In Erinnerung an die ‘Mujeres libres’(*) - Für eine andere Zukunft!
Der diesjährige 8. März steht unter dem Zeichen der Mobilisierungen gegen die 11. AHV-Revision und für eine Mutterschaftsversicherung (zwei Gesetzesentwürfe in der Schweiz, Anm.). Diese Auseinandersetzungen für die Rechte der Frauen sind unerlässlich, wie auch andere immer neu entfachte und immer noch offene Kämpfe (u.a. die Lohngleichheit zwischen Frauen und Männer oder die Teilung der Haushaltarbeit).
Es geht aber auch darum zu verstehen, welche Dynamik, welchen Inhalt und welche Richtung diese Mobilisierungen beinhalten: Der Kampf der Frauen für ihre Befreiung geht viel weiter und tiefer und ist viel radikaler als diese nötigen Teilforderungen. Die patriarchale Herrschaft ist die wahrscheinlich grundlegendste und verbreiteste Herrschaftsform. Die Ausbeutung der Frauen zu Gunsten der Männer, sei es durch Lohnarbeit oder durch "häusliche Arbeit", ist eine der Härtesten. Von prekären, ungeregelten Arbeitsverhältnissen sind vor allem Frauen betroffen. Die Frauen bekommen Gewalt am meisten zu spüren.
Keine Frau, unabhängig von ihrem gesellschaftlichen Status, ihrer Herkunft oder ihrer Klassenzugehörigkeit, kann sich dieser patriarchalen Unterdrückung entziehen. Kein Mann kann diese Problematik der Herrschaft und Ausbeutung der Frauen übersehen, die die heutige Gesellschaft ihm auferlegt und in die sie ihn zwingt. Darum trägt der Kampf der Frauen und ihr Widerstand nicht nur zur Befreiung der Frauen selbst, sondern auch zur Befreiung der Männer aus ihrem Schicksal als Herrschende und aus ihrer Rolle als Unterdrücker. Die kämpfenden Frauen öffnen den Männern den Weg zum gemeinsamen Befreiungskampf. Die kämpfenden Frauen stellen exemplarisch ein revolutionäres Subjekt dar, das zum allgemeinen Befreiungskampf einen gewichtigen Beitrag leistet.
Der Kampf der Frauen geht von einer spezifischen Unterdrückung aus, zielt aber auch auf eine gegenseitige Anerkennung aller spezifischen Unterdrückungsformen und aller Unterdrückten. Er zeigt die Vielfältigkeit und Komplexität der Herrschaftsverhältnisse auf. Der Kampf der Frauen ermöglicht dadurch das Zusammenfließen verschiedener Widerstands- und Befreiungskämpfe quer durch alle gesellschaftlichen Bewegungen: Einer Politik der allgemeinen Befreiung und ihrer Strategie der direkten Aktion.
Herrschaft und Unterdrückung - egal ob patriarchats- oder klassenbedingt - werden durch die gleichen Strukturen ermöglicht. Wir alle wissen, dass ihre Zerstörung die einzige Lösung ist. Wir alle wissen, dass der Staat kein unparteiischer und gerechter Schiedsrichter sein kann, weder zwischen den Geschlechtern, noch zwischen den Klassen. Wir alle wissen, dass eine gesellschaftliche Revolution unser richtungsgebendes Ziel ist, was aber nicht im Gegensatz zur Notwendigkeit steht, hier und jetzt Kapital und Staat alles an Freiheit, Wohlergehen und Autonomie abzuringen, um die Kraft zu sammeln, ohne die kein gesellschaftlicher Wandel möglich ist. Der Feminismus ist die Hoffnung des Anarchismus!
* ‘Mujeres libres’ nannte sich die Frauenorganisation der Anarchistinnen in Spanien zur Zeit des Bürgerkrieges (CNT/FAI).
Aus: "Rebellion" Nr.27 (März 2004)
Originaltext: http://www.rebellion.ch/textes/rebelliondt/zukunft27.html