteiligten Frauen deutlich höher waren als für die Männer) den Kontakt zwischen arischen und rassisch minderwertigen Menschen nicht verhinderten.

Von verschiedener Seite wird immer wieder der Widerspruch zwischen der Verfolgung der Prostitution und der Rolle des NS-Staates als Zuhälter betont. Doch es ging den Nationalsozialisten ja nie um die tatsächliche Beseitigung der Prostitution, sondern um deren totale Kontrolle und Instrumentalisierung für ihre Zwecke.

Die Errichtung von Häftlingsbordellen war Teil eines Prämiensystems als Leistungsanreiz für männliche Häftlinge, deren Arbeitsleistung besonders wichtig war – in (Rüstungs)betrieben, aber auch für Funktionshäftlinge (Häftlinge, die im Rahmen der Häftlingsselbstverwaltung Machtpositionen innehatten, die sogenannten Kapos) und ist in Zusammenhang zu sehen mit dem Funktionswandel der Konzentrationslager vom „Terrorlager“ zum „Sklavenarbeitslager“ um 1942 (bei gleichzeitiger Massenvernichtung in den Todeslagern) – die Vernichtung des Gegners durch Arbeit geriet durch den Arbeitskräftemangel immer mehr in Widerspruch zu den ökonomischen Interessen der SS. Die Industrie, in deren Betrieben die Häftlinge ausgebeutet wurden, vor allem die IG Farben war maßgeblich an der Entwicklung und Einführung dieses Prämiensystems beteiligt und befürwortete die Errichtung der Häftlingsbordelle.

Nach Mauthausen und Gusen, die praktisch die „Prototypen“ darstellten, wurden noch in acht weiteren Konzentrationslagern Häftlingsbordelle eingerichtet.

Bis auf wenige Ausnahmen kamen die Frauen, die in den Häftlingsbordellen Sex-Zwangsarbeit leisten mussten, aus dem Frauenkonzentrationslager Ravensbrück. In den Berichten über die Auswahl der Frauen für die Bordelle taucht immer wieder das Wort „Freiwilligkeit“ auf. Abgesehen davon, dass unter den Bedingungen eines Konzentrationslagers von Freiwilligkeit nicht die Rede sein kann, auch wenn Frauen sich für ein Sonderkommando gemeldet haben, war das keineswegs immer der Fall – viele Frauen wurden dazu abkommandiert.

Die Frauen wurden auf Geschlechtskrankheiten untersucht, von der SS begutachtet und teilweise auch „ausprobiert“ . Bis zum Transport wurden sie dann mit besserem Essen, Höhensonne und Kaliumgaben „aufgepäppelt“.

Neben der Hoffnung, so vielleicht überleben zu können, spielte bei den Meldungen auch das immer wieder gemachte Versprechen eine Rolle, nach sechs Monaten im Bordell entlassen zu werden. Als die Frauen aber danach wieder nach Ravensbrück zurückkamen, nahmen die Meldungen ab. Das und der wachsende Bedarf führte mehr und mehr dazu, dass von der SS Frauen bestimmt wurden. Es sollten deutsche Frauen sein, bei denen „von vornherein anzunehmen ist, dass sie nach Vorleben und Haltung für ein späteres geordnetes Leben nicht mehr zu gewinnen sind, bei denen wir uns also bei strengster Prüfung niemals den Vorwurf machen müssen, einen für das deutsche Volk noch zu rettenden Menschen verdorben zu haben.“  (Himmler in einem Brief an Pohl, zitiert nach: Christa PAUL, Zwangsprostitution Berlin 1994), also Frauen, die als Prostituierte angesehen wurden. Die SS schickte auch gern lesbische Frauen zur „Umpolung“ in die Bordelle. Dazu muss gesagt werden, dass jegliches von der nationalsozialistischen Norm abweichende sexuelle Verhalten zum Einlieferungsgrund „Prostitution“ werden konnte. Diese Frauen wurden von der SS als Asoziale (schwarzer Winkel) kategorisiert und standen in der Häftlingshierarchie ganz unten. Das heisst, sie waren neben der Willkür der SS auch der Verachtung anderer Häftlinge ausgesetzt und hatten sehr schlechte Überlebenschancen.

Den Anschein aufrechtzuerhalten, dass in den Lagerbordellen Prostituierte mehr oder weniger „freiwillig“ ihrer Arbeit nachgingen, war auch wichtig, damit die kleine Gruppe von Häftlingen, die in den Genuss dieser Vergünstigung kommen sollten (der Grossteil der nichtprivilegierten Häftlinge war auch körperlich zu schwach, um Geschlechtsverkehr auszuüben), keine Skrupel hatte.

Die Männer mussten den Bordellbesuch mit einem vorgedruckten Formular („Sprungkarte“) beantragen und bei Bewilligung (anfangs wurde er ausschließlich Deutschen bewilligt, später auch Männern anderer Nationalität, niemals aber Sowjets oder Juden) 2,- Reichsmark in Form von Prämienscheinen dafür bezahlen, wovon 0,45 RM für die jeweilige Häftlingsfrau vorgesehen waren. Es ist aber kein Fall bekannt, in dem das Geld tatsächlich ausbezahlt wurde.

„Nach dem Appell sind die Häftlinge gerufen worden, die einen Bordellschein gehabt haben. Den Bordellschein haben sie von mir bekommen. Der Blockschreiber hat ihn dem Häftling gegeben und er ist halt...zur gewissen Zeit, abends, zum Bordell gegangen. Und dort war der Revierkapo, glaube ich, oder Sanitäter auch,  Sanitäter, Häftlingssanitäter. Und ein Revierkapo, nur (war ich) nicht dabei, sondern (das) alles wurde mir erzählt. Und da wurde der Häftling irgendwie betrachtet, sein Glied, ob es rein ist, dann wurde es bespritzt, und dann ist er erst zu der Frau geschickt worden.“ Aus einem Interview mit Hans Maršálek, der ab 1942 Lagerschreiber in Mauthausen war. (Zitiert nach: Helga AMESBERGER et al, Sexualisierte Gewalt, Wien 2004, S. 131)

Vom Leben der Frauen in den Lagerbordellen ist wenig bekannt, und der Grossteil davon nur vermittelt, aus Berichten über sie. Von den betroffenen Frauen konnten nur ganz wenige erzählen, oder besser gesagt versuchen anzudeuten, was ihnen geschehen war.

Die Häftlingsfrauen in den Bordellen lebten sehr isoliert. Kontakt hatten sie nur untereinander und zu den Männern, die kamen, wobei es strengstens verboten war, Gespräche zu führen und Beziehungen zu ihnen aufzubauen. Der Geschlechtsverkehr durfte nur liegend ausgeführt werden und maximal eine Viertelstunde dauern. All das wurde durch Schlitze in den Türen überwacht, diese Gucklöcher dienten oft auch der Unterhaltung der SS.

Die meisten Männer kamen abends (8-10 pro Abend zu einer Frau), manche Kapos auch untertags. Die Frauen mussten jeden Tag arbeiten, da am Sonntag, wenn die anderen Häftlinge „frei“ hatten, das Bordell umso mehr besucht wurde.

Die Frauen bekamen keine Verhütungsmittel, nach dem Geschlechtsverkehr mussten sie sich mit einer Kresollösung waschen. Wurden sie schwanger, wurden Zwangsabtreibungen an ihnen vorgenommen.

Die Frauen in den Bordellen bekamen besseres Essen, wurden manchmal von männlichen Häftlingen mit verschiedenen Dingen versorgt, lebten weniger beengt und unter besseren hygienischen Bedingungen (es gab Waschgelegenheiten und warmes Wasser).

Sie durften sich nicht auf dem Lagergelände bewegen und die Isolation wurde durch die Ausgrenzung durch die anderen Häftlinge verstärkt, die oft mit Verachtung oder Neid auf sie schauten.

Meistens wurden die Frauen nach sechs Monaten ausgetauscht, manche mussten aber wesentlich länger bleiben – eine Frau war über eineinhalb Jahre im Lagerbordell in Mauthausen.

Bei ihrer Rückkehr nach Ravensbrück waren viele geschlechtskrank und/oder schwanger. Die Zwangsabtreibungen, die praktisch in jedem Stadium der Schwangerschaft durchgeführt wurden, führten oft auch zum Tod der Frauen. Die Kranken wurden zu medizinischen Versuchen missbraucht oder unbehandelt liegen und sterben gelassen.

In Berichten aus Ravensbrück über die aus den Bordellen zurückgekehrten Frauen ist die Rede von ausgezehrten, ausgemergelten Gestalten, von Wracks und toten Blicken.

Aus den Tonband-Interviews Frau W. August 1990: „In einem Raum mussten wir uns alle ausziehen, nackend. Dann kam die SS-Horde rein...da haben sie uns gemustert...was das Gerippe wollen sie auch haben? Damit war ich gemeint...die füttern wir uns schon wieder raus...die ist an sich gut gebaut...Ich hatte von einem Kapo aus dem Revier gehört, dass es Bordelle gab...Und wenn diese Frauenhäftlinge ausgeleiert waren, so möchte ich jetzt mal sagen, hat man sie erschossen, und dann kam ein neuer Transport. [...] In Buchenwald standen wir nicht so sehr unter Beaufsichtigung...Da hatte man mehr Freizeit, den ganzen Tag, bis auf die zwei verfluchten Stunden  abends. Wenn wir unsere Tage hatten, brauchten wir nicht zu arbeiten. Einmal ist ein Häftling schwanger geworden. Der hatte man das Kind dreimal nacheinander im Revier abgenommen, also nicht nur einmal, sondern dreimal. Die ist dann weggekommen. Wir haben zu Verhütung nichts gekriegt. [..] Man wird gleichgültig , wie soll ich sagen – man hat eine Empfindung – es erschüttert einen nichts mehr. Reizlos bis zum geht nicht mehr, die hätten mit einem machen können, was die wollten, wir wussten, wir waren denen ausgeliefert, man konnte sich ihnen nicht widersetzen. Wir haben uns nur gesagt, je eher, desto besser, soweit waren wir, nicht nur ich allein.“ (Zitiert nach: Christa PAUL, Zwangsprostitution, Berlin, 1994, s.49ff)

Schon in den frühen Erinnerungsberichten werden Lagerbordelle erwähnt, wobei über die Frauen meist in recht abfälliger Weise gesprochen bzw. geschrieben wurde, diese Hinweise fanden aber keinerlei weitere Beachtung. Die deutschsprachige Forschung zum System der nationalsozialistischen Lager setzte erst in den 70er Jahren langsam ein. Bis dahin wurde das Bild der Konzentrationslager fast ausschließlich durch die Berichte einiger weniger Häftlinge geprägt. Diese Häftlinge waren überwiegend Männer der Häftlingskategorie Politische (roter Winkel), das heißt in der Häftlingshierarchie eher weiter oben angesiedelt. Dieser subjektive Blickwinkel, aus dem Frauen kaum gesehen wurden, abgesehen von einigen Randbemerkungen,  wurde lange Zeit unhinterfragt übernommen, einschließlich der Vorurteile bis hin zu Verurteilungen von ganzen Häftlingskategorien und da die Frauenlager gleich organisiert waren wie die Männerlager hielt man die Forschungsergebnisse aus den Männerlagern für ausreichend und allgemein gültig.

Was die Sex-Zwangsarbeit in NS-Konzentrationslagern betrifft, wird das Desinteresse zu einem aktiven Verschweigen.

Schon die SS hat bald nach Einrichtung der Häftlingsbordelle begonnen, ihre Existenz zu verschleiern. Die Bordellbaracken wurden nicht mehr an einem zentralen Ort, z.B. beim Haupttor wie in Mauthausen, errichtet, sondern möglichst abgelegen. Auf den Lagerplänen wurden sie als Häftlings-Sonderbau bezeichnet. Es durfte nicht über sie berichtet und ebenso wie Gaskammern und Krematorien durften sie nicht bei Besichtigungen gezeigt werden.

Nach der Befreiung wurden diese Baracken häufig zerstört und abgerissen (nicht in Mauthausen und auch nicht in Gusen – die dortige ist heute Teil einer Siedlung und wird bewohnt) und in den Gedenkstätten war für dieses Gedenken kein Platz. Auch die in Lagergemeinschaften organisierten ehemaligen (männlichen) Häftlinge hatten Interesse an der Tabuisierung, wenn es eigene Verstrickungen in den Bordellbetrieb gab, vor allem, wo doch die politischen Häftlinge Besuche im Bordell ablehnten (u.a. weil das Untergrundaktivitäten gefährdete), woran sich aber nicht alle hielten. Außerdem gab es die Angst, das Vorhandensein eines Häftlingsbordells könnte einen falschen Eindruck von den Lebensbedingungen in einem Konzentrationslager geben. Diese Befürchtung kann nur aufkommen, wenn ausschließlich an die Männer gedacht wird, die das Bordell besuchten und nicht einen Moment an die Frauen, denen dort Gewalt angetan wurde.

Dazu kommt der abfällige Grundton, der sich durch viele Berichte und Aussagen zieht. Die Verachtung für Prostituierte – als solche wurden sie von den meisten gesehen – mischt sich mit den Vorurteilen und dem Misstrauen gegenüber den Häftlingen mit dem schwarzen Winkel, den Asozialen. Das Bild von den „verdorbenen“ Frauen, die sich „freiwillig“ meldeten, um bei gutem Essen und ohne Arbeit (!) ein leichtes Leben zu haben und dabei für die SS Spitzeldienste zu leisten, verstellt völlig den Blick auf die grausamen Lebensbedingungen der Frauen. (Es gibt aber durchaus auch Berichte von männlichen Häftlingen, in denen die furchtbare Zwangssituation erkannt wird.)

Erst mit der vermehrten Frauenforschung in den 80er Jahren ändert sich das. Allerdings bleiben in Publikationen, die sich nicht speziell mit Frauen befassen, Frauen weiterhin meist unsichtbar, wird bis heute unter dem Begriff Häftling im allgemeinen der männliche Häftling verstanden. Vorurteile werden immer weiter repliziert:

Eugen KOGON, Der SS-Staat, 1946: „Die mitgebrachten Krankenblätter, wiesen immerhin überstandene Krankheiten, von einer Art aus, die nicht gerade einen übermäßig seriösen Lebenswandel ihrer Vor-KZ-Zeit dokumentierte. Bis auf wenige Ausnahmen haben sie sich in ihr Schicksal ziemlich hemmungslos gefügt.“

Jack G. MORRISON, Ravensbrück, Zürich-München 2002 S. 213ff: „Entgegen allen Gerüchten wurden Frauen in Ravensbrück nicht gezwungen Prostituierte zu werden. [...] Sie litten (nach ihrer Rückkehr nach Ravensbrück) an Geschlechtskrankheiten, hatten aber Geld auf ihrem Konto. Mit einer Mischung aus Neid und Verachtung bemerkte ein Mithäftling, dass diese „Dirnen“ mit 3.000 Mark, auf ihrem Konto zurückkamen.“

Und diese Traditionslinie gibt es natürlich nicht nur in der Forschung, sondern ebenso und mehr in der allgemeinen Meinung.

Diese findet ihren Niederschlag auch in der Politik: Menschen, die als asozial verfolgt wurden, werden nicht als Opfer anerkannt und haben bis heute keinerlei Anspruch auf Bezüge nach dem Opferfürsorgegesetz, sie können lediglich einen Antrag auf eine einmalige Zahlung aus dem seit 1995 bestehenden Nationalfonds stellen (vgl. dazu den Beitrag über Rosa-Winkel-Häftlinge).

Diese Frauen wurden nicht nur allein gelassen wie fast alle Verfolgten des Nationalsozialismus, sondern gehören zu den Opfergruppen, die durch die Annahme des „selbstverschuldeten Unrechts“ weiterhin stigmatisiert werden und denen Anerkennung und Rehabilitation verweigert werden.

Niemals vergessen – dazu muss man zuerst hinschauen

"Das Höchste, das man erreichen kann, ist zu wissen und auszuhalten, dass es so und nicht anders gewesen ist, und dann zu sehen und abzuwarten, was sich daraus ergibt." (Hannah Ahrendt) 

Literatur:

  • Helga Amesberger et al., Sexualisierte Gewalt. Weibliche Erfahrungen in NS-Konzentrationslagern, Wien 2004
  • Die Aussteller (Hg.), Sex-Zwangsarbeit in NS-Konzentrationslagern. Katalog zur Ausstellung, Wien 2005
  • Andreas Baumgartner, Die vergessenen Frauen von Mauthausen. Die weiblichen Häftlinge des Konzentrationslagers Mauthausen und ihre Geschichte, Wien 1997
  • Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (Hg.), Jahrbuch 2005. Frauen in Verfolgung und Widerstand
  • Christa Paul, Zwangsprostitution. Staatlich errichtete Bordelle im Nationalsozialismus, Berlin 1994


Sexuell missbrauchte Jugendliche

Wenn oft von Homosexualität in KZs geschrieben wird ist meist nicht die Minderheit der als Homosexuellen eingewiesenen Menschen gemeint. Homosexualität wurde von den Nationalsozialisten mit der Einweisung in KZs bestraft. Da sich aber bei denn meist Jugendlichen um sexuellen Missbrauch handelte, der von Autoritäten in KZs ausgeübt wurde. Wollen wir bei diesen Artikel und der Genauerehren Bezeichnung bleiben Sexuellen Missbrauch.

Im KZ Mauthausenkomplex der lange nur von Gefangenen Männer belegt war, (die Frauenlager kamen erst später zur Verwaltung des KZ Mauthausen) und die eingelieferten Frauen sofort Liegvidiert wurden. Konnten wir im KZ Mauthausenkomplex über Jugendliche Sexuell missbrauchte Frauen nichts Finden. Die sexuelle Ausbeutung der Zwangsprostituierten Frauen im Lagerbordell ist ein eigens Kapitel gewidmet.

Jugendliche sollen sich nicht Diskriminiert fühlen wenn wir hier bis zum 20 Lebensjahr von Jugendlichen schreiben. Die SS-Statistik Unterteilt in Altersgruppen in unter 20jährige. Wir haben aber die Betrachtung das die Altergrenze etwas sehr hoch gewählt ist. Ab September 1944 werden auch Frauen nach Alterstufen erfast.

Im Sommer 1940 wurde die erste größere Gruppe von jungendlichen Gefangen in das KZ Mauthausen eingeliefert. Es war ein Transport von republikanischen Spanier die im KZ Mauthausen als „Rotspanier“  kategorisiert wurden. Diese Häftlinge kamen aus Frankreich wo sie nach dem Einmarsch der Deutschen verhaftet wurden. Am 24. August 1940 trafen 430 Spanier ein darunter befanden sich auch 50 Kinder und Jugendliche unter 19 Jahren. Der jüngste war mit 13 Jahren Fèlix Quesada, gefolgt von Jose Perez, Manuel Souca Gutiérrez und Elias Pena Gooñzales mit 14 Jahren. Aber nicht nur Spanische Jugendliche wurden in das KZ Mauthausen gebracht, bis 1943 vor allem aus Polen und der Sowjetunion. Wie viele Kinder und Jugendliche in den Lagerkomplex Mauthausen bis März 1943 eingewiesen wurden ist leider nicht nachzuvollziehen.

Montserrat Roig hat sich mit spanischen Kindern und Jugendlichen auseinandergesetzt, die das KZ Mauthausen überlebt haben. Ihre Interviewpartner erinnern das Lager als einen Alptraum und die Zeit der Deportation als eine verlorene Zeit, die sie zurückgewinnen müssten. Von allen Deportierten wären sie vielleicht diejenigen gewesen, die sich am leichtesten dem Leben draußen, dem „wirklichen“ Leben, wieder anpassen konnten. Aber sie haben, so Roig, „dort einen Teil ihrer Jugend verloren, und niemand kann sie ihnen zurückgeben.“

Im Lagerkomplex Mauthausen wurde auf die Kinder und Jugendlichen bei der Zwangsarbeit kaum rücksiecht genommen. Im Normalfall mussten sie die selbe Arbeit verrichten wie die anderen Häftlinge. Nur wenigen Arbeitskommandos ging es ihnen eine spur besser. Eines dieser Arbeitskommandos war bei der Firma Poschacher wo über 40 Spanische Jugendliche als Steinmetz ausgebildet wurden. Sie bekamen das Essen von der Firma das aus Rüben die in viel Wasser schwammen und ein paar Zigaretten im Monat. Diese kleine Verbesserung bei der Behandlung und wie sie es meinen, anstatt umgebracht zu werden, nur Schläge und Fußtritte von ihrem Kapo erhielten. Durch ihre Zwangsarbeit mussten sie den Lagerbereich verlassen und hatten damit mehr Bewegungsfreiheit. Die Jugendliche vom Poschacher Arbeitskommando beteiligten sich auch aktiv am Widerstand im Lager, sie konnte die Fotos von Francesc Boix  die er als Lagerphotograph machte für die SS und geheim wenn es möglich war mehr Fotos zu machen und zu verstecken hinausgeschmuggelt werden und bei Anna Poitner, die in Mauthausen lebte zum verstecken gegeben werden. Anna Poitner unterstütze auch die spanischen Jugendlichen aus dem Poschacher Arbeitskommando, wohl eine der ganz wenigen Menschen die sich in Mauthausen am Widerstand beteiligten. Diese Fotos wurden später im Nürnberger Prozess gegen die Nazischergen verwendet.

Die Sexuelle Ausbeutung der Jugendlichen ist für diese ein großes Problem. Da ihnen oft die Möglichkeiten fehlen sich dagegen zu wehren um zu überleben. Durch die Grassen Verhältnisse im KZ Mauthausenkomplex wo ein überleben oft nur durch Tausch möglich war. Durch die Autoritäten der Funktionshäftlinge die meistens von der SS bei sexueller Misshandlung gedeckt wurden, konnte Sexualität ein Tauschmittel unter den Gefangenen werden. Die Funktionshäftlinge hatten durch ihre Position im Lager die Möglichkeit Nahrungsmittel, Kleidung, bessere Arbeitskommandos Sexualität bei den jungen Unterprivilegierten zu erzwingen. Oft war das die einzige Mögliche Chance zu überleben wenn sie sich nicht bis auf das Äußerste werten. Hrovje M. berichtet über das Verhalten eines deutschen Blockältesten in Ebensee, der die Jugendlichen mit Versprechen auf besser Arbeitskommandos einfing: „Sobald im Lager Ebensee irgendein neuer Häftlingstransport eintraf (...) wählte er bereits unter den jüngsten und frischesten seine künftigen Opfer aus. Bei dieser Tätigkeit hatte er einige Konkurrenten, mit denen er wegen eines Knaben bis aufs Messer streiten konnte.“ Hrovje M. berichtet aus dem KZ Ebensee weiters „ So wurde ein junger ungarischer Jude eines Nachts in der Dunkelheit ergriffen, von Leuten, die er nicht erkennen konnte und die untereinander deutsch sprachen und nach Alkohol stanken, in eine Werkstatt verbracht und dort von mehreren Männer der Reihe nach vergewaltigt. Er wurde schwerverletzt zum Verbinden und zur Behandlung in das Lagerrevier gebracht, wo von Häftlingsärzten protokollarisch Vergewaltigung mit zerrissenem (Körper)Teil und Dauerfolgen festgestellt wurde. Das ist nur ein Fall von vielen. In der Mehrzahl der Fälle wagten es die Opfer aus Furcht vor den Folgen nicht einmal, den Fall anzuzeigen. Diese Minderjährigen ertrugen ihr Schicksal, und die besonnenen und korrekten Häftlinge konnten sie nicht schützen. Aber es gab auch andre wie der spanische Gefangene Joan Pagès, er berichtet über die jugendlichen Spanier des Arbeitskommandos Poschacher, die von Funktionshäftlingen, aber auch von SS-Schergen zu sexuellen Beziehungen gedrängt wurden: „Wir bemerkten, dass sie leicht der Perversion der Kapos, der SS und der Blockältesten zum Opfer fallen konnten. Sie wurden ununterbrochen bestürmt, sie versprachen ihnen Geschenke und ein besseres Leben. Man musste ihnen mehr Essen geben, damit sie sich nicht gezwungen sahen, das Angebot der SS-Schergen anzunehmen. Wir versuchten, sie niemals alleine zu lassen. Wir beschützten sie physisch und moralisch. Die meisten waren Kinder, als sie die Pyrenäen überquerten, und hatten keine Zeit, in die Schule zu gehen. Einige aus meiner Baracke kümmerten sich um jeweils drei oder vier Jugendliche, und jeden Abend vor dem Schlafengehen erzählten wir ihnen einen Film, um sie etwas abzulenken. Heute sagen sie, dass sie mit mir mehr Filme ‚gesehen’ haben als sonst in ihrem Leben! Sie waren in der Baracke 18 und ihr Kapo war einer der verdorbensten. Sie nannten ihn ‚Al Capone’.“

Paul Tillard berichtet, dass im KZ Mauthausen vor allem junge Russen im Alter 14 bis 16 Jahren Opfer von Funktionshäftlingen wurden, die den an Kälte und Hunger leidenden Kinder Suppe, Kleider und Schutz anboten. Manche Blockälteste hätten ein Duzend junger Burschen zu ihrer Verfügung gehabt, die sie auch als Tauschobjekte verwendeten bzw. gegen Zigaretten oder Lebensmittel an andere Funktionshäftlinge verborgten.

Beim Studium der spärlichen Literatur über sexuell missbrauchte Jugendliche viel mir immer wieder auf, dasd die Ablehnung von Homosexualität eine größere Rolle spielt als das Schicksal der Jugendlichen die sexuell missbraucht wurden. Egal aus welchen Breiten aus Europa die Menschen stammen und darüber etwas Erzählten, und das Schweigen und Verdrängen über solche Taten brechen. Aber auch die schrecklichen Bilder wieder in ihrem Bewusstsein auftauchen trotzdem Homosexualität und Sexueller Gewalt sehr schwer unterscheiden können. Aber auch oder gerade in der Literatur über die Konzentrationslager wo die Betroffen Zitiert werden aber das Buch nicht schreiben wird von den Autoren (in diesem Fall nur Männer) eine Sprache verwendet das mir ein Gefühl erschien das es die Mehrheit der Jugendlichen es wollten nur ein kleiner teil sich dagegen werten. Schauen wir uns ein paar Beispielen aus den Büchern an.

Einen sehr Ausführlichen Bericht gibt der Gefangene Hrvoje M. über den Blockältesten Anton K.. Anton K. war Blockältester im Block 3, später im Block 11, und wurde im KZ der „schöne Toni“ genannt. Im Lager Ebensee war er bekannt beim Mitwirken an zahlreichen Verbrechen und seiner Trunksucht. Aber auch wegen sexuellen Missbrach der Jugendlichen. Im KZ Ebensee gab es viele minderjährige Gefangene aus Osteuropa die zwischen 14 und 17 Jahren alt waren.

„Diese Kinder und Minderjährigen in der Pubertät verfielen körperlich grauenhaft, wegen der ungesunden Verhältnissen, in denen sie wohnten, wegen der ungenügenden Nahrung, die sie im Lager aßen, wegen der schweren Arbeit, die viele wie die Erwachsenen verrichten mussten. Aber am meisten verkamen sie moralisch, denn es ist fast keinem einzigen von ihnen gelungen, sich vor Belästigungen, Zwang und Vergewaltigung durch die Päderasten des Lagers, unter denen sich die deutschen kriminellen Häftlinge in der Mehrzahl befanden, zu bewahren. Die Deutschen führten dabei an, dass dies unter ihnen auch außerhalb des Lagers unter normalen Lebensverhältnissen sehr verbreitet ist, während es sich in den Gefängnissen und den Lagern zu pathologischen Ausmaßen entwickelt“. (Aus Florian Freud – Arbeitslager Zement)

Hrvoje M. beschreibt die Folgen dieses sexuellen Missbrauchs für die Jugendlichen als „katastrophal“, was auch von den anderen Häftlingen bestätigt wird.: „Die gesundheitlichen und moralischen Folgen der Homosexualität waren bei der Mehrzahl der minderjährigen vernichtend und unter ihnen war die Sterblichkeit besonders hoch. Besonders, wenn einer der Prominenten solche Junge satt hatte und sie zur Nachtarbeit in den Steinbruch schickte. Dort hielten es die Burschen von 16,17 oder auch weniger  Jahren nicht aus und nach einigen Wochen kamen sie ausgemergelt und krank in das Revier, wo ihr junges Marterleben in Elend und Unglück endete.“

Florian Freund schreibt zu dieser Zeugenaussage in seinem Buch. „Heute ist es sehr schwierig zu beurteilen, wie weit Aussagen über die ‚Schädlichkeit’ der Homosexualität auf vorhandene Vorurteile bei Häftlingen zurückzuführen sind. Dennoch ist anzunehmen, dass die Jugendlichen – der Solidarität der Mithäftlinge beraubt und auf die Gunst ihrer Blockältesten oder Kapos angewiesen – nur wenige Überlebenschancen hatten.“ Er übersieht dabei wohl den wesentlichen Punkt, dass es sich nicht um Homosexualität handelte sonder um den Missbrauch der Jugendlichen. Und dieser Missbrauch sich sicher auf die Jugendlichen auswirkte.

Einen sehr Ausführlichen Bericht gibt der Gefangene Hrvoje M. über den Blockältesten Anton K.. Anton K. war Blockältester im Block 3, später im Block 11, und wurde im KZ der „schöne Toni“ genannt. Im Lager Ebensee war er bekannt beim Mitwirken an zahlreichen Verbrechen und seiner Trunksucht. Aber auch wegen sexuellen Missbrach der Jugendlichen. Im KZ Ebensee gab es viele minderjährige Gefangene aus Osteuropa die zwischen 14 und 17 Jahren alt waren.: „Diese Kinder und Minderjährigen in der Pubertät verfielen körperlich grauenhaft, wegen der ungesunden Verhältnissen, in denen sie wohnten, wegen der ungenügenden Nahrung, die sie im Lager aßen, wegen der schweren Arbeit, die viele wie die Erwachsenen verrichten mussten. Aber am meisten verkamen sie moralisch, denn es ist fast keinem einzigen von ihnen gelungen, sich vor Belästigungen, Zwang und Vergewaltigung durch die Päderasten des Lagers, unter denen sich die deutschen kriminellen Häftlinge in der Mehrzahl befanden, zu bewahren. Die Deutschen führten dabei an, dass dies unter ihnen auch außerhalb des Lagers unter normalen Lebensverhältnissen sehr verbreitet ist, während es sich in den Gefängnissen und den Lagern zu pathologischen Ausmaßen entwickelt“.

Den Herrschenden
"Hat es euch Herz und Augen ausgebrannt?
Sind nicht mehr zehn Gerechte in dem Land?
Ihr seid nicht tierisch, denn so schlägt kein Tier.
Keins eurer Opfer ist so tot wie ihr."
Erich Fried

Die Firma Poschacher zählt auch heute zu den Großbetrieben in Mauthausen. Auf der Internetseite: Willkommen bei Poschacher, die Chronik der Firma beginnt 1974. Die Firma betreibt heute noch den Steinbruch in Gusen. Die Firma Poschacher ist Typisch für Österreich, nichts gesehen – nicht gewusst – nichts gehört! 

Literatur:

  • Florian Freund: Arbeitslager Zement; Das Konzentrationslager Ebensee und die Raketenrüstung (Vergriffen)
  • Dachauer Heft 9: Die Verfolgung von Kindern und Jugendlichen, Beitrag von Bertrand Perz (Vergriffen)
  • Travia. Revue der Iberischen Halbinsel, Nr. 28, März 1993
  • Paul Tillard, Mauthausen, Paris 1945 (Vergriffen) in Französisch
  • Zeugenaussagen Hrvoje M., Sta München, AZ 112 Js 7-12/66, Dokumentenband IV/2
  • Montserrat Roig, Noche y Niebla. Los catalanes en los campos nazis., (Vergriffen) in Spanisch


Rosa-Winkel-Häftlinge im KZ Mauthausen (Homosexuelle)

Die Geschichte der Homosexualität ist über weite Strecken eine Geschichte der Unterdrückung, Diskriminierung, Verfolgung und Bestrafung. Ihren traurigen Höhepunkt erreichte diese Leidensgeschichte in der Epoche des Nationalsozialismus zwischen 1933 und 1945, die Nazis wollten nicht weniger, als die Homosexualität durch physische Vernichtung dieser Menschen ausrotten. Die Situation homosexueller NS-Opfer unterscheidet sich in einem wesentlichen Punkt grundsätzlich von jener der meisten anderen Opfergruppen. Homosexualität war in Deutschland und Österreich vor und nach der NS-Zeit ein strafbares Delikt.

Das österreichische Strafgesetzbuch aus dem Jahre 1852 verlangte in § 129 die strafrechtliche Verfolgung von homosexuellen Männern und, im Unterschied zum reichsdeutschen Strafgesetz, auch von Frauen. Im deutschen Reich wurde der entsprechende § 175 aus dem Strafgesetzbuch der Weimarer Republik von den Nazis 1935 noch wesentlich verschärft, so dass gleichgeschlechtliche „Unzucht“ unter Männern mit bis zu 10 Jahren Zuchthaus zu bestrafen war, diese Bestimmung erlangte 1941 auch Gültigkeit auf dem Gebiet des ehemaligen Österreich. Die Verschärfung des Strafgesetzes und die enorme Ausweitung der Polizeibefugnisse eröffneten jedweder Willkür des staatsterroristischen NS-Regimes Tür und Tor. Die Polizei durfte alleine schon bei Verdacht, dass jemand möglicherweise gleichgeschlechtliche „Unzucht“ treiben (oder andere Delikte) könnte, die ihr als angemessen erscheinenden Maßnahmen, bis hin zu Folter, Internierung und Mord, setzen. Für Schwule bedeutete dies, dass der Nachweis beischlafähnlicher Handlungen, damit war der Vollzug von Anal- oder Oralverkehr gemeint, nicht mehr erforderlich war. Der Verdacht jedweder homosexueller Handlungen, insbesondere der gegenseitigen Onanie, oder auch nur deren Versuch, reichte den Verfolgern bereits aus.

Der wichtigste Grund für die brutale Verfolgung Homosexueller im nationalsozialistischen Deutschland ist der Rassenwahn der Nazis. Homosexuelle galten den braunen Herrschern als „bevölkerungspolitische Blindgänger“, welche die „arische Rasse“ nicht nur nicht vermehrten, sondern, noch schlimmer, durch die angebliche „seuchenartige“ Verbreitung der Homosexualität, den Bestand der „arischen Rasse“ als solche überhaupt gefährdeten. Schwule galten im sogenannten Dritten Reich als Staatsfeinde. Aus diesem Grund wurde bei der politischen Polizei des NS-Staates, der Gestapo, im  Jahre 1936 die „Reichszentrale zur Bekämpfung der Homosexualität und der Abtreibung“ gegründet. Diese Verquickung von Homosexualität und Abtreibung mag auf den ersten Blick reichlich abstrus erscheinen, der völkisch-rassistischen Ideologie der Nazis folgend war dies aber ein stringentes „rassepolitisches“ Erfordernis, da beide Delikte das Wachstum der „arischen Rasse“ behinderten. Verschiedenen Quellen folgend kann man davon ausgehen, dass 1935 jeder vierte KZ-Häftling ein schwuler Mann war.

Die unterschiedliche Behandlung männlicher und weiblicher Homosexualität mag im extrem chauvinistischen Frauenbild der Nazis liegen, welches der Frau keine autonome eigenständige Sexualität zugesteht. Dem braunen Frauenbild und Sexualverständnis folgend, handelt es sich nur dann um „richtigen“ Sex, wenn Erektion, Penetration, Ejakulation und als Ziel die Reproduktion der „arischen Rasse“ im Vordergrund stehen. Lesben wurde in den Konzentrationslagern häufig der schwarze Winkel, der laut NS-Diktion für sogenannte Asoziale stand, zugedacht. Häufig wurden den betroffenen Frauen auch andere Delikte unterstellt. Die NS-Strafrechtskommission erachtete die lesbische Liebe als weniger gefährlich, zumal Frauen im NS-System jeglicher Zugang zu politischen Ämtern verwehrt war.

Die Tatsache, dass Homosexualität, wie erwähnt, auch nach dem 2. Weltkrieg als strafrechtsrelevantes Delikt galt, verurteilte die Opfer weiter zum Schweigen, und machte es den deutschen und österreichischen Nachkrieggesellschaften leicht ihnen den NS-Opferstatus zu versagen und ihre Geschichte beharrlich tot zu schweigen. Die oft kritiklose Reproduktion von NS-Termini erschwert häufig die korrekte Zuordnung von Opfern, so ist in vielen Quellen oft von „Sittlichkeitsverbrechern“ die Rede respektive die Schreibe. Zu letzterem Begriff zählen zwar auch Vergewaltiger, er wurde aber auch für Schwule verwendet, da Homosexualität im NS-Verständnis ebenfalls als „Sittlichkeitsdelikt“ angesehen wurde. Dem Naziregime kam auch die weitverbreitete Homophobie der Bevölkerungen zupass, die eine lange Tradition in den Lehren der (vor allem) monotheistischen Religionen hat. Überdies hatten auch die Naturrechtslehren der deutschen Romantik sowohl auf Bevölkerungen als auch auf Naziideologen bedeutenden Einfluss, da gleichgeschlechtliche sexuelle Betätigung als „Handlung wider die Natur“ betrachtet wurde. Theosophie, Anthroposophie und diverse neuheidnische esoterische Vorstellungen stellten einen wesentlichen ideologischen Input für das nationalsozialistische Weltbild dar.

Die Nazis begannen gleich nach ihrer Machtergreifung im Jahre 1933 mit der Verfolgung der Homosexualität. Die ersten Opfer dieser Verfolgungspolitik waren die sichtbaren Zeichen der homosexuellen Subkultur in den großen deutschen Städten, vor allem in Berlin. Erste Anzeichen einer politischen Schwulenorganisation und –emanzipation, Lokale, Varietes und Kommunikationsmedien (Zeitschriften und Bücher) wurden ausgelöscht. Der Vorwurf tatsächlicher oder vermeintlicher Homosexualität wurde von den Nazis auch politisch instrumentalisiert. Das wahrscheinlich bekannteste und geläufigste diesbezüglich Ereignis war der sogenannte Röhm-Putsch im Jahre 1934. Der Entmachtung und der politischen Säuberung der SA-Führung konnte durch den Hinweis auf die Homosexualität Ernst Röhms und anderer SA-Mitglieder, quasi ein moralischer Anstrich verliehen werden. Die Denunziation angeblicher oder tatsächlicher Homosexualität ließ sich als probates Mittel des Machtkampfes in NS-Organisationen und Kadern einsetzen.  SS, HJ, Wehrmacht, Polizei und andere Organisationen und Institutionen von Staat und Nazipartei waren in der gesamten Geschichte des sogenannten Dritten Reiches immer wieder Schauplatz solcher Säuberungsaktionen. Es klingt fast wie Ironie der Geschichte, die Homosexualität so mancher NS-Funktionäre war auch für NazigegnerInnen ein Grund diese zu denunzieren.

Die Stigmatisierung und Diskriminierung der Schwulen hatte aber keineswegs in den brutalen Verfolgungshandlungen durch Staats- und Parteiorgane ihr Ende. Die Männer mit dem rosa Winkel standen so ziemlich am untersten Ende der Häftlingshierarchie in den NS-Konzentrationslagern. Ähnlich wie Jüdinnen und Juden oder Roma und Sinti, die in der Gesellschaft weitverbreiteten antisemitischen und rassistischen Ressentiments zu schaffen machten, hatten die Schwulen unter der Homophobie ihrer Mithäftlinge anderer Kategorien zusätzlich zur ohnedies grausamen Brutalität der SS-Wachmannschaften zu leiden.

Schwule Häftlinge in NS-Konzentrationslagern und im KZ Mauthausen

Die KZ-Haft der Nazis war dem Zugriff der Justiz komplett entzogen, so dass nicht einmal der Versuch des Anscheins eines rechtsstaatlichen Verfahrens unternommen wurde. Bis Mitte der 30er Jahre des 20. Jahrhunderts war der Anteil Schwuler in den Konzentrationslagern sehr hoch, so lag einer Untersuchung Rainer Hoffschildts zufolge ihr Anteil im KZ-Lichtenburg im Jahre 1935 bei 46 %. Später sanken die Anteile Homosexueller unter den KZ-Häftlingen bis in den Promillebereich ab. Mit Fortschreiten des Krieges nahmen die Häftlingszahlen enorm zu, da nun auch viele Ausländerinnen und Ausländer interniert wurden und dadurch der verhältnismäßige Anteil deutscher Häftlinge abnahm.

Insgesamt wird die Zahl schwuler Gefangener in den KZ der Nazis mit etwa 5.000 bis 7.000 angegeben, von denen ca. 60 % in den Lagern ermordet wurden. Diese Zahlen sind mit einer gewissen Vorsicht zu Kenntnis zu nehmen, da die historische Forschung zu dieser Opfergruppe noch keineswegs abgeschlossen sind und noch viel Archivmaterial gesichtet werden muss, um endgültige Zahlen homosexueller NS-Opfer benennen zu können. Wie an anderer Stelle bereits erwähnt, ist es sehr wahrscheinlich, dass homosexuelle Männer auch unter anderen Bezeichnung, wie etwa „Sittlichkeitsverbrecher“ in die KZ kamen oder wie verschiedene Quellen belegen, auch mehreren Kategorien zuordenbar waren, wie z.B. Jude und homosexuell. Die drastische Gesetzesverschärfung und vor allem die ungezügelte Polizeiwillkür ist sicherlich für die teilweise schlechte Quellenlage verantwortlich. Neuer Schätzungen gehen davon aus, dass mindestens 10.000 bis 15.000 Menschen unter dem Vorwurf tatsächlicher oder vermeintlicher Homosexualität in nationalsozialistischen Konzentrationslagern interniert und ermordet wurden. (vgl. Hauer, Gudrun: Homosexuelle im Faschismus, Wien 1996). Die tatsächliche Zahl ist bis dato allerdings noch unbekannt, ein wesentlicher Grund hierfür mag sein, dass aufgrund des beinahe 30jährigen Weiterbestehens des Totalverbotes der Homosexualität nach 1945, erst mit dem Entstehen emanzipatorischer Lesben- und Schwulenbewegung auch dieser Aspekt der NS-Opfergeschichte langsam zum Gegenstand der zeitgeschichtlichen Forschung wurde.

Mit Kriegsbeginn entzog man insbesondere die homosexuellen Männer als gesamte Gruppe zunehmend der allgemeinen Verwaltung und Gerichtsbarkeit, stellte sie unter Himmlers Polizeistatut und lieferte sie damit gänzlich den polizeilichen Willkürmaßnahmen von Polizei und SS aus. Im Rahmen der „Vorbeugenden Verbrechensbekämpfung” beauftragte Himmler am 12.7.1940 die Kriminalpolizei, „in Zukunft alle Homosexuellen, die mehr als einen Partner verführt haben, nach ihrer Entlassung in Vorbeugungshaft zu nehmen Die Schlussfolgerung von Claudia Schoppmann, dass der auffällige Rückgang der verurteilten bzw. beschuldigten Männer von 1939 auf 1940 bzw. 1942 auf die vermehrt durch die Polizei ohne Gerichtsverfahren verfügten Einweisungen in Konzentrations- und Strafgefangenenlager zurückzuführen sei, trifft exakt den Sachverhalt.(vgl. Hutter, Jörg:  Schwule, Lesben, POLIZEI, Berlin 1996)

Seriöse Zahlen hinsichtlich des Anteils lesbischer Frauen unter den Häftlingen mit dem schwarzen Winkel existieren, so weit dies recherchiert werden konnte, überhaupt nicht. Eine wesentliche Quelle betreffend Männer mit dem rosa Winkel stellt die Forschungsarbeit von Rainer Hoffschildt (publiziert in Lambda Nachrichten 6/2001) dar. Hoffschildt konnte in mehrjähriger Forschungsarbeiten Häftlingsdokumentationen der Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem, die von Rüdiger Lautmann erstellte Häftlingsliste sowie mehr als 20 andere wesentliche Quellen hinsichtlich homosexueller Naziopfer auswerten. Aufgrund dieser Forschungen sind bislang 243 Rosa-Winkel-Häftlinge aus dem KZ Mauthausen namentlich bekannt, von 219 weiß man auch den Geburtsort. Die meisten dieser Häftlinge kamen demnach aus dem Staatsgebiet des ehemaligen Österreich und aus Süddeutschland: 17 % waren in München geboren und 8 % in Wien; Daten über die letzten Wohnsitze liegen nur in sehr wenigen Fällen vor, so dass deren Aussagekraft eher gering ist. Daten über die konfessionelle Zugehörigkeit liegen für 120 Häftlinge vor: Entsprechend der Herkunft der Personen überwog die Zugehörigkeit zum römisch-katholischen Glauben mit 63 %. 3 der bekannten Häftlinge traf das doppelte Stigma, sowohl homosexuell als auch jüdischen Glaubens zu sein, sie starben alle in Mauthausen. Der Familienstand ist Hoffschildt zufolge von 131 Personen bekannt: 88 % waren erwartungsgemäß ledig, 12 % waren verheiratet, geschieden oder verwitwet. Die Angaben zur Nationalität geben bei 210 Häftlingen folgendes Bild: 82 % waren „Reichsdeutsche“ (also Deutsche oder Österreicher), 11 % können exakt als Österreicher bezeichnet werden. Jeweils sechs Häftlinge stammten aus Polen und der Tschechoslowakei, und je einer aus Russland und Slowenien. Bei den 168 Häftlingen, für die Berufsangaben vorliegen, dominiert mit 44 % die Gruppe der Arbeiter und Handwerker, 33 % übten Tätigkeiten als Angestellte oder Kaufleute aus. Bei den anderen Berufsgruppen gab es auch Überlappungen, wie etwa bei Akademikern und Angestellten und Öffentlichbediensteten. 4 % waren Künstler, unter den 8 % Sonstigen befinden sich Kirchenmitarbeiter, Landwirte und Selbstständige.

Wie kamen die Häftlinge nach Mauthausen?

Für die meisten Häftlinge mit dem rosa Winkel war Mauthausen nicht das erste KZ in dem sie interniert waren. Die meisten kamen mit Transporten aus anderen KZs wie Dachau, Buchenwald, Fuhlsbüttel, Auschwitz und Großrosen. Bei 29 % der bekannten Häftlinge ist aufgrund der mangelhaften Quellenlage nicht bekannt, auf welchem Wege diese in das KZ Mauthausen kamen. Von 208 Häftlingen ist bekannt, wann sie nach Mauthausen kamen. Rund die Hälfte (49 %) kam in der Anfangszeit des KZs, in den Jahren 1939 und 1940 nach Mauthausen. Ein weiteres Viertel kam 1944 nach Mauthausen Das Durchschnittsalter beim Erstnachweis lag bei 38 Jahren. In der unregelmäßigen Altersverteilung kristallisierten sich zwei Gruppen heraus, und zwar die 25-29jährigen und die 45-49jährigen. Laut Rainer Hoffschildt war Karl W. mit 17 Jahren der Jüngste, er kam 1944 nach Mauthausen und wurde im KZ Flossenbürg befreit. Der Älteste war Raimund Z., er kam mit 66 Jahren nach Mauthausen und verstarb dort 67jährig.

Das Schicksal der Rosa-Winkel-Häftlinge

Hoffschildt ermittelte für die schwulen Häftlinge im KZ Mauthausen folgende Haftschlüsse: Tod 58 %, Überleben 30 %, Entlassung 12 %. Das deckt sich den Literaturangaben zufolge mit den Zahlen, welche Lautmann bei 1136 Homosexuellen ermittelte: Tod 60 %, Überleben 26 %, Entlassung 13 %. Bei jenen 53 Häftlingen, von denen nach dem bisherigen Forschungsstand sicher ist, dass sie aus Mauthausen in andere KZs abtransportiert wurden, lag die Todesrate bei 42 %. Daraus könnte man schließen, dass eine Verlegung aus Mauthausen die Überlebenschancen der Gefangenen erhöhte. Diese Zahlen sind allerdings mit besonderer Vorsicht zu genießen. Es ist an sich nicht schlüssig, dass die Todesrate mit 58 % in Mauthausen geringfügig unter dem Durchschnitt sämtlicher KZs  (60 %) liegt , zumal Mauthausen seit 1941 in härteste Stufe III der KZs eingestuft war.  Von lediglich 20 der Überlebenden lässt sich die genaue Aufenthaltsdauer in Mauthausen bestimmen, die Hälfte war schon sehr lange, nämlich durchschnittlich 57,9 Monate in Mauthausen, dies legt die Vermutung nahe, dass es sich um Funktionshäftlinge handelte. Die andere Hälfte brachte durchschnittlich nur 5,5 Monate in Mauthausen zu, was als Indiz für Evakuierungshäftlinge aus den KZs Auschwitz, Dora-Mittelbau, Großrosen, etc. gegen Kriegsende spricht. Aber die bisher bekannten Zahlen sind aufgrund der problematischen Quellenlage nur als vorläufig zu bezeichnen. Sollte die historische Forschung zukünftig weitere Daten ans Tageslicht befördern, müssten die bis jetzt bekannten quantitativen Erkenntnisse über die Schicksale schwuler Häftlinge in den KZs der Nazis korrigiert werden. Außerdem ist auch bekannt, dass in Mauthausen Schwule Opfer medizinischer Experimente wurden. SS-Ärzte versuchten durch Drüsenoperationen und andere „medizinische“ Maßnahmen, die Männer von ihrer Homosexualität zu „heilen“. Soweit es dem Autor bekannt ist, überlebte diese „ärztliche“ Folter niemand.

Die Überlebenden nach 1945

Wie eingangs schon erwähnt, waren die Homosexuellen aufgrund der nach wie vor gegebenen strafrechtlichen Verfolgung nach 1945 zum Schweigen verurteilt. Dieser Umstand änderte sich erst durch die Strafrechtsreform 1972 (in Österreich). In den 70er und 80erJahren des vergangenen Jahrhunderts begann sich eine emanzipatorische Lesben- und Schwulenbewegung zu formieren, die nicht nur die fortbestehenden aktuellen juristischen und gesellschaftlichen Diskriminierungen bekämpfte, sondern erstmals auch das Schicksal der homosexuellen Frauen und Männer unter dem Hakenkreuz zu thematisieren und diese Opfer dem Schweigen zu entreißen, begann. Die latente Homophobie, die unsere Gesellschaft bis heute durchdringt, machte diese Bemühungen nicht unbedingt leicht. So gelang es der Homosexuellen Initiative (HOSI) erst 1984 einen Gedenkstein mit der Aufschrift „Totgeschlagen, totgeschwiegen“ in Form eines Winkels aus rosa Marmor in der Gedenkstätte des KZs Mauthausen zu enthüllen. Denn auch seitens der etablierten Opferverbände der politischen Parteien und anderer Opfergruppen gab es Ressentiments gegenüber den Häftlingen mit dem rosa oder dem schwarzen Winkel. Nun ist es zwar gelungen, in der einen oder anderen Gedenkstätte dieser Opfer zu gedenken und ihre Schicksale dem Verschweigen zu entziehen, aber auf rechtlicher und materieller Ebene steht die politische Anerkennung, Rehabilitierung und Entschädigung von Homosexuellen, Prostituierten, Wehrmachtsdeserteure...nach wie vor aus. Dabei befällt einem das ungute Gefühl, dass die immer noch zahlreich vorhandenen Ewiggestrigen, RevisionistInnen und SchlussstrichzieherInnen, 60 Jahre nach der Befreiung vom Nationalsozialismus gelingen könnte, ihr mieses Ziel doch noch zu erreichen und diese Debatte solange zu blockieren und zu verschleppen, bis auch die wenigen Überlebenden dieser Opfergruppen tot sind.

(Die nachstehend kursiv gesetzten Zitate wurden entnommen: http://home.pages.at/lobotnic/oekoli/archiv/rad000210.html)

Das 1945 beschlossene und 1947 novellierte Opferfürsorgegesetz (OFG) diente nicht der Entschädigung und Abgeltung von Verlusten. Sondern primär als rechtliche Basis für die Befürsorgung der am schwersten getroffen Opfer (Brigitte Bailer-Galanda 1985). Das Opferfürsorgegesetz unterschied grundsätzlich zwischen “Opfern des Kampfes” und “Opfern der politischen Verfolgung”.

In der Beantwortung einer Anfrage der Grünen vom 13. März 1992 definiert der damalige Bundeskanzler Vranitzky die Opfer des Kampfes folgendermaßen: “Als Opfer des Kampfes gelten jene Opfer, die um ein unabhängiges und demokratisches Österreich mit der Waffe in der Hand gekämpft oder sich rückhaltlos in Wort und Tat eingesetzt haben”. Hingegen “als Opfer der politischen Verfolgung sind jene Menschen anzusehen, die aus politischen Gründen oder aus Gründen der Abstammung, Religion oder Nationalität zu Schaden gekommen sind (§1 OFG)” (VRANITZKY, 1992: 12)

Menschen die aufgrund wirklicher oder vermeintlicher Homosexualität verfolgt wurden befinden sich ebenso in keiner der beiden Definitionen wie Opfer der Euthanasie, bzw. deren überlebenden Angehörigen, Opfer der Sterilisationsprogramme der Nazis, Zwangsarbeiter oder Deserteure. Sie können nur dann Zuwendungen nach dem Opferfürsorgegesetz erhalten, wenn gleichzeitig ein anderer Verfolgungsgrund nach OFG vorlag.

Vranitzky stellt klar: “Zwangsarbeiter, vom Vorwurf der Homosexualität Betroffene, Hinterbliebene nach Euthanasieopfern, von Zwangssterilisation Betroffene, Deserteure sowie sogenannte Asoziale können anerkannt werden, wenn die Verfolgung einem Verfolgungstatbestand des Opferfürsorgegesetzes entspricht.” (VRANITZKY, 1992: 13)

Wenn Homosexuelle, “Behinderte”, Deserteure, “Asoziale”,... also nicht zufällig gleichzeitig im Widerstand waren oder zusätzlich aufgrund der Abstammung, Religion oder Nationalität verfolgt wurden, sieht das Opferfürsorgegesetz keinerlei Zuwendung an diese Opfer des Nationalsozialismus vor.

Im September 1988 verteidigte der damalige Sozialminister Dallinger in Beantwortung einer Anfrage der Grünen das bestehende OFG mit den Worten: “Eine Verfolgung aus sonstigen Gründen wird dagegen vom Opferfürsorgegesetz nicht erfaßt. Dazu zählt auch die strafrechtliche Verfolgung im allgemeinen einschließlich der strafrechtlichen Verfolgung bestimmter Sexualverhalten, wie sie nicht nur unter dem Nationalsozialismus und dem Austrofaschismus üblich war, sondern auch in demokratischen Systemen noch viele Jahre nach der Niederringung des Nationalsozialismus stattfand oder heute noch existiert. Daraus folgt, daß Personen, die im genannten Zeitraum allein wegen ihrer Homosexualität verfolgt wurden, nicht als Opfer nach dem Opferfürsorgegesetz anerkannt werden können.” (DALLINGER, 1988: 2)

Eine Reform des OFG wurde damals “vom Minister von den Stellungnahmen der Opferverbände - diese sind alles andere als homosexuellenfreundlich - abhängig gemacht.” (HAUER, 1989: 61)

Auch der jüngste Versuch, vom 1. Juni 1995, die “vergessenen” Opfer des Nationalsozialismus mittels Gesetzesnovelle noch in das OFG hineinzubekommen scheiterte. “ÖVP und FPÖ stimmten geschlossen dagegen”, LIF, Grüne und die Mehrheit der SPÖ dafür, “wenngleich Heinz Fischer, Peter Kostelka und drei weitere Abgeordnete in koalitionärer Treue zur ÖVP ebenfalls gegen den Antrag stimmten.” (KOSCHAT, 1997: 63)

Während vielen anderen ehemaligen KZ-Häftlingen wenigstens ihre Haftzeit für die ASVG-Pension angerechnet wird, sind Homosexuelle Opfer der Nazis auch davon ausgeschlossen.

“Die Berücksichtigung von auf Strafrechtsbeständen der Homosexualität beruhenden Freiheitsbeschränkungen als Ersatzzeiten gem. §228 Abs 1 Z 4 ist nach geltender Rechtslage [...] unzulässig, weil das homosexuelle Verhalten nach dem “Tatzeitrecht” strafrechtlich verfolgt wurde.” (IVANSITS, 1990: 194)

Dabei wird von der in Österreich vorherrschenden Okupationstheorie ausgegangen, welche besagt, “daß der Staat Österreich weiterbestand aber handlungsunfähig war”. Das “fiktiv weiter geltende österreichische Strafrecht mit dem Stand 13. März 1938” wäre danach weiter maßgebend.

“Ist nach diesem österreichischen Recht eine Strafbarkeit ausgeschlossen, so ist die Freiheitsbeschränkung als Ersatzzeit zu berücksichtigen. Wenn hingegen die nach dem 13. März 1938 begangene Tat nach dem österreichischen Strafrecht, das am 13. März 1938 gegolten hat, strafbar ist, ist eine Berücksichtigung ausgeschlossen.”(VRANITZKY, 1992: 18)

Laut dieser in der Rechtswissenschaft vorherrschenden “Okupationstheorie” hätte also das austrofaschistische Recht vom 13.3.1938 bis zur Wiederausrufung der Republik am 27. 4. 1945 weiterbestanden. Nach diesem Recht aber war genauso ein Totalverbot von Homosexualität gültig wie im NS-Recht, allerdings mit anderen Konsequenzen. So schlimm das Österreichische Totalverbot auch war, es hatte nicht die mörderische Konsequenz der NS-Verfolgungspolitik.

So ist es heute wohl nur als Hohn zu betrachten, wenn RechtswissenschafterInnen mittels Okupationstheorie die Verfolgung der Homosexuellen durch die Nazis im Nachhinein auch als nach dem Österreichischen Recht rechtens erklären.

Während in den Siebzigerjahren die Entkriminalisierung der Homosexualität langsam auch in das Österreichische Strafrecht Einzug hielt, hatte dies keinerlei rückwirkende Änderung für die Haltung gegenüber Schwulen und Lesbischen NS-Opfern zur Folge. Ganz im Gegenteil: “Durch die 34. ASVG-Novelle (wirksam ab 1.1. 1980) wurde der für die Beurteilung homosexuellen Verhaltens maßgebende Zeitpunkt vom Pensionsstichtag auf den Tatbegehungszeitpunkt verlegt.” (IVANSITS, 1990: 194)

Wäre von der Entkriminalisierung bis zu diesem Zeitpunkt theoretisch eine Berücksichtigung der auf Homosexualität beruhenden Freiheitsbeschränkung als Ersatzzeit gem. §228 Abs. 1Z4 ASVG möglich gewesen, so verhinderte der Gesetzgeber mit dieser Gesetzesnovelle, “daß auch Zeiten einer nach dem alten Strafgesetz ausgesprochenen Strafhaft wegen der inzwischen erfolgten Entkriminalisierung als Ersatzzeiten berücksichtigt werden.” (IVANSITS, 1990: 194)

Einem einzigen Betroffenen wurde auf massivem Druck der HOSI-Wien hin die Anerkennung der KZ-Haft als Ersatzzeit für die Pension zugesprochen. Das Verfahren für die Zuerkennung hatte allerdings so lange gedauert, daß der Anspruchsberechtigte noch vor der Zuerkennung verstarb. Auch dies wieder ein Fall von “die Sache in die Länge ziehen” und warten bis sich das Problem biologisch löst.

Erst als am 1. Juni 1995 der “Nationalfonds der Republik Österreich für die Opfer des Nationalsozialismus” beschlossen wurde, kamen erstmals auch homosexuelle Opfer der Nazis zu finanziellen Zuwendungen.

Ursprünglich hätte die Aufgabe des Nationalfonds lediglich die Entschädigung jener ÖsterreicherInnen sein sollen “die wegen der Schaffung des Truppenübungsplatzes Allentsteig im Döllersheimer Ländchen enteignet worden waren.” (KOSCHAT, 1997: 63)

Dies rief jedoch eine Reihe verschiedenster Organisationen - darunter die HOSI Wien - auf den Plan, die sich dafür einsetzten, daß auch alle anderen bisher vergessenen Opfergruppen Ansprüche auf Zahlungen aus dem Nationalfonds erhielten und so “gelang es, den Nationalfonds so auszuweiten, daß all jene Gruppen, die bisher nicht als Opfergruppe anerkannt und demnach nicht entschädigt worden waren, in diesen aufgenommen wurden.

Somit haben auch lesbische und schwule NS-Opfer ein Anrecht auf Entschädigung nach dem Nationalfondsgesetz.” (KOSCHAT, 1997: 63)

Diese Entschädigung kommt allerdings erstens für die meisten Opfer viel zu spät und zweitens sind diese Zuwendungen keinesfalls Summen die Anlaß zum Jubeln geben könnten. Jeder bewilligte Antrag wird mit einer einmaligen Zahlung von ÖS 70.000.- abgespeist. “Nur im Falle nachweislicher Bedürftigkeit” (KOSCHAT, 1997: 63) können diese 70.000.- erhöht werden.

Wird ein Antrag an den Nationalfonds abgelehnt gibt es keinen Instanzenweg, also keine Möglichkeit zu berufen.

Grundsätzlich können zwar die Ansprüche auf Gelder aus dem Nationalfonds vererbt werden, allerdings sind auch hier homosexuelle Lebensgemeinschaften wieder einmal diskriminiert. Hinterbliebene aus lesbischen oder schwulen Lebensgemeinschaften gelten nicht als Angehörige und haben somit wenn der Anspruchsberechtigte bereits verstorben ist keinen Anspruch auf Zahlungen aus dem Nationalfonds.

Die aktuelle politische Situation stellt keinen Anlass für allzu großen Optimismus dar. Auf Seiten der Opposition besteht zwar die Bereitschaft auch Homosexuelle und Deserteure in den „Begünstigtenkreis“ des OFG aufzunehmen. Die gegenwärtige schwarz/orange/blaue Regierung hat sich schon in der Vergangenheit durch ihre homophobe Politik „ausgezeichnet“, so dass von dieser Seite ganz sicher nichts zu erwarten ist. Es ist auch zu bezweifeln, dass eine künftige Regierung, sollten Schüssel, Khol oder andere rechtskonservative Ideologen der ÖVP an ihr beteiligt sein, an diesem Status quo etwas ändern wird. Das budgetäre Argument zählt in diesem Fall sicher nicht als Argument, denn, wenn man sich die oben erwähnten Zahlen betrachtet, so kann es sich bei den Überlebenden nach 60 Jahren nur um die sprichwörtliche Handvoll handeln. Homophobie, Revisionismus und eine gewisse Empathie für Nationalsozialismus und Faschismus sind die eigentlichen Triebfedern. Es liegt maßgeblich an uns, dafür zu sorgen, dass über diesen Graben der Geschichte kein Gras wächst. Wir wollen die Gräben offen halten und nicht mit Schlamm des Vergessens und Verschweigens zuschütten.

Zum Weiterlesen:

  • Centrum Schwule Geschichte (Hg.),“Das sind Volksfeinde!“ Die Verfolgung von Homosexuellen an Rhein und Ruhr 1933-1945. Köln 1998


Konzentrationslager

Der „Völkische Beobachter“, das Zentralorgan der NSDAP, berichtete in einem Artikel seiner Ausgabe vom 11. August 1932 (!),  wie sich die Nazis  ihre Machtergreifung vorstellten. Die zentrale Aussage des Artikel lautete: „Sofortige Verhaftung und Aburteilung aller kommunistischen und sozialdemokratischen Funktionäre(...). Unterbringung Verdächtiger und intellektueller Anstifter in Konzentrationslagern.“

Diese Beschreibung erklärte in unmissverständlicher Deutlichkeit, was nur ein halbes Jahr später grausamste Realität werden sollte. Was die Leserin/den Leser vielleicht beim ersten Lesen dieses Zitats verwundern mag, sind die Fragen, ob die Nazis schon so exakte Pläne hatten (abgesehen von ihren grundsätzlichen politischen Zielen) und warum der Autor des Artikels im „Völkischen Beobachter“ an keiner Stelle den Begriff „Konzentrationslager erklärt? Diese Fragen beantwortet Wolfgang Wippermann in seinem Buch „Konzentrationslager“ folgendermaßen: „Keineswegs, sie konnten sich nur eines politischen Instrumentariums bedienen, das der bürgerliche Staat bereit hielt. Dazu gehörte auch die „Unterbringung Verdächtiger und intellektueller Anstifter“ ohne vorheriges Gerichtsurteil. Möglich war dies auf Grund des rechtlichen Instituts der „Schutzhaft“ , das die Nationalsozialisten ebenfalls nicht erfinden mußten, sondern bei ihrem Machtantritt vorfanden.“

Die Ursprung dieser „Schutzhaft“ fußt im Revolutionsjahr 1848. Die preußischen Behörden schufen zum Zweck der Niederschlagung der Revolution am 24. September 1848 ein entsprechendes Gesetz, welches am 12. Februar 1850 nochmals verschärft wurde. Dieses Gesetz ermöglichte es auch Personen zu inhaftieren, die keine Straftat  begangen hatten, der Hinweis auf die bedrohte öffentliche Sicherheit und Ordnung reichte dazu völlig aus. Das besonders Perfide daran war noch die zusätzliche Verhöhnung der Betroffenen, durch die Behauptung, dass dies „zum Schutz ihrer persönlichen Freiheit geschehe“.  Aufgrund des preußischen Gesetzes über den Belagerungszustand vom 4. Juni 1851, wurde sogar die unbefristete Verhängung der „Sicherungshaft“ ermöglicht, außerdem war dieses Gesetz der richterlichen Kontrolle entzogen. Dieses Gesetz blieb für die gesamte Zeit des Kaiserreiches über bestehen. Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde davon ausgiebig Gebrauch gemacht, um Oppositionelle wie die Sozialdemokratin Rosa Luxemburg und andere Kriegsgegnerinnen und –gegner unbefristet in militärische Sicherungs- oder eben Schutzhaft zu nehmen. Erst mit dem Inkrafttreten der Weimarer Verfassung im Jahre 1919 war es mit dieser Praxis vorbei. Allerdings enthielt die Weimarer Verfassung den Artikel 48, welcher den Reichspräsidenten ermächtigte, wenn „im Deutschen Reiche die öffentliche Sicherheit gestört oder gefährdet ist“, zahlreiche Grundrechte außer Kraft zu setzen. Diese verfassungsrechtliche Ermächtigung ermöglichte auch die Verhängung der Schutzhaft ohne gerichtliches Urteil. Bereits in den ersten Krisenjahren der Weimarer Republik wurden „Schutzhäftlinge“ in Lager gesperrt, dabei handelte es sich um die Abschiebelager für unerwünschte Ausländer in Cottbus-Sielow oder in Stargrad, welche damals in der Öffentlichkeit „Konzentrationslager“ genannt wurden. Die weitere Verschärfung diverser Gesetze gegen Verfassungsfeinde durch die Kanzler v. Papen und v. Schleicher gegen Ende der Weimarer Republik, zielte auf KommunistInnen, SozialistInnen und AnarchistInnen, nicht aber auf NationalsozialistInnen ab.

Wipperman berichtet auch über einen Artikel aus dem „Dachauer Volksblatt“ vom 6.April 1933, wonach der kommissarische Polizeipräsident von München Heinrich Himmler mitteilte: „Am Mittwoch wird in der Nähe von Dachau  das erste Konzentrationslager eröffnet.“ Auch in diesem Artikel wurde der Begriff Konzentrationslager nicht erklärt, da offensichtlich ohnehin jeder wusste was gemeint war.

Der ersten Konzentrationslager wurden unter der Bezeichnung „campos de concentration“ im Jahre 1896 auf der Karibikinsel Kuba errichtet. Der neue Gouverneur General Valeriano Weyler y Nicolau wollte den Widerstand der Kubanerinnen und Kubaner gegen die Spanische Kolonialherrschaft brechen. 1898 errichteten US-Militärs „concentration camps“ auf den Philippinen und 1900 errichteten britische Truppen Südafrika „concentration camps“ , um vor allem Frauen und Kinder während der Burenaufstände zu internieren. In Deutschland verkündete der preußische Innenminister Dominicus, dass man Konzentrationslager zur Internierung unerwünschter Ausländer errichten werde. Mit diesen unerwünschten Ausländern waren in erster Linie jüdische Migrantinnen und Migranten  aus Osteuropa (die zeitgenössische antisemitische Diktion lautete „Ostjuden“) gemeint. Neben diesen Lagern in Cottbus-Sielow und Stargrad gab es noch weitere Lager, darunter auch die „Zigeunerlager“, die ebenfalls als „Konzentrationslager“ bezeichnet wurden. Diese Abschiebe- und Internierungslager waren allerdings in keiner Weise mit den KZs der Nazis und deren industrieller Mordmaschinerie zu vergleichen, diese sind in der Geschichte der Menschheit einzigartig.

Nationalsozialistische Konzentrationslager

Die Nazis begannen sofort nach ihrer Machtergreifung 1933 mit der Errichtung von KZs. Zuerst wurden, die politischen Gegnerinnen und Gegner, wie im „Völkischen Beobachter“ angekündigt, inhaftiert. Die Nazis gingen aber schon bald daran KZs für die verschiedensten Funktionen und unterschiedlichste Gruppen von Menschen zu errichten. Es gab Frauen- und Männerlager, „Arbeitserziehungslager“, „Jugendschutzlager“, „Zigeunerlager“,...und schließlich reine Vernichtungslager. Nach den politischen Gegnerinnen und Gegnern wurde der Kreis der Opfer des NS-Regimes immer größer. Alle Menschen die sie aus rassistischen Gründen für „minderwertig“ und/oder für die „arische Rasse“ gefährlich hielten, waren vom NS-Terrorregime bedroht. Dazu zählten Jüdinnen und Juden, Roma und Sinti, Homosexuelle, Behinderte, Prostituierte, Trunksüchtige, Obdachlose, tatsächliche oder vermeintlich Kriminelle, ZeugInnen und Zeugen Jehovas...und nach dem Hitler den Zweiten Weltkrieg vom Zaun gebrochen hatte auch großteils russische Kriegsgefangene. Viele der Gefangenen wurden auch von einem KZ in das andere verbracht, z.B. aus Arbeitslagern in Vernichtungslager. Nach Kriegsausbruch ging das NS-Regime dazu über, auch KZs, die ursprünglich primär der (Rüstungs)industrie dienten, um Gaskammern zur Ermordung der Häftlinge und Krematorien zu Verbrennung ihrer Leichen zu erweitern. Ab dem Jahre 1941 begannen die Nazis im Zusammenhang mit der von ihnen beschlossenen „Endlösung der Judenfrage“, die nichts anderes war als der industrielle Massenmord an den Jüdinnen und Juden Europas, neue KZs zu errichten, die man eigentlich nicht als Lager bezeichnen kann, sondern nur als Todesfabriken. Dabei handelte es sich um Belzec, Chmelno, Sobibor und Treblinka. Aufgrund der gewaltigen Dimensionen der nationalsozialistischen Vernichtungsmaschinerie, der Berichterstattung in NS-Medien und angesichts der vielen beteiligten deutschen und österreichischen Zivilisten, Soldaten und Parteifunktionären, ist es absolut unglaubwürdig, wenn viele Zeitgenossinnen und –genossen behaupten, sie hätten von der Existenz der KZs und den dortigen Geschehnissen nichts gewusst. Revisionisten a la John Gudenus und andere Auschwitzleugner können ihre niederträchtigen Thesen nach wie vor verbreiten, daher ist es noch immer wichtig, diesem Treiben etwas entgegen zusetzten.

Mauthausen

Das Konzentrationslager Mauthausen wurde als erstes KZ nach dem Anschluss auf dem Gebiet des ehemaligen Österreich (nunmehr in NS-Diktion: „Ostmark“) errichtet und am 8. August 1938 „eröffnet“. Die Häftlinge mussten zunächst im naheliegenden Steinbruch arbeiten. Die Bedingungen in Mauthausen waren derart furchtbar, dass es vom für die KZs zuständigen Reichsführer-SS, Heinrich Himmler, in die härteste KZ-Kategorie III eingestuft wurde. Das bedeutete, dass im KZ Mauthausen praktisch von Anfang an Vernichtung durch Arbeit praktiziert wurde. Nach Mauthausen wurden vor allem  Häftlinge verschleppt, die aus der Sicht der Nazis besonders gefährlich oder besonders „minderwertig“  waren. Der Charakter Mauthausens als Vernichtungsstätte wird noch besonders durch die Tatsache unterstrichen, dass die Mordanstalt Schloss Hartheim ebenfalls als eines der vielen Nebenlager oder Außenkommandos von Mauthausen diente. Während im Hauptlager – vor allem in der Anfangszeit – vorwiegend politische Häftlinge, Jüdinnen und Juden, Homosexuelle, sogenannte „Asoziale“...inhaftiert wurden, waren im Nebenlager Gusen (Gusen I und II), einer der grausamsten Terrorstätten des „Dritten Reiches“ , Menschen aus Frankreich Spanien, Italien, Belgien, Ungarn, Polen, der ehemaligen Sowjetunion, dem ehemaligen Jugoslawien und vielen anderen Nationen interniert. Biertrinkerinnen und -trinker sollten bedenken, dass Häftlinge des Außenlagers Schlier-Redl-Zipf als Sklaven die Brauerei Zipf errichten mussten. Im KZ-Komplex Mauthausen wurden zwischen 1938 und 1945 etwa 200.000 Menschen aus ganz Europa inhaftiert, rund die Hälfte von Ihnen wurde ermordet. Mit etwa 37.000 Toten stehen die KZs Gusen I und II für fast ein Drittel der etwa 120.000 KZ-Toten auf heutigem österreichischen Bundesgebiet. Das Staatsgebiet des heutigen Österreich war mit nationalsozialistischen Terrorstätten übersät. Die 58 Außen- und Nebenlager von Mauthausen verteilten sich auf die heutigen Bundesländer Oberösterreich, Niederösterreich, Wien, Steiermark,Kärnten, Salzburg sowie Bayern (Passau). Die Konzentrationslager im Westen Österreichs waren in organisatorischer Hinsicht Außen- und Nebenlager des KZs Dachau. In den Bundesländern Burgenland, Niederösterreich und Steiermark befanden sich an die 50 Lager für ungarisch-jüdische Schanzarbeiter. Tausende dieser Zwangarbeiterinnen und –arbeiter fanden gegen Kriegsende auf den grausamen Todesmärschen und im KZ-Mauthausen den Tod.

Editorial: schwarzwurzeln Kollektiv, 2005, edition copyleft

Originaltext: www.schwarzwurzeln.org


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