Treffpunkt: Dienstag 29.11., 17 Uhr, Omofuma-Denkmal (Museumsquartier Ecke Mariahilfer Straße)
Für mehr statt weniger Freiraum! Das Amerlinghaus muss unverträglich bleiben!
Das Amerlinghaus ist bedroht. Die Stadtregierung taktiert erneut damit, das Kulturzentrum am Spittelberg über die Vergabe oder Nicht-Vergabe von Förderungen zu kontrollieren und in ihr Verständnis von Kulturpolitik einzugliedern. Der Betrieb des Hauses soll zunehmend kommerzialisiert und damit die derzeit kostenlose Nutzung der Räume und Angebote unmöglich gemacht werden.
Das Amerlinghaus wurde im Sommer 1975 im Zuge einer Bewegung besetzt, die sich gegen eine Zerstörung des historischen Spittelberg-Viertels und für ein selbstverwaltetes, nicht-kommerzielles Kommunikations- und Kulturzentrum im Bezirk einsetzte. Im Oktober desselben Jahres wurde die Besetzung aufgeben, unter der Bedingung dass nach einer Sanierung das Zentrum wiedereröffnet wird. Seit 1978 existiert das Amerlinghaus in seiner heutigen Form als ein Projekt, das zum einen von Förderungen der Stadt abhängig ist, zum anderen an das stadteigene Immobilienunternehmen Gesiba Miete zahlt. Dieser Kompromiss stand von Anfang an dem Anspruch im Wege, selbstverwaltet, unkommerziell und autonom zu sein. Bereits 1980 gab es deshalb den Versuch einer Wiederbesetzung, die sich gegen den von der Stadt zur Steigerung von Mieteinnahmen erzwungenen, vom Kulturzentrum unabhängigen Beisl-Betrieb im Haus richtete.
Durch den Deal mit der Stadt konnten im Amerlinghaus verhältnismäßig unbehelligt Gruppen arbeiten und Projekte entwickelt werden, für die es sonst in der Stadt keinen Platz gibt. Nun stößt das Konzept allerdings endgültig an seine Grenzen, die Stadt will weitere Gelder daran binden, dass in Zukunft Gewinn erwirtschaftet wird.
Dabei ist der Bedarf an unkommerziellen Räumen nach wie vor unbestreitbar. Nicht nur im 7. Bezirk, aus dem seit der ursprünglichen Besetzung des Amerlinghauses ein großer Teil der damaligen Bewohner_innen durch explodierende Mieten verdrängt wurde. Überall in der Stadt werden soziale Räume, Jugend- und Gemeinschaftszentren kaputtgespart.
Wo die Menschen anfangen, ihre Bedürfnisse und ihr Leben in die eigenen Hände zu nehmen, und zum Beispiel seit langem leerstehende Gebäude besetzen, um neue soziale Zentren zu schaffen, bekommen sie meist bald die Gewalt des Staates zu spüren. So zum Beispiel bei der Räumung des Epizentrums in der Lindengasse 60-62 mit Hubschrauber und Räumpanzer vor wenigen Wochen, wo über fast ein Monat ein selbstverwaltetes Zentrum aufgebaut wurde.
Wem gehört die Stadt?
Überall steigen die Mieten, bei den Löhnen wird aber höchstens die Inflation ausgeglichen. Die meisten Menschen können sich so nur noch kaum die eigene Wohnung leisten, gemeinsam kollektive Orte aufzubauen ist nahezu unmöglich. Dabei gibt es immer mehr Leerstand, während andernorts ein neuer Büroturm neben dem anderen hochgezogen wird. Wenige Konzerne teilen sich in Wien fast den ganzen Kuchen auf, darunter Wiener Wohnen, Gesiba, Buwog. Einst mit öffentlichen Geldern aufgebaut, wirtschaften diese Firmen inzwischen wie jede andere, nämlich einzig nach der Logik des größtmöglichen Profits, und helfen so fleißig mit, die Mieten in die Höhe zu treiben. Die Mittel der städtischen Wohnbauförderung fließen schon längst nicht mehr in die Schaffung günstigen Wohnraum, sondern vielmehr z.B. in die reichliche Bezuschussung der Sanierung von Mietshäusern in Privateigentum. Die nach der Sanierung deutlich höheren Mieten kassieren dann jene, die ohnehin oft schon viele Häuser besitzen und sich die Produkte fremder Arbeit in die Taschen stopfen.
Das Problem liegt letzten Endes weniger bei der konkreten Höhe der Miete, sondern beim Prinzip des unbegrenzten Privateigentums selbst. So kommt es, dass die meisten Menschen ihr Leben lang hart arbeiten, um sich gerade einen akzeptablen Wohnraum und eine ausreichende Ernährung leisten zu können, während andere vor allem von den Früchten dieser Arbeit leben und dabei immer mehr anhäufen.
Es ist schon lange Zeit, diese Logik zu durchbrechen. Es ist genug für alle da, und wenn wir einen solidarischen Umgang miteinander lernen, können wir das Leben mit der heutigen Produktivität längst sicher und komfortabel organisieren, ohne einander auszubeuten. Wir können die künstlichen Trennungen zwischen uns, und auch die Trennungen zwischen Lernen und Arbeit, zwischen Kunst, Kultur und Leben aufbrechen. Wir sollten damit nicht warten, denn die Logik der Waren und des Profits droht unser ganzes Leben zu verschlingen.
Um Keimzellen für diese neue Welt zu bilden, brauchen wir Orte. Orte wie das Amerlinghaus. Wenn die herrschenden Autoritäten anfangen, uns die wenigen dieser Orte wegzunehmen, müssen wir aufhören, darum zu bitten und zu fragen. Wir sollten uns nehmen was wir brauchen, was uns zusteht. Nicht um uns zu bereichern, sondern um eine neue Grundlage für das Teilen zu finden.