William O. Reichert - Anarchismus, Freiheit und Macht
Der folgende Text entstammt der stark individualistisch geprägten angelsäschsischen Tradition des Anarchismus. Vieles davon sehe ich aus einer libertär-sozialistischen Perspektive entsprechend anders.
Das zentrale Problem der politischen Wissenschaft ist heute nicht die Methodologie, sondern die Errichtung von Grenzen, um der Expansion des Leviathans Staat Einhalt zu gebieten. Es wird immer deutlicher, daß sich der «moderne demokratische Staat» mehr im Sinne des Modells von Hobbes als im Sinne der Vorstellungen von Locke entwickelt hat (1).
Der Sozialismus hat die Schwierigkeiten, der Staatsmacht Grenzen zu setzen, noch vermehrt. Der moderne demokratische Wohlfahrtsstaat hat durch die Erweiterung seines Wirkungsbereichs zwar seinen Bürgern neue materielle Annehmlichkeiten gebracht, doch ist er dabei gleichzeitig hinsichtlich seiner Macht über den einzelnen immer monopolistischer geworden. Es ist keine Übertreibung festzustellen, daß wir uns heute vor dem Leviathan fürchten, weil das Geschöpf, das wir hervorgebracht und in den vergangenen Jahrhunderten gehegt haben, sich jetzt unserer Kontrolle zu entziehen scheint und so unsere Existenz als freie Gesellschaft bedroht. Auf dieses Problem, das von den heutigen Politikwissenschaftlern weitgehend ignoriert wird, zielt im Grunde die Philosophie des Anarchismus.
Der bezeichnendste Zug der anarchistischen Theorie besteht nach Meinung ihrer Verfechter darin, daß es sich bei ihr um die einzige moderne Soziallehre handelt, die eindeutig das Konzept des Staates mit seinen allgegenwärtigen Übeln der politischen Macht und der Autorität verwirft. In den frühen Jahren der Amerikanischen Republik hat es auch eine Zeit gegeben, in der die Demokratie Jeffersonscher Prägung es für weise hielt, der Macht der Regierung Grenzen zu setzen. Aber wenn auch Jefferson mit Hamilton (2) darüber verschiedener Meinung war, welchen Zielen die Staatsmacht legitimerweise dienen sollte, so ging er doch nie so weit, deren vollständige Abschaffung zu befürworten. Anarchisten sehen in Jeffersons Neigung, mit der politischen Macht Kompromisse zu schließen, die verhängnisvolle Schwäche der demokratischen Theorie. Andere liberale Demokraten in der Geschichte Amerikas haben die Klugheit, nämlich im Bereich der Ausübung politischer Macht Zügel und Sicherungen beizubehalten, gelobt, ohne sich je darüber klar zu werden, daß sie sich damit eine unerfüllbare Aufgabe gestellt hatten.
Die Philosophen des politischen Pluralismus haben unbeugsam ihrer Opposition gegen die wachsende Macht des Staates Ausdruck verliehen und darauf gedrungen, daß seine sich ständig ausweitende Herrschaft über den Bürger mit den größeren, vorwiegend sozialen Gruppierungen geteilt werden müsse, was uns heute als eine der letzten echten Anstrengungen der Liberalen erscheint, den Leviathan unter Kontrolle zu halten. Aber wie Professor William Emest Hocking seinerzeit nachgewiesen hat, lehnten es die Pluralisten ab, den entscheidenden Schritt zu tun und den Staat seines Monopols über die Instrumente der Gewalt und des Zwangs zu entkleiden. Es war völlig unrealistisch anzunehmen, wie das die Pluralisten taten, daß eine Vielzahl von Vereinigungen innerhalb der Gesellschaft an der politischen Macht Anteil haben würde, während der Staat über ihnen stand, ausgerüstet mit den Mitteln, sie alle seinem höheren Willen dienstbar zu machen. (3)
Es ist deshalb auch nicht verwunderlich, daß die Verfechter der pluralistischen Idee aus unserem heutigen Gesichtskreis vollständig verschwunden sind und außer dem Anspruch, daß man sich ihrer als einer interessanten historischen Bewegung erinnert, nichts hinterlassen haben. Ebensowenig ist es verwunderlich, daß die Idee des Liberalismus selbst im Sterben zu liegen scheint.
Die Idee des Anarchismus mag andere Fehler haben, aber man kann sie keinesfalls mit der Begründung kritisieren, als würde sie ihre Grundprinzipien den Erfordernissen der Macht anpassen. Der Anarchismus unterscheidet sich gerade dadurch von anderen politischen Philosophien, daß er Macht und formale Organisation verwirft. Politische Macht zu verwerfen aber heißt den Staat verwerfen. Der Anarchismus ist deshalb gezwungen, den komplizierten Beweis dafür zu erbringen, daß es überhaupt keinen Staat geben sollte, weil dessen Wirkung insgesamt eher negativ als positiv ist. Das ist zweifellos eine herkulische Aufgabe. Und doch läßt sich eine eindrucksvolle Zahl zuverlässiger Beobachter anführen, die diese These des Anarchismus bestätigen. Die vielleicht schärfste Anklage, die je gegen den Staat vorgebracht wurde, stammt von dem Historiker Henry Thomas Buckle, der im ersten Band seiner «History of Civilization in England» (Bd.I, New York 1857) schrieb, daß «keine wichtige politische Verbesserung, keine große politische Reform, ob sie nun die Legislative oder die Exekutive betraf, jemals in irgendeinem Land von dessen Herrschern ausgegangen ist». Freilich sind moderne Gesetzgeber ständig damit beschäftigt, in mühsamen Verfahren gesetzliche Verfügungen hervorzubringen. Aber, so meinte Buckle, alle Reformen, die sie durchgeführt haben, waren nicht darauf gerichtet, etwas Neues und Positives zu schaffen, sondern Unrecht zu beseitigen, das selbst ursprünglich das Ergebnis gesetzgeberischer Maßnahmen war.
Die politische Wissenschaft sollte sich übrigens nicht durch die Tatsache, daß der Staat schon sehr, sehr lange existiert, zu der Annahme verleiten lassen, daß er für das soziale Leben eine absolute Notwendigkeit sei. Diejenigen, die sich ein klares Bild vom Staat und seinem Wesen machen wollen, müssen darauf achten, daß sie nicht von der großen Macht und dem Einfluß, die der Staat heute gegenüber den Menschen in der Gesellschaft besitzt, eingeschüchtert werden (4). Es besteht zwar kein Zweifel daran, daß das soziale Leben, wie es sich heute darstellt, in hohem Maße auf der Kontrolle der Regierung über die Bevölkerung beruht. Aber es ist ein Irrtum anzunehmen, daß der Staat eine natürliche und unvermeidbare Erscheinung des sozialen Lebens ist. Tatsächlich ist der Staat nämlich nicht etwas, was die Menschen spontan von sich aus hervorbringen, wie Locke vermutete. Im Gegenteil: Der Staat entspringt nicht dem «Instinkt der Assoziation», sondern dem «Instinkt der Herrschaft» (5). Der Staat und seine Macht entstehen außerhalb des sozialen Lebens und werden den Menschen von ihren Führern aufgezwungen, die dann im Sinne ihrer eigenen Ziele über sie herrschen. Schon bei A. Bellegarrigue, einem Anhänger Proudhons, heißt es: «Die Macht muß mit Notwendigkeit zugunsten derer verwendet werden, die sie haben, und zum Nachteil derer, die sie nicht haben; es ist nicht möglich, sie anzuwenden, ohne den einen zu schaden und die anderen zu begünstigen.» (6) Robert Michels, der seine «Politische Parteien» mehr als ein Dutzend Jahre später verfaßte, mag von Bellegarrigue beeinflußt worden sein, wenn er erklärte, daß die Oligarchie ein Wesenszug der organisierten Macht sei und daß ein Volk, das seine Autorität delegiert, im Grunde seiner Souveränität entsagt.
Jede politische Wissenschaft, die diesen Namen verdient, muß von der Anerkennung dieser Voraussetzungen ausgehen. Nur zu oft haben die Politikwissenschaftler den Anarchismus mit spöttischem Unterton behandelt. Der Anarchist, der die Abschaffung der Regierung und die Zerstörung ihres Machtmonopols fordert, erscheint denen, die sich näher mit den Wegen und Funktionen der politischen Macht beschäftigen, als lächerliche Figur. Die Politikwissenschaftler - von einer kleinen Zahl unerschütterlicher Nonkonformisten abgesehen - stimmen im allgemeinen darin überein, daß die Macht diejenige Kraft ist, die die politische Welt überhaupt erst in Bewegung setzt. Wie können die Anarchisten erwarten, ernstgenommen zu werden, wenn die Hauptrichtung ihrer Beweisführung so vollständig der fundamentalen These widerspricht, auf der das ganze Gebäude der modernen politischen Wissenschaft ruht?
Die Anarchisten sämtlicher Richtungen sind allerdings der Meinung, daß hier nicht sie selbst, sondern die Politikwissenschaftler im Irrtum sind. Daß es notwendig sei, die soziale Welt im Sinne der politischen Macht zu organisieren, ist ihrer Meinung nach nämlich keine Tatsache, sondern eine Vermutung. Es kann selbstverständlich empirisch bewiesen werden, daß die Menschen Macht suchen und auf sie ansprechen, ja daß sie, so wie die Gesellschaft heute beschaffen ist, in den Beziehungen zwischen den Menschen eine bedeutende Rolle spielt. Nach Meinung der Anarchisten aber besteht der Irrtum der Politikwissenschaftler darin, diese Hypothese als endgültig und unvermeidlich zu akzeptieren.
Wie George Woodcock mit sicherem Gespür bemerkt hat, besteht das Wesen des Anarchismus weniger darin, eine rein politische Lehre zu sein, als vielmehr darin, fundamentale Fragen moralischer Natur zu behandeln (7). Wenn folglich Politikwissenschaftler behaupten, die Macht sei eine grundlegende «Tatsache» der politischen Welt, dann erwidern die Anarchisten, daß alle Tatsachen sich nur auf die jeweilige soziale Situation beziehen. Es mag wohl sein, daß die Menschen auf Macht ansprechen, wie Hobbes so eindringlich verkündet hat. Aber es ist ebenso wahr, daß ihre Reaktion auf die Macht davon abhängt, ob sie die Autorität als legitim akzeptiert haben. Wenn sie nur einmal die Herrschaftsrechte derer, die über sie gebieten, in Frage stellen, dann bricht das ganze Gefüge der Macht unter seinem eigenen Gewicht zusammen. Die Tatsachen von heute, so behaupten die Anarchisten beharrlich, sind die toten Lügen von morgen.
In Wirklichkeit geht es hier nicht so sehr darum, ob es so etwas wie politische Macht überhaupt gibt, als vielmehr darum, ob es jemals legitim genannt werden kann, wenn eine Person über eine andere herrscht. Die Anarchisten sind sich sehr wohl dessen bewußt, daß die Macht ein bestimmtes und notwendiges Kennzeichen aller sozialen Gegebenheiten ist. Aber sie unterscheiden sorgsam zwischen sozialer und politischer Macht.
Solange es Menschen gibt, wird es natürlich auch hochentwickelte Methoden der sozialen Lenkung geben, die das Leben erträglich machen. Die Anarchisten bestreiten jedoch, daß diese Lenkung ein Element des Zwangs enthalten muß, da gerade das die gesellschaftlichen Ordnungskräfte in politische Macht verwandelt. Die Anarchisten betrachten die Welt aus libertärer Sicht und sind daher der Meinung, daß politische Macht niemals akzeptabel sein kann, weil sie die Freiheit zermalmt. Und wo die Freiheit fehlt, da wird soziales Leben unmöglich.
Den libertären Charakter des anarchistischen Denkens hat Peter Kropotkin, der bedeutendste europäische Theoretiker des anarchistischen Kommunismus im 19. Jahrhundert, klar erfaßt. In seiner Erörterung über das Wesen des Staates hat Kropotkin nach einem ausführlichen Rückblick in die Geschichte der Zivilisation dargestellt, daß die Menschen sich von Anbeginn an einer der beiden folgenden Kategorien [öffentlicher Ordnung] zugewandt haben (8).
[1.] Auf der einen Seite stehen die, die sich an die römische oder imperiale Tradition halten, in deren Rahmen sie sich auf Hierarchie und formale Organisation verlassen. Die Anhänger dieser Auffassung behaupten, daß öffentliche Ordnung ohne den Staat unmöglich ist und daß die Menschen nicht in der Lage sind, sich ohne die Hilfe formaler Institutionen der sozialen Kontrolle und der Leitung selbst zu regieren. Wo eine organisierte Regierung fehlt, da gibt es nach Meinung der Anhänger der imperialen Tradition auch keine Ordnung und keine Freiheit. Die Zentralisierung der Regierung innerhalb des modernen demokratischen Staates ist von ihnen erzwungen worden, weil sie die Masse der Menschen mit großem Erfolg davon überzeugt haben, daß Leben in der Gesellschaft ohne die leitende Hand des Staates unmöglich ist. Amerikaner brauchen auf der Suche nach einem Beispiel für dieses imperialistische Denken nur bis zu ihrem Landsmann Alexander Hamilton zurückzugehen.
[2.] Die andere Tradition, die Kropotkin erwähnt, ist die volksnahe oder föderalistische Tradition. Wenn wir einen Namen suchen, der ihre genaue Bedeutung wiedergibt, schrieb Kropotkin, könnten wir sie die «libertäre Tradition» nennen. Im Gegensatz zur imperialen mißtraut die libertäre Tradition der Hierarchie, der Autorität und der organisierten Regierung. Aus der Überzeugung heraus, daß die Menschen von Natur aus für ein unverfälschtes gesellschaftliches Leben geschaffen sind - wenn auch die Entfaltung ihrer Möglichkeiten noch nicht sehr weit gediehen sein dürfte -, lehnt der Anhänger der libertären Tradition laut Kropotkin die Auffassung ab, wonach organisierter Zwang und Gewalt für die Aufrechterhaltung von Ordnung und Frieden unentbehrlich seien. Kropotkin war im Gegenteil der Meinung, daß menschliche Freiheit nur möglich sei, wenn die Menschen den Staat abschafften und das gesellschaftliche Leben mit Hilfe der Prinzipien des Föderalismus, der gegenseitigen Hilfe und der Selbstdisziplin zu organisieren suchten. Für viele Anarchisten, besonders in Amerika, hat das föderative Prinzip, das Kropotkin in den Vordergrund stellte, keine wesentliche Bedeutung. Aber der Nachdruck, mit dem Kropotkin die Notwendigkeit unterstrich, auf die formale Leitung der Gesellschaft durch die Regierung zu verzichten und sich statt dessen dem Individuum als dem zentralen Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens zuzuwenden, wird von allen Anarchisten gebilligt.
Wenn die Anarchisten davon sprechen, daß die Freiheit für ihre Philosophie fundamentale Bedeutung habe, dann ist das keine reine Rhetorik. Nach den Worten eines amerikanischen Anarchisten ist Freiheit «nicht eine feierliche Erklärung oder gar eine Inspiration, sondern eine Wissenschaft» (9). Das ist zweifellos ein großer Anspruch. Aber wir müssen verstehen, daß es dem Anarchisten mit diesem Anspruch vollkommen ernst ist. So wie Plato ein Gebäude der politischen Philosophie mit der Gerechtigkeit als Eckstein entwarf, so stellt sich der Anarchist die politische Wissenschaft als eine Sammlung von Wissen vor, die letzten Endes der Verwirklichung der menschlichen Freiheit dient.
Wenn wir Pierre-Joseph Proudhon glauben können, dann läßt die Philosophie des Anarchismus keinerlei absolute Festlegungen zu, da sie sich dessen bewußt ist, daß die soziale Welt ständig in Bewegung ist und folglich keine Wahrheit als endgültig gelten kann. Dennoch bestehen die Anarchisten darauf, daß die Freiheit, wenn sie auch nicht absolut gesetzt werden kann, doch als der höchste aller menschlichen Werte anerkannt werden muß. Freiheit ist sozusagen das wesentlichste Merkmal einer voll entwickelten Menschheit. Sie ist bisher noch in keiner menschlichen Gesellschaft, die wir kennen, voll verwirklicht worden. Trotzdem darf sie als Leitstern aller Wissenschaft von der Gesellschaft nicht aus dem Auge verloren werden, denn Mensch sein heißt frei sein.
Politikwissenschaftler, die von den Schriften A. Lawrence Lowells (10) beeinflußt wurden, sind im allgemeinen der Ansicht, daß der politische Bereich zwischen Radikalen, Liberalen, Konservativen und Reaktionären aufgeteilt ist. Aber die feinen Unterschiede, die Lowell zu erkennen glaubte, besitzen in den Augen der Anarchisten nur wenig Substanz. Für den Anarchisten gibt es grundsätzlich zwei, und nur zwei, Überzeugungen. Den Anhängern libertärer Vorstellungen würde er die Anhänger autoritärer Ansichten gegenüberstellen. Der Anarchist oder Anhänger libertärer Vorstellungen ist grundsätzlich antiautoritär eingestellt. Wo die Liberalen, Reaktionäre und sogar einige sogenannte Radikale wie die Staatssozialisten die Autorität des Staates als unentbehrlich für die Aufrechterhaltung der gesellschaftlichen Ordnung akzeptieren, da bestehen die Anarchisten darauf, daß alle Autorität politischer Natur abgeschafft wird. Hier müssen wir beachten, daß der Anarchismus die Autorität als «die Macht des Zwanges, die eine Person über eine andere ausübt», definiert (11).
Sobald man sich gründlicher in die Feinheiten des anarchistischen Schrifttums einliest, wird deutlich, daß die Autorität von moralischen Werten, von Ideen und ästhetischer Inspiration nicht mit der gleichen Geringschätzung behandelt wird wie die politische und religiöse Autorität. Viele die anarchistische Philosophie betreffende Mißverständnisse rühren gerade daher, daß die meisten Leute diesen feinen Unterschied übersehen.
Auberon Herbert, der bekannte englische Anarchist, hat in seinem Vortrag über Herbert Spencer am 7. Juni 1906 im Sheldonian Theater in Oxford darauf hingewiesen, daß der größte Teil der Verwirrung, die man auf dem Gebiet des politischen Denkens vorfindet, darauf zurückzuführen ist, daß diejenigen, die nach Macht streben, nicht in der Lage sind, den großen Prinzipien der Menschheit treu zu bleiben. Wer die Freiheit wahrhaft hochschätze, so betonte Herbert, sollte sich niemals von der Idee verleiten lassen, daß man die politische Macht dazu benutzen könne, die Freiheit unter den Menschen zu verwirklichen. In diesem Punkt herrscht Einmütigkeit unter den Anarchisten. Max Nomad, selbst so etwas wie ein Anarchist, hat diese Meinung in dem Satz zusammengefaßt, daß alle politischen Organisationen den Wunsch haben, «[ihre] Macht um jeden Preis zu behalten; ein Wunsch, der in der Tat die "Erbsünde" aller Politik und aller Politiker genannt werden kann, ob es sich nun um Konservative oder Revolutionäre handelt» (12).
Kein Anarchist, der diesen Namen verdient, kann sich also jemals die Theorie zu eigen machen, daß politische Macht und Organisation zur Verwirklichung der Freiheit innerhalb der Gesellschaft eingesetzt werden können. Es geht nicht nur darum, daß die Menschen von der Macht korrumpiert werden, wie das Liberale, etwa [Lord] Acton, glauben. Wenn sich jemand für die Macht entscheidet, wählt er eher den autoritären als den libertären Weg. Die Anarchisten bestehen hartnäckig darauf, daß alle Wissenschaft von der Gesellschaft so lange in hoffnungslosem Durcheinander steckenbleiben wird, wie die Menschen fortfahren, diese Wissenschaft an die Gegebenheiten der Macht anzupassen. Diejenigen, die weiterhin die Meinung vertreten, daß die Gesellschaft unvermeidlich auf Zwang beruht, werden für immer unfähig zu irgendeiner sinnvollen Verwirklichung von Freiheit sein. Sie mögen eine «wissenschaftliche Feststellung» auf die andere häufen, aber sie werden nie das gelobte Land der freien Gesellschaft erreichen. Nur der libertäre Mensch - das Individuum, das es wagt, in Begriffen einer zwanglosen gesellschaftlichen Lenkung zu denken - kann in seinem Wunsch, die Freiheit auf der Erde verwirklicht zu sehen, ernstgenommen werden.
Ein anderes Beispiel für die offenkundigen Mißverständnisse hinsichtlich der anarchistischen Theorie, die einem vernünftigen Verstehen ihres Wesens im Wege gestanden haben, ist die Vorstellung, daß die Anarchisten alle Formen gesellschaftlicher Organisation völlig beseitigen würden. C. Northcote Parkinson gibt uns dafür ein klassisches Beispiel mit seiner Behauptung, daß «Anarchie, wenn sie als eine Form der Herrschaft bezeichnet werden kann, die Weigerung einer großen Zahl von Menschen bedeutet, überhaupt Herrschaft über sich zu dulden» (13).
Gerade dieses Mißverständnis führt zu dem oft gehörten Vorurteil, daß Anarchie gleichbedeutend mit dem Zusammenbruch von Gesetz und Ordnung sei. Aber es ist ganz entschieden unwahr, daß die Anarchisten die Beseitigung aller Formen der Organisation befürworten. Einige der extremen Individualisten, wie etwa William Godwin , waren der Meinung, daß jede bewußte Organisation der Gesellschaft unter allen Umständen vermieden werden müßte. Aber die meisten Kollektivisten, und ebenso auch eine ganze Anzahl der Individualisten, haben anerkannt, daß irgendeine Form des sozialen Mechanismus notwendig ist, um die laufenden Angelegenheiten des täglichen Lebens zu regeln. Aber die Verwaltung in einer anarchistischen Gesellschaft würde sich von der Verwaltung in der gegenwärtigen Gesellschaft grundlegend unterscheiden. In Übereinstimmung mit dem Verlangen der Anarchisten, daß die Freiheit das Maß aller Dinge sein müsse, könnte jede gesellschaftliche Organisation nur eine freie Organisation sein, die spontan der natürlichen gesellschaftlichen Disposition der Menschen entspringt (14).
Die Anarchisten glauben nicht im entferntesten daran, daß jemals alle Menschen harmonisch Zusammenleben werden, ohne die zerrüttenden Konflikte, die von Zeit zu Zeit zwischen einzelnen oder ganzen Gruppen ausbrechen. Sie sind allerdings der Meinung, daß die Lösung des Konflikts spontan von den Personen ausgehen muß, die daran beteiligt sind, und ihnen nicht von einer außenstehenden Macht, wie etwa einer Regierung, aufgezwungen werden darf.
Die Vorstellung des Anarchisten von der Freiheit entspringt seiner Vorstellung vom Menschen. Er lehnt es ab, sich mit einer theologischen oder «wissenschaftlichen» Verurteilung der menschlichen Natur zu beschäftigen. Vielmehr ist er der Meinung, daß keine Wissenschaft von der menschlichen Gesellschaft möglich ist, die nicht von der Annahme ausgeht, daß der Mensch eine unbegrenzte Entwicklungsfähigkeit besitzt. Ohne sich auf irgendwelche fragwürdigen metaphysischen Begründungen einzulassen, geht der Anarchist dennoch davon aus, daß eine freie Gesellschaft nur möglich ist, wenn es eine weit verbreitete Übereinkunft darüber gibt, daß der Mensch von Natur aus ein freies Wesen ist. «Ohne die Idee eines freien Menschen ist die anarchistische Idee hinfällig: Denn ohne ihn kann die zukünftige Gesellschaft nicht existieren, ohne ihn können ihre Anfänge nicht gefördert werden.» (15)
Wenn der Anarchist heute von Freiheit spricht, dann hat er das zentrale Problem unserer Zeit im Auge, nämlich seine Identität in einer Welt zu behaupten, in der es immer schwieriger wird, Individualität zu bewahren. Proudhon gehörte zu den ersten Anarchisten, die klar erkannten, daß es zwischen den Interessen des einzelnen und denen der Masse einen grundlegenden Konflikt gibt. Ein Mensch ist soweit ein Individuum, als er dem Verlangen seiner eigenen Natur nach Wahrheit und sozialen Gütern einen grundsätzlichen Vorrang einräumt. Er kann und soll seine Privatinteressen gelegentlich denen seiner sozialen Gruppe unterordnen. Aber wenn er das tut, sollte er nicht seine sozialen Prinzipien preisgeben, die in der Tat die Substanz seiner persönlichen Identität bilden. Wenn sich jemand vollständig einer Gruppe auslielert, wird er automatisch ein Teil der Masse, wobei er jeden Anspruch auf die Unterschiede verliert, die ihn von den anderen trennen. Und gerade um diese Unterschiede geht es bei den Erfordernissen des gesellschaftlichen Lebens, weil das Individuum seiner Natur nach ein gesellschaftliches Wesen ist. Laßt uns nicht abtrünnig werden durch die Jagd nach der Masse, forderte Proudhon, denn die Masse weiß niemals, wohin es geht.
Die anarchistische Gesellschaft kann nur die Konsequenz individuellen Handelns sein. David Thoreau Wieck (16) hat den anarchistischen Standpunkt in dieser Frage so zusammengefaßt: «Wenn wir sagen, daß die Menschen nur durch [ihren] Willen, nur durch Taten im Sinne der Freiheit frei werden können, dann jonglieren wir nicht mit Worten. Wir sind der Meinung, daß Freiheit nicht einfach nur das Fehlen von Einschränkungen bedeutet, sondern Verantwortung, Entscheidung und die freie Übernahme von gesellschaftlichen Verpflichtungen.» (17)
Was den Anarchismus von anderen Ideologien unterscheidet und ihm in den Augen seiner Anhänger Prestige verleiht, ist der Anspruch, daß allein der Anarchismus die Absicht hat, die Gesellschaft ohne Rücksicht auf die «lähmenden, zerstörenden Prinzipien der Macht, des Monopoleigentums und des Krieges» zu organisieren (18). Die meisten revolutionären Ideologien sind der Logik dieses Arguments zufolge an dem Punkt vom rechten Wege abgekommen, an dem sie den Versuch unternahmen, die Gesellschaft dadurch vor der Selbstzerstörung zu bewahren, daß sie bestimmten Personen Macht gaben, um die «richtige Art» von Institutionen ins Leben zu rufen. So zu denken ist nach Ansicht der Anarchisten verhängnisvoll für das revolutionäre Anliegen. Sobald sich Führer an die Spitze des Volkes setzen, ist die Freiheit verloren. Denn die Bürokratie verlangt, daß der Wille von einzelnen und spontanen Gruppen dem Willen der größeren Organisation untergeordnet wird. Die ganze Geschichte hindurch hat eine Revolution nach der anderen gezeigt, daß alle Pläne, die Gesellschaft durch die Einführung von formaler Organisation und Herrschaft zu retten, gescheitert sind.
Dies ist der am häufigsten mißverstandene Aspekt der ganzen anarchistischen Beweisführung. Der Anarchismus, wie ihn seine Verfechter sehen, tritt nicht für eine bestimmte Form der gesellschaftlichen Organisation, sondern nur für eine «Idee» ein. Und diese Idee ist durch die Überzeugung gekennzeichnet, daß der höchste menschliche Wert die Freiheit ist. Keine soziale Aktion ist in den Augen des Anarchisten legitim, die nicht die größtmögliche Befreiung des schöpferischen Potentials des Menschen erstrebt. Man wird in dem Augenblick Anarchist, in dem man diese Idee akzeptiert und sich ihrer Verwirklichung widmet.
Der Anarchismus unterstützt deshalb auch keine utopischen Pläne für die Zukunft. Ebensowenig ist er fähig, einen Plan der einzelnen sozialen Entwicklungsstufen zu entwerfen, die sich in der Zukunft herausbilden sollen. Er stützt sich grundsätzlich auf die Annahme, daß eine Gesellschaft von freien Menschen spontan Lebensumstände schaffen wird, die von der Freiheit im anarchistischen Sinne geprägt sind. Es ist unmöglich, sich die Evolution einer solchen Gesellschaft im voraus vorzustellen oder sie zu planen. Zwar hat auch die liberale Demokratie behauptet, ihr letztes Ziel sei die Verwirklichung der menschlichen Freiheit. Aber zwischen diesen beiden Begriffen von Freiheit gibt es einen wesentlichen Unterschied. Der liberale Demokrat, der davon überzeugt ist, daß der Staat als Institution zum Besten der Menschheit benutzt werden kann, steht auf dem Standpunkt, daß die Macht der Regierung ein positiver Faktor bei der Verwirklichung der menschlichen Freiheit ist. Der Anarchist aber vertritt genau die entgegengesetzte Meinung. In seinen Augen sind formale Regierung und politische Macht vorwiegend negative Erscheinungen und zur Erreichung eines guten Zwecks untauglich. Nach anarchistischer Meinung ist die Unterscheidung zwischen den demokratischen und autoritären Staatsformen nur Einbildung, weil beide Staatsformen in zunehmendem Maße dazu gedrängt werden, zur Durchsetzung ihrer Ziele Gewalt in dieser oder jener Form anzuwenden. Es gibt natürlich einen Unterschied, der sich auf das Maß bezieht, in dem jeder von ihnen bereit ist, im Kampf ums Überleben zur Gewalt Zuflucht zu nehmen. Aber dieser quantitative Unterschied ist, vom Standpunkt der menschlichen Freiheit aus gesehen, weitgehend irrelevant, weil demokratische Staaten, wenn sie hart bedrängt sind, in ihren Methoden unvermeidlich autoritär werden.
Es ist zweifellos sehr anspruchsvoll, wenn man wie George Woodcock erklärt, daß «der Anarchismus die einzig wahre Lehre von der Freiheit ist» (19). Und doch kann diese Behauptung nicht leichterhand zurückgewiesen werden. Denn wenn Anarchisten wie Woodcock darauf hinweisen, daß der Anarchismus einen besonderen Anspruch auf die Freiheit hat, dann pflegen sie diese These mit eindrucksvollem Material aus den Annalen der modernen Soziologie zu belegen. Man denke beispielsweise nur daran, daß Herbert Read sowohl den Kommunismus als auch die liberale Demokratie mit der Begründung verworfen hat, daß beide, um die gesellschaftliche Ordnung aufrechtzuerhalten, zur Delegierung von Autorität und zur Verfügung bindender Zwangsvorschriften greifen und daß beide deshalb letztlich zum Totalitarismus führen (20). Man kann selbstverständlich dagegen einwenden, daß die Herrschaft des Rechts der Herrschaft der Gewalt als Mittel zur Beilegung von Interessen- und Meinungskonflikten unter den Menschen überlegen ist. Aber dieses Argument weicht dem wahren Sachverhalt aus. Es ist zweifellos richtig, daß das Recht als soziale Technik der Gewalt überlegen ist. Und doch ist das Recht nicht notwendigerweise die beste Methode, über die der Mensch zur Aufrichtung einer gesellschaftlichen Ordnung verfügt. «Das Recht ist», wie Bertrand Russell bemerkt hat, «zu statisch, zu sehr auf der Seite dessen, was verfällt, und zu wenig auf seiten dessen, was sich entwickelt.» (21)
Außerdem beruht das Recht letzten Endes auf dem Prinzip, daß die, die es nicht beachten, dazu gezwungen werden. Solange die Menschen freiwillig das Recht achten, wird es die Freiheit erfolgreich schützen. In den Fällen aber, in denen es die Menschen nicht über sich bringen, den Regeln der politischen Gesellschaft zu gehorchen, verwandelt das Recht schnell seinen Charakter und wird in der Sicht des einzelnen, der zum Gehorsam gezwungen wird, zu nacktem Zwang und Tyrannei. Deshalb sind die Anarchisten von der Idee des Rechts überhaupt nicht beeindruckt.
Der wichtigste Grund aber, warum die anarchistische Idee jahrelang so bedenklich entstellt worden ist, liegt zweifellos darin, daß es sich hier im wesentlichen um eine revolutionäre Theorie und damit um etwas handelt, was die breite Öffentlichkeit fürchten muß. Wie der Marxismus ruft auch diese Theorie dazu auf, den Staat zu zerstören und der Herrschaft der Politiker und Kapitalisten über die Arbeiter und Bürger ein Ende zu bereiten. Im Unterschied zu den Bolschewiki aber geben sich die Anarchisten keinen Illusionen darüber hin, daß man politische Macht zur Erreichung revolutionärer Ziele einsetzen könne (22).
Die Frage der gesellschaftlichen Leitung und Richtungsweisung ist eines der hartnäckigsten Probleme für alle Reformbewegungen. Nach einem erfolgreichen Staatsstreich, in dem die Macht den Händen der korrupten Elite entwunden worden ist, wenden sich die Massen jedesmal an ihre eigene revolutionäre Führung, um sich die Richtung weisen zu lassen. Ohne jede Erfahrung im Umgang mit der Freiheit wissen die Leute nicht, wie sie sich verhalten sollen, wenn sie ihnen plötzlich aufgedrängt wird. Die Führer aber sind glücklich, der revolutionären Leidenschaft die Richtung weisen und sie in vorbereitete Kanäle lenken zu können, denn trotz seiner Reden über die Schönheit und Richtigkeit der Freiheit fürchtet sich der revolutionäre Führer insgeheim davor, daß die Massen der Kontrolle entgleiten und Amok laufen. Deshalb ist die Geschichte der Revolutionen - soweit es um die Freiheit geht - die Geschichte eines Fehlschlags nach dem anderen. Die Antwort auf dieses Problem besteht im Sinne der anarchistischen Auffassung darin, die Revolution nicht als ein politisches Phänomen zu behandeln. Es ist unmöglich, soziale Gerechtigkeit dadurch zu erreichen, daß man eine Art der Tyrannei durch eine andere ersetzt, wie das die Bolschewiki in ihrer Revolution getan haben. Eine echte soziale Revolution darf nach Proudhon, einem der berufensten Interpreten der anarchistischen Theorie, niemals auf ein Fundament von Hierarchie und Leitung gegründet sein. «Die Radikalen werden anerkennen müssen, daß nur eine - politisch und ökonomisch - dezentralisierte Gesellschaft, die keiner Führer bedarf, klassenlos sein kann; und daß die Zentralisierung beständig nach Führern und damit nach gesellschaftlicher Gliederung verlangt» (23).
Die Aufgabe, die sich der Anarchist gestellt hat, besteht darin, innerhalb des Gefüges der bestehenden Gesellschaft die Grundlagen für eine dezentralisierte, freie Gesellschaft zu legen. Der Anarchismus drängt auf die vollständige Absage an das autoritäre Prinzip, das die Menschen dazu veranlaßt, von Führern Weisungen zu erwarten. Die moderne Regierung und Kriegführung ist so geartet, daß der Hauptstoß des Widerstandes gegen das Leben in der Organisation notwendigerweise von Personen kommen muß, die fähig sind, sich selbst den Weg zu weisen. In diesem Punkt reicht der Anarchismus zurück bis zu Thoreau, Ballou, Tucker, Emerson, Whitman und vielen anderen Dichtern und Philosophen, die immer betont haben, wie wichtig der individuelle gewaltlose Widerstand gegen den Leviathan ist.
Die Bedrohung durch einen Atomkrieg macht uns alle zu Anarchisten, behaupten die Anarchisten. In viel höherem Maße als allgemein angenommen sind der Anarchismus und die Friedensbewegung im Rahmen der amerikanischen Kultur miteinander verbunden, und sie haben sich immer gegenseitig zu neuen theoretischen und taktischen Entwicklungen angeregt. Man hat oft darauf hingewiesen, daß allen Anarchisten die Überzeugung gemeinsam ist, ein Anarchist könne sich unmöglich selbst am Krieg beteiligen oder eine Regierung unterstützen, die Krieg führten (24). Einige der ersten Amerikaner, die die Idee der Anarchie in ihrer Bedeutung klar erfaßt hatten, waren Mitglieder der amerikanischen Friedensbewegung, die zu der Einsicht gekommen waren, daß die moderne Kriegführung seit der französischen Revolution jedem Bürger das «Recht» verliehen hatte, für den Staat kämpfen und sterben zu dürfen (25). Mit der Entwicklung der atomaren Vernichtungsmittel ist es noch deutlicher geworden, daß der Staat, ungeachtet der materiellen Güter, die er dem einzelnen Bürger in Friedenszeiten gewähren mag, im Kriegsfall gegenüber allen moralischen und sozialen Werten, die für sein eigenes Überleben nicht notwendig sind, blind ist. Oder wie es bei Randolph Bourne, einem der berühmtesten Anarchisten Amerikas, heißt: «Der Krieg ist die Gesundheit des Staates», womit er sagen wollte, daß der Staat zur Rechtfertigung seiner Existenz nur eine Möglichkeit hat, nämlich seine Bürger in den Irrsinn eines Krieges zu verwickeln.
Kein Anarchist, vorausgesetzt, daß er seinen Überzeugungen treu geblieben ist, hat je die Legitimität des Krieges eingeräumt. Vilfredo Pareto kam dreißig Jahre früher in einem Brief an den amerikanischen Anarchisten Benjamin Tucker zu dem gleichen Schluß, als er schrieb, daß «die wirkliche Opposition gegen das System von denen kommt, die daran glauben, daß das Glück eines Volkes nicht in Eroberungen, sondern in Freiheit, Gerechtigkeit und wirtschaftlicher Prosperität besteht» (26).
Der Mensch ist ein gesellschaftliches Wesen, das den Vollgenuß seiner Schöpferkraft nur in Gemeinschaft mit anderen gesellschaftlichen Wesen erfahren kann. Aber leider, so behaupten die Anarchisten, hat die moderne soziale Entwicklung zur Verkümmerung der alten «Formen des Gemeinwesens» geführt, in denen die sozialen Fähigkeiten des Menschen noch freien und natürlichen Ausdruck fanden. Heute ist es für den einzelnen nicht mehr möglich, er selbst zu sein, seinem Nächsten zu trauen und umgekehrt für die vertrauenswürdig zu sein, denen er im Rahmen der Gesellschaft Treue schuldet. Das moderne Leben, das die Einflüsse so unnatürlicher Erscheinungen wie Nationalismus und Kapitalismus widerspiegelt, hat zu einer Störung des Gleichgewichts in dem empfindlichen sozialen Mechanismus geführt, der das Individuum antreibt. Dieser Tatsache verdanken wir die Ironie des gegenwärtigen sozialen Lebens. Die Welt ist nicht mehr intakt, weil die Individuen, aus denen sie besteht, sich einander in sozialer und geistiger Hinsicht entfremdet haben. Der einzelne wird aufgerufen, die Waffen gegen seinen Mitmenschen zu erheben, um ihn im Namen von Frieden und Brüderlichkeit zu vernichten. Oder der Bürger wird dazu ermutigt, einer politischen Partei beizutreten und die Regierungsmacht zu ergreifen, um dadurch angeblich gesellschaftliche Ordnung zu errichten. In beiden Fällen wird vom einzelnen gefordert, seine natürlichen sozialen Neigungen zu mißachten, und zwar immer zugunsten des angeblich Besten der ganzen Menschheit. Der Mensch, dessen Vorstellungen über Jahrhu-derte hinweg von dieser verworrenen Argumentation geprägt worden sind, ist nach Meinung der Anarchisten unfähig, seinen Problemen mit Hilfe irgendeiner herkömmlichen sozialen Lösung wie etwa der parlamentarischen Demokratie zu begegnen. Was die moderne Gesellschaft braucht, so behaupten die Anarchisten, ist die weitreichende Lösung, die der Anarchismus vorschlägt.
Das soll nun nicht heißen, daß der Anarchismus eine bequeme Formel für die Reform der Gesellschaft zu bieten hat. Er lehnt es im Gegenteil sogar ab, sich mit den praktischen Seiten der Reform überhaupt zu befassen. Viele mangelhaft unterrichtete Beobachter verurteilen den Anarchismus als politische Theorie, weil er keinen detaillierten Plan für die Verwirklichung der Utopie vorzuweisen hat, die er uns angeblich verspricht. Aber die Anarchisten weigern sich, den Wert utopischen Denkens anzuerkennen, und sie wollen auch nicht die Verpflichtung auf sich nehmen, der Gesellschaft einen vollständigen Plan zu ihrer Reformierung auszuarbeiten. Der Anarchismus, um das noch einmal zu unterstreichen, ist auf die Zukunft ausgerichtet, und er stimmt völlig mit der Ansicht überein, daß das heutige Leben vom Standpunkt des Individuums aus unzulänglich und unbefriedigend ist. Außerdem gilt der Anarchismus als gesellschaftliche Theorie seinen Anhängern als unbestreitbar, ob er je praktische Ergebnisse hervorbringt oder nicht. Denn der Anarchismus wendet sich an den einzelnen und nicht an die Masse.
Es ist ein Lebensstil, der es dem einzelnen ermöglicht, die physischen Einschränkungen und Begrenzungen, von denen er sich umgeben sieht, zu überwinden. Der Anarchismus mag wohl unfähig sein, das soziale Leben mit sofortiger Wirkung und vollkommen zu ändern. Aber er eröffnet dem empfindsamen Individuum, das die konventionellen gesellschaftlichen und moralischen Normen für oberflächlich und nicht praktikabel hält, einen Ausweg. Jeder Anarchist, von William Godwin bis Paul Goodman (27), war sich darüber im klaren, daß der Anarchismus nur dann die Masse der Menschen erreichen kann, wenn er die Individuen, aus denen die Gesellschaft besteht, überzeugt hat, und zwar eins nach dem anderen.
Die Anarchisten befinden sich grundsätzlich im Widerspruch zu Politikwissenschaftlern wie etwa David Spitz, die behaupten, daß man entweder die politische Macht zu seiner eigenen Verteidigung erobern und ausüben oder aber riskieren muß, dank eigener Untätigkeit von ihr vernichtet zu werden (28). Wenn es auch wahr ist, daß die politische Macht nicht über Nacht verschwinden wird, so kann man doch nicht gelten lassen, daß unsere Wahlmöglichkeit so einseitig ist wie Spitz sie erscheinen läßt. Warum können wir die Macht nicht teilen, indem wir auf Dezentralisierung hin wirken, und zwar in der Absicht, sie den einzelnen menschlichen Wesen anzupassen, die jetzt von ihr kontrolliert werden? Die Macht, beteuern die Anarchisten, bleibt nur so lange politisch, wie die Menschen darauf bestehen, ihre sozialen und wirtschaftlichen Probleme mit Hilfe der in den Händen des Staates befindlichen Zwangsmittel zu lösen. Wo die Menschen freiwillig Zusammenarbeiten, um ihre Probleme selbst zu lösen, da wird das Wesen der Macht in wunderbarer Weise verwandelt.
Von grundlegender Bedeutung für die anarchistische Lehre ist die Überzeugung, daß es die politische Autorität - die eigentliche Basis des modernen Staates - selbst ist, die den sozialen Schaden anrichtet, mit dem wir uns auseinandersetzen müssen. Die Menschen haben sich so an den Gedanken gewöhnt, daß der Staat für ihr Wohlbefinden unentbehrlich ist, daß sie seine Sklaven geworden sind. Erich Fromm hat dieses Problem kurz und bündig so beschrieben:
«Die Spaltung zwischen der Gemeinschaft und dem politischen Staat hat dazu geführt, daß alle sozialen Gefühle in den Staat hineinprojiziert werden, der so zum Idol wird, zu einer Macht, die über den Menschen steht. Der Mensch unterwirft sich dem Staat als der Verkörperung seiner eigenen sozialen Gefühle, die er als eine Macht verehrt, die sich von ihm losgelöst hat; in seinem privaten Leben als Individuum leidet er an der Isolierung und dem Alleinsein, die die notwendige Folge dieser Trennung sind. Die Verehrung des Staates kann nur verschwinden, wenn der Mensch die soziale Macht wieder in sich selbst verkörpert sieht und eine Gemeinschaft aufbaut, in der seine sozialen Gefühle nicht etwas sind, was zu seiner privaten Existenz hinzukommt, sondern in der seine private und seine soziale Existenz zusammenfallen.» (29)
Die Gedanken, die Fromm hier zum Ausdruck bringt, stimmen wesentlich mit Malatestas Versicherung überein, daß «Autorität oder Regierung abzuschaffen nicht bedeutet, die individuellen oder kollektiven Kräfte, die in der Gesellschaft tätig sind, oder etwa den Einfluß eines Menschen auf den anderen zu zerstören» (30). Die Anarchisten stellen sich Autorität als ein im Grunde auf Zwang beruhendes Instrument vor, mit dessen Hilfe die, die im Kampf um die Macht erfolgreich waren, die Masse der Menschen zwingen, sich ihren Befehlen zu fügen. Das «Volk » wird natürlich nicht mehr zu Sklavenarbeit bei der Errichtung von Pyramiden und anderer, der Eitelkeit seiner Beherrscher schmeichelnder Monumente gezwungen, aber es sieht sich genötigt, in nationalen Kriegen zu kämpfen und Wirtschaftsformen zu unterstützen, die nicht seinen wohlverstandenen Interessen dienen. Aber das Volk tut das nicht aus freier Entscheidung, sondern weil es immer dazu erzogen wurde, seine Pflichten gegenüber der Regierung als absolut zu betrachten. Der Staat hat sein Monopol der politischen Macht schon so lange behauptet, daß die Menschen sich keine anderen Verhältnisse mehr vorstellen können als die, in denen sie gegenwärtig leben.
Diese Ausrichtung beginnt in der frühen Kindheit und setzt sich das ganze Leben hindurch fort, was schließlich zu dem Totalitarismus führt, den wir heute überall um uns herum beobachten. Aber sowohl Fromm als auch Malatesta weisen daraufhin, daß das eigentliche gesellschaftliche Leben an dem Punkt beginnt, an dem sich die Menschen, einzeln oder in Gruppen, entscheiden, es selbst in die Hand zu nehmen, ohne die Kontrolle, die ihre Regierungen über sie ausüben. Mit der Autorität zu brechen und seine menschliche Unabhängigkeit zu behaupten ist ein durch und durch anarchistischer Akt. Es ist eine Art feierlicher Erklärung, man vertraue darauf, über die Macht und die Fähigkeiten seiner ursprünglichen Natur zu verfügen, und daß Leben in der Gesellschaft ohne die «wohltätige» Hand des Staates möglich ist. Vom Standpunkt des Individuums aus handelt es sich dabei um eine gewaltige Entscheidung, die eine tiefe psychologische Veränderung einschließt. Denn jetzt kann der einzelne den Staat nicht mehr als eine mächtige Vaterfigur betrachten, die ihn zu Sicherheit und Bequemlichkeit führt. Er muß nun vielmehr davon ausgehen, daß der Staat im Grunde ein Hindernis auf dem Wege seiner gesellschaftlichen Entwicklung darstellt, das beseitigt werden muß, bevor der Fortschritt beginnen kann.
Es hat eine Zeit gegeben, in der die Anarchisten dazu neigten, im Akt der Revolution ein umwälzendes Ereignis zu sehen, das die aufgestaute Korruption von Jahrhunderten hinwegfegen und die Masse der arbeitenden Menschen auf einen Schlag befreien würde. Aber heute haben die Anarchisten diese Vorstellung aufgegeben. Sie sind sich heute alle darin einig, daß die soziale Revolution nicht etwas Plötzliches und in sich selbst Abgeschlossenes sein wird, sondern ein langer evolutionärer Prozeß, der im Willen einzelner Personen seinen Anfang nimmt und sich mit Hilfe von Erziehung und Beispiel ausbreitet. Grundlegend für die soziale Revolution ist die Umwandlung des Verhältnisses zum Phänomen Macht, die sich in den Gehirnen der einzelnen vollziehen muß. Während die Menschen heute mit dem Begriff Macht die Vorstellung von organisiertem Zwang und Gewalt verbinden, müssen sie lernen, die Macht als einen Akt freiwilliger Zusammenarbeit zu verstehen, der auf sozial schöpferisches Handeln gerichtet ist.
Der Begriff der Macht hat, wie Erich Fromm dargestellt hat, eine doppelte Bedeutung (31). Einerseits bezeichnet er Zwang und Gewalt, die mit dem Ziel angewandt werden, über andere zu herrschen. Andererseits kann man die Macht als die «Potenz» definieren, nicht andere zu beherrschen, sondern mittels Kooperation und Anpassung sozial schöpferisch zu handeln. Herrschaft im letzteren Sinne ist nur in einer Gesellschaft möglich, die von gesunden Individuen gebildet wird, die imstande sind, ihr Leben ohne den Rückgriff auf Gewalt und übergeordnete Autorität zu gestalten. Selbstverständlich verfügen heute nur wenige von uns über die Seelenstärke, die die anarchistische Lösung verlangt. Aber da der Anarchismus nicht wie andere revolutionäre Theorien von der Machtergreifung abhängig ist, kann er logischerweise für ein Programm der sozialen Rebellion eintreten, das auf die allmähliche, aber unaufhaltsame Verwandlung der sozialen Verhältnisse innerhalb der Gesellschaft abzielt, und zwar mit eindeutig gewaltlosen Mitteln.
Da der Anarchist davon überzeugt ist, daß politische Macht niemals zum Besten der Menschen dienen kann - wenn er sich auch im klaren darüber ist, daß die überwiegende Mehrheit der Menschen zu jeder Zeit nicht imstande sein wird, die Folgerichtigkeit dieser Behauptung zu durchschauen -, leistet er, Proudhon folgend, permanenten Widerstand gegen Ungerechtigkeit und Ungleichheit, wann und wo immer er ihnen begegnet. Der Anarchist befindet sich so natürlich immer in der Defensive und kann kaum erwarten, irgendwelche entscheidenden Siege zu erringen. Aber im Gegensatz zum Liberalen, der leicht von der Macht, die er naiverweise für gute Ziele zu benutzen sucht, völlig korrumpiert wird, ist es beim Anarchisten wenig wahrscheinlich, daß er dem Lockruf der Sirenen in den eigenen Untergang folgt. Das erklärt auch, warum der Anarchismus dem Utopismus keinerlei Wert beimißt; denn er weiß sehr wohl, daß die menschliche Vollendung kaum je auf dieser Erde zu erreichen ist.
Wie schon Plato zur Zeit der Anfänge der politischen Philosophie bewiesen hat, sind der menschliche Machthunger und die daraus folgende Korruption Probleme, die mit jeder Generation aufs neue entstehen. Auf Utopien zu hoffen ist ebenso nutzlos wie es unsinnig ist, die moralische Unvollkommenheit, die für die Menschheit heute typisch ist, als immerwährende Realität zu akzeptieren. Die Anarchisten empfehlen statt dessen «einen permanenten Protest» gegen alle Formen der Unfreiheit und der Ungleichheit, ganz gleich, hinter welchen Parolen sie ihr räuberisches Wesen zu verbergen suchen» (32).
Eine solche Handlungsweise ist natürlich geeignet, eine lange Reihe von Märtyrern herorzubringen, und genau darin besteht auch die Geschichte der anarchistischen Idee. Sie hat aber auch einige der einsichtigsten Kritiker der gesellschaftlichen Verhältnisse hervorgebracht, die die moderne soziale Szenerie aufzuweisen hat.
Anarchist sein heißt also nicht, den Staat mit Zwang und Gewalt umstürzen, sondern Zwang und Gewalt als Mittel zur Aufrechterhaltung der sozialen Ordnung zu verwerfen. So gesehen ist die Philosophie des Anarchismus ein reiches und fruchtbares Feld für phantasievolle soziale Erkenntnis, das von der Politikwissenschaft bisher noch kaum entdeckt worden ist. Diejenigen Politikwissenschaftler, die es wagen, die anarchistischen Ermahnungen in Sachen Freiheit und Herrschaft ernst zu nehmen, werden sicher reichlich dafür belohnt werden und uns aus der Sackgasse retten, in der wir heute gefangen scheinen.
Anmerkung:
Für William O. Reichert (geb. 1919), Professor für Politische Philosophie an der Bowling Green State University, sowie für eine ganze Reihe anderer angelsächsischer Politologen ist die von Colin Ward erstrebte «intellektuelle Respektabilität» des Anarchismus oder wenigstens einiger seiner Grundprinzipien angesichts des Leviathan «moderne Industriegesellschaft» keine Frage mehr.
Reichert will mit seinem auf jahrelanger Beschäftigung mit anarchistischen Themen basierenden, zunächst in der Zeitschrift «Ethics» erschienenen Aufsatz eine Verbindung herstellen zwischen dem von Dezentralisierung und spontanem Handeln des einzelnen oder kleiner Gruppen bestimmten Gesellschaftsideal des Anarchismus und den Modelldiskussionen der zeitgenössischen politischen Wissenschaft. Zum Bild der Allmacht des Staates, wie sie Hobbes in seinem «Leviathan» dargestellt hat, gehört nach Meinung Reicherts mit zwingender Notwendigkeit das andere Extrem, das Bild der staats- und autoritätslosen Gesellschaft, wenn es zur Harmonie zwischen der moralischen Autonomie des Individuums und der legitimen Autorität des Staates kommen soll. Reichert sieht in der anarchistischen Position eine Alternative, ein «Ideal», das sicher nicht realisierbar ist, das man aber gerade angesichts der Entwicklung der modernen Industriegesellschaft westlicher und östlicher Observanz nicht aus dem Auge verlieren sollte. Nach allen historischen Erfahrungen mit der anarchistischen Bewegung scheint die Rolle des permanenten Korrektivs diejenige zu sein, die der Anarchismus heute wohl noch am ehesten erfüllen kann.
Fußnoten:
1.) Thomas Hobbes (1588-1679) hat in seinem Hauptwerk «Leviathan» (1651) die Absolutsetzung des Staates, unabhängig vom Träger der höchsten Gewalt, dargestellt. John Locke (1632-1704) formulierte demgegenüber unter dem Eindruck der Revolution von 1688 den Grundsatz der Volkssouveränität, der Trennung der Gewalten und des Repräsentativsystems.
2.) Vgl. zu Th. Jefferson Text 2, S. 113, Anm. 11. Im Gegensatz zu Jefferson trat Alexander Hamilton (1757-1804), der wesentlichen Anteil an der Schaffung der Verfassung der USA hatte, für eine Stärkung der Zentralgewalt ein. Seine Ideen haben besonders in der späteren Republikanischen Partei nachgewirkt.
3.) William Emest Hocking, Man and the State, New Haven 1926, S. 93.
4.) Waldo R.Browne, Man or the State, New York 1919, S.X.
5.) Bertrand de Jouvenel, On Power, Boston 1962, S.99.
6.) A.Bellegarrigue, «Anarchy is Order», in: Liberty, XIII, 1897, S.3.
7.) George Woodcock, Anarchism: A History of Libertarian Ideas and Movements, Cleveland 1962, S. 28.
8.) Peter Kropotkin, The State: Its Historie Role, London 1946, S.44.
9.) William A. Whittick, Bombs: The Poetry and Philosophy of Anarchy, Philadelphia 1894, S. 186.
10.) Abbott Lawrence Lowell (1856-1943), amerikanischer Pädagoge, 1909-1933 Präsident der Universität Harvard, Verfasser verschiedener staatsrechtlicher Untersuchungen, besonders «Conflicts of Principle», 1932 (Neuausgabe 1956).
11.) Albert Weisbord, The Conquest of Power, Bd.I, New York 1947, S. 235. - Für zwei völlig verschiedene Auffassungen vom Wesen der Macht und der Autorität vgl. E.V. Walter, «Power, Civilization and the Psychology of Conscience», in: American Political Science Review, Jg.LIII (1959), S. 641-661; und Sebastian DeGrazia, «What Authority is not», in: American Political Science Review, Jg.LIII (1959), S. 321-331.
12.) Max Nomad, Apostles of Revolution, New York 1961, S. 16.
13.) C. Northcote Parkinson, The Evolution of Political Thought, Boston 1958, S. 12.
14.) Als anregenden Beitrag zu diesem Problem vgl. Colin Ward, «Anarchism as a Theory of Organisation», in: Anarchy, Nr. 62, April 1966, S. 97-109.
15.) David Thoreau Wieck, «From Politics to Social Revolution », in: Resistance, XII, April 1954, S. 3.
16.) David Thoreau Wieck (geb. 1921), Professor für Philosophie am Rensselaer Polytechnic Institute, war von 1947-1954 Herausgeber der Zeitschrift «Resistance », dem Organ der «Resistance Group», die, unmittelbar nach dem II.Weltkrieg entstanden, gegen Krieg und Militarismus und für Anarchismus eintrat.
17.) D.T.Wieck, «Essentials of Anarchism», in: Resistance, XI, August 1953, S. 7.
18.) Ebenda.
19.) George Woodcock, Anarchy or Chaos, London 1942, S. 121.
20.) Herbert Read, «Neither Communism nor Liberalism», in: Freedom, VIII, 1947, S. 6.
21.) Bertrand Russell, The State as Organized Power, in: Leviathan in Crisis, hrsg. von W. R. Browne, New York 1947, S. 51.
22.) George Molnar,«Conflicting Strains in Anarchist Thought», in: Anarchy, Nr. 4, Juni 1961, S. 121.
23.) H.R.Cantine Jr., «State or Revolution», in: Retort, Nr.2, Juni 1944, S.47.
24.) D.T. Wieck, «Anarchism», in: Resistance, VII, November-Dezember 1948, S.3.
25.) Das Verhältnis des Anarchismus zur Friedensbewegung ist gut beschrieben bei Roy Finch, «The New Peace Movement - Parts I and II», in: Dissent, X, 1963, S. 86-95 und 138-148.
26.) Vilfredo Pareto, «Letters from Italy», in: Liberty, VI, 1888, S.6.
27.) Paul Goodman (geb. 1911), Mitglied verschiedener wissenschaftlicher Institutionen, hat unter dem übergreifenden Gesichtspunkt der Emanzipation zu politischen, soziologischen, pädagogischen und literarischen Fragen Stellung genommen; er spielt eine wichtige Rolle in der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung. Ihm geht es - wie etwa auch der englischen Zeitschrift «Anarchy» - um einen konkret-pragmatischen Anarchismus.
28.) David Spitz, Democracy and the Challenge of Power, New York 1958, S. 102-103.
29.) Erich Fromm, Escape from Freedom, New York 1951, S. 141.
30.) Errico Malatesta, Anarchy, London 1942, S. 37.
31.) Fromm, a.a.O., S. 162.
32.) Nomad, a.a.O., S. 19.
Aus: Colin Ward - Anarchismus als Organisationstheorie / William o. Reichert - Anarchismus, Freiheit und Macht, Winddruck Texte Nr. 1, 2. Auflage 1983. Digitalisiert von www.anarchismus.at