Zur Geschichte des 1.Mai

Die Geschichte des 1.Mais als ArbeiterInnenkampftag geht seit Beginn der ArbeiterInnenbewegung mit deren Entwicklung einher. Schon in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts kam es zu Diskussionen darum, an einem Tag kollektiv die Arbeit niederzulegen.

1884 forderten die "Föderierten Gewerkschaften und Arbeitervereine der USA und Kanadas", dass ab dem 1.Mai 1886 der legale Arbeitstag nicht mehr als 8 Stunden zu betragen hätte. Als dieser Tag dann kam, traten in den USA 340.000 ArbeiterInnen in den Streik, allein in Chicago waren es 40.000. Wenige Tage später fand hier das bekannt geworden Massaker vom Haymarket statt, bei dem durch einen von Provokateuren angezettelten Bombenanschlag ein Polizist ums Leben kam und in einer folgenden Schießerei 6 Polizisten und 7 oder 8 ArbeiterInnen getötet wurden. 30 - 40 Verletzte soll es gegeben haben.

In einem anschließenden Schauprozess wurden sieben Anarchisten zum Tode verurteilt, in der klassischen Manier, wie es z.B. auch bei den mittlerweile rehabilitierten Sacco und Vanzetti geschah oder aktuell in den Fällen Mumia Abu Jamals oder Leonard Peltiers. Am 14. Juli 1889 wurde auf Vorschlag der amerikanischen Delegation in Erinnerung an die Märtyrer von Chicago auf dem internationalen Arbeiterkongress in Paris der 1.Mai zum internationalen ArbeiterInnentag erklärt.

Das Ziel, der Achtstundentag, sollte - so die Sozialdemokraten - jedoch nicht durch einen Generalstreik, sondern durch Verhandlungen erreicht werden. Gerade die deutsche Sozialdemokratie lehnte einen Generalstreik vehement ab. Die Resolution der SPD zum 1.Mai wurde jedoch missverständlicherweise als Aufruf zum Streik aufgefasst. Dass die SPD-Funktionäre diesem entgegentraten, wurde ihnen von Basis und von den Gewerkschaften allenthalben übel genommen. Während nun am 1.Mai die lokalistischen Gewerkschaften (später: FVDG) und die sozialdemokratische Opposition der "Jungen" für den Generalstreik am 1.Mai eintraten, sammelte die SPD relativ erfolglos Unterschriften.

Die Drückebergerei der Sozialdemokraten ging noch weiter: Als 1891 von der 2. Internationale beschlossen wurde, am 1.Mai die Arbeit niederzulegen, verlegte die SPD den Aktionstag in Deutschland auf den 1. Sonntag im Monat. Mit immer wieder neuen Ausreden versuchte die SPD im Folgenden, Arbeitsniederlegungen am 1.Mai zu verhindern: Die ökonomische Lage spräche dagegen, oder die "gegenwärtige Arbeitslage" usw. Dennoch fanden jedes Jahr Streiks statt. Die Streikenden hätten allerdings der finanziellen und organisatorischen Unterstützung der Gewerkschaften bedurft, was dieser ein Dorn im Auge war. Daher lehnten auch diese 1914 offiziell den Generalstreik ab, abgesehen von den lokalistischen und syndikalistischen Organisationen. Als die Nationalsozialisten nach 1933 die ArbeiterInnenbewegung weitestgehend zerschlugen, machten sie aus dem vormaligen internationalen ArbeiterInnenkampftag den nationalen "Tag der Arbeit". Als solcher steht er auch heute noch in jedem Kalender und Neofaschisten beziehen sich auf diese rein deutsche autoritäre "Tradition".

SPD und reformistische Gewerkschaften haben nie ihren Teil dazu getan, aus dem 1.Mai, der ein Kampftag der arbeitenden Basis war, einen wirklichen ArbeiterInnenkampftag zu machen, und das sich der DGB heute diesen Tag auf die Fahnen schreibt, ist der blanke Hohn. Es ist allerdings auch konsequent, wenn wir uns die Schwäche des jetzigen 1.Mai anschauen: Ein offizieller Feiertag, der vom DGB für müde Kundgebungen genutzt wird und an dem Familien spazieren gehen und Jugendliche sich besaufen.

Konsequent war es, dass historisch an einem nicht offiziellen Feiertag die Arbeit niedergelegt wurde, oder in Zeiten ohne oder mit wenig Urlaub eine arbeitsfreie Woche oder gar ein Monat gefordert wurde. Dies ist ein Punkt, an dem wir einhaken können. Ebenso müssen wir als gewerkschaftlich orientierte AnarchistInnen den 1.Mai wieder zu dem machen, was er einmal war: Dem internationalen Kampftag der ArbeiterInnenbewegung.

Um dem 1. Mai seine Aussagekraft zurückzugeben, ist es auch nötig, sich nicht auf den Kampf der ArbeiterInnen und damit auf den ökonomischen Kampf zu beschränken: Wie es in Münster der Fall ist, muss es ein Tag der internationalen Solidarität sein, ein Tag nicht nur gegen den Kapitalismus, sondern auch gegen den alltäglichen Rassismus, den wieder aufkeimenden Militarismus, gegen das Patriarchat und für die internationale Solidarität.

Literaturhinweise:

Aus: Interhelpo # 7

Originaltext: http://www.free.de/schwarze-katze/texte/1mai01.html