Ein lesenswerter feministischer Debattenbeitrag (bezogen auf die Bewegung in Wien) von Katharina Röggla - nicht zuletzt, weil sich viele angesprochene Punkte auch auf andere linke Bewegungen umlegen lassen.

Wenn ich zurzeit feministische Diskussionen verfolge, erfüllt mich manchmal ein Unbehagen. Immer öfter bin ich irritiert darüber, wie wenig das, was derzeit artikuliert wird, mit dem zu tun hat, warum ich Feministin geworden bin. Feminismus bezeichnet für mich nicht nur Kritik an bestehenden Verhältnissen, sondern auch die Suche nach Strategien, die uns einer Utopie ein Stückchen näher bringen. Vor allem aber hilft mir der Feminismus dabei, mich groß und stark zu fühlen. Mich nicht meines Körpers, meiner Begehren und der Wucht meiner Wünsche zu schämen. Laut zu sein. Mich nicht alleine zu fühlen, sondern meine Erfahrungen mit denen anderer Frauen* zu verknüpfen, um solidarisches Handeln zu ermöglichen. Das, was derzeit formuliert wird, scheint mir oft nicht wirklich dazu angetan, ein Gefühl der Stärke und des Kampfgeistes zu vermitteln – eher um sich wiederholt zu entschuldigen und dann unauffällig den Raum zu verlassen. Ich nenne es – ganz polemisch – den Zehenspitzen-Feminismus.

Der Zehenspitzen-Feminismus scheint weniger daran interessiert, laut und sichtbar zu sein, als daran, niemandem auf die Füße zu steigen. Vor allem nicht anderen Feministinnen*. Die Angst, aufgrund eigener Privilegiertheit oder auch durch Unachtsamkeit, andere zu verletzen ist so groß, dass manchmal lieber gar nichts gesagt wird. Ob diese Atmosphäre wirklich dazu beiträgt, Verletzungen zu reduzieren, oder ob damit nicht vor allem neue Ausschlüsse produziert werden, ist die Frage...

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