Rudolf de Jong - Der Mythos des Anarcho-Syndikalismus

Ich wurde gebeten, zusammen mit Walther Bernecker über den Mythos des Anarcho-Syndikalismus zu sprechen. Ich habe dabei den großen Nachteil, deutsch sprechen zu müssen. Aber auch Walther Bernecker hat einen großen Nachteil: Er hat über unser Thema schon viel publiziert und so sind seine Ansichten allgemein zugänglich. Neulich erst hat er sich durch die Veröffentlichung seiner Diskussion mit Jörg Hallerbach eine Blöße gegeben (1). (Nebenbei, es ist ein hübsches Buch - doch beide Autoren haben trotzdem Unrecht.) Ich will mich nun aber auch aus der Reserve herausbegeben und mich mit einem etwas unfairen Angriff selbst angreifbar machen.

Bernecker ist zu sehr "deutsch" und das ist ein Vorwurf, gegen den sich ein Deutscher nur sehr schwer wehren kann. Deswegen füge ich schnell hinzu, daß dies nicht nur ein Problem der Deutschen ist. Ich meine damit die Art und Weise, die geschichtlichen Sachverhalte zu abstrakt zu behandeln. Dies zeigt sich u.a. in den Begriffen "Modell", "Theorie", "Experiment", "Praxis" mit denen Bernecker (aber nicht nur er allein) die spanische anarchistische Bewegung zu begreifen sucht.

Wenn man schon für den Anarchismus einen abstrakten Begriff sucht, dann schlage ich den Begriff "das Konkrete" vor. Auf die Bedeutung des "Konkreten" wurde nicht nur von Bakunin, sondern auch von Stirner - wenn auch wieder in der abstrakten deutschen Manier - hingewiesen.

Dagegen möchte ich neben die vielgebrauchten wissenschaftlichen Begriffe (s.o.) einige andere stellen. Diese sind meiner Meinung nach besser geeignet, die Wirklichkeit der anarchistischen Bewegung und der spanischen Revolution begreifbar zu machen. Ich stelle so den Begriff der "Idee" (oder gar den der "Kultur") neben den Begriff "Theorie". Den Begriff "Vorstellung" ziehe ich dem Begriff "Modell" vor. "Bewußtsein" und "konkretes Handeln", ja "Leben" neben "Alternative" und "Experiment". Ich sage ausdrücklich "neben" und nicht "anstatt" oder gar "gegen". Damit mache ich schon große Konzessionen gegenüber den wissenschaftlichen Begriffen. Dies ist vielleicht inkonsequent - aber ich bin eben Holländer und vielleicht Anarchist.

Das von mir gemeinte möchte ich an einigen Beispielen verdeutlichen. Unmittelbar nach dem Sturz von Allende empfing ich im Institut für Sozialgeschichte in Amsterdam, wo ich arbeite, einen Besucher, der mir Dokumentationsmaterial aus Chile mitbrachte. Das hatte ein Freund von mir für mich dort gesammelt. Er konnte es noch kurz vor dem Staatsstreich aus dem Lande schaffen. Dieser Besucher sagte mir: "Was mich in Europa am meisten ärgert ist, daß man hier immer von dem "chilenischen Experiment" spricht. Für die Leute in Chile war dies aber kein Experiment, sondern eine Angelegenheit von Leben und Tod. Es handelte sich ganz konkret um ihre Existenz, um ihr Mensch-Sein." Das ist absolut richtig. Denn in einem "Experiment" ist man nicht mit seiner gesamten Existenz verwickelt. Wenn man Rudolf de Jong versuchsweise hier in Oldenburg ein Referat halten läßt, dann ist dies ein "Experiment". Wenn es mißlingt - ist dies schade - aber keine Katastrophe. Man hat vielleicht gerade das Reisegeld verloren, weiter nichts.

Der Begriff der "Alternative" ist auch mißverständlich. Meistens denkt man bei der "anarchistischen Alternative" an ein Modell der anarchistischen Gesellschaft, von libertären Denkern erdacht, als Alternative zum liberalkapitalistischen Modell oder zum Modell des russischen oder chinesischen Staatssozialismus. Für die Anarchisten selbst aber - besonders für die Militanten der geschichtlichen, anarchistischen Bewegung in Spanien - bedeutet "Alternative" etwas ganz anderes: Akzeptiert der Mensch - insbesondere der Arbeiter - die bestehende Gesellschaft und die Tatsache, daß er unterdrückt wird oder akzeptiert er dies nicht? Wenn er es akzeptiert, dann unterwirft er sich seinem Schicksal und fügt sich in seine Lage. Tut er dies nicht, dann bedeutet dies zwangsläufig, daß er revoltiert. Dies tut er dann mit vollem Bewußtsein. Der Begriff "obreno consciente" (ein bewußter Arbeiter) ist deshalb sehr wichtig, um die spanische Arbeiterbewegung verstehen zu können. "Alternativen" sind so keine Frage von Zukunftsmodellen, sondern Fragen der menschlichen Existenz. Es geht einzig und allein darum: findet man sich mit der bestehenden Lage ab oder steht man gegen sie auf.

Die meisten Historiker beachten hauptsächlich nur den Ausgang eines sozialen Kampfes: Haben die Arbeiter einen Streik gewonnen, sind ihre Forderungen akzeptiert worden oder haben sie den Kampf verloren. Für die Teilnehmer und für ihre Erinnerung aber ist vor allem der Anfang wichtig. Daß man es gewagt hat, einmal "nein" zu sagen, das ist an sich schon ein Sieg. Die Tatsache, daß man sich widersetzt hat, nicht der Ausgang des Kampfes ist das wesentliche. Das gilt zum Beispiel auch für die Aufstände im Archipel Gulag, die Solschenizjn im dritten Teil seines Buches beschreibt. Für Spanien trifft dies auch zu. Der Arbeiterwiderstand gegen den Staatsstreich der Armee in den ersten Tagen des Bürgerkrieges hat so zum Mythos des 19. Juli geführt. Dieser Mythos nimmt einen wichtigen Platz in dem Denken der libertären Bewegung über den spanischen Bürgerkrieg ein.

Ich will den Begriff "Vorstellung" - im Gegensatz zu dem Begriff des "Modells" - noch etwas auf die Revolutionsfrage hin weiterentwickeln. Folgt man diesem Begriff, dann geht man nicht so sehr von der Frage aus, wie man die Revolution macht, die Macht ergreift und so weiter. Sondern man fragt, was während der Revolution selbst vor sich geht und was man von ihr erwartet. An erster Stelle steht dann die Vernichtung der alten Strukturen; erst danach, daß man endlich das Leben in die eigene Hand nehmen kann: das eigene Leben und das Leben der Gemeinschaft.

Nun muß ich aber sofort erwähnen, daß es gerade bei den Spaniern eine Manie für Modelle und Schemata gibt. Die Publikationen von Anarchosyndikalisten wie z.B. Isac Puente, Gaston Leval, Abad de Santillan und von dem Franzosen Pierre Besnard wimmeln von schematischen Vorstellungen über den Aufbau der zukünftigen libertären Gesellschaft. In seinem wichtigen Buch. "Anarchismus und Bürgerkrieg" dokumentiert Bernecker einige wichtige Beispiele dafür. Es werden auch Geschichten über einige wichtige Dörfer erzählt, in denen man während des Bürgerkrieges mit den Broschüren der erwähnten Autoren in der Hand versuchte, die soziale Revolution zu machen.

Es fragt sich, welche Bedeutung man diesen Schriften zumessen muß. Sie waren wesentlicher Teil der Bildung, der libertären Kultur und sie boten meiner Meinung nach Ideen für ein Handeln in Freiheit. Doch wie man konkret vorgehen mußte und wie man konkret weiterkommen wollte, entschied die Erfahrung mit der Praxis, mit ihren Problemen, ihrer Kritik - kurz war das Resultat von "trial and error".

An dieser Stelle möchte ich ein allgemeines Problem der anarchistischen Vorstellungen oder der anarchistischen "Modelle" erwähnen. Es stellt sich die Frage, wie sie sich die Lösungen der Konflikte, die Konfliktbeherrschung vorstellen. In der nicht-anarchistischen Gesellschaft steht die Gewalt - das Gewaltmonopol - zentral bei der Konfliktbeherrschung. Der Anarchismus lehnt das Gewaltmonopol des Staates ab, aber geht dabei zu unbekümmert - gerade in den Schriften der erwähnten Autoren - von der allgemeinen Harmonie in der kommenden libertären Gesellschaft aus.

Wenden wir uns nun, das Gesagte im Gedächtnis, der Wirklichkeit des Bürgerkrieges und der Revolution in Spanien zu. Es steht fest, daß die Revolution verloren gegangen ist. Aber dies trifft für alle Revolutionen zu. Max Nettlau, der anarchistische Historiker, hat über das Jahr 1848 geschrieben: "In Wirklichkeit sind die Revolutionen mißlungen, sonst wären sie noch vorhanden." (2)

Es stellt sich die Frage, woran die Revolution in Spanien verloren gegangen ist. Aus der Literatur kristallisieren sich drei Problembereiche heraus:

  1. Das Problem von Krieg und Frieden.
  2. Der Anti-Anarchismus der Stalinisten und bürgerlichen Republikaner in der Republik
  3. Das Scheitern der Revolution selbst. Das Versagen der Anarchisten und Anarcho-Syndikalisten. Das Versagen ihrer Organisationen, der Intellektuellen und der führenden Persönlichkeiten der Bewegung.

Im anarcho-syndikalistischen Mythos wird stark die erste und zweite Ursache des Scheiterns hervorgehoben. Auch über den dritten Problembereich wurde von ihnen viel geschrieben. Die besten Studien, die vom libertären Standpunkt aus über die Revolution und über den Bürgerkrieg geschrieben wurden, setzten sich alle kritisch mit der Politik der CNT/FAI (3) auseinander. Ich nenne Gaston Leval, Vernon Richards, Frank Mintz, Cesar Lorenzo, Carlos Semprun. Außerdem kann man den ersten und zweiten Problembereich nicht behandeln ohne daß der dritte auftaucht. Übrigens hebt die kritische Literatur - oder besser gerade die kritische Literatur - stark beeindruckt hervor, was an der Basis an anarchistischer Aufbauarbeit stattgefunden hat: in den kollektivierten Fabriken und Dörfern, auf dem Gebiet der Kultur usw. (4). Ich werde mich hier mit den drei Problembereichen nicht ausführlich beschäftigen. Aber ich möchte ein paar Aspekte beleuchten, die sonst in der Geschichtsschreibung wenig beachtet werden.

Zum Problem von Krieg und Frieden verweise ich auf die anarchistische Vorstellung von Revolutionen - oder wenn man es so will: auf das anarchistische Modell der Revolution. Dies ist z.B. in der Geschichte der französischen Revolution von Kropotkin zu finden. Das dort gezeichnete Revolutionsbild ist verhältnismäßig gewaltfrei. Von organisierten Gewaltinstitutionen wird überhaupt nicht gesprochen. Es gilt das Prinzip: je mehr "revolutionäre" Gewalt je weniger Revolution. Im Syndikalismus, wie er sich um 1900 herausbildete, hat die unmittelbare Konfrontation mit der kapitalistischen Gesellschaft und den Gewaltapparaten des Staates sogar einen ausgesprochen friedlichen

Charakter: Der Generalstreik sollte den Barrikaden- und Straßenkampf weitgehendst ersetzen. Innerhalb der IAA - der anarchistischen Internationalen, zu der die CNT gehörte - hielten die Niederländer die gewaltlose, rein wirtschaftliche Verteidigung der Revolution für möglich und hoben dies hervor. Der große Streik vor dem Bürgerkrieg in Zaragoza wurde in diesen Kreisen als wesentlich wichtiger eingeschätzt als die verschiedenen Versuche, die Revolution mit Waffengewalt zu entzünden.

Mit dem Ausbruch des Bürgerkrieges entstand folgendes Paradox. Dort, wo sie die syndikalistische Waffe des Streikes anwendeten (in Zaragoza, in Sevilla), verloren die Anarcho-Syndikalisten. Dort aber, wo die Arbeiter der Armee mit der Waffe in der Hand entgegen traten, siegten sie.

Noch ein weiterer Widerspruch zu den eigenen Vorstellungen über den Revolutionsverlauf stellte sich heraus. In der eigenen Vorstellung ging man davon aus, daß sich die bestehende Ordnung in der Defensive befand. Sie würde sich zwar noch verteidigen - aber nicht mehr an sich selber glauben. Vor dem 19. Juli 1936 stimmte dies auch. Nach dem 19. Juli bestand aber die Republik von 1931 nicht mehr. Die neue Ordnung Francos und der Falangisten war offensiv und aggressiv. Gewalt und Krieg waren nun unvermeidbar geworden und entwickelten sich immer weiter nach der ihnen eigenen inneren Logik (5).

Ich komme zum nächsten Punkt, zu den Widersprüchen zwischen den Anarchisten und den Gegnern der sozialen Revolution in der Republik. Hierüber gibt es eine ausführliche Literatur. Deshalb möchte ich nur auf einen Sachverhalt hin weisen. Meines Erachtens betonen die meisten Historiker - und auch Bernecker tut dies - die gemeinsamen Ziele. Dadurch werden die internen Kämpfe der Republik auf das Problem der richtigen politischen - militärischen Kampfweise gegen Franco und gegen den Faschismus reduziert. Ich möchte dagegen den Klassenkampf in den Auseinandersetzungen mehr in den Vordergrund rücken. Denn es war in den Kämpfen gegen die Faschisten etwas Neues entstanden: eine neue Klasse, eine neue Staatsbourgeoisie. Im engen Zusammenhang damit dehnte sich die Armee, die Obrigkeitsbourgeoisie und allerlei Partei- und Organisationsapparate (einschließlich des Apparats der CNT-FAI) aus.

Zu diesen Problemen kommt ein weiterer Komplex. In mancher Hinsicht hat die spanische libertäre Bewegung und hier besonders ihre Organisationen versagt. Dabei ist für mich das folgende von großer Wichtigkeit: Die Zusammenarbeit mit den anderen antifaschistischen Strömungen basierte nicht auf der Zusammenarbeit von Basisorganisationen und es wurden auch von hier aus keine konfederalen Strukturen geschaffen. Stattdessen wurde von Anfang an die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Organisationen über ihre Spitzen organisiert. Ich habe in diesem Zusammenhang den Begriff "Komiteekratie" verwendet. Es entstanden Komitees, die sich aus den Führungen der Parteien und Organisationen zusammensetzten. Diese vertraten dann nicht die Betroffenen selbst, nicht die Fabrik- und Stadtviertelkomitees und nicht die Dorfkollektive. So "verfing" sich die CNT in einer "revolutionären" aber bestimmt nicht libertären Struktur, die schnell wieder durch den alten Staat ausgefüllt und übernommen wurde.

Diese Entwicklung förderte innerhalb der libertären Bewegung Formen und Erscheinungsweisen von Autoritarismus und autoritärer Mentalität. Dies zeigte sich - wie gesagt - in der Entwicklung der Organisationsapparate und selbstverständlich ist keine einzige Bewegung, auch nicht die anarchistische, frei von Menschen, die autoritärer sind, als ihre Ideen.

In der kritischen Literatur über die Politik der Anarcho-Syndikalisten wird häufig auf die wachsende Spannung zwischen den Militanten der Basis und den bekanntesten Koryphäen und den regionalen und nationalen Komitees hingewiesen. In der Diskussion zwischen Bernecker und Hallerbach spielt die Frage, ob die Einheit erhalten wurde (Hallerbach) oder ob man nicht besser von Spaltung sprechen muß (Bernecker) eine wichtige Rolle. Meine Meinung dazu ist daß die Frustration so allgemein war, daß sie die Bewegung gleichsam einigte (6).

Das Gesagte soll unsere Aufmerksamkeit nicht von der Frage ablenken: wieweit war die Revolution gekommen? Ganz bestimmt nicht so weit, wie die spanischen Anarchisten es sich vorgestellt hatten. Noch viel weniger weit, als es der anarcho-syndikalistische Mythos sieht. Doch viel weiter als wie frühere Revolutionen gekommen sind: in ihren Bestrebungen, das gesellschaftliche Leben in die eigenen Hände zu nehmen und es auf der Basis von Freiheit und Gleichheit zu organisieren.

Aus dem Holländischen von Gottfried Mergner

Fußnoten:
1.) Walther L. Bernecker, Jörg Hallerbach, Anarchismus als Alternative? Die Rolle der Anarchisten im Spanischen Bürgerkrieg - Eine Diskussion, Berlin 1986
2.) Max Nettlau, Der Vorfrühling der Anarchie. Ihre historische Entwicklung von den Anfängen bis zum Jahre 1864, Berlin 1925, S.184.
3.) Confederación Nacional del Trabajo und Federación Anarquista Ibérica. IAA: Internationale Arbeiter Assoziation.
4.) Gaston Leval, zum Beispiel, beginnt sein Buch über die Kollektivisation mit der Bemerkung: "Voici les faits: une révolution sociale incomparablement plus profonde que toutes celles qui l`ont précédée a eu lieu dans un pays dont on a beaucoup parlé durant les années 1936-1939: l`Espagne. Une révolution qui a atteint les buts théoriquement préconisés par Marx et Engels quand ils sont allés au plus loin de leurs prévisions d`avenir, par Proudhon et par Bakounine, ainsi que par l`école kropotkinienne de l`anarchisme socialiste; et cela en moins de trois ans, alors que, après un demisiècle, la révolution russe qui, au début, se réclamait du même idéal, en est plus éloignée que jamais." (Gaston Levai, L`Espagne libertaire (1863-1939). L`Oeuvre construczive de la Révolution espagnole, S.9). Heiner Köchlin, Die Tragödie der Freiheit. Spanien 1936-1937. Die Spanische Revolution. Ideen und Ereignisse, Berlin 1984, ist ein gutes deutschsprachiges Beispiel für diese Literatur.
5.) Dittmar Dahlmann macht in seiner Studie über die Bewegungen von Machno und Zapata eine Beobachtung über diese beiden Bewegungen, welche auch für Spanien interessant ist: "Dieses Unterfangen, die Etablierung einer "gerechten Welt" durchzusetzen, ohne daß der Kampf gegen die äußeren Feinde beendet war, war sicherlich einer der Gründe, die letztendlich zum Scheitern der Bewegungen führten. Es wurden dadurch Kräfte zu diesem inneren Aufbau benötigt, die für die Aktionen gegen die Gegner dringend an anderer Stelle gebraucht wurden. Gleichzeitig riefen diese Versuche bei der überwiegenden Mehrheit der Anhänger der Bewegungen den Eindruck hervor, daß ein Sieg und damit die endgültige Etablierung des "guten alten" Zustandes bevorstünde, ja bereits erreicht sei. Der Einbruch der feindlichen Kräfte in den begonnenen Aufbau ließ alle Hoffnungen der Teilnehmer zunichte werden und führte schließlich dazu, daß die Bevölkerung nicht mehr zum weiteren Kampf mobilisiert werden konnte." (Dittmar Dahlmann: Land und Freiheit, Machnovcina und Zapatismo als Beispiele Agrarrevolutionärer Bewegungen, Stuttgart 1986, S.255).
6.) Wie groß die Frustration während der Kriegszeit war, läßt sich auch aus einer Bemerkung Miquel Garcias über den libertären Widerstand in der ersten Nachkriegszeit herauslesen. Trotz der unerhörten Repression des Schreckensregimes Francos sagt der Guerilla-Kämpfer Gines Urrea Pina: "Keine disziplinierte Armee, keine politischen Alliierten mehr - wir sind wieder ein "undisziplinierter Haufen"! meinte er auf einem unserer geheimen Treffen. War darin nicht ein Zeichen der Erleichterung zu bemerken? Wir waren ein "undisziplinierter Haufen" gewesen, als wir uns auf den Straßen erhoben und die Armee zurückgeworfen hatten. Als dann der Stellungskrieg begann, führten wir die Armeedisziplin ein, und es hatte eine Menge Gutes gehabt. Jetzt war es möglich, den wirklichen Feind zu treffen, ohne sinnlos Leben für ein paar Quadratmeter Bodengewinns zu opfern." (Miguel Garcia, Spanien - Kampf und Gefangenschaft 1939-1965, Berlin 1976, S38.)

Aus: Thomas Kleinspehn / Gottfried Mergner (Hg.): Mythen des Spanischen Bürgerkriegs. Trotzdem-Verlag, 1996. Digitalisiert von www.anarchismus.at mit freundlicher Genehmigung des Trotzdem-Verlags.


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