Die Geschichte der kommunistischen Partei Spaniens bis zum Bürgerkrieg
Von den Anfängen bis zur Zweiten Republik
Ursprung der Gründung der Kommunistischen Partei Spaniens waren die Auseinandersetzungen innerhalb der PSOE, der Sozialistischen Arbeiterpartei, um den Beitritt in die Kommunistische Internationale. Enttäuscht über das Versagen der Sozialistischen Zweiten Internationale im 1.Weltkrieg (der die Spanier seit ihrer Gründung 1889 angehört hatten) und begeistert von der Russischen Revolution, und unter dem Eindruck eigener revolutionärer Bewegungen im gleichen Jahr in Spanien, drängten viele Parteimitglieder der PSOE auf den Anschluß an die Komintern. Julian Besteiro, Ordinarius für Logik an der Universität Madrid, der an die Ideen des Gründungsvaters der PSOE, Pablo Iglesias, anknüpfte, erreichte 1919 einen Aufschub dieser anstehenden Entscheidung. Daraufhin brach die Mehrheit der Sozialistischen Jugend mit der Mutterpartei und konstituierte sich im Dezember 1919 als "Partido Communista Espanol" (PCE) mit dem Ziel, "ein Sowjetregime auf den Ruinen des parlamentarischen Regimes und der bürgerlichen Demokratie" zu errichten. Die PCE erstrebte die Diktatur des Proletariats und lehnte deshalb jegliche Kompromisse mit der Mutterpartei ab. Schon vorher hatte es Divergenzen zwischen der Sozialistischen Partei und ihrer Jugendorganisation gegeben. Diese erste kommunistische Partei Spaniens zog etwa die Hälfte der Sozialistischen Jugend auf ihre Seite, rund 1000 Personen. Organ der PCE war die Wochenzeitung "El Communista", die ab Mai 1920 erschien.
Die PSOE entschied sich erst auf ihrem dritten außerordentlichen Kongreß 1921 gegen den Anschluß an die Komintern. Den meisten Delegierten erschienen die 21 Bedingungen der Komintern unannehmbar, die die absolute Unterordnung der nationalen Sektionen unter die Exekutive einer straff zentralistischen Weltpartei und die radikale Säuberung von allen reformistischen Elementen forderten. Dies hätte die Trennung von der gesamten Führungsschicht der PSOE bedeutet. Zuvor hatte die starke prokommunistische Oppositionsbewegung innerhalb der PSOE auf dem außerordentlichen Kongreß der Sozialistischen Partei im Juni 1920 erreicht, daß der erste negative Beschluß gegen den Eintritt in die Komintern von 1919 revidiert wurde und zwei Delegierte nach Moskau reisen sollten, um am Dritten Kongreß der Kommunistischen Internationale teilzunehmen. Fernando de los Rios, einer der beiden Delegierten, verfaßte nach seiner Rückkehr einen ablehnenden Bericht, besonders über die 21 Aufnahmebedingungen der Komintern. Seinem Bericht war es zu verdanken, daß die PSOE den Beitritt ablehnte. Der prokommunistische Delegierte Daniel Anguiano wurde zu einem Führer der "Kommunistischen Arbeiterpartei Spaniens" (PCOE), die von der unterlegenden Minderheit der PSOE am 13. April 1921 gegründet wurde. Nun gab es zwei kommunistische Parteien Spaniens, einmal die oppositionelle Jugendbewegung der PSOE und zum zweiten die oppositionellen "Erwachsenen". Erst ein Jahr später gelang es Vertretern der Komintern, die beiden Organisationen zusammenzuführen. Nach dem Zusammenschluß lag die Mitgliederzahl der "Partido Communista de Espanol" (PCE) etwa bei 1200 Genossen.
Auch von der anarchistischen Seite erhielt die PCE neuen Zulauf. Bereits 1919 hatten zwei Vertreter der Anarchosyndikalisten - Andres Nin und Joaquin Maurin - unautorisiert die CNT an die RGI (Rote Gewerkschaftsinternationale) und provisorisch auch an die Komintern angeschlossen. Nach der Ablehnung dieser Beitritte durch die Mehrheit in der CNT traten die prokommunistischen CNT-Mitglieder zur PCE über. Die bekanntesten Führer dieses anarchistischen Zulaufs für die PCE kündigten allerdings schon Ende der 20er Jahre dem Stalinismus die Gefolgschaft auf und gründeten eigene Parteien: in Katalonien entstand der Arbeiter- und Bauernblock von Maurin, Gorkin und Arquer, der sich später mit der Isquiera Communista von Andres Nin und Juan Andrade zur linkskommunistischen POUM zusammenfand.
Die PCE selber blieb in Spanien lange Zeit eine eher sektiererische Randerscheinung, nicht zuletzt weil der Zusammenschluß der verschiedenen Positionen nur von kurzer Dauer war und andauernde Flügelkämpfe eine kontinuierliche Politik unmöglich machten.
Einige ehemalige Mitglieder der Sozialistischen Jugend, die im Zentralkomitee der PCE in der Minderheit, aber im Komitee der Kommunistischen Jugend in der Mehrheit waren, publizierten 1922 ein Manifest, in dem die Führung der PCE äußerst kritisch beurteilt wurde. Die darauffolgenden Sanktionen der so angegriffenen PCE-Führung gegen die Unterstützer des Manifests veranlaßten sie, aus der Partei auszutreten und die "Union de Cultura Proletaria" zu gründen, die ebenfalls der Komintern angeschlossen wurde.
Auch innerhalb der aus der PSOE kommenden Kommunisten um Daniel Anguiano wurde Kritik laut. Viele traten im Sommer 1923 aus der PCE aus und kehrten in die PSOE zurück. Von zahlreichen Mitgliedern der ehemaligen Sozialistischen Jugend und vom größten Teil der alten Sozialisten verlassen, konnte die PCE nur noch auf die Ex-Anarchisten und auf eine geringe Anzahl ehemaliger Sozialisten rechnen.
Diese Krise der Partei zwang die Komintern dazu, ihr einen "politischen Vormund" in der Person des Schweizer protestantischen Pastors Jules Humbert-Droz zu verordnen, der eine Vermittlerrolle zwischen den noch in der PCE verbliebenen Gruppierungen spielen sollte. Bis zum Beginn der 30er Jahre blieb Humbert-Droz in dieser Position, dann wurde er von Palmiro Togliatti abgelöst.
Während der Diktatur Primo de Riveras ab 1923 verlor die PCE vollends ihre Bedeutung. Beim Sturz des Diktators hatte sie nach eigenen Angaben kaum mehr als 1000 Mitglieder. Der eigentliche Grund des Niedergangs der PCE liegt (neben den Repressionen der Diktatur, unter denen aber auch andere Gruppierungen zu leiden hatten) in der Veränderung der Komintern-Politik, in der beginnenden Stalinisierung der kommunistischen Parteien. Die Erneuerung der Führungskader, des trotzkistischen Sympathisantentums und des Opportunismus bezichtigt, ließen Austritte aus der PCE bis 1930 immer zahlreicher werden. So verließ auch ein Großteil der ehemaligen Anarchisten die Partei, nachdem im Sommer 1927 unter der Leitung von Jose Bullejos die PCE im Untergrund reorganisiert worden war. Bullejos, der neue Generalsekretär, war Gegenspieler von Andres Nin, der wegen seiner freundschaftlichen Beziehung zu Trotzki nicht Generalsekretär werden durfte. Alle Anhänger Nins, die sich der Wahl Bullejos widersetzten, wurden aus der Partei ausgeschlossen. Bullejos hatte vorher zwei wichtige Erfolge für sich verbuchen können: zum einen schlossen sich 1927 Teile der CNT-Sevilla der PCE an, zum anderen konnte die PCE durch eine Streikwelle im Jahr 1928 in Asturien eine innere Konsolidierung erreichen und trat eigentlich zum ersten Male in ihrer Geschichte bei politischen Aktionen positiv in Erscheinung. Ins selbe Jahr fallen aber auch die ersten Schwierigkeiten der PCE mit der Komintern. Die PCE hatte sich 1928 der Forderung der Komintern verweigert, an den Wahlen der von Primo de Rivera ausgerufenen Nationalversammlung teilzunehmen und stattdessen die oben erwähnte Streikwelle in Asturien eben gegen jene Nationalversammlung initiiert. Im folgenden nahm die Komintern die Zügel der Partei noch fester in die Hand, intervenierte offen und direkt und sandte ausländische Ratgeber nach Spanien. 1932 wurde Bullejos aus der PCE ausgeschlossen. Noch im selben Jahr wurde Jose Diaz von der Komintern an die Stelle von Jose Bullejos an die Spitze der PCE berufen. Bullejos hatte als Reaktion auf den Putschversuch des Generals Sanjurjo 1932 die PCE dazu aufgefordert, in Anbetracht ihrer Stärke (800 Mitglieder) auf die Ausrufung einer Sowjetrepublik in Spanien zu verzichten und stattdessen erst einmal die bürgerliche Republik gegen die Angriffe von Rechts zu verteidigen. Das wurde von der Komintern als Verrat gewertet.
Die PCE in der Zweiten Republik
"Die KP Spaniens muß, den Kurs auf die Diktatur des Proletariats und der Bauernschaft in Form der Sowjets haltend, organisatorische Stützpunkte der Massenbewegung der Werktätigen in der Form von Betriebsräten, Erwerbslosenausschüssen, Bauerkomitees, gewählten Soldatenausschüssen schaffen, indem sie die sektiererische Abkapselung und die anarchistischen Arbeitsgewohnheiten überwindet." (Resolution des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale EKKI zu den Aufgaben der Kommunistischen Partei Spaniens 1932, zit. in: Walther Bernecker, Kollektivismus und Freiheit, München 1980, S.51)
Zu Beginn der Zweiten Republik war die PCE auf der politischen Szene ein Außenseiter. Vor allem in Katalonien hatte sie mit der Gründung des Arbeiter- und Bauernblocks von Maurin erheblich an Einfluß verloren. Nun galten, getreu der Moskauer "Sozialfaschismusthese" die Sozialisten als die Hauptgegner, in Spanien wie international. Trotz theoretischer Aufrufe zum bewaffneten Kampf gegen die Republik und zur Gründung von Sowjets beteiligten die Kommunisten sich an den Cortes-Wahlen 1933, zog zum ersten Male ein kommunistischer Abgeordneter ins Parlament ein. Die ungefähre Stärke der PCE lag damals bei etwa 5000 Mitgliedern, die größtenteils über die 1931 gegründete kommunistische Gewerkschaft CGTU in die Partei eintraten. Nach über 10 Jahren relativer Machtlosigkeit und Stagnation bildete das Jahr 1934 für die PCE einen Meilenstein in ihrer Geschichte. Der von Moskau aus initiierte Wandel der Politik deutete sich ab 1933 an, als die Kommunisten auf Kosten einer Annäherung an die Sozialistische Partei die "Einheitsfront der Arbeiter" schaffen wollten, um ihre Isolierung zu beenden. Die Sozialisten lehnten diese Annäherung ab, ebenso wie den 1934 gemachten Vorschlag der Vereinigung der beiden Parteien. Eine Zusammenarbeit in der politischen Praxis wurde jedoch im selben Jahr während des Asturien-Aufstandes erreicht, der vom linken Flügel der Sozialisten unter Largo Caballero als Teil eines nationalen Aufstandes zur Ablösung der ein Jahr zuvor gewählten Rechtsregierung geplant war.
Exkurs: Die Außenpolitik der SU
Seit einem Jahr war in Spanien eine rechte, nationalistische Regierung an der Macht, in deren Politik sich eine ähnliche Entwicklung wie in Deutschland oder Italien andeutete. Nun galt nicht mehr der Sozialismus, sondern der Faschismus als Gegner Nummer Eins für die Kommunisten. Die PCE war nun der Volksfronttaktik verschrieben. Die Formel von der Volksfront unterschied sich von der zuvor angestrebten Einheitsfront oder der Arbeiterallianz in der Einbeziehung der Zusammenarbeit mit bürgerlich-republikanischen Parteien. Das forderte natürlich den rückhaltslosen Einsatz der PCE für den republikanischen Staat. Diese Politik wurde ab 1934 von der Komintern für alle kommunistischen Parteien für verbindlich erklärt. Die Ursachen im Wechsel von der "Sozialfaschismus"- zur Volksfrontpolitik lassen sich aus der Innen- uns Außenpolitik der Sowjetunion erklären. Die Außenpolitik der Sowjetunion war Mitte der 30er Jahre bestimmt durch das absolut vorrangige Sicherheitsinteresse. Vor dem Hintergrund tiefgreifender wirtschaftlicher und sozialer Umwandlungsprozesse infolge der landwirtschaftlichen Zwangskollektivierung und forcierten Industrialisierung, angesichts einer europaweiten faschistischen Bedrohung, arbeitete die UDSSR mit Hilfe des Apparates der Komintern an einer Vertiefung der Verhältnisse mit den demokratischen Westmächten. Nichtangriffspakte und Beistandserklärungen sollten die Sicherheit der UDSSR ebenso garantieren wie Volksfrontpolitik und das Eintreten für eine bürgerliche Demokratie der kommunistischen Parteien innerhalb der betroffenen Staaten. Wollte Stalin zu wirkungsvollen Abmachungen gegen den Faschismus mit den Westmächten gelangen, mußte er, um deren Vertrauen zu gewinnen, kurz- und mittelfristig das Ziel der Weltrevolution zugunsten einer pragmatischen, den kapitalistischen Ländern angepaßten Politik aufgeben. Aus diesem Grunde trat auch die kommunistische Partei Spaniens für ein Bündnis mit den bürgerlichen Parteien ein. Selbst in der revolutionären Situation in Spanien im Jahr 1936 beschrieb Santiago Carillo, Mitglied im Zentralkomitee der PCE, die Politik der Kommunistischen Partei so:
"Wir kämpfen für die demokratische Republik, und wir schämen uns dessen nicht. Wir kämpfen gegen den Faschismus, gegen die fremden Eindringlinge, aber wir kämpfen heute nicht für eine sozialistische Revolution... Wir kämpfen mit voller Aufrichtigkeit für die demokratische Republik, weil wir gegenwärtig keine soziale Revolution erstreben, und dies gilt auch für eine lange Zeit nach dem Sieg über den Faschismus." (in: Rudolf Rocker, Die spanische Tragödie, Berlin 1976, Seite 46)
Die PCE bis zum Bürgerkrieg
Der national geplante Aufstand im Herbst 1934 konnte sich nur in Asturien, vor allem in den Bergwerken, über einen längeren Zeitraum halten. In Barcelona und Madrid war er nicht einmal zur Entfaltung gekommen. Neben den Sozialisten und den Oppositionssyndikaten der CNT spielten die Kommunisten erst am Ende eine Rolle, doch hielten sie, auch als die Anarchisten schon abgesprungen waren, an der Verteidigung des Aufstands fest und erhielten die Unterstützung der Komintern und der zur Solidarität aufgerufenen Sozialistischen Arbeiter-Internationale. Obwohl der Aufstand mißlang, ging die PCE gestärkt aus den Ereignissen hervor, die Zahl ihrer Neuzugänge stieg beträchtlich an. Die eher zurückhaltende Anpassung der PCE an die Vorgaben aus der Sowjetunion, die nicht sofortige Umsetzung der Volksfrontpolitik in Spanien, lassen doch auf diverse Schwierigkeiten schließen, die die PCE mit den Beschlüssen Moskaus in Spanien hatte. Sicherlich erklärten nicht alle spanischen Kommunisten ihr Einverständnis mit der Volksfrontpolitik, vor allem auch deswegen, weil sich nach dem Asturien-Aufstand die Beziehungen zur Sozialistischen Partei schlagartig verbesserten. Die gemeinsamen Aktionen mit den Sozialisten wurden verstärkt. Über die Eingliederung der kommunistischen Gewerkschaft CGTU in die sozialistische UGT im November 1934 gelangten die Kommunisten zu größerem Einfluß auf gewerkschaftlicher Ebene, vor allem in Barcelona und Madrid. Der Zusammenschluß der sozialistischen mit der kommunistischen Jugend im April 1936 zur "Vereinigten Sozialistischen Jugend" (JSU) effektivierte die Bemühungen der PCE, denn die JSU entwickelte sich mehr und mehr zu einem Instrument der PCE. Das Vorgehen der Kommunisten beunruhigte die Sozialisten seit Ende 1935. Diese Beunruhigung nahm mit der Vereinigung der katalanischen Kommunisten mit der PSOE und kleineren Arbeiterparteien zur PSUC am 23.Juli 1936 noch zu.
Durch die Gründung dieser "Sozialistischen Einheitspartei Kataloniens" wurde der Einfluß der Sozialisten in Katalonien arg beschränkt. Im Herbst 1935 hatte sich die PCE der demokratischen Front angeschlossen, die sich für die bevorstehenden Parlamentswahlen zusammenfand. Die PCE konnte für dieses Wahlbündnis die Bezeichnung "Frente Popular" durchsetzen. Das Wahlprogramm unterschied sich kaum von den bürgerlich-liberalen Vorstellungen der republikanischen Parteien von 1931. Hinzugekommen waren lediglich die Forderungen nach einer Generalamnestie für die politischen Gefangenen des Asturienaufstandes und nach beschleunigter Landreform.
Der Einfluß der PCE in Spanien bis zum Bürgerkrieg war weniger durch ihre Politik bestimmt, die in den sechs Jahren von 1930 bis 1936 einem mehrmaligem Wandel unterzogen worden war, sondern eher auf die Taktik der Unterwanderung der Sozialistischen Gewerkschaft und Partei. Der Einfluß in der spanischen Mittelschicht und das Kleinbürgertum wurde erst nach der eindeutig reformistischen Politik im Bürgerkrieg erreicht.
Aus: H. Auweder / M. Schumann: A las barricadas. Triumph und Scheitern des Anarchismus im spanischen Bürgerkrieg. Trotzdem-Verlag, 1999. Digitalisiert von www.anarchismus.at mit freundlicher Genehmigung des Trotzdem-Verlags.